Es war vor allem der Kriege wegen, daß ich nach Serbien wollte, in das Land der allgemein so genannten „Aggressoren". Doch es lockte mich auch, einfach das Land anzuschauen, das mir von allen Ländern Jugoslawiens das am wenigsten bekannte war, und dabei, vielleicht gerade bewirkt durch die Meldungen und Meinungen darüber, das inzwischen am stärksten anziehende, das mitsamt dem befremdenden Hörensagen über es, sozusagen interessanteste. Beinah alle Bilder und Berichte der letzten vier Jahre kamen ja von der einen Seite der Fronten oder Grenzen, und wenn sie zwischendurch einmal von
Nur ich bin das hier, Abkömmling aus einem anderen, nicht gar verschiedenen Dorf. Doch seid gewiß: aus mir spricht der Geist des neuen Zeitalters, und der sagt euch jetzt folgendes: Ja, es gibt die Gefahr, und nur da- ‘ durch kann ich reden, wie ich reden werde: im Widerstand. So hört jetzt mein Dramatisches Gedicht.Es ist schon recht, nicht mehr dahinzuträumen, aber weckt einander doch nicht mit Hundegebell! Ihr seid nicht die Barbaren,und keiner von euch ist der Schuldige, und gerade in euren Verzweiflungsausbrüchen habt ihr vielleicht bemerkt, daß ihr gar nicht verzweifelt seid.Wer
In Österreich ist der Umgang mit den Schriftstellern sehr äußerlich — das heißt, man wird als Schriftsteller nur dann eine öffentliche Person, wenn auch die Privatperson interessant wird oder sich interessant macht. Und interessant für die österreichische Öffentlichkeit ist man dann nicht als Schreibender, als jemand, der für andere die verdrängten und unterdrückten Wünsche und Befürchtungen seiner Epoche oder auch nur seiner gehüpften wie gesprungenen Tage formuliert, sondern als eines unter vielen bekannten Gesichtern aus Presse und Fernsehen. Für die Öffentlichkeit ist er
„Du hast immer nur Angst, Angst, Angst”, hat gestern ein Kind zu mir gesagt, und es sagte das ziemlich ge- langweilt,.. Wann habe ich eigentlich keine Angst? Sehr oft, meistens; aber wenn ich dann Angst habe, kommt wieder das Gefühl, daß jetzt ich gemeint bin und daß jetzt das Leben anfängt Wenn ich keine Angst habe, fühle ich mich entweder stumpfsinnig oder so glücklich, daß ich vor Glück gereizt werde und jeden Buckel in der Umwelt nur als Störung meines Glücks empfinde. Ich habe noch nicht recht gelernt, im Glück vernünftig zu bleiben und aufmerksam für die andern zu sein.
Wie wird man ein politischer Mensch? Die Dunkelheit ist jetzt wieder finsterer als noch vor zwei Monaten, der Fußboden in dem Raum, wo man sich befindet, abschüssig. Kein Aha — es handelt sich nicht nur um eine Ausgeburt des Bewußtseins: Als ich eine Wasserwaage auf den Boden legte, rutschte die Blase darin aus der Mitte, der Boden war tatsächlich schief. Auch die Kochplatte in der Küche ist so schräg, daß das öl in der Pfanne sofort in eine Richtung zusammenläuft. Gauner, Betrüger! dachte ich und meinte die Baufirma. Die Reklamationsbriefe, auf die ich nie eine Antwort bekomme,
Seit einiger Zeit hat die Literatur, die zur Zeit geschrieben wird, mit mir nichts mehr zu tun. Das liegt wohl daran, daß sie mir nur Bekanntes vermittelt, bekannte Gedanken, bekannte Gefühle, bekannte Methoden, das heißt: bekannte Gedanken und Gefühle, weil die Methoden bekannt sind. Ich kann in der Literatur keine Geschichte mehr vertragen, mag sie noch so farbig und phantasievoll sein, ja jede Geschichte erscheint mir um so unerträglicher, je phantasievoller sie ist. Geschichten höre ich am liebsten gesprochen, erzählt, in der Straßenbahn, in einer Gaststätte, meinetwegen am Kamin. Ich kann aber auch keine Geschichten mehr ertragen, in denen scheinbar nichts geschieht: die Geschichte besteht dann eben darin, daß nichts oder fast nichts geschieht, die Fiktion der Geschichte aber ist immer noch da, unreflektiert, unüberprüft. Dieses Nicht-ver-tragen-Können einer Geschichte ist sicherlich etwas Emotionales, ich bin der Geschichte, der Phantasie, einfach überdrüssig geworden.
Die Zeit des Zirkus ist vorbei, weil die Erwartung des Zuschauers eindeutig ist. Er weiß im vorhinein, wie die Handlung der Person in der Arena ausgehen soll. Daß dann die Handlung durch ein Mißgeschick nicht wie erwartet ausgeht oder doch verzögert wird, erlebt der Zuschauer nicht als Erhöhung der Spannung, sondern nur als peinlich. Er schämt sich geradezu, wenn der Saltoschlagende nicht auf den Schultern des Partners landet oder wenn der auf dem Seil Balancierende sich festhalten muß. Das Mißgeschick ruft in ihm keine Ungewißheit über den Ausgang der Handlung hervor, sondern