Die Chance für eine echte Budgetsanierung war noch nie so groß wie eben jetzt. Eigentlich, so möchte man meinen, spricht alles dafür, daß die in langen Jahren der Proporzwirtschaft in Unordnung geratenen und auch in den letzten vier ÖVP-Jahren nicht eben gesund erstellten Staatshaushalte jetzt endlich gesunden könnten. Die neue Koalitionsregierung (wer glaubt wirklich noch an eine ÖVP-Opposition?) braucht dringend einen überzeugenden Nachweis für ihre Arbeitsfähigkeit. Das Bundesflnanzgesetz würde von insgesamt 160 der 165 Parlamentsabgeordneten unterstützt werden. Gründe genug
„Bruno Kreisky ist auf dem besten Weg, dieselben entscheidenden Fehler zu machen, die Wolfgang Schmitz Finanzministerkopf und -kragen gekostet haben“ jubeln die vom 1. März 1970 Frustrierten. „Die SPÖ weiß auch in Steuerfragen, was sich die Wähler wünschen“, frohlocken andere in verständlicher Nachwahl-Euphorie. Wer von beiden letztlich recht behalten wird, ist ungewiß. Denn: bis zum heutigen Tag sind die diesbezüglichen Ergebnisse der Orientierungsgespräche (nach ÖVP-Version), beziehungsweise der Koalitionsverhandlungen (nach SPÖ-Version), mehr als kümmerlich geblieben. Bis zum heutigen Tag konnte aber auch keiner der vielen SPÖ-Finanzministerkandi-daten ein erfolgversprechendes Steuerkonzept vorlegen; Niemand wird sich darüber wundern. Die Materie ist an und für sich äußerst schwierig und die Bedingungen, die zur Zeit herrschen, sind nicht gerade rosig. Dennoch und vor allem deshalb wird die Steuerreform der erste echte Kreisky-Test.