Es ist ein ungewöhnliches autobiographisches Buch, das der Emigrant Robert Braun hier vorlegt. Was als bloße Memoiren beginnt, verdichtet sich bald zu Lebensbekenntnis, Lebensphilosophie und Zeitgeschichte. Der erste Teil — in einer Sprache von seltener Schönheit und Klarheit — legt die Wurzeln der Beziehungen Brauns zu „Wien, Weinland, Wienerwald” frei. Ein Kernstück dieses Abschnittes ist die Suche des konfessionslosen Wiener Juden nach der „wirklichen Gemeinschaft”, die die „ganze Person” fordert, und sein Weg zum Katholizismus.Der zweite Teil, „Das Jahrhundert der
Die jüngste Herbstsensation Schwedens, Ingmar Bergmans „Tystnaden“ — „Das Schweigen“ — muß man natürlich gesehen haben. Bergman hat es ja erreicht, daß man, wie bei jedem neuen Roman Pär Lagerkvists, weit über das bloße Ereignis hinaus, sozusagen „weltanschaulich“ gespannt ist: beide stehen im Ruf, die Nervenpunkte des modernen intellektuellen Lebens zu treffen. Der Abend war dennoch eine einzige Enttäuschung.Es handelt sich um ein weibliches Ge- schwisterpaar, eine ältere Autorin mit Reiseschreibmaschine, an Tuberkulose erkrankt, die aber Macht über die jüngere
Vielleicht wurde nirgends in Europa das christliche Abendmahl so sehr Gegenstand der Kritik wie im Norden. In zwei Religionsprozessen — 1884 in Stockholm gegen August Strindberg und 1933 in Oslo gegen Arnulf överland — wurden die Angeklagten doch von dem Delikt der Religionsverspottung freigesprochen.Bei dem Film „Nattvardsgästerna“ (Die Abendmahlgäste) von Ingmar Bergman, der eben seine Uraufführung erlebte, haben die Behörden gewiß keinen Grund, einzuschreiten. Der Ritus wird hier weder kritisiert noch verspottet. Aber er dient als Hintergrund für eine Tragödie des Menschen.
Der bekannte katholische Schriftsteller Schwedens Sven Stolpe hat eine Komödie, „Klar a“ betitelt, geschrieben, von der schon, ehe sie uraufgeführt wurde, viel gesprochen wurde. Nicht weniger als di ei Bühnen, darunter Stockholms Stadttheater (Dramaten) und das Stadttheater von Upsala, erhoben auf die Welturaufführung Anspruch. Schließlich erhielt U p-s a 1 a das Vorrecht. Hier fand also vor kurzem die Premiere statt.Die Entscheidung hat ihre Berechtigung, da sich das Stück stark mit der Universitätsstadt beschäftigt, ja eine halbe Satire uf sie ist. Wohl spielt es nicht dort,
Je weiter die Säkularisierung fortschreitet, um so entschiedener werden wir von den Gegnern der Religionen auf die vermeintlich unübersteigbare Kluft zwischen Glauben und Denken, Religion und Wissenschaft hingewiesen. Man zwingt uns gleichsam zu dem Entweder-Oder der „intellektuellen Ehrlichkeit“, daß wir nichts verständlich akzeptieren sollen, was nicht bewiesen ist, das heißt, daß das mit den Sinnen und dem Verstand Erfaßbare und der daraus resultierende materielle Positivismus nichts zu schaffen haben i mit der Welt des Christentums.In einer solchen Situation, die von vielen
Am 4. August 1959 jährte sich Knut Hamsuns 100. Geburtstag, und dieser Tag war offenbar schon seit langer Zeit dazu ausersehen, die norwegische Öffentlichkeit wieder mit ihm zu versöhnen. Kein anderer Dichter des Landes, der so ausgesprochen nationale Züge aufweist, hat sich ja in ähnliche politische Abenteuer begeben und auch ein ähnliches Schicksal der Verwerfung erfahren wie er. Aber schon bald nach 1945 hat man den Verlust eingesehen, den man sich selber zufügt, wenn man Hamsun boykottiert und der Vergessenheit übergibt, und hat wieder begonnen, seine Bücher zu lesen. Diese
Das Buch „Philipp II. oder Religion und Macht“ von Reinhold Schneider fällt mir ein, während ich den ersten Rundgang durch die Säle der Ausstellung „Große spanische Meister“ mache, die jetzt in Stockholm zu sehen ist. Wie man sich auch zu diesem Buch stellen mag — es gelang dem Autor, die Gestalt des spanischen Königs, der bis dahin — im Sinn von Schillers „Don Carlos“ — auf den Typus des finsteren, kalten Tyrannen fixiert war, gewissermaßen aufzuhellen. Er zeigte ihn als den Erleidenden eines unausweichlichen, religiösen Auftrags. Dem einsamen Herrscher schwebte eine
Es ist weitgestrecktes Bauernland, das ich von der regennassen Landstraße aus überblicke. An einer Wegkreuzung von Oestra Emtervik, des Kirchenspiels, zu dem Selma Lagerlöfs Haus gehört, gibt es zwar ein Geschäft, das die Aufschrift „Konsum“ trägt, aber der Bach, der zwischen hohem Schierling dahineilt, der Stallgeruch, der herweht, das ständige Krähen eines Hahnes führen mich schnell wieder in das värmländische Dorf zurück. Drüben, jenseits der breiten Ackersenke und ihren regenschwarzen Heumandeln, stehen niedrige Höhen mit Nadelwald. Es ist schon das Lagerlöfsche
An einem Winternachmittag führte mich der Zufall in den Teil unserer Stadt, wo der Aufenthalt meiner Kindheit gewesen: in die Berggasse Wiens. Sie heißt so' nach ihrem oberen Teil, der steil zum Viertel der Krankenhäuser ansteigt, während ihr unterer eben daliegt. Dort, in ihrer Niederung, steht das Zinshaus, in dessen viertem Stock wir gewohnt hatten. Ich drückte die Klinke des niedrigen Bürgertors nieder und befand mich in dem geräumigen Hausflur. Selbstverständlich fast, als ob nicht drei Jahrzehnte vergangen wären, bog ich linker Hand zur „ersten Stiege“ ein, ging durch den
Wir waren von heftigem Schrecken befallen. Daß sich die Zeichenstunde, die wir als reine Erholung oder Gelegenheit betrachteten, uns für Mathematik und Latein vorzubereiten, so störend gestalten könnte, hätten wir nie vermutet. Beim früheren Professor, dem guten, alten Mann mit seinem Käppchen und runden Gelehrtenbart, hatte immer selbstverständliches Gemurmel den Zeichensaal erfüllt. Aber dieser von uns viel Gepeinigte war gestorben und sein Nachfolger erwies sich als sein wahres Gegenteil. Er hatte“ sich nach einigen einführenden Höflichkeiten und, als wir eben die Zeichenstunde
Nach dem Erscheinen von „Barabbas“, Pär Lagerkvists berühmt gewordener Erzählung und dramatisiertem Film, erwartete man mit Spannung, wie das nächste Wort des Dichters ausfallen würde. Hier schien ja die Gjaubensfrage mit der ganzen Realität und Wucht des modernen Menschen gestellt, und ein weiterer Schritt mochte Bestärkung in der einen oder anderen Richtung ergeben.Als im Oktober 1953 das neue Gedichtbuch Pär Lagerkvists in seinem aschgrauen Einband, wo mit weißer Schrift der Titel „Aftonland“ gedruckt stand, in den Stockholmer Auslagen auftauchte (Bonniers), war es nicht
Es war im Herbst 1946. Ein Bekannter hatte mir einen ganzen Stoß von Zeitschriften übergeben, die eine Schwedin jüngst in Österreich gekauft und nach Stockholm gebracht hatte. Zeitschriften aus Österreich! Da saß ich nun und blätterte in diesen Kundgebungen — den ersten, die ich seit acht Jahren zu Gesicht bekommen hatte. Was würden sie enthalten?Vor allem auffallend waren die expressiven Titel. „Die Brücke“, „Der Turm“, „Die Bastei“ hießen sie und ließen auf ein neues gespanntes Leben und Wollen schließen. Altes und bis jetzt Unbekanntes fand ich, Namen, wie Trakl
Konnte noch vor drei Jahren ein Feuilletonist in „Svenska Dagbladet“ bedauernd feststellen, daß die wichtigsten modernen Werke der katholischen Weltliteratur in Schweden unüibersetzt geblieben sind, so verhält sich dies heute durchaus anders. Mau- riac, Maritain, Bernanos, Chesterton, Green, Gertrud von le Fort und andere liegen in schwedischer Sprache vor und Übersetzungen theologisch-philosophischer Werke wie „Das Leben der Seele“ von Dom Marmion werden vorbereitet. Man kauft gern katholische Bücher, und die Kritik ist keineswegs einseitig ablehnend, sondern oft mehr zustimmend,