Auf seinen Wanderangen gelangte der große Lao-Tse auch nach Griechenland, um den griechischen Weisen, von deren Ruhm er unterwegs vernommen hatte, einen Resuch abzustatten. Tief versunken in erhabenen Gedanken schritt er am Fuß eines Rerges dahin, als ihn ein Poltern und Krachen störte, das immer näher kam, und er konnte gerade noch vor einem mächtigen Felsbrocken, der sich den Hang herabwälzte, zur Seite springen. Der Felsbrocken hatte kaum den Talgrund erreicht, da stolperte auch schon in seiner Bahn ein auffallend muskulöser Bursche hinterher. Verschwitzt und atemlos hielt er vor dem
Tante Martha spricht gern und fließend Französisch, aber das ist der einzige Luxus, zu dem sie sich bekennt. In ihrer Garderobe, die mehr einem Lebensstil als der Mode verpflichtet ist, hält sie sich an das Englische. Das Zeug ist zwar auch nicht gerade billig, aber dafür haltbar. Nichts zum Wegwerfen. Man trägt es auf. Tante Martha gehört zu den alten Damen, die angeblich aussterben, aber wohl immer schon selten gewesen sind und offenbar doch irgendwie nachwachsen, sehr gepflegt, von zartem Lavendelduft umwittert und im Grund von einer Bescheidenheit, die weniger damenhafte Damen sich
So fünf Kilometer vor Prassen, auf offener, schattenloser Landstraße, setzte plötzlich der Motor aus. Michael Taubmann war weder abergläubisch noch technisch gebildet, argwöhnte daher keinen Wink des Schicksals und dachte auch nicht an den Verteilerkontakt. Seine Hände waren noch schwarz und ölig von dem Reifenwechsel an der Autobahnabfahrt, und am liebsten hätte er den Karren, der ohnehin erst zu einem Drittel abgezahlt war, hier am Straßenrand vergessen, mitsamt der dicken Aktentasche aus genarbtem Kunstleder und allem, was darin steckte. Und zugleich alles, was ihm die quicken
Das so reizvoll Eigentümliche an einem „Fragment“ kommt wahrscheinlich auch daher, daß man den Schreiber davon nicht abstrahieren kann: Als sozusagen greifbarer Schatten ist Herbert Eisenreich in der „Abgelegten Zeit“ durchwegs gegenwärtig, nicht erst im Anhang zu den fast 600 Seiten, wo er dem Leser leibhaftig entgegentritt, in der Rolle eines Besiegten, der freilich durch das implizite Bekenntnis zum Fragmentarischen seiner Leistung vor allem sich selbst besiegt hat.„Sieger und Besiegte“ sollte das monumentale Endprodukt ursprünglich heißen, und es berührt seltsam, daß
Eine periphere Existenz? Meine Sprache verrät, daß ich in den Außenbezirken zu Hause bin, aber ich betrachte mich nicht als Randfigur. Die Menschen, die dort leben, sind vielleicht einander ähnlicher als hier, bei den Gebildeten, aber wir sind die Mehrheit, und für den, der Ohren hat, ist unser Schweigen beredter als alles Stammeln der Wohlgesetzten.Ich schließe nicht aus, daß die Sehnsucht zur Mitte umso größer wird, je weiter davon entfernt wir sind. Ich kann nur für mich sprechen. Für mich war die Stadt, die ich sozusagen ständig im Rücken wußte, wie ein zu Stein verdichtetes
Bernhard F. erkannte früh, daß einzig und allein die Fähigkeit des Wartens den Menschen vom Tier unterscheidet. Selbst die Katze wartet nicht wirklich vor dem Mauseloch: sie lauert. Eine Katze steckt sich keine Pfeife dabei an, liest keine Zeitung, sieht nicht auf die Uhr, geht nicht auf und ab, und das nicht nur, weil sie keine Pfeife, Uhr und Zeitung hat. Sie könnte ja auf und ab gehen. Warten bedeutet, daß man die Stunden oder Jahre totschlägt, bis das eintritt, worauf man gewartet hat, und Bernhard F., der sich durch sein Menschentum verpflichtet fühlte, wurde daher Chauffeur.Der
Bitteschön, ich will mich ja nicht verallgemeinern: Das allerlustigste, allerunheimlichste und allerentzückendste Spielzeug meines Lebens ist meine Schreibmaschine, darüber gibt es auch nicht den allerwinzigsten Bruchteil all der Worte zu verlieren, die sie im Lauf der Jahre hervorgebracht hat. Allerdings war sie das nicht von Anfang an, sie ist erst im Lauf dieser Jahre dazu geworden.Anfangs war sie vor allem entzückend, so superproper, mattbeiger Schrumpflack, blitzendes Chrom und schwarzweiß spiegelnde Tasten, über die mein neugieriger Zeigefinger hüpfte; irgendwann, als da Dinge
Wenn ich mir vorstelle, daß ich bei Fessel und IFES schon eingespeichert bin und der Professor Bruckmann nur auf das Fernsehpublikum wartet, um mich hochzurechnen …Nein. Und abermals nein!Wenn ich mir vorstelle, daß alle diese , Wahrscheinlichkeitsmeier besser wissen wollen als ich, wen oder was ich wählen werde, während ich mir den Kopf zerbreche, wer nun wirklich die Grünsten sind…Nein! Würfeln? Das könnte diesen Alleswissern so passen! Und dabei geht es im Grund ja nur um ein paar Sachen, die ich nicht will, im Positiven bin ich mir anscheinend mit allen Parteien einig. Nicht
Die Energieferien habe ich mit den Meinen im Umfeld von Mürz-steg verbracht, wo unser HerrBundespräsident in der milden Aura der Uberparteilichkeit auf den Spuren des Alten Kaisers wandelt. Die frischvergoldeten Erzherzog-Johann-Gedenktafeln waren dort wesentlich auffälliger als das diskret affichierte Doppelporträt Krainer-Mock: Man sah den beiden richtig an, wie sie sich über die paar Schneebälle freuten, mit denen die Dorf jugend sie dennoch bedachte. Erst auf der Heimfahrt wurde ich wieder daran erinnert, daß wir demnächst Wahlen haben werden.Aus dem, was sich zwischen dem
Daß Konjunktur keine ständige Aufwärtsbewegung ist, überrascht den Durchschnittsösterreicher nicht besonders, so wenig ihm die Talfahrt behagt. Für die Wahlkämpfer ist es freilich sehr ungewohnt, wenn sie anstelle einer Verteilung von vorweggenommenen Gewinnen über Verluste reden und damit den Wähler in ihre Gasse locken sollen. Aber so selbstmörderisch ist das auch nicht.Der scheinbaren Tollkühnheit, mit der Kanzler Kreisky ein Paket von Steuern, die vom Standpunkt sozialer Gerechtigkeit zumindest anzweifelbar sind, zu einem Thema des Wahlkampfes gemacht hat, könnte überdies ein
Am nächsten Tag aber ging der Sohn, der verloren gewesen und nun wieder gefunden war, dem Geblök nach zu der Koppel, wo die Schafe geschoren wurden. Da stand der ältere Bruder, die Arme auf dem obersten Balken der Einfriedung, das bärtige Kinn auf die verschränkten Hände gestützt, und schaute den Knechten zu, die ein Schaf nach dem anderen aufs Kreuz legten und es mit den scharfen Scheren so geschickt und rasch aus dem Fell schälten, als ob sie einem überraschten, kaum widerstrebenden Gast aus dem Wintermantel hülfen.Die Knechte verstanden ihr Geschäft, aber sie wußten auch, daß
Nach Nikolaus Lobkowicz (FURCHE 42/82) nimmt nun der österreidfusche Erzähler Peter Marginter zu der Frage Stellung, ob unsere Gesellschaft noch eine gemeinsame Basis von allgemein anerkannten Werten hat oder ob der Pluralismus zu einem Zerfallsprozeß führt.
Einer von den vielen Artus-Merlin-Romanen, auch von Mary Stewart nicht der erste: Der Stoff liegt ihr so gut in der Hand, daß man gern hoffen will, der Titel deute nicht auch ihren Abschied von diesem Thema an, das für die Briten anscheinend unerschöpflich ist. Was für eine Lebendigkeit in diesem Grenzbezirk, wo Geschichte, Sage und Märchen ineinander verfließen!Für den österreichischen Leser stellt sich ein schmerzliches Bedauern ein, daß wir nichts annähernd Vergleichbares besitzen. Selbst die Nibelungen sind ja bei uns bestenfalls auf Durchreise vorbeigekommen und wohl für Zeit
Also bitte: Das ist wahrscheinlich das schönste und witzigste Buch des Jahres 1982, und wer daran zweifelt, soll es selber nachprüfen. Weil auf Einbandklappen immer eine Menge Un-,sinn steht, wird der Autor da mit Cervantes und Rabelais verglichen, und weil auch Rezensenten solchen Unsinn mitmachen, vergleiche ich ihn mit Lewis Caroll und H.C. Artmann.Aber in Wahrheit ist er ja doch der Michael Köhlmeier, und ich halte ihm alle Daumen, daß er der bleibt und nie ein anderer wird, es sei denn ein Peverl Toni.Was der im Kopf des Köhlmeier alles erleben darf mit der Soffi Mutz, dem Admiral
Ein Kunstmärchen nach der „Man nehme"-Methode: eine Heldin von Lewis Caroll, einen Sack Zwergerln von Swift, eine böse Gouvernante und einen schurkischen Vormund von Dik-kens — und Prisen und Häppchen aus vielen, vielen Töpfchen und Tiegeln mit angelsächsischen Spezialitäten.Lauter gute Sachen. Warum das Ding trotzdem sitzengeblieben ist? Vielleicht war es des Guten zuviel? Rudolf Rocholl ist kein schlechter Ubersetzer, aber bei „Mistress Masham's Repose" = „Schloß Malplaquet" hätte wohl nur eine sehr freie, sehr inspirierte Nacherzählung einiges von den Reizen
Sobald man sich damit abgefunden hat, daß eine Fee nicht nur eine mehr oder weniger attraktive, mehr oder weniger gefährliche Dame über- oder unterirdischer Herkunft sein kann, sondern als Sammelbegriff für enterisches Kroppzeug aller Art steht, ist Frederik Hetmanns enzyklopädischer Reiseführer durch die irisch-gälische „Anderswelt“ mehr als bloß bildungsträchtige Lektüre.Die Umschau in diesen jenseitigen Bereichen, die offenbar so dicht hinter den Horizonten der Grünen Insel liegen, daß der Ver-/ kehr hin und her fast alltäglich ist, hat gewissermaßen psychedelische
An J. R. R. Tolkiens monumentalem Mythopoem oder Märchenroman „Der Herr der Ringe" scheiden sich die Geister: Wer nicht total in dieser sprachgeschaffenen Zauberwelt aufgeht und sich auf ihre Gefahren einläßt, ist offenbar unfähig, auch nur die landschaftlichen Reize der „Mittelerde" zu erfassen.Es ist im Grunde eine Welt für Erwachsene, aber vermutlich finden sie leichter den Durchstieg, wenn sie schon als Kinder den „Kleinen Hobbit" lieben gelernt haben, den Tolkien sozusagen als Rampe vor sein Magnum Opus gelegt hat.Das Buch handelt von den haarsträubenden Abenteuern des
„Der lod kommt ohne Trommel“ - nein, es handelt sich nicht um den neuesten Konsalik: Der Titel ist angeblich ein Sprichwort aus Kamerun, für einen Gemeinplatz also doch recht abgelegen, und auch sonst ist alles ganz anders - und vieles auf einmal.Der kühne Leser, der sich mit dem Hauptmann Eibl-Eiblsfeldt ins innerste Afrika nach k. u. k. Tibe- stanien versetzen läßt, darf getrost mit allen Wundern des Orients rechnen: Wilhelm Muster ist der Mann, um selbst die verschrobensten Wünsche zu erfüllen - ein netter Mephisto wie sein Feuerwerker Franz Nemeth, unter dessen
De mortuis nil nisi bene. 1978 hat Jean Amery in Salzburg Selbstmord begangen. Die Topographie seines Lebens, die nun unter dem Titel „örtlichkeiten" erschienen ist, zeichnet einen Weg nach, der Amery zuletzt nicht weiter gebracht hat als eben nach Salzburg. Diese Tatsache, die nur im Nachwort angedeutet ist, gibt dem Logbuch Amerys, das noch mehr als örtlichkeiten seine Standpunkte fixiert, Relief und eine tragische Dimension, die über die Worte hinausreicht.Amery läßt keinen Zweifel darüber, daß es alles andere als bequeme Wege waren, auf die er geraten ist. Eine
Von T. H. White gibt es vor allem einen grandiosen und voluminösen „arturischen Roman", der 1978 in einer sehr guten Ubersetzung bei Klett-Cotta erschienen ist: „Der König auf Camelot." Das englische Original hat demgegenüber einen Vorsprung von zwanzig Jahren und gehört inzwischen bereits zu den Klassikern.T. H. White, sonst eine eher tragische Existenz, hat den Triumph dieses seines Hauptwerks noch erlebt, bevor er 1964 starb. Erst 1977 kam dann „The Book of Merlyn" heraus, dessen sich nun der Eugen-Diederichs-Verlag angenommen hat. Es gibt sich als fünfter Teil des
Das kaiserliche Rußland, in dem sich binnen weniger Jahrzehnte eine National- und Weltliteratur ohnegleichen entfaltet hat, ist heute mehr denn je ein Märchenreich, und die Tatsache, daß seine diesseitige Grenze etwa durch Nizza und Baden-Baden verläuft, rührt den kühnen Leser, der sie überschreitet, nach wie vor mit wohllüstigem Schauder, läßt sich danach doch nicht ausschließen, daß es das alles einmal wirklich gegeben hat.Nach den acht Bänden mit Tolstojs sämtlichen Erzählungen, die der Insel-Verlag in einer märchenhaft preiswerten, nostalgisch schönen Ausgabe vorgelegt
Blödeln ist in der Regel nur für die Beteiligten lustig, für Dritte irrelevant. An dem vorliegenden Ergebnis eines Geblödels zwischen Thaddäus Troll und Herbert Rosendorfer, das Hoffmann & Campe zu einem fingerdicken Bändchen aufgeblasen hat, bewegt mich eigentlich nur die Frage, ob und wie sich die beiden Blödler auseinanderrechnen ließen. Da Rosendorfer erst ganz am Schluß erwähnt wird, scheint der Löwenanteil auf Troll, der ja auch als Autor verantwortlich zeichnet, zu entfallen. Nun, vielleicht hat er’s wirklich notwendig gehabt.Peinlich könnte die Sache erst werden, wenn
Wer zu groß ist, weiß Hans Heinz Hahnl, ist ebenso schwer wahrzunehmen wie etwas ganz Kleines. Vielleicht waren die Bisambergriesen gar nicht so groß. Der Mensch neigt zur Übertreibung. Der Mensch begeistert sich an abstrakten Begriffen, aber er bleibt, was immer er unternimmt, ein irdisches Übel. „Die Größe“, sagte der Bisambergweise, „ist ein Wahrzeichen unserer Hoffnung.“ Wir werden nicht als Utopisten geboren. Abstehende Ohren sind nur ein Indiz. Wer eruieren wollte, warum einer zu den Riesen geht, zu den Weltverbesserern, zum idealen Eros und der schönen Literatur, müßte
Am 6. November, dem letzten Tag der österreichischen Buchwoche 1978, dankte Hans Weigel im Zeremoniensaal der Wiener Hofburg für den ihm verliehenen Sachbuchpreis der Buchgemeinschaft Donauland mit einer Rede zum Thema „Muß der Buchhandel“ - er meinte damit vor allem den österreichischen Buchhandel ) „so sein?“. Antwort gab Weigel keine, er illustrierte nur das Sosein des Buchhandels und ließ die Frage, die er in den prächtigen Raum gestellt hatte von Satz zu Satz größer werden, bis sie ihm - und sicher auch seinen Zuhörern als Anklage erdrük-kend genug schien, samt
An der Ostgrenze unseres Landes, tief im Gebirge, lebte irgendwann in einem der vielen Klöster, die es dort gibt, ein besonders frommer Mönch. Nächst dem dreieinigen Gott und der allerseligsten Jungfrau widmete der Mönch seine vorzügliche Verehrung dem heiligen Floris, zu dem er sich aus unbekannten Gründen hingezogen fühlte. Der Abt sah diese Verehrung gern, denn er wußte, daß Gott und die Jungfrau wohl das Ziel sind, dessen Anschauung der Lohn der Auserwählten sein wird, unsere Heiligen aber jeder einen der vielen Wege verkörpern, die zu diesem Ziel führen. Warum jedoch sollte
Den Trend der letzten Landtagswahl und das Ergebnis der kommenden Bundespräsidentenwahl bestimmt jene Gruppe, die zwischen den Lagern der Parteien pendelt: es sind die Wechselwähler, die zur einzigen Zielgruppe der Wahlauseinandersetzuno Werden. Aber verhalten sich die Parteien klug zu den Wechselwählern, werben sie um sie mit Argumenten der Emotion Oder der Ratio? Oder ist es vielleicht so, daß die Politiker den “Wechselwähler zwar brauchen, aber im Grunde verachten?
Bei einem bedeutenden Mann ist vieles anders: Er speist, er weilt, er geruht, er 1st eine Persönlichkeit. Wenn es zunächst auch so aussah, als wäre er wie jedermann geboren worden, erfährt man eines Tages, daß er „das Licht der Welt erblickt“ hat, gleich nach dem Verlassen des Mutterleibes, noch an der Nabelschnur hängend, vor dem ersten Schrei. Anders als andere Menschen taucht er nicht erst allmählich aus Blindheit und schwarzen Nebeln, sondern erblickt sogleich das Licht jener Welt, die noch nicht ahnt, daß sie dazu bestimmt ist, ihm zu Füßen zu liegen.Da jedoch die Fußlage
Tolkiens „Herr der Ringe“ ist ein literarisches Unikum, für das sogar ein neuer Gattungsbegriff erfunden wurde: Mythopoetische Prosadichtung. Bescheidener könnte man dieses wahrhaft monströse Werk auch als Märchen- und Abenteuerroman bezeichnen, der in einer erdachten Welt spielt, in der es neben den Menschen eine Fülle von anderen, teilweise bekannten vernunftbegabten Wesen gibt: Alben, Zwerge, Zauberer, Ents Orks Trolle vor allem aber Hobbits.