Beim Wiener Spectaculum-Fest zeigt man Mut zu Uraufführungen: Ren6 Clemencic, Komponist, Musik-„Archäologe” und einer der führenden Wiener Ensembleleiter für alte Musik, präsentierte in der Jesuitenkirche sein geistliches Spektakel „Drachenkampf' in einer Choreographie von Karol Töth: Ein Stück Welttheater um die Erschaffung des Menschen, seinen lebenslangen Kampf mit dem Versucher und sein Einswerden mit der Seele durch die Jungfrau.Clemencic, der wie nur wenige die faszinierenden barocken Welttheaterspiele, Grablegungsstücke und Allegorien mit ihrer kunstvollen Symbolik kennt,
Nur zu gern sorgt Placido Domingo für große Show. Nun überraschte er Wiens Opernfreunde nach einem fulminanten Siegmund in der „Walküre” sogar mit einem Rekord: Sang er doch an einem Abend zwei Partien an zwei Opernhäusern - genauer: In der Volksoper vor der Pause den Luigi in Puccinis mörderischer Dreiecksgeschichte „Der Mantel” (Dirigent John Neschling); und nach einer Fahrt mit der Straßenbahn in der Staatsoper den Canio in Leoncavallos „Bajazzo” (am Pult Michael Haläsz). Es zeugt von Domingos Musikalität, daß er beide Partien mit der ihm eigenen Kraft, mit Temperament
Die Wiener Staatsoper spielt „Elek-tra". Und Horst Stein am Pult ist der Garant, daß Richard Strauss' kühne Dramatik im Orchester packend spürbar wird. Von Harry Kupfers einst zumindest eindrucksvoller Inszenierung kann man das nicht mehr behaupten: Sie wirkt angestaubt und in manchen Details beiläufig und gehörte vom Regisseur selbst aufgefrischt.Pech hatte die Staatsoper mit der Besetzung: Eva Marton sagte ab; und Janet Hardys Elektra wirkte stellenweise überfordert; Nadine Secunde blieb den schwelgerischen Schöngesang der Chrysothemis schuldig. Dominierende Persönlichkeit des
Opernfreunde erwarteten ein glanzvolles Verdi-Fest: Seiji Ozawa am Pult der Wiener Staatsoper und dazu ein - in der Papierform - hervorragendes, junges Ensemble garantierten einen „Falstaff' von Format. Die Opernwirklichkeit sah anders aus.Keine Frage, daß Ozawa Verdi tem-perament- und liebevoll exekutiert und daß er mit den Stimmen behutsam und mit Geschmack umgeht. Doch er bleibt dem Werk die Vertiefung schuldig: Sein Sir John ist mehr liebenswerter Komödiant als ein Getroffener, der aus dem Verführerspiel und der auf den Fuß folgenden Katastrophe resignierend seinen Schluß zieht:
Eine „Hommage in memoriam Rudolf Nurejew”, mit der die Wiener Staatsoper ihres Anfang Jänner verstorbenen Ehrenmitglieds gedachte: Mit Teilen aus „Schwanensee” und dem gesamten vierten Akt zum Finale, dem Florimund-Solo aus dem zweiten Akt von „Dornröschen” und Teilen aus „Raymdnda” beschwor das Wiener Staatsopernballett die Erinnerung an glanzvolle Tage, als Nurejew in Wien seine Paradepartien tanzte und selbst die Choreografien schuf.Umso mehr staunte man da, mit welcher Lieblosigkeit und Beiläufigkeit so manche dieser Nummern einstudiert und exekutiert wurden. Daß die
Nun hat Elena Tschernischova kurz vor ihrem nicht ganz freiwilligen Abgang von Wiens Staatsoper doch noch ihre Ballettpremiere herausgebracht: Adolphe Adams „Giselle”, eines der Schlüsselwerke der Tanzklassik, wurde mit der hinreißend eleganten Brigitte Stadler und dem jungen Russen Vladimir Malakhov, einem wahren Traumtänzer, sowie Marialuise Jaska als Wili-Königin Myrtha und Ludwig Karl als Hilarion perfekt besetzt. Ideale Protagonisten, die Tschernischovas Rückkehr zur geradlinigen Choreografie Marius Petipas in bravourösen Nummern rechtfertigen und - wie fast alle Tänzer der
Zum bereits traditionellen Fest anläßlich der Wiederkehr des Todestages Mozarts am 5. Dezember treten im Wiener Konzerthaus prominente Künstler, vor allem Sängerstars, mit Mozart-Raritäten auf. Von Cecilia Bar-toli, dem neuen Mezzo-Star am Mozart-Himmel (mit Konzertarien unter György Fischer) über Mozart-Symphonien und -Konzerte unter Georges Pretre, Sandor Vegh, Frans Brüggen und Daniele Angiman bis zum Mozart-Requiem und dem Hammerklavier-Spezialisten Melvyn Tan.Höhepunkt des Festes war die halb-szenische Produktion der Oper „Mit-ridate, Re die Ponto", eines Geniestreichs des
Das Festival „Wien modern" hatte ein Fünf-Stunden-Monsterfinale im Konzerthaus: Eine „lange Nacht" der neuen - und mitunter auch nicht ganz neuen - Klänge, die das Publikum geradezu magisch anzogen. Traten doch in mehreren Sälen Spitzenensembles - Percussions de Strasbourg, Ensemble modern, Kaspar de Roo, ORF-Symphonieorchester unter Ar-turo Tamayo und Solisten wie der Geiger Emst Kovacic - zur Hommage für den heuer verstorbenen Avantgardepapst John Cage an.„Musik im Raum" war die Devise dieser bunt schillernden, auch etwas chaotisch wirkenden Revue. Was man hörte,
Als Gottfried von Einem .nach der Volksopern-Premiere von „Dantons Tod" mit donnerndem Jubel und Bravogeschrei gefeiert wurde, stand für Publikum und Kritik fest, daß das Meisterwerk, das 1947 bei den Salzburger Festspielen dem Komponisten den Weg in die Weltkarriere geebnet hatte, in Hinkunft im Spielplan des Hauses seinen festen Platz haben wird.Die Mordmaschinen der Französischen Revolution arbeiten auf Hochtouren, die Revolution frißt ihre Kinder. In sechs knappen Szenen hat Einem diese Welt des Untergangs der alten Ordnung gebannt - Szenen von brutaler Schärfe, aber auch von
Eine Serie der (konservativ-romantischen) Otto-Schenk-Inszenierung von Richard Wagners „Tannhäuser" und demnächst August Everdings „Tristan-Produktion hatten für den verstorbenen Chef der Wiener Staatsoper Eberhard Waechter zum Finale seines ersten Jahres programmatische Bedeutung. Dementsprechend anspruchsvoll ist die Besetzung. So debütierte der junge Däne Boje Skov-hus nun als Wolfram von Eschenbach: ein fulminanter Bariton, der imponierend ins Wagner-Fach wächst und in Stimmkultur, Timbre, klarer Diktion, penibel erarbeiteten Ausdrucksmomenten das Ereignis der Aufführung
Die Wiener Staatsoper besinnt sich der Oper „Baal" von Friedrich Cerha, eines Werkes, das seit seiner Salzburger Uraufführung nichts an Spannung eingebüßt hat, dessen Libretto - nach Bert Brechts gleichnamigem Stück -überzeugend „hält" und dessen strenge Konstruktion und penibel komponierte Musik auch nach mehrmaligem Hören nichts von ihrer Eigenart einbüßt. Wie überzeugend der Wurf dieser Oper, aber auch jener der Inszenierung Otto Schenks sind, können Opernfreunde nun (und hoffentlich auch in den kommenden Spielzeiten) nachprüfen.Die Tragödie des
Placido Domingo feierte sein Jubiläum „25 Jahr&jn Wien" mit einem luxuriös besetzten Verdi-„Don Carlos". Domingo zeigte, daß er 25 Jahre nach seinem ersten Wiener Don Carlos als Bühnenpersönlichkeit für seine Partner noch immer eine aufregende Herausforderung bedeutet und in Technik, Stimmkultur und Ausstrahlung Unverwechselbares bietet. Sänger wie Waltraud Meier (eine grandiose Eboli), Mara Zampieri (Elisabeth), Jewgenij Nesterenko (Philipp II.), Leo Nucci (Posa), Jaako Ryhä-nen (Großinquisitor) füllen die Szene mit Spannung. Solide: Fabio Luisi am Pult. Wenige
Bei der Premiere 1982 wäre diese „Pique Dame"-Inszenierung an den eigenbrötlerisch-verqueren Einfällen des Regisseurs Kurt Horres fast gescheitert. Für die Neueinstudierung wurde manche Ungereimtheit ausgeräumt. P. I. Tschaikowskys „Pique Dame" zeigt zwar nun keine unverwechselbare Regieleistung, aber dank eines sensationellen Sängerensembles und des Dirigenten Seiji Ozawa, eines der sensibelsten Kenners der Tschaikowsky-Opern, wurde sie zum Höhepunkt der Wiener Staatsopernsaison.Im Mittelpunkt stand die achtzigjährige Martha Mödl, die ihr 50jähri-ges Bühnenjubiläum
Rundumemeuerung auf der Bühne, in den Inszenierungen und im Ensemble war Eberhard Wächters Opern-Werbeslogan. Doch die Renovierungsprozeduren im alten Repertoire greifen noch nicht so recht. Vor allem das Mozart-Repertoire erweist sich als sperrig. So wurden nun „Don Giovanni" (unter Donald Runnicles) und „Cosi fan tutte" (unter Bruno Weil) aufgefrischt und mit zahlreichen Sängerdebüts „interessant" gemacht. Die Rechnung ging teilweise auf: Ein paar attraktive junge Sänger, Entdeckungen, die ein Versprechen für morgen abgeben, bilden heute noch nicht unbedingt ein
(„steirischer herbst", Grazer Congress; Werke von Mauricio Kagel und Erich Kleinschuster) Unsicher, ja ratlos reagierte das Publikum auf das Eröffnungsspiel des „steirischen herbsts" — Thema: George Orwell! Mauricio Kagel, einst Publikumsschreck der Avantgardeszene und inzwischen längst zum Altmeister des Musiktheaters aufgestiegen, inszenierte sein Stück „... nach einer Lektüre von Orwell", ein Spiel um Menschen im Kontrollbann von Kameras, Monitoren und Videoapparaten. Und während Sirenen heulen, Marschtritte donnern und Stimmengewirr von Polit-Slogans und Lehrsätzen in
(Alte Universitätskirche Wien; „Franz von Assisi“ und ,.Altera Bethlehem“). Ereignis der zweiten Premiere des Spectaculum- Fests war der einjährige Staats- opern-Corpstänzer Harald Uwe Kern, der alle Anlagen zu einem brillanten Solisten zeigt. Er gab der Wiederaufnahme des „Franz von Assisi“-Balletts in der teils von Klassik, teils vom Jazz inspirierten Choreographie Karl Musils gemeinsam mit der jungen Jolantha Seyfried Dynamik, Farbe, Bravour.Premiere hatte das Oratorium „Altera Bethlehem“ des Jesuiten Heinrich Juncker und des Hoforganisten Leopold I., Tobias Ferdinand
(Musikverein, Wien; „Der Großinquisitor“ von Boris Blacher) Blacher, der prominente deutsche Komponist und Professor an Berlins Musikhochschule, 1975 gestorben, wäre heuer 80 geworden. In Wien wurden zwar sein Ballett „Der Mohr von Venedig“ an der Staatsoper und seine Oper „Preußisches Märchen“ an der Volksoper aufgeführt. Heimisch ist sein Schaffen hier dennoch nie geworden. Umso wichtiger war diese Aufführung seines Oratoriums „Der Großinquisitor“ mit Robert Holl, dem ORF-Orchester und -Chor unter Carl Melles. Diese 14 Episoden sind zwar nicht gerade ein Hauptwerk
(Mailänder Scala, „Ernani" von G. Verdi) Seit Jahren setzt man an der Mailänder Scala auf provokante Regien und hat damit auch bei der diesjährigen Eröffnungsgala keine Ausnahme gemacht. Luca Ronconi enttäuschte in dieser Hinsicht nicht: seine Inszenierung von Verdis Jugendwerk „Ernani" provozierte einen Buhskandal mit Pfeifkonzert, wie man ihn in der Geschichte des Hauses nicht oft erlebt hat. Zwar stand Ronconi ein „Wunderteam" an Sängerstars zur Verfügung: so Mirella Freni, Placido Domingo, Renato Bruson und Nikolai Ghi-aurov, mit Riccardo Muti am Pult.Aber mit
(Mailänder Scala, „Una vera storia" von Lucio Beno) Die Mailänder Scala, Luciano Berio, der dirigierende Komponist, Regisseur Maurizio Scaparro und Bühnenbildner Carlo Tommasini haben zwar durchaus nicht gespart, diese Welturaufführung von „Una vera storia" (Eine wahre Geschichte) mit populären Namen und Glanz aufzuputzen: selbst Publikumslieblinge wie die Milva wurden eingespannt, um dieser Oper zum Durchbruch zu verhelfen.Aber durch Italo Calvinos kraft- und saftloses Libretto und spannungsarme Dramaturgie und auch eine einfallslose statische Inszenierung versickerte der
(Salzburger Festspiele: „Falstaff“ von Giuseppe Verdi). Der vierte Falstaff nach Wien, Bregenz und der Mailänder Scala innerhalb von zwei Jahren. Musikalisch beschert Herbert von Karajan fraglos die am tiefsten empfundene, nobelste Aufführung, in der drei Stunden lang mit feinen kammermusikalischen Qualitäten gespielt wird.Karajan hat sich in seiner Inszenierung natürlich auf die Persönlichkeit Giuseppe Taddeis in der Titelpartie verlassen. Und er war damit gut beraten: Dieser Falstaff ist längst kein hinterhältiger Draufgänger, längst kein Weiberheld. Bei ihm ist alles mehr
(Staatsoper, Wien: „Don Pas-quale"). Das Staatsopernensemble ist längst in Japan. Im Haus am Ring wird nur noch „kleine" Oper gespielt. Und dagegen wäre gar nichts einzuwenden. Donizettis „Don Pasquale" ist eine der brillantesten Opernkomödien, die dem Publikum Mordsspaß bereiten kann. Vorausgesetzt, daß ein Haus dafür vier Spitzensänger aufbietet.Freilich, die Besetzung, die man in der Staatsoper aufbietet, rettet gar nichts: Fernando Correna -einst ein brillanter Sängerdarsteller des Schwerenöters Pasquale - hältalles auf Sparflamme. Wenig Stimme, wenig Spiel.
(Salzburger Festspiele, Orchestre National de France) Die Ansprüche, die in Salzburg an ein Orchester gestellt werden, das den Reigen der Galakonzerte eröffnet, sind stets höchste. Und der Ruf, der dem Orchestre National de France dank eines guten Managements vorauseilt, ist der eines Spitzenorchesters. Jetzt kam es mit seinem Direktor, Lorin Maazel.Aber welche Diskrepanz machte sich da bemerkbar: Maazel, der Superperfektionist und Klangmagier, steht voreinem Mittelklasse-Ensemble, das bis in die Knochen zwar gedrillt ist, dem aber das Wichtigste fehlt: der schöne, unverwechselbare Klang,
(Salzburger Festspiele, „Die Entführung aus dem Serail") Salzburgs Festspiele haben heuer kein Glück mit ihren Premieren. Nach einer danebengegangenen Produktion von „Hoffmanns Erzählungen" und einer höchst fragwürdigen Inszenierung von Shakespeares „Wie es euch gefällt" nun auch noch eine dritte Pleite.Mozarts „Entführung", im Kleinen Festspielhaus von Stardirigent Lorin Maazel und Filippo Sanjust herausgebracht, blieb in dürftigen Regieansätzen stecken, die Sanjust durch maßlosen Bühnenbild- und Ausstattungsaufwand auszugleichen versuchte. Ein im
(Salzburg, „Fest in Hellbrunn") Glück mit dem Wetter haben sie fast jedes Jahr. Und Erfolg ebenfalls. Die Veranstalter des „Fests in Hellbrunn" können auch heuer zufrieden sein. Die beiden ersten TageKarikatur: Jakob(Wiederholungen: 9. und 10. August) brachten die gewünschten Publikumsscharen, die ab 15 Uhr kreuz und quer durch den Schloßpark spazierten, sich im Schloß drängten, sich an festlichen Intra-den, am Puppenspiel von Doktor Faust, an Liedern zur Laute, Cembalo-Musik, Reitvorführungen, kleinen Opern von Telemann und Haydn, Lullys Ballett „Triumph der Liebe"
(Staatsoper, Wien; „5 Tangos” von Hans van Manen) Es ist eine Drittel-Ballett-Premiere sozusagen, mit der die Staatsoper diesmal aufwartet: Hans van Manen studierte zur Komplettierung seines Werkrepertoires in Wien seine „5 Tangos” ein, die er 1977 für Amsterdam geschaffen hatte. Auch dieses Stück ist typischer van Manen - vieldeutig, wie er das schätzt, voll von gescheiten Anspielungen und Assoziationen zum Gesellschaftstanz. Liebe und Tod, Sinnlichkeit und Dämonisches, und das alles auf der Spitze getanzt, geben dem Stück die unverwechselbare Farbe. Der Rhythmus wird zur
(Volksoper). Was der Staatsoper fehlt, ist der Volksoper jetzt als Attraktion beschert worden: eine Mo-zart-„Zauberflöte”, die alle, jung und alt, rührt, amüsiert, ja sogar allen zu Herzen geht. Denn was Leopold Lindtberg, der Altmeister der Wiener Regie, und sein Bühnenbildner Rolf Langenfaß geschaffen haben, ist tiefsinnig und weise gestaltet und es unterhält zugleich mit feinsinnig-liebenswürdigen Spaßen, wie man sie sich in diesem Werk erwartet.Und obendrein ist diese wohlausgewogene Regie in einer optimalen Bühnenbildverpackung voll überschäumender Phantasie präsentiert.
(Staatsoper, Wien). Ein unverwüstliches, brillantes Werk in einer adretten, sorgfältig aufpolierten Inszenierung: Gaetano Donizettis „Liebestrank”, der 1973 als Festwochenpremiere im Theater an der Wien herauskam, wurde nun von Otto Schenk für die Staatsopernbühne aufbereitet. Wieder verbreitet Jürgen Roses anheimelndes Bühnenbild eines lieblichen italienischen Dorfes Stimmung. Bester Realismus der siebziger Jahre. Und wie damals sorgt diese detailreiche, auf behutsame Charakterisierung gedachte Regie für gute Laune. Denn Schenk modelliert diese Klischeefiguren des Librettisten
(Raimundtheater, Wien) Wer hätte das dem Raimundtheater zugetraut? Richard Heubergers Operette „Ein Opemball“, nach dem Libretto Victor Lėons und Waldburgs, zählt zu den schwierigsten Werken der „leichten“ Gattung. Aber Raimundtheater- chef Herbert Mogg und sein Ensemble haben solide Arbeit geleistet. Otto Fritz' Regie ist um Diskretion und behutsame Pointen bemüht: Da wird Operette noch als gute alte Operette genommen und in keinen modernistischen Regiezirkus verwandelt. Bernd Müllers Bühnenbilder bieten ein bißchen nostalgischen Stimmungszauber. Anna Vaughans Choreographie
(Staatsoper, Wien) Macht und Gewalt, die Trostlosigkeit einer Welt ohne Liebe, die hektische Jagd nach dem Glück in einem grausamen Wettkampf, bei dem jeder jeden auszutricksen trachtet, um selbst zu überleben. Und nur die wenigen, die Auserwählten, steigen auf in den Olymp. Aber schließlich erstarren sie zu Klischees ihrer selbst, zu Idolen: Der Totentanz war indirekt Vorbild für Gottfried von Einems effektvollstes Handlungsballett, „Das Rondo vom goldenen Kalb“, das nach 18 Jahren wieder ins Repertoire der Staatsoper aufgenommen wurde.Erich Walter, geistiger Mitvater des Werks,
(Salzburger Festspiele). Bis zur Reihe der großen Opernreprisen regieren internationale Solisten im Großen Festspielhaus. Alexis Weissenberg, der fünfzigjährige Bulgare, war für mich die größte Überraschung. Kannte man ihn vor allem als fabelhaften Techniker, bei dem die Werke der Wiener Klassik allzu leicht zum kalten Exercise erstarren, so zeigte er mit seinem Bach-Abend, daß man ihn in Hinkunft als Bach-Interpret an strengsten Qualitätsmaßstäben messen muß. In seiner Wiedergabe von Bachs Chromatischer Fantasie und Fuge und der Goldberg-Variationen gehen handwerkliche Perfektion
(Festspiele Verona). In Verona glänzte früher ein sommerliches Spektakel der Superlative: erste Sänger, Idealbesetzungen, die großen Opernreißer und -magne-ten beherrschten das Repertoire. Und zu Hunderttausenden kamen die Opernliebhaber. Die Zahl der Besucher, heuer voraussichtlich 450.000, ist nicht weniger geworden. Im Gegenteil, man hat die Stagione diesmal bis 1. September ausgeweitet Aber mit dem Niveau rauft man seit Jahren, wie man auch mit dem Budget immer schwerer zu Rande kommt.Das merkt man heuer auch an den ersten beiden Produktionen, Puccinis „Turandot“, in einer
(Konzerthaus, Wien). Höhepunkt des Wiener Musikfests: Dr. Karl Böhm am Pult der Wiener Philharmoniker. Mit Mozarts Es-Dur-Symphonie und Dvoräks „Neunter“, der Symphonie „Aus der Neuen Welt“. Böhm scheint da plötzlich alles, was ihn in dep letzten Wochen belastete, abgestreift zu haben: die Schmerzen nach dem Sturz in London, die Schwäche. Forsch wirkten seine Tempi, temperamentvoll die Al-legrosätze bei Mozart, ein wahres Feuerwerk das Finale des Dvorak-Werks. Wie er da die Streicher im üppigsten Glanz schwelgen läßt und den Bläsern die saftigsten Attacken abverlangt, wie er
(Musikverein, Wien) Karl Richter als Herr und Gebieter über Symphoniker- und Singvereinscharen! Er ist ein Garant für klares, temperamentvolles Musizieren, für prunkenden Wohllaut, für intensive Farben. Besonders wenn er ein Oratorium Georg Friedrich Händeis dirigiert, wie diesmal im Musikverein den „Messias“ (in englischer Sprache). Richter ist allerdings kein Vorkämpfer für stilkritische Überlegungen. Barocke Musizierpraxis, wie sie ein Harnon-court bis in die kleinsten Details zu verwirklichen trachtet, verschmilzt Richter souverän mit seinem eigenen romantisch-theatralischen
(Musikverein, Wien) Dreimal hat man nun Natalja Gutmann, das 36jährige russische Cello-wunder aus Kazan, auf Wiener Konzertpodien erlebt. Und ein ums andere Mal bescherte sie ein musikalisches Ereignis. Denn wer außer ihrem früheren Lehrer Mstislaw Rostropowitsch streicht schon das Cello mit solch raffinierter Sanftheit, ohne dabei in den Konturen oder in den feinen Schattierungen an Bestimmtheit zu verlieren? Egal ob die Gutmann mit den Symphonikern unter Nanut Haydn oder Prokofieff spielt, ob sie solistisch auftritt oder ob sie mit den Wiener Philharmonikern unter Christof Prick, dem
Wie oft man auch die Wiener Philharmoniker unter Dr. Karl Böhm spielen hört, staunt mein doch immer wieder, mit welcher Einfühlung in die Vorstellungen des anderen da musiziert wird. Da herrscht ideale Harmonie. Etwa wenn Böhm Mozarts schwungvoll frische C-Dur-Symphonie (KV 338) auf Hochglanz poliert und behutsam Glanzlichter aufsetzt. Mozart - schön ausgelotet und so musiziert, daß jede Phrase auch im Atem stimmt...Dr. Böhm sitzt jetzt zwar beim Dirigieren, weil dem 84jährigen offenbar die Strapazen des zweistündigen Stehens zu groß geworden sind. Aber wer glaubt, daß das sein
Allen Puristen, die Schuberts große Liederzyklen ausschließlich Männern vorbehalten wissen wollen, bewies Christa Ludwig, was eine Künstlerin ihres Kalibers vermag. Sie sang im Musikverein die „Winterreise“ mit solcher Ausdruckstiefe, Verinnerli-chung und Uberzeugungskraft,daß ihr das Publikum schließlich fast halbstündige Ovationen brachte.Ich kenne wenige Opernstars, die ihr dramatisches Temperament so perfekt zurücknehmen und gleichsam nach Innen kehren können, wie das bei einem solchen Zyklus notwendig ist. Genau das gelingt der Ludwig: Sie singt diese Lieder von Abschied,
(Musikverein.) Boy Gobert auf Wogen des edlen Pathos und des hehren Gefühls! Nur ein bißchen gebrochener Plüsch fehlte und schon wäre die „Burg“ anno gute alte Kaiserzeit präsent gewesen. Gobert rezitierte im „Philharmonischen“ im Musikverein die Kurzfassung von Goethes „Eg-mont“ zur Schauspielmusik Beethovens. Grillparzer hat bekanntlich da letzten Sprachschliff angelegt, und nicht unbedingt zum höchsten Vorteil des Werks. Aber wenn Gobert sich mit einem solchen Werk auseinandersetzt, weiß er den vollen reifen Klang der Sprache auszukosten. Und die junge Amerikanerin
Hamburgs Opernchef Christoph von Dohnanyi, der seit Seinem Salzburger „Rosenkavalier“ enge Kontakte zu den Wiener Philharmonikern pflegt, präsentierte sich nun auch im Abonnementkonzert im Musikverein. Mit Mendelssohns „Vierter“ in einer sauberen, im Temperament etwas zurückgenommenen Wiedergabe, der der „italienische“ Akzent ziemlich abging; und mit dem Adagio aus Gustav Mahlers 10. Symphonie.Man kann Mahler so leidenschaftlich und vibrierend vor Spannung dirigieren, wie Bernstein das tut; oder so hochdramatisch und eruptiv wie Karajan, so intellektuell und analytisch wie Georg
Der Publikumsandrang bewies es - Wiens Staatsoper und die Konzertveranstalter, die bisher für die barocken Opern und Chorwerke, vor allem Händeis, eher wenig taten, lassen sich Bombenerfolge entgehen. Händeis biblisches Oratorium „Jeph-ta“, das nach der szenischen Aufführung beim Carinthischen Sommer nun zum Ende des „Musikalischen Sommers“ im Wiener Konzerthaus in ungekürzter Fassung gespielt wurde, zeigte, was da für Wiener Musikleben zu ho-len wäre. Nikolaus Harnoncourt, der sein Ensemble Concentus musicus, den Schönberg-Chor und die Mozart-Sängerknaben leitete, ist
Die beiden Galapremieren der Salzburger Festspiele, Levines und Pon- nelles „Zauberflöten“-Inszenierung und der allzu unwienerische, unerotische „Rosenkavalier“ unter Dohnanyi und dem vor kurzem verstorbenen Günther Rennert, sind vorbei. In Salzburgs Betriebsamkeit und Starrummel herrscht wieder Festspielalltag. Man geht zur Tagesordnung über. Neue kostspielige Projekte für 1979 werden bereits gewälzt: Karajans ,,Aida“-Premiere mit Jose Carreras, Mirella Freni und Piero Cappuccilli, für Dr. Karl Böhm zum „85er“ eine neue „Ariadne auf Naxos“ in Dieter Doms Regie; den
Sie zählte fast vier Jahre zum festen Repertoirebestand der Wiener Staatsoper und ist genau das, was man im Theaterbetrieb ein „dankbares Werk“ nennt, denn Leos Janäceks „Jenufa“ hat nur zwei Bühnenbilder, und sie sind nicht aufwendig; ein Werk also, das auch kurzfristig zu disponieren ist. Um so wichtiger daher, daß man diese Produktion Otto Schenks in der Ausstattung Günther Schneider-Siemssens wieder in den Spielplan eingebaut hat; umso mehr, als auch der Anlaß dazu gegeben ist: die 50. Wiederkehr des Todestages des großen tschechischen Komponisten JanäSek am 12. AugustOtto
Die Begegnung mit dem jungen lettischen Geiger Gidon Kremer ist immer Ereignis und Überraschung. Er und sein Spiel wandeln sich, zeigen immer wieder neue Facetten. Die Phase starken Gefühls, die eine Zeitlang seine Interpretationen geradezu aufheizte, ist - wie er im Musikverein zeigte - einer besonders kritischen Sicht der Werke gewichen. Selbst bei so virtuosen Stük-ken wie Eugene Ysayes 3. Solosonate oder Karlheinz Stockhausens meditierendem Solostück „Sechs Melodien aus .Tierkreis'“ (1975) merkt man, wie er die Auseinandersetzung bis zur Durchgeistung vorantreibt. Bei Stockhausen
Die Verpflichtung, Jubiläen zu feiern, ist fatal. Vergessenes muß ausgegraben werden. Und da kaum noch große Meisterwerke aufzuspüren sind, greift man in die unterste Lade. Auch fürs Schubert-Festin der Kammeroper fand man natürlich prompt zwei Singspiele: „Claudine von Villa Bella“ und „Die Zwillingsbrüder“. Warum sie in den all den Jahrzehnten nicht gespielt wurden, verstehe ich jetzt allerdings auch.„Claudine“, nach Goethe, ist ein Fragment. Eine kopflastige Ouvertüre und ein erster Akt stellen bloß die Personen vor, die da im zweiten und dritten miteinander turteln,
Wann macht Karajan endlich wieder etwas Neues, fragen sich alle. Das Salzburger Osterfestspielpublikum, das in Hinkunft für den teuersten Sitzplatz bereits 1800 Schilling hinblättern wird und (Plattenfirmen eingeschlossen) seit Jahren auf den neuen „Parsifal“ wartet. Aber vielleicht kommt er 1980 in der Wiener Staatsoper, wo Karajan auch im zweiten Jahr nur auf „Troubadour“-, „Figaro“- und „Boheme“-Wellen ritt und wo er 1979 nach der Ubersiedlung des jahrealten Salzburger „Don Carlos“ zu den Osterfestspielen diesen auch noch in Wien via TV verkauft. Oder bei den
Wenn das Staatsopernballett Premiere hat, ist das jedesmal Anlaß zu viel Neugierde. Wird es endlich technisch weitergekommen sein? Wird es endlich mehr Disziplin zeigen, vor allem im Corps? Ich war in dieser Hinsicht diesmal mehr enttäuscht als sonst. Bis auf ein paar, die sich merkbar profilieren, Ludwig Karl und Heinz Heidenreich etwa, oder Christine Gaugusch, blieben die drei einstudierten Werke eher unter dem Niveau, das für solche Premieren absolutes Muß ist. Die eiserne Disziplin, unerläßlicher Teil des Ballettbetriebes, fehlte merkbar. Ein gewisses Leichtnehmen wird spürbar. Auch muß man sich fragen, ob das wirklich der einzig richtige Weg ist, den man jetzt in der Programmpolitik geht. Nämlich, Opernhäusern wie Frankfurt, Hamburg, Berlin oder Stuttgart die Balletturaufführungen zu überlassen und die Werke dann in Wien Jahre später nachzuspielen. Wäre das Wiener Staatsopernballett nicht zu jeder Premiere wenigstens eine Uraufführung wert? Kann man, was da jetzt exerziert wird, als Programmpolitik bezeichnen?
Ein „Don Carlos“, der auf dem Papier aufregendes Operntheater versprach: Mit Mark Ermler, dem hervorragenden Kapellmeister des Moskauer Bolschoi-Theaters, russischen Stars,' wie Atlantow, Nesterenko, der Mi-laschkina. Die Pechlawine kam mit der Absage Carlo Cossuttas ins Rollen. Ein Tenor namens Lazzaro sprang ein. Man hörte ihn über lange Strecken nicht. Und wenn, dann eine enge, etwas gequetschte Stimme. Er brachte auch prompt ein Buhkonzert in Gang, das den Abend bis zum Ende bestimmte. Doch auch ein so prominenter Sänger wie Atlantow versagte: Der berühmte Tenor sang erstmals in
Lobpreisungen aller Art, Jubelworte in Salzburg: Der „große Sohn der Stadt“, Herbert von Karajan, feiert am 5. April seinen „Siebziger“. Und die Lawine der Ehrungen rund um die 12. Osterfestspiele rollt. Während etwa in Holland Fans sich den Maestro in Wachs leisteten, was ihn sicher wenig begeisterte, zeigt er sich von Salzburgs Beitrag bewegt: „Ich kann mich hier realisieren wie nirgends sonst“ dankte er anläßlich der Eröffnung der imponierenden Karajan-Ausstellung der Max-Reinhardt-Forschungsstätte im Schloß Arenberg.Einen Wermutstropfen steuerte allerdings die
Eine Balletturaufführung in der Wiener Staatsoper - allzuselten ist ein solches Ereignis. Und wenn es dann, nach langem Termin-Hin- und -herschieben, endlich passiert, zwängt man eine solche Uraufführung auch noch ein zwischen zwei Repertoirestücke wie „Serenade“ und „Liebesliederwalzer“, anstatt auch rundum für Spektakuläres, für tänzerische Ereignisse zu sorgen. Als wollte man die eigene Courage hinter Gängigem verstecken.Dabei brauchte man „Valse triste“ des vierundzwanzigjährigen Mödlin-gers Bruno Liberda - er lebt in London - keinesfalls mit Programmpolstern
Gidon Kremer wie Hans im Glück: Spielte der junge Geiger doch sein erstes Konzert, nachdem er von der UdSSR endlich einen unbefristeten Reisepaß ausgestellt bekommen hatte. Kremer wird in Hinkunft im Westen reisen und geigen können, wie es ihm beliebt. Und er mußte vor allem nicht die Kontakte zu seinem Heimatland abbrechen, wie dies vielen seiner Kollegen geschah. Man denke nur an Rostropowitsch. Kremer startete in Wien, im „Philharmonischen“ im Musikverein mit Brehms' Violinkonzert. Und einmal mehr durfte man das ungemein harmonische Spiel dieses jungen Geigers bewundern. Ein
„Tagen der russischen und sowjetischen Musik“ begegnet man zur Zeit in Österreich: Vierzehn Konzerten, in deren Rahmen Künstler wie Andrej Gawrilow, Wladimir Krajnew, Alexander Dmitrijew sich präsentieren Gleich das erste, mit Leningrads Orchester Nummer 2, also den Symphonikern, mit dem Yurlow-Chor, dem Solisten Jewgeni Neste-renko und dem erfolgreichen Pianisten Gawrilow im Musikverein, wurde zu einem Fest des schönen Klanges. Wenn auch die aufgeführten Werke zum Teil kühl ließen Ein „Triptychon“ von Swiridow und Schostakowitschs Kantate „Stenka Rasin“ (1964) sind typische
Beethoven regiert zur Zeit seinen Terminkalender und sein Leben: die „Fidelio“-Aufzeichnung aus der Wiener Staatsoper hat er gerade hinter sich gebracht; in der Verfilmung der II. und III. Symphonie steckt er mittendrin (quasi als Abfallprodukt schneidet seine Plattenfirma beide Werke gleich mit). Und damit für die Filme auch die wichtige Publikumskulisse nicht fehlt, baten die Wiener Philharmoniker zum Sonderkonzert in den Musikverein. Und Bernstein lieferte den Beweis, daß ihm Beethoven- wie heißt es doch so schön - in Fleisch und Blut übergegangen ist. Bravo, Ludwig van
Einen „Durchbruch, nach dem es kein Zurück mehr gibt“, sah Unterrichtsminister Sinowatz in der TV-Direktübertragung dieses „Fidelio“ aus der Wiener Staatsoper; einen „wichtigen Lernprozeß, in dem man die nötigen Erfahrungen für weitere weltweite Liveübertragungen sammeln könnte“, Bundestheaterchef Robert Jungbluth. Keine Frage: Die „Öffnung der Bundestheater“, dank der man in Hinkunft die wichtigsten Produktionen von Burg, Staats- und Volksoper dem Publikum ins Haus liefern wird, war höchste Notwendigkeit ■ Für die Mehrzahl der Steuerzahler, die nie im Leben
Wenn der Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde Bruckners Te Deum singt, scheint die Welt wieder in O rdnung: Ein gewaltiger, gewaltig lauter Lobgesang, eine einzige kraftvolle Entladung himmelstürmenden Jubels, der Hoffnung auf das Heil. Helmuth Froschauer hat dieses pompöseste Werk Bruckners korrekt und mit viel Gespür für effektvolle Details einstudiert. Und der Chpr weiß, was er seinem Ruf als vorzügliches Bruckner-Instrument schuldig ist. Keine Frage, daß er dieses Werk unter jedem Dirigenten impulsiv, leidenschaftlich, voll aufregender Klangpracht darzustellen vermag. Also
Was die ersten Nurejew-Abende seinen begeisterten Anhängern ein wenig versagten, bescherte jetzt endlich die Wiederaufnahme seiner 1964 für Wien erarbeiteten „Schwanensee”-Fassung. Keine Frage, daß dieser „Schwanensee” - auch dank Nicolas Georgiadis Ausstattung - zu den schönsten Ballettproduktionen der Staatsoper zählt und zu den wichtigsten der internationalen Ballettszene. Sie in makelloser Schönheit vorzeigen zu können, ist also Verpflichtung des Hauses am Ring. Und durch Nurejew selbst, oder zumindest durch Tänzer seines Kalibers, gewinnt die Aufführung jenen
Für Brahms’ „Deutsches Requiem“ ist Carlo Maria Giulini ein idealer Interpret. Ein Werk, das für sein Temperament, seine Freude an mystischer Atmosphäre, sein Raffinement der Orchesterführung wie maßgeschneidert ist. Da kann er glanzvolle dramatische Steigerungen und Ausdruckstiefe auskosten, in Klangluxus schwelgen. Die Sonntagsmatinee im Musikverein war ein glanzvolles Ereignis.Vor allem eine Besetzung in Bestform. Den Staatsopernchor hat Norbert Baiatsch .auf Intensität, Farbdichte, exakte Wortdeutlichkeit trainiert. Wie Meeresbrandung rollen die Steigerungen heran. Sheila
Man glaubt es kaum. Aber an Rudolf Nurejew, der - trotz junger Konkurrenten wie Michail Barischnikow, - noch immer Star der internationalen Ballettszene ist, scheinen die letzten Jahre fast spurlos vorübergegangen zu sein. Er ist jetzt 39. Eigentlich kein Alter. Für einen Tänzer, der Nummer eins bleiben will, aber dennoch ein kritisches. Daß er diese Stellung mit ungeheurer Zähigkeit, unvorstellbarem Ehrgeiz und Arbeitsbesessenheit verteidigt, bewies die Eröffnungsgala seines achtwöchigen Wien-Gastspiels an der Staatsoper. In manchen Momenten geradezu ein Abend atemberaubender
Sie ist ein Glanz- und Zugstück der Wiener Staatsoper, diese „Frau ohne Schatten” unter Dr. Karl Böhm. Und gerade die Sonntag- Aufführung hat diesen Richard- Strauss-Festtagen nach dem hübschen, aber leichtgewichtigen „Capriccio” erst ihr volles Gewicht gegeben. Doch leider, der geplante Livemitschnitt dieser glanzvollen Aufführung für die Schallplatte steht in Frage.Ein Scheitern dieses Projektes wäre vor allem für die Wiener Staatsoper, für die gerade eine solche Aufnahme als Prestigefaktor von eminenter Bedeutung wäre, ein großer Schaden. Man erinnere sich nur der
Die Scharte ist ausgewetzt: Wien, die vielgepriesene Heimatstadt der Operette, in der in den letzten Jahren nichts so dürftig bedient war wie gerade diese Kunstgattung, besitzt endlich einen „Zigeunerbaron”, mit dem man Staat (und Staatstheater) machen kann. Die Staatsoper kann also ihre peinlich danebengegangene Produktion Werner Düggelins in der Versenkung verschwinden lassen. Und die Volksoper sollte die stürmisch bejubelte eigene Aufführung so oft wie möglich ansetzen. Denn das ist Wiener Operette - geschmackvoll, in der richtigen Mischung von Witz, Sentimentalem, Heroischem, Patriotismus… Wie es der goldenen Operettenära ansteht.
Große Symphonie im Musikverein: Mario Rossi, Gerhard OppitzEin Saisonbeginn in der „Großen Symphonie“ auf Sparflamme. Claudio Arrau sagte ab. Ein junger Deutscher, Gerhard Oppitz, sprang ein. In Tel Aviv hat der 34jährige vor kurzem den ersten Preis des Rubinstein-Wettbewerbs gewonnen. Im Musikverein hatte er sich mit Liszts 2. Klavierkonzert und Rachmaninoffs „Papanini-Varia- tionen“ vorzustellen. Oppitz ist natürlich ein sehr solider Techniker, wie die meisten jungen internationalen Preisträger. Nur die Souveränität, um solche Werke vorzutragen, fehlt ihm. Keine Frage, die
Zwei Hauptwerke Gustav Mahlers gleich zum Saisonbeginn im Musikverein: LeifSegerstam führte mit dem ORF-Symphonieorchester das „Lied von der Erde“ auf, Claudio Abbado mit den Wiener Philharmonikern die „Vierte“. Zwei Konzerte, die einmail mehr deutlich zeigten, welches Übermaß an Konzentration, Streicherglanz und -Intensität, an solistischer Instrumentalbravour und Stimmschönheit diese ausladenden symphonischen Werke brauchen.Keine Frage, daß die „Vierte“ bei den Philharmonikern in den besten Händen war. Und wenn Abbado nicht den ersten Satz im Tempo merkwürdig leger
Sie recken die geballten Fäuste dem Publikum ins Gesicht, sie knallen mit Revolvern den staunenden Kleinbürgern „eine vor den Latz”. Sie posieren im großen Revolutionssturmbild des sozialistischen Realismus. Und im Hintergrund werden Hammer und Sichel geschwungen. Manches sieht nach Danton, Französischer Revolution und Pariser Commune aus. Hochpolitisches Theater? Linksradikale Agitation? Durchaus nicht. Es ist nur eine bescheidene, sonst sehr liebenswerte Operette, Mülöckers „Gasparone”, der der Regisseur und Bühnenbildner Harald Benesch politischen Zuschnitt verpaßt hat. Das
Ein Endspurt in Luxusverpackung. Nicht nur Prominenz auf dem Podium des Großen und Kleinen Salzburger Festspielhauses, sondern auch überall im Parkett. So präsentiert sich das Salzburger Festspielfinale. Herbert von Karajan und Leonard Bernstein mit Beethoven-Symphonien, Karajan mit Mahlers „Sechster*, Riccardo Muti mit Mendelssohn und eine imponierende Riege internationaler Pianisten: Grandseigneur Svjatoslav Richter, Maurizio Pollini, Alfred Brendel, Viktoria Postnikowa und Gennadi Rosch- destwenskij, Christoph Eschenbach …Zu den Hauptereignissen zählte jedenfalls Dr. Karl Böhms
Nach Jahren der „Mahler-AbstL, nenz“ hat das Werk des Komponisten endlich wieder bei den Salzburger Festspielen Eingang gefunden: Herbert von Karajan hat dazu vor drei Jahren mit der „Fünften“ das Startsignal gegeben; heuer führt er bereits zum zweitenmal mit seinen Berliner Philharmonikern die „Sechste“ auf. Und James Levine dirigierte zum Wochenende die „Zweite“, die Auferstehungssymphonie. Man hat sich also endlich wieder für den Vater der Moderne entschlossen. Und da das Publikum mit ungeheurer Begeisterung folgt, könnte man in Salzburg endlich auch den großen Schritt
Heiße Tage, hitzige Streitgespräche, höchste Nervenanspannung und immer wieder das Aufeinanderprallen von Primadonnenallüren, gekränkten Eitelkeiten-das kennzeichnete den vor kurzem zu Ende gegangenen Internationalen Opernsängerwettbewerb, der auf dem ehemaligen Landsitz des letzten Dogen von Venedig, in der Villa Manin bei Udine, vom Internationalen Vivaldi-Zentrum abgehalten ‘wurde. Junge Sänger scharten sich da um einen der berühmtesten Tenöre aller Zeiten, um Mario del Monaco, der 25 Teilnehmer für sein Seminar ausgewählt hatte und sie zur großen Sängerschlacht führte.
Sie ist plötzlich ein Publikumsschlager geworden, nachdem sie zuerst bloß als historischer Mummenschanz abgetan wurde: Die Krönungsoper Kaiser Leopolds II. zunr König von Böhmen, „La Clemenza di Tito“, Mozarts letztes Meisterwerk, hat auch heuer bei den Salzburger Festspielen einen Bombenerfolg geerntet.- Die Wiederaufnahme in der Felsenreitschule ist sogar noch interessanter, geschlossener und intensiver geraten als bei der Premiere 1976.Man muß das wohl James Levine, dem jungen Chefdirigenten der New Yorker Metropolitan Opera, zugute halten. Das Sängerensemble ist dasselbe wie
Später als sonst gerät die Konzertszene der Salzburger Festspiele heuer in Bewegung. Die Wiener Philharmoniker sind durch die Lawine der Opernpremieren („Salome“, „Don Giovanni“, „Don Carlos“, „Titus“) ausgelastet; Kleines und Großes Festspielhaus sind blockiert; das Mozarteum durch die zuerst skandalumwitterte, dann recht harmlose Premiere des „Tod eines Jägers“ nicht im üblichen Umfang für Konzerte verfügbar. Also ballen sich die Konzertereignisse in den letzten vierzehn Tagen zusammen, wo Böhm, Karajan, Bernstein, Muti, James Levine ihre großen Shows
Wenn Dr. Böhm sich mit Mozartpartituren auseinandersetzt, ergibt sich fast von selbst ideale Harmonie. Von hochdramatischer Spannung, tiefem Emst, geistvollem Scherz. Und diese Mozart-Galapremiere im Kleinen Salzburger Festspielhaus setzte musikalische Maßstäbe. Im Szenischen ist diesJean-PierrePonnellebeim„DonGiovanni”nichtgelungen.
Salzburgs- Festspiele und Richard Strauss’ Opern gehören zwar untrennbar zusammen, wie auch Strauss’ Werke aus Herbert von Karąjans Lebenswerk nicht wegzudenken sind. Und doch ist die Meisteroper „Salome” hier noch nie aufgeführt worden; wie Karajan das Werk an die zwei Jahrzehnte lang nicht dirigiert hat. Der Grund ist wohl in Karajans Vorstellungen von diesem Drama übersteigerter Leidenschaften, übersteigerter Phantasie, übersteigerter Ansprüche zu suchen. Ich glaube, fast fünfzehn Jahre lang hat er an einem Konzept gefeilt,, ohne freilich eine Sängerin gefunden zu haben,
Die Glanzzeiten der Arena von Verona sind fürs erste vorbei. Die goldenen Tage, da ein Aufgebot der ersten Sänger, von der „Met” und der Scala vor allem, hier aufregende Opernabende bescherten, werden immer seltener. Placido Domingo ist heuer im „Bąjazzo” und in „Cavalleria rusticana” der einzige von Weltkali- ber. Aber am Budget der Arena liegt es nicht in erster Linie (denn da sorgen schon Politiker dafür, daß Intendant . Cappelli nicht auf dem Trockenen sitzen bleibt). Es liegt vielmehr an den Problemen, die immerwährend kleine Streiks und Auseinandersetzungen mit sich
Eine Apotheose des Walzers sollte es werden - eine Gala des Wiener Staatsopernballetts, aufgeputzt mit internationalen Gästen, um einmal allen schwelgerischen Glanz der Walzerkunst zu zeigen. Doch ein bißchen Pech spielte mit. Lynn Seymour, die Isidora Duncans berühmte Walterparaphrasen tanzen sollte, erkrankte. Ersatz dafür gab es nicht. Lediglich Michail Fokines berühmten „Geist der Rose“ konnte man retten, und zwar mit der 26jährigen argentinischen Liliana Belfiore, Ballerina des London Festival Ballet, die von Londoner Kritikern zum besten „Newcomer“ gewählt wurde; und mit
Ein Feen- und Geisterspektakel im wildesten Schnörkelurwald, mit stolpernden Bauerntölpeln im Unterholz, mit barocken Allegoriespielen der Jahreszeiten, des Dichters Corydon und derfeistenMopsa, mit Gesang und Schauspiel und Tanz… Große Opemparodie und tiefsinniges Symbolspiel zugleich, zurechtgeputzt mit Witz, Satire, Ironie und viel tiefer Be deutung: Das ist Henry Purcells zu Ausgang des 17. Jahrhunderts geschaffene Ballettoper „Die Feenkönigin”, eine witzig-kultivierte Paraphrase auf Shakespeares „Sommernachtstraum”.Freilich ohne dessen vielschichtige Symbolik zu erreichen.
Zuerst hat man es im Eck stehen lassen, dann totgeschwiegen und schließlich ausschließlich in Operetteneinlagen verschrotet. Doch das Wiener Volksopernballett scheint, Gott sei Dank, nicht unterzukriegen zu sein. Aschenbrödel tanzt jedenfalls wieder. Und der neue Start ist nicht nur ein Spaß fürs Publikum geworden. Er hat auch gezeigt, daß man mit dieser Truppe konsequent Aufbauarbeit leisten müßte, um ihr dann eine große Aufgabe zu übertragen: Sie müßte jenes heitere Genre präsentieren, das in der Wiener Tanzszene völlig fehlt…
Unter den großen Artisten der alten Schule ist er einer der letzten, die noch in alter Frische rund um die Welt reisen: Nikita Magaloff, ein Virtuose, für den Chopins Werk in all den Jahrzehnten zu einem runden Ganzen geworden ist. Wie ein Weltbild. Klar, konturiert. Vor allem die sentimentale Note, die mittelmäßige Pianisten bei Chopin so schätzen, das Parfümierte, fegt er mit pianistischem Furioso weg.Im Wiener Konzerthaus meißelte er seinen Chopin in den Steinway: die Etüden op. 10 und op. 25 und die Prėludes op. 28. Ein Gebäude, in dem senkrechte, also harmonische, und
Rasante Sprünge, wildes Gestrampel, Ballette, vollgetankt mit Leidenschaft und heroischem Auftrumpfen: Das ist der erste Eindruck, den man vom Leningrader Afalegot-Gastspiel beim Internationalen Ballettfestival an der Wien empfing. Und dieser Eindruck dominierte drei Produktionen lang: in „Romeo und Julia” zu Proko- fieffs Musik, in Hėrolds berühmter „Fille mal gardee” und schließlich im - für russische Verhältnisse - extrem avantgardistischen und lange Zeit in Moskau deshalb verbotenen Tanzdrama .Jaroslauma”. Drei Werke des Choreographen Oleg Winogradow, der seit kurzem nicht
Das Wiener Staatsopernballett hat einen neuen Ballettabend, der sich sehen, lassen kann, ja Maßstäbe setzt. Hans van Manen hat mit den Solisten zwei seiner Werke einstudiert, „Twilight“ und „Adagio Hammerklavier“, und George Balanchines „Liebeslieder Walzer“, nach der Aufführung in derStaatsoper (FURCHE 22) nun im Theater an der Wien in einer zweiten Besetzung präsentiert, ist jätet merkbar geistiges Eigentum der Truppe geworden.Und das ist gut so. Denn von beiden Choreographen müßte diese Truppe die wesentlichsten Werke zürn fixen Bestand ihres Repertoires zählen. Die
Mit viel Mut, Ambition, guten Namen, hat sich die Grazer Oper dafür eingesetzt, eine Ausgrabung noch einmal zum Schlager zu machen: Georges Bizets Oper „Die Perlenfischer“, 1863, also noch vorder „Fille de Perth“, vor „Djamileh“, den ;,L’Ar- lesienne“-Suiten und zehn Jahre vor „Carmen“ entstanden, erlebte ihre österreichische Erstaufführung in französischer Sprache! Daß die sentimentale Oper diese erste Comeback- Serie von ein paar Aufführungen überleben wird, nehme ich allerdings kaum an.Das liegt allerdings durchaus nicht nur an der Produktion, sondern am Werk
Es gehört seit Jahren zu den Gepflogenheiten, Festwocheneröffnungskonzerte und „Philharmonische“ gleichzuschalten, das heißt, ein Abonnementkonzert ganz einfach noch einmal zu wiederholen und im freien Kartenverkauf anzubieten. Solang dieses Konzept spektakulär, festlich, vom Programm her attraktiv war, war auch dagegen nichts einzuwenden. Diesmal hat man sich’s im Konzerthaus freilich etwas leicht gemacht. Denn das „Philharmonische“ unter Claudio Abbado mit Wladimir Spiwakow war zwar natürlich ein sehr solides Abonnementkonzert. Aber von der Stückwahl her schien es nicht so
Er feierte gerade im Wiener Musikverein sein eigenes kleines Mozart-Festival: Pinchas Zukerman, er junge israelische Geiger, der im Rekordtempo (und mit Hilfe der Plattenindustrie) eine Weltkarriere geschafft hat, profilierte sich parallel zu seiner Tätigkeit als Geiger aber auch als Taktstockartist Und besonders die Zusammenarbeit mit dem hervorragend trainierten English Chamber Orchestra - es spielt sonst vor allem unter Daniel Barenboim - hat in Zukermans Spiel unverkennbar Akzente hinterlassen. Das heißt, Zukerman kehrt immer stärker seinen Hang zum Kammermusikalischen hervor. Auch in
Zwei Meisterpianisten, die das Publikum in Aufregung versetzen können: Vladimir Ashkenazy spielte im Musikverein Rachmaninoffs 3. Klavierkonzert, und Rudolf Serkin, der große alte Herr unter den Starinterpreten der Wiener Klassik, setzte sich im Konzerthaus mit Beethoven auseinander. Zwei Abende - zwei Stile, Klavier zu spielen, zwei musikalische Weltanschauungen, zwei Welten.Ashkenazy ist sozusagen ein Motor. Ein Computer, der Rachmaninoffs sonst eher schwerblütig, prunkvoll und sentimental aufgebauschte Klavierkonzerte bis zum Skelett abräumt. Und damit einen Rachmaninoff hervorkehrt,
Was nach dem Supererfolg der „Troubadour“-Aufführung Herbert von Karajans in der Wiener Staatsoper kaum möglich schien, hat sich gleich zweimal ereignet: Karajan, der Superperfektionist, der wie kaum sonst ein Künstler seinen Willen zum Maß aller Dinge macht, hat sich selbst übertroffen. Mit Mozarts „Hochzeit des Figaro“ und Puccinis „La Boheme“ sind ihm zwei Musteraufführungen geglückt, die auf diesem Niveau zu halten, die Wiener Staatsoperndirektion in Hinkunft allerdings einige Probleme haben wird.Denn Karąjan ist nicht weniger gelungen, als ein perfektes Ensemble
Der Jubel schien in Hysterie umzukippen: Applaussalven, Gestampfe, „Karajan, Karajan” brüllende Fans, dazu Rosenbüsche … Ein Jubelorkan ging über dem Parkett der Wiener Staatsoper nieder. „So etwas ham ma seit Karajans Abgang 1964 net mehr erlebt”, staunte ein Billeteur. Der Grund für dieses Spektakel: Herbert von Karajan, mit ebenso viel rückhaltloser Begeisterung verehrt, wie von seinen Gegnern heftig bekämpft, kehrte nach dreizehn Jahren totaler Wien-Abstinenz zurück an „sein” Haus. Mit Verdis „Troubadour”, einer 1962/63 für Salzburg geschaffenen Karajan-Inszenierung, die dann nach Wien übersiedelt, heuer als Osterfestivalgala gezeigt und jetzt erneut für die Wiener Staatsoper aufgefrischt wurde.
Offenbach-Freunde werden ihre Freude haben: Erstmals liegt eine komplette Aufnahme der Opéra- Bouffe „Die Großherzogin von Gerolstein“ vor, in französischer Sprache, mit Dialogszenen. CBS hat sich für diese Produktion ein sehr solides Operettenteam geholt: Rlgine Crespin als Herzogin, Alain Vanzo für die Partie des Soldaten Fritz, Charles Burles als Fürst Paul, Claude Méloni als Intrigant Baron Puck und Robert Massard als General Boum. Und was Michel Plas- son mit diésen Sängern und Chor und Orchester des Capitole de Toulouse erarbeitet hat, ist eine saubere, profilierte
Bruckners „Fünfte“, aller pathetischen Züge entkleidet und in einem sehr modern anmutenden analytischen Verfahren seziert; Bachs Matthäus-Passion, wie stets in überaus persönlichem Karajan-Zuschnitt, vor allem als Darstellung der Sänger konzipiert; und schließlich Verdis „Troubadour“, aus der Wiener Staatsoper nach Salzburg ins Große Festspielhaus versetzt und mit Weltstars aufgefrischt: Das war das Programm der Osterfestspiele 1977 Herbert von Karajans. Wie stets natürlich ein gesellschaftliches Ereignis, wie stets auch ein Fest, das bis ins letzte Detail auf den Maestro und
Ein ungewöhnlicher Osterfestspielbeginn - Herbert von Karajan eröffnet sein diesjähriges Salzburger Osterfestival mit Gustav Mahlers VI. Symphonie, dem Schlüsselwerk der Moderne, einem Stück, das zwar nirgends programmatisch ist, aber doch wie kaum eine andere Symphonie Mahlers einen spürbaren Programminhalt propagiert: extreme Situationen des Lebens. Gratwanderungen, Weltferne und im schärfsten Gegensatz dazu das hart zupackende Schicksal, in der Partitur Mahlers die oft verlachten Schläge mit dem Hammer, die das Publikum heute noch ähnlich beunruhigen wie bei der Uraufführung des
Man glaubt es kaum. Aber in den Archiven der Nationalbibliothek, der Stadtbibliothek, und natürlich auch zahlloser ausländischer Bibliotheken sich umzusehen, lohnt sich immer wieder. Sogar im Fall eines Jacques Offenbach, von dem allzu oft gesagt wurde, seine kleinen Werke aufzuführen sei unergiebig. Die Wiener Kammeroper hat zum Beispiel den Einakter „Die klassische Witwe“ als österreichische Erstaufführung auf ihre Minibühne gebracht und damit einen großen Werkerfolg erzielt.‘ Denn das kleine Stück schwelgt in melodischen Einfallen. Die Partien dieser uralten Geschichte um die
Raritätenausgrabungen sind in der Oper an der Tagesordnung. Auch solche kommen zum Zug, die zwar kaum noch auf eine Bühne gehievt werden können, aber immerhin auf Platten für den Musikfreund eine große Entdeckung bedeuten: Joseph Haydns „La fedeltä premiata” (Die belohnte Treue) ist sozusagen ein solcher „Fall”. Versuche, diese Festoper heute szenisch herauszubringen, wie dies in London, Kiel, Amsterdam, Zürich und Karlsruhe geschah, müssen wohl immer ein wenig im langweiligen Klischee steckenbleiben. Aber die Platte - Philips legt nun eine kritische Gesamtaufnahme vor-istein
Bescheidenheit ist zwar eine Zier. Aber so bescheiden, ja anspruchslos, hätte sich Helmut Käutner mit seinem neuen Musical „Das Glas Wasser oder Barock und Roll” wirklich nicht geben müssen. Aber wie man sieht, selbst diese arme Klamotte reichte, um im Theater an der Wien auf die Bühne gehievt zu werden und vom Publikum sogar Applaus und Bravogeschrei zu ernten. Wofür allerdings Helmut Käutner nichts konnte. Denn daß das Musical-Machwerk nicht durchfiel, war vor allem drei Schauspielersängern zu danken: Ivan Rebroff, Susanne Almässy und Heidelinde Weis.Wer Käutners berühmten
Unter all den Jugendopem Mozarts, deren sich in den letzten Jahren vor allem BASF vorbildlich angenommen hat, wurde, ein Werk ungerechterweise stets stiefmütterlich vernachlässigt: „Zaide”, das Fragment aus dem Umkreis um „Idomeneo” und „Entführung”, das im Unterschied zu den ebenfalls nie ganz vollendeten „Lo sposo deluso” und „L’oca del Cairo” ein Werk von hoher Originalität der Einfalle ist, voll von Neuem in den Klangfarben der Arien, neu vor allem auch in der Tendenz, den melodramatischen Gestus auszuprobieren. Nun liegt bei Philips eine Gesamtaufnahme des
Es setzt immer wieder in Staunen, wenn man Dr. Karl Böhm beim Dirigieren zusieht: Wie sparsam und zugleich elastisch, wie präzise er schlägt, obwohl er vieles nur andeutungsweise angibt, wie temperamentvoll er mit seinen 82 Jahren Werkkolosse wie Beethovens „Neunte” mit Spannung füllt und monumentale Klangarchitektur aufbaut. Man muß es vorausschicken - es war diese „Neunte” eine besonders festliche Aufführung, in der es vor allem auch darum ging, Böhms seit vielen Jahren herzliches Verhältnis zur nun seit 50 Jahren bestehenden Konzertvereinigung Wiener Staatso- pemchor zu
Philharmonisches Großangebot vor Weihnachten im Musikverein: Gleich zwei Taktstockstars im Einsatz. Zubin Mehta und Riccardo Muti. Allerdings, daß sich da auch die Musiker überall wirklich in ihrem Element fühlten, bezweifle ich. Mehtas Konzert etwa trübten so manche Schatten. Der Maestro konzentrierte sich vor allem auf Beethovens „Siebente“, stürzte sich energiegeladen und temperamentvoll in die Partitur. Bis zum Presto des dritten Satzes eine spannende Aufführung; das Spiel der Phüharmoniker brillant und aufgeheizt. Aber muß das Allegrofinale um des Effektes willen wirklich in
Ein Abend höchster Ansprüche sollte es werden: Jacques Offenbachs Meisteroper „Hoffmanns Erzählungen“, seit hundert Jahren von Direktoren mutwillig verstümmelt und von Regisseuren aus Angst vor Überlängen, Unglaubwürdigem und Unkenntnis der wahren Qualitäten verdreht und zerzaust, sollte endlich seine Originalgestalt erhalten. Ein mutiges Unternehmen also, an das die Wiener Volksoper sich mit einem prominenten Team wagte: mit dem Dirigenten Diet-fried B e r n e t, Wiener Generalmusikdirektor in Mainz, dem international gefeierten Film- und Schauspielregisseur Johannes S c h a a f („Trotta“, „Leonce und Lena“) und dem „Phantastischen-Realismus“-Papst Ernst Fuchs. Und Phönix Hoffmann ist wirklich aus der Asche gestiegen. Aber bei seinem ersten Höhenflug hatte das schillernde Luxustier mit mancherlei Lähmungen zu kämpfen und mußte gleich Federn lassen.
Soviele Superstars auf einer Platte! Das hat es noch nie gegeben: Leonard Bernstein, Vladimir Ho-rowitz, Yehudi Menuhin, Isaac Stern, Dietrich Fischer-Dieskau, Mstislav Rostropowitsch, Mitglieder der New Yorker Philharmoniker, die New Yorker Oratorio Society ... Und keiner trumpft als großer Star, als eigenwilliger-Solist auf. Jeder hat sich vielmehr einen Partner gewählt, mit dem er ganz bescheiden unerhört intensiv musiziert.Der Grund, daß sich diese Spitzenreiter internationaler Publikumsgunst und internationalen Musikgeschäfts zusammenfanden, ja, sogar schließlich in einer für sie
Sie war in Wien bisher eine unbekannte pianistische Größe. Nur ein sehr solider Ruf eilte ihr voraus, und die Meldung, daß die junge, aus Tiflis gebürtige Pianistin soeben in Italien mit den Leningrader Philharmonikern sich schöne Erfolge erspielt hat: Elisso Wirssaladse, übrigens 1959 bei den Welljugendfestspielen in Wien preisgekrönt und 1962 Moskauer Tschaikowski-Preisträgerin, stellte sich im Konzerthaus mit Ravels D-Dur-Klavierkonzert ,jtir die linke Hand“ vor. Wenn sie schon mit der Linken soviel üppige Klangpracht produziert, so bravourös in donnernden Akkordgängen und
Ein lang geplantes Projekt wurde verwirklicht: die „Deutsche Grammophon“ hat ihren Einstieg in die italienische Opernproduktion geschafft. Verdis „Macbeth“, produziert anläßlich der Eröffnungspremiere der Mailänder Scala 1975, liegt als erste große Verdi-Aufnahme vor. Bestechend der Glanz der Namen: Claudio Abbado am Pult, Shirley Verrett als Lady Macbeth, Piero Cappuccilli in der Titelpartie, Nicolai Ghiaurov als Banco, Placido Domingo als Macduff... In der Erinnerung fehlt nur die knisternde Atmosphäre, die Eigenart dieser kunstvoll stilisierten Gior-gio-Strehler-Inszenierung
Wer die alte, seit Jahren schrottreife „Ariadne“ der Wiener Staatsoper als Routineaufführung im Repertoire sah, fragte sich wohl manchmal: Kann uns dieses synthetische Spiel mit Stilelementen, Symbolfiguren, mythologischen Gestalten heute noch etwas bieten? Oder:' Was geht uns ein solcher Historienverschnitt, ein Maskeradenzirkus intellektueller Spiellaune, an? Es staubte einem aus der Klamotte entgegen. Die Schönheiten des Werks waren einfach verschüttet. Um so größer nun die Überraschung - ein Wunder des Operntheaters. Richard Strauss' und Hofmannsthals Stück feiert einen Triumph
Eine Opernaufnahme, die ein Ereignis ist: Georges Bizets „Carmen“, dieser „Mythos der grausamen Liebe“, wie der Dichter Henry de Montherlant das fulminante Werk nannte, liegt in einer unvergleichlich perfekten neuen Einspielung bei „Decca“ vor. Seit der berühmten Karajan-Gesamt-aufnahme die erste, mit der man restlos glücklich sein kann. Denn Dirigent Georg Solu hat sich aus den Fassungen Oesers und Chou-dens, die sich immerhin durch wesentliche Striche und die nachkomponierten Rezitative unterscheiden, vor allem eine optimale „Carmen“-Fassung erarbeitet.Solti fand allein 18
Kurt Weills Werk ist lange Zeit allzu stiefmütterlich behandelt worden. In den Konzertsälen wie auf dem Plattenmarkt. Wie dieses Original der Musikgeschichte auch zu Lebzeiten eigentlich nie die Würdigung erfuhr, die ihm gebührt hätte. Jetzt hat die Deutsche Grammophon-Gesellschaft eine Plattenkassette herausgebracht, die in Sachen Weill sozusagen erste Informationshilfe leistet. Wer Weills unbändige Einfallskraft, seinen Witz, seine tiefe Musikalität kennenlernen will, sollte zugreifen. Es ist ein Längsschnitt vom Violinkonzert (1924), über „Pantomime“ (1925), „Mahagonny
Mit Ausnahme seines frühen Uteisterwerks „Nabucco“ und des „Attila“ haben die frühen Verdi-Opern bei uns nie so recht Fuß gefaßt: Weder „Un giorno di regno“ (II finto Stanislao), noch die „Lombarden“, „Giovanna d'Arco“, „I due Foscari“, „Alzira“, „I Masnadieri“ (nach Schillers „Räubern“) oder „II Corsaro“ ... Immerhin, einige von ihnen, die gerade noch vereinzelt über Italiens bankrotte Opernbühnen geisterten oder in Covent Garden einem sehr auf Raritäten eingestellten Publikum Freude machten, hat man in den letzten Jahren wieder ausgegraben.