Major Wandel fuhr von Krakau nach Wien.Unterwegs stieg ein Mann mit Ringellöckchen ein.Der Mann breitete zahlreiche Zeitschriften vor sich aus: Berliner, Wiener Journale, illustrierte Blätter und ein Fachblatt für Aviatik.Und der Mann las.Der Herr Major langweilte sich, gähnte, streckte sich, rauchte und dachte:„Dieser Mann ist ein Jud'. Aber offenbar ein besserer: erfährt erster Klasse und interessiert sich für den Flugsport. Ich werde ihn anreden.“„Na“, sagte der Herr Major leutselig, „jetzt kommt ja bald die Zeit, wo wir beide fliegen werden.“Darauf der Mann
Wer vor dem Krieg in Österreich gewesen ist, muß von Generahna-jor Johann Kiefer gehört haben. Kiefer war ja berühmt: als der gütigste, der höflichste Offizier der Armee; wohlerzogen, edelherzig -gütig in jeder Faser, höflich von Blut, Seele imd NaturUnd als dieser prachtvolle, grundgütige Generalmajor Johann Kiefer eines Tages hörte, daß bei einem seiner Regimenter - dort unten in der Topola, Südsteiermark - ein Fall vonMannschaftsmißhandlung vorgekommen wäre (ein Husar hatte eine Ohrfeige abgekriegt) -, da ließ sich’s Generalmajor Johann Kiefer nicht verdrießen, setzte sich
Man geht vom Stephansdom fort, die Kärntnerstraße entlang -geht - geht - bis man einem richtigen Wiener begegnet von vierzig Jahren.Vierzig - da ist das Wienerherz am weichsten.Und ihn fragt man:„Sefior! Görm Sie sahen: wo is Stefansblatz?“„Was wollen S*, gnä Herr?“„Uo is Sstefänsblätz, Sir?“„Ich versteh allweil Stephansplatz?“„Voui.“„Oh, gnä Herr, da gehn S’ ja verkehrt. Da müssen S’ Eahna um-drahn und schnurgrad furt — nacher saan S* am Stephansplatz, ‘s is gar net zan Fehlen.“Doch du, Fremdling, statt dem vernünftigen, blitzeinfachen Rat zu folgen,
Glaube niemand, der Umbruch damals in Osterreich habe sich so jubelnd und glatt vollzogen, wie man es nachher im Kino geschildert sah und in den Wochenschriften. Oh nein, es ist viel Tragik nebenhergegangen, Rachsucht, Haß, Spannung, Verrat ... und schöne menschliche Kameradschaft.Was, zum Beispiel, Doktor Pin-ter betraf, Vertrauensmann der alten, der österreichischen Regierung in Kärnten — der saß an jenem Freitag von elf bis fünf am Telephon, um aus Wien zu hören, wie er sich zu benehmen habe, und es hieß immer nur: ,3otweißrotbis in den Tod“, „Widerstand bis zum letzten
Der Generation von heute muß man erst ausdrücklich sagen, was wir Alten kraft eigener Erfahrung wissen, denn wir haben es erlebt, täglich mit angesehen:Österreich-Ungarn, das Kaisertum und Königreich, war ein Staatsgebilde einziger Art; bewohnt von zehn Nationen, von Anhängern sechserlei Glaubens — des katholischen, protestantischen, griechisch-orthodoxen, griechisch-unierten, des jüdischen und mohammedanischen; ein Gebiet mit vielerlei Recht (denn auch Kroatien-Slawonien, das Okkupationsgebiet, waren Rechtsbildner für sich .. J. Nicht einmal einen einfachen, einprägsamen Namen