Vom Brenner südwärts fährt man heute in ein singendes Land. Das war nicht immer so, wenn auch in Südtirol von alters her gern musiziert wurde. Der Ruf seiner Blaskapellen ist ein altbegründeter und reicht weit über Tirol hinaus. Zither und Hackbrett, das „hölzerne G'lacht“, sind auf den Almen daheim. Auch gesungen wurde natürlich schon immer in der Heimat Walthers von der Vogelweide und Oswalds von Wolkenstein, davon zeugen die Volkslieder aus allen Gauen. Zum Chor zusammengefaßt, zur Mehrstimmigkeit gegliedert und damit künstlerischen Zielen zugänglich wurde der Gesang vor
Mit den Worten aus dem Kolosserbrief „Ziehet nun an die Demut und die Liebe und das Erbarmen und die Sanftmut und Geduld“ begann der Kongreß der Kirchenmusik im Berner Münster mit einer gemeinsamen Feier der drei Landeskirchen (evangelisch-reformiert, römisch-katholisch und christ-katho-lisch). In der gleichen Reihenfolge sprachen Pfarrer Ulrich Müller, Pfarrer Johann Stalder und Pfarrer Professor Kurt Stalder. Zwischen Lesung und Gebet erklang Musik aller drei Bekenntnisse. Vom Anfang an wurde das Verbindende der Musik betont und blieb den ganzen Kongreß hindurch der bewegende Canrus
Aus alten Zeiten her hat die Kirchenmusik sich den Ehrennamen „Die singende Theologie" erobert, und seit alten Zeiten ist sie bemüht und gehalten, diese Bezeichnung rein zu bewahren und vor jeder Fälschung zu hüten. Das ist niemals leicht gewesen, denn Irrtümer bedrohen wie die Worte auch die Töne ständig im Geist, in der Güte, in der Form, in der Heiligkeit, im Künstlerischen, in der Allgemeingültigkeit. Auch heute ist es nicht anders. Über manche Vorkommnisse schütteln wir den Kopf, wissen sie mit der Würde und Erhabenheit, die einer singenden Theologie ansteht, nicht zu
Wahrend der Wiener Festwochen veranstaltete die Gesellschaft der Musikfreunde ein großes Haydn-Fest, hei dem erstklassige Ensembles, Dirigenten und Solisten mitwirkten: das Philharmonische Staatsorchester Hamburg und die Wiener Symphoniker, der Singverein, die Wiener Sängerknaktn und der Lebrer-a-capella-Chor, die Dirigenten Keilberth, Sanzogno, Moralt, Schmid und Prohaska, die Sängerinnen Stich-Randali, Lipp, Martinis, Rössel-Madjan, Jur nac und Siebtrt, die Sänger Haefliger, Patzak, Poell, Frick, Berry und andere sowie zahlreiche Instrumentalsoltsten. Die Konzerte fanden in Eisenstadt und im Musikverein statt.
Wie jede Kunst, trägt auch die Kirchenmusik, von der die Kirche fordert, daß sie wahre Kunst sei, das Gewand ihrer Zeit mit der Aufgabe, darin zeitlos Gültiges zu manifestieren. Letzteres wird von ihr als einem Bestandteil des Gottesdienstes in erhöhtem Sinn und Maß gefordert. Sie hat auch immer vermocht, dieser Aufgabe — im Rahmen ihrer Zeit — zu entsprechen; über diese hinaus nur in den größten Meisterwerken der einzelnen Entwicklungsepochen, die von einer form- und ausdrucksmäßig oft völlig anders eingestellten Gegenwart als bleibend übernommen wurden und selbst diese
Schon immer galt das Wiener Publikum als das verwöhnteste und kritischeste, was mit anderen Worten auch das feinsinnigste und unbestechlichste und nicht zuletzt das begeisterungsfähigste bedeutet. Wenn in Wien die berühmteste Oper, das berühmteste Orchester der Welt entstanden, so hat letzten Endes das Publikum sie dazu gemacht, seine Aufnahmsfähigkeit, sein Unterscheidungsvermögen, sein sicheres Gefühl für Werte und der darauf beruhende fein differenzierte Beifall, der in der Welt schwerer wog als Zeugnis, Titel und Reklame. Denn Musik war hier niemals Sensation oder Unterhaltung
Zu gewaltiger Totenfeier vereint, erklangen knapp nacheinander drei Requien, Meisterwerke, unvergleichbar, beziehungslos zueinander, dennoch dem gleichen Gedanken, der Liebe über das Grab hinaus, entsprungen. In Paul Hindemiths Requiem „Für die, die wir lieben“, deutet der Titel keine kirchliche Beziehung, wohl aber eine der 1865 entstandenen, vom Komponisten selbst ins Deutsche übertragenen Verse Walt Whitmans zur jüngsten Vergangenheit. Diese Parallele schafft gewissermaßen die geistige Atmosphäre der Musik, die, weicher, gefühlsgebundener als sonst bei Hindemith, einem
Audi in guten Zeiten gibt es magere Konzerte, Revuen des Durdischnitts, vom Glanz des Hauses stärker belebt als von !der eigenen Leistung. Nur daß sie in guten Zeiten eben versdimerzbar sind, künstlerisch und kommerziell in der Spesenrechnung aufgehen. Erst wenn sie überhand nehmen und die „großen Abende” selten werden, überlasten sie die Spesen und das Wort von der Krise wird zum Schlagwort. Das Publikum hat ein untrügliches Gefühl für die seelische Substanz der Musik, vermerkt deren Verdünnung, die Veräußerlichung des Kunstbetriebes auf der Debetseite und bleibt fern. Gebt
Wie sehr der Gesang im Herzen der Wiener Rechte neben dem Orchester genießt, beweist überzeugend der Zusammenschluß eines für eine Weltstadt unverhältnismäßig großen Teiles der Bevölkerung zu Chören. Dieser Zusammenschluß bedeutet selbtlosen, mit Arbeit und Kosten verbundenen Dienst an der Musik ohne die geringste Aussicht auf persönlichen Erfolg oder Vorteil, da der einzelne, in seiner Tätigkeit ungenannt und ohne Graduierung, nur die Wirkung des Ganzen im Auge und in ihr seine einzige Entschädigung hat. Es ist gewiß kein Zufall, daß der große Chorerzieher Viktor Kel- d o r f
Die in den weniger als zwei Jahrzehnten zwischen Bruckners Tod und dem Ausbruch des ersten Weltkrieges heranwachsenden Komponisten wurden Stiefkinder des Schicksals; sie hatten ein in seiner Vielfalt außerordentlich diffiziles musikalisches Weltbild erstudiert und fanden nach dem Kriege die Welt so verändert, daß sie mit dem Erworbenen nicht ausreichten. Vom Tristan-Erlebnis herkommend, hatten sie das Werk Bruckners und Brahms' in sich aufgenommen, waren von den großen Lebenden Gustav Mahler, Richard Strauß und Max Reger bereichert und von den Ausländern Debussy und Puccini stärker, als