Jahrhunderte hindurch waren die Bühnen der zweitgrößten Stadt Österreichs das Sprungbrett zum Ruhm für Schauspieler, Sänger und Dirigenten. Brockmann, der spätere erste Direktor des Burgtheaters hat hier gewirkt, Emanuel Schikaneder, Sonnenthal, Mitterwur-zer, Alexander Girardi, Aslan, Lie-wehr, die Sallocker, Walther Reyer hatten in Graz begonnen ebenso wie Karl Muck, Josef Manowarda und Franz Völker. Graz war - lange vor den Salzburger Festspielen - die zweite musikalische Metropole Österreichs.Aber während dieses Theater noch vor 130 Jahren auch ein politischer Ort war - im März
Ein Wiedersehen mit Giraudoux' zauberhaftem Spätwerk „Die Irre von Chaillot“ kann man sich nur als beglückend vorstellen: Das Grazer Schauspiel zeigt das Stück jetzt zum ersten Mal (!) in dieser Stadt. Natürlich ist alles noch und wieder da: die holde Poesie der Märchenallegorie mit ihrer manichäisch anmutenden Einteilung der Menschen in ganz Gute und ganz Böse, die liebevolle Ironie des aphorismenreichen Textes, die romantische Aura des Lumpenproletariats, das ausersehen ist, die Welt von den bösen Kulturzerstörern, Kapitalisten und Umweltverschmutzern zu erlösen.Aber es ist
Peter JJaniei womuna, Janrgang 1937, Kulturredakteur einer Grazer Zeitung, ist nach vielbeachteten Erfolgen als Epiker nun auch als Dramatiker hervorgetreten. Sein Bühnenerstling trägt den beziehungsreichen Titel „Hoffmanns Erzählung“ und wurde dieser Tage zur 850-Jahr-Feier der Stadt im Grazer Schauspielhaus uraufgeführt.Das Thema dieser szenischen Phantasie ist einfach, aber reich an Denkanstößen, Assoziationsimpulsen und -Verzweigungen: der 116 Jahre alte Hoffmann wird in einer Intensivzelle künstlich am Leben erhalten, weil ei als Pensionsempfänger den Unterhalt der gräflichen
Wenn eine Bühne den achtzigsten Geburtstag des Bert Brecht mit einer Neustudierung der „Dreigroschenoper“ begeht, dann bedeutet das auch eine Entscheidung für nobles Konsumtheater und gegen unbequeme Moralisierung. Im Fall der Grazer Vereinigten Bühnen, von deren Schauspiel hier die Rede ist, gut dies ja durchaus für die allgemeine Linie: gepflegtes Theater mit manchmal erstaunlich hohem Niveau unter fast völliger Vermeidung von Provokation und sorgfältiger Umgehung des Experiments. Das ist die nun seit fünf Jahren zum finanziellen Wohl der Theatererhalter und zur Freude des
Nachdem die Grazer Oper sich mit der Robert-Stolz-Show von Marcel Prawy in aufwendige Kitschregionen verführen ließ, erlebt sie derzeit einen unerwarteten Höhepunkt ihrer Entwicklung. Unerwartet deshalb, weil Tschaikowskys Szenen nach Puschkins „Eugen Onegin“ auch in russischen Interpretationen oft nicht mehr als edle, mehr oder minder gepflegte Langeweile produzieren. In Graz führt der Ballettmeister Waclaw Orlikowsky Regie, Niksa Bareza dirigiert, dazu kommt als Dekorateur der Wiener Wolfram Skalicki,Diese günstigen Voraussetzungen bewirkten einen fast bruchlos geglückten,
Jahrelang hat er in Wien, in der Liechtensteinstraße, in aller Stille gearbeitet. Nur ein paar Kenner wußten von Zbynek Sekal und seiner Arbeit, von seinen eigenartigen Objekten. Und er, ein Künstler der Stille, ein Einsamer zwischen seinen Sammlungen von allerhand Materialien, hat sich wohl auch nie nach spektakulären Erfolgen gesehnt. Mit wahrer Besessenheit sammelte er und sammelt er noch Alles im Garten“, dieses eigentlich von dem Engländer Giles Cooper stammende und von Edward Albee ins Amerikanische verballhornte Stück über die den Lebensstandard hebende Vermarktung der
„In Nepal obn gibts Bergbauem, die sin so an die dünne Luft gwöhnt, daß sie fast ohne Sauerstoff leben können. Die marschiern stur hinter ihm Pflug her, hinter ihre Schneeberg. Und unten im Flachland hatschn die Amerikaner und Japaner durch die Gegend, mit an Schnorchl in da Goschn.” Nepal: Das ist die heile Traumwelt, in der noch gelebt werden kann, ohne daß die Zivilisation einen langsam erstickt, ohne daß man selbst zum Roboter wird; Nepal - das ist die Chiffre für ein Dorado, für den ersehnten, aber nie erreichten Zielpunkt eines sinnlos scheinenden Daseins.„Nepal”: Das ist
„Kaiser Joseph und die Bahnwärterstochter“, die bezaubemd-skurüle Groteske auš der unerschöpflichen Schatztruhe des Fritz von Herzma- novsky-Orlando, wirkt am faszinierendsten beim Lesen. Auch die erfinderischeste Inszenierung vermöchte nicht den Charme der Imagination zu vermitteln, den allein schon die Regiebemerkungen des Autors ausstrahlen. Friedrich Torberg hatte für die Bühne seinerzeit die Konsequenzen daraus gezogen: mit radikalen Strichen und Textumstellungen gelang ihm ein passables Theaterstück, das man vor zwanzig Jahren im Akademietheater bestaunen konnte. Jetzt, zwei
Beim Durchstöbern der Theaterliteratur von gestern nach Stücken mit gesellschaftspolitischer Relevanz für heute oder zumindest Bezügen zum unvermeidlichen Thema der Emanzipation stoßen die Dramaturgen immer öfter auf das bizarre Werk des Moralisten Frank Wedekind. Das neu erwachte Interesse an diesem Autor ist zweifellos nicht allein durch die Nostalgiewelle zu erklären, sondern mit gewissen Übereinstimmungen zeitkritischer Tendenzen von damals und heute. Etwas krampfhaft wirken allerdings die Versuche mancher Dramaturgen, die bourgeoise Gesellschaft um 1900 mit der unsrigen
Goethes „Clavigo”, diese in wenigen Tagen dem Beaumarchais nachgeschriebene Anekdote, zählt - wenn man von Einzelfällen wie Kortners berühmter Hamburger Inszenierung absieht - gewiß nicht zu den „gängigen” Klassikern. Die strohtrockene Ver- staubtheit mancher Dialogstellen und die melodramatische Larmoyanz schrecken Publikum wie Künstler ab. Wenn eine Aufführung des Stückes - wie derzeit im Grazer Schauspielhaus - einen eklatanten Erfolg verbuchen kann, so ist dies in erster Linie auf das klare Konzept des Regisseurs Tebbe Harms Kleen und unerbittlich minuziöse Arbeit am
Mit Richards Korkbein ist es so ähnlich wie mit der kahlen Sängerin Ionescos: beide kommen in den nach ihnen benannten Stücken nicht vor, sondern werden nur einmal kurz - als eine Art Assoziation - erwähnt. Was jedoch in Brendan Behans „irischer Unterhaltung”, die eben im Grazer Schauspielhaus zum ersten Mal in Österreich gegeben wurde, ausgiebig vorkommt, ist eine wahre Flut von obszönen Häusel-Witzen, von absurdem Whisky-Nonsens und spätpubertären Reaktionen gegen durch Bigotterie verursachte Erziehungsschäden. Das ist alles so vorgestrig wie die überdeutliche Anlehnung an
Im Grazer Schauspielhaus zeigte sich an Hand einer Gastinszenierung des „Macbeth“ durch Günther Tabor, wie „anwendbar“ Klassiker sein können. Shakespeare läuft in besonderem Maße Gefahr, Opfer aller möglichen Deutungen und Mißdeutungen zu werden. Die Interpretation Günther Tabors ist in mancher Hinsicht gewiß schlüssig, kann aber, weil sie Eindeutigkeit und Fixierung auf ein vorgefaßtes Schema anstrebt, nicht ohne Kor- rigentien und akzentverschiebende Eingriffe auskommen. Tabors Konzept basiert hauptsächlich auf der Shakespeare-Interpretation durch Jan Kott, die den
Alle zwei Jahre veranstaltet das Kulturreferat der Steiermärkischen Landesregierung die sogenannte „Landesausstellung“. Nach dem Willen des Kulturlandes rates Prof. Jung-wirth ist die diesjährige großangelegte Schau in der Grazer Kongreßhalle dem Thema Literatur gewidmet.Was lag näher in einer Stadt, die sich gerne die „heimliche Hauptstadt der deutschsprachigen Literatur“ nennen läßt und in der das Thema Literatur nicht nur des öfteren Staub aufwirbelt, sondern glücklicherweise auch immer breiteres Interesse findet, als die geschichtlichen Hintergründe und den Weg zur
Es war ein glücklicher Einfall, das Hauptprogramm des „Steirischen Herbstes“ mit dem „London Contem-porary Dance Theatre“ zu eröffnen. Einmal, weil, wer in Europa von „Modern Dance“ redet, an diesem berühmten und maßgeblichen Ensemble nicht vorbeisehen darf, und zum anderen, weil gerade das Programm des ersten Abends der Truppe auch Ballett-Laien im Publikum in die Besonderheiten dieser Kunstart einzuführen geeignet war. Von den „Blue Schubert Fragments“ zur Musik von „Der Tod und das Mädchen“ ging ein großes Maß von wehmütiger Schönheit, von elegischer Ästhetik
Dem Steirischen Herbst wurde heuer ein Vor- und Informationsprogramm vorausgeschickt, das bereits beachtliche Signale setzte. So zog eine Demonstrationstruppe des Amsterdamer Scapino-Balletts durch steirische Schulen und warb auf spielerische Weise, wobei Schüler und Lehrer einbezogen wurden, für die Kunst des Tanzes. Die darauffolgenden Vorstellungen des sympathischen jungen Ensembles im Grazer Schauspielhaus boten mit ihrer bezaubernden Frische und unaufdringlichem mimischen Humor die denkbar beste Einbegleitung des „New dance festival“.
Im Gebäude des nunmehr 200 Jahre alt gewordenen Grazer Schauspielhauses gibt es den sogenannten Rcdoutensaal, der nur noch selten für Bälle, aber ständig als Wandelgang während der Theaterpausen Verwendung findet. In diesem langgezogenen, etwas kahlen Raum installierte Schauspieldirektor Dr. Hauer nun ein „Cafehaustheater“ und somit neben dem eigentlichen Schauspielhaus und der einen Stock höher eingerichteten „Probebühne“ den dritten Spielort im gleichen Haus. In entspannter Atmosphäre soll der Besucher hier neben Getränken auch Kunst konsumieren und — wenn er will — hinterher mit dem Regisseur und den Darstellern über die Aufführung diskutieren.
Nicht nur das Burgtheater wurde 200 Jahre alt, auch das Schauspielhaus in Graz hat nun sein Jubiläum: im September 1776 öffneten sich die Tore des neu erbauten Landstädtischen Theaters auf der „Stadtkrone“, neben der Burg, gegenüber dem Dom und der Universität. Seinem im Verhältnis zum „deutschen Nationaltheater“ Wiens eher bescheidenen Maßstab (wenngleich hier Nestroy sich das erste Mal als Bühnendichter vorstellte und die ersten österreichischen Wagner-Aufführungen stattfanden) entspricht auch die Art, wie das Jubiläum begangen wird: eine zwar liebevoll zusammengestellte,
Die letzte Opernpremiere der Saison in Graz brachte die Bekanntschaft mit dem Intendanten des Mar-seiller Opernhauses Jacques Karpo. Seine Inszenierung von Offenbachs „Hoffmanns Erzählungen“, die einen sehr zwiespältigen Eindruck hinterließ, ist einerseits bestimmt von der Neigung des Franzosen zur gründlichen Beschäftigung mit dem Werk des Deutschen E. Th. A. Hoffmann, anderseits aber auch durch eine gewisse Originalitätssucht, die, um jeglichem Klischee auszuweichen, sich in bizarren Ungereimtheiten, die bar jeder Bühnenlogik sind, verirrt. Fast möchte man sagen, der Regisseur
Mit Molnärs „Liliom“, diesem prächtigen Gücksfall des neueren Volkstheaters, hat es ein Regisseur normalerweise nicht leicht: der Realismus soll glaubhaft sein, die Sentimentalität nicht in Rührseligkeit ausarten und das Legendenhafte sich nicht ohne zarte ironische Facettierung geben. Im Grazer Schauspielhaus ist dieses prä-horväthische Märchen auch zu einem Glücksfall fürs Publikum geworden. Einmal, weil der Regisseur Wolf Dietrich es versteht, dem Werk eine neue, moderne Dimension abzugewinnen: nicht nur, daß die Horväthschen Züge deutlicher sichtbar werden als sonst; die
Die ständig steigenden Besucherzahlen in Oper und Schauspiel bestätigen den Verantwortlichen der Vereinigten Bühnen, daß sie mit dem im letzten Jahr Gebotenen zumindest nicht auf dem, Holzweg Sind: Auch der neue Schauspieldirektor Dr. Rainer Hauer programmierte etwa auf der Linie des Intendanten Dr. N e-meth: möglichst allen Besucherschichten gerecht werden und dabei — trotz katastrophaler Unterdotierung von. Seiten des Bundes — dennoch immer die Qualität voranstellen. So wird das klassische Bildungssoll mit Goethes „Clavigo“ und Shakespeares „Macbeth“ abgedeckt (letzterer in
Alban Bergs „Wozzeck“ ist auf der Bühne ein halbes Jahrhundert alt geworden. Die Grazer Oper nahm dieses Jubiläum zum Anlaß, das Werk nach fast zwanzig Jahren wieder ihrem Publikum zu zeigen. Das Resultat ist beachtlich und erfreulich: die Premiere schlug ein wie eine glanzvolle Verdi- oder Puccini-Auf-führung. Harry Kupfer, der Dresdner Intendant, betonte — gemeinsam mit seinem Bühnenbildner Wilfried Werz — den expressionistischen, fiebrigen, ja keuchenden Charakter dieser Szenenfolge. In einer ruinenhaften Welt agieren groteske, drohende Lemuren, Gespenstisches zieht sich als
Einem zwölfjährigen Kind gleiche das Publikum, schrieb Cocteau im Vorwort zur „Machine ä ecrire“ — einem Kind, das nur schwer für et^ was zu interessieren ist und dem man nur beikommt mit dem Lachen und dem Weinen. Aus dieser Einsicht heraus und zweifellos auch aus einer nostalgischen Sehnsucht nach der wilden Welt der gestikulierenden „monstres sacres“, die das Theater noch vor dem Understatement der realistischen Szene bevölkerten, entstand auch seine auf den ersten Blick seltsam anmutende Fantasie über den Königinnenmord „Der Doppeladler“. Die Schicksale des bayerischen
Mit allerlei Gerüchten, es werde einen Theaterskandal mit Demonstrationen geben, hatte man versucht, das Publikum für die österreichische Erstaufführung von Wolfgang Bauers „Gespenster“ zu interessieren. Der Skandal blieb aus, aber der ORF filmte fleißig das vermeintliche Avantgarde-Stück und Autobusladungen voll steirischer Landjugend kamen, um die Sesselreihen der weiteren Aufführungen im Schauspielhaus zu füllen und dabei zu lernen, was es mit der vielgerühmten Grazer Jung-Dramatik auf sich hat. Die ganze Publicitymache konnte hingegen nicht darüber hinwegtäuschen, daß
Mit einem vollen, wohltönenden Akkord leitete Intendant Nemeth wieder die Grazer Opernsaison ein. Trotz dunkler Wolken am Budgethimmel ließ sich die Direktion nicht lumpen und bescherte als Auftakt den Grazer Opernfreunden einen prächtig studierten, schön und mächtig klingenden, genußvoll anzusehenden „Fürst Igor“ — einen so recht kulinarischen Opernabend, wie die Grazer ihn seit ein paar Jahren von ihrem Intendanten gewohnt sind. Das Prinzip, einer authentischen Interpretation möglichst nahe zu kommen, wurde auch diesmal nicht vernachlässigt: die Leitung der sorgfältig
Das Ballett-Tief der Grazer Oper zu beseitigen, unternahm Waclaw Orlikowsky das Risiko einer Koproduktion Agram—Graz, wobei allerdings- der tänzerische Anteil des Grazer Balletts weit geringer war als jener der Jugoslawen. Aus Graz kamen im wesentlichen eine getanzte Episode, das diesmal recht passabel spielende Philharmonische Orchester und die Kostüme von Ronny Reiter. Agram stellte seine umfangreiche tänzerische Streitmacht zur Verfügung und den Dirigenten Miro Belamaric. Gegeben wurde Prokof-jews „Aschenbrödel“ in erstaunlich wirkungsvollen Dekorationen von Annelies Corrodi,
Das Schauspiel, seit einiger Zeit als Aschenbrödel der Grazer Vereinigten Bühnen verspottet, gab vor kurzem ein völlig unerwartetes, kräftiges Lebenszeichen von sich. Zu danken ist es dem Schweizer Autor Hansjörg Schneider, Jahrgang 1938, Germanist (der bei Muschg promovierte), dann dem jungen Regisseur Dr. Heinz Hartwig und einer Handvoll Nachwuchsdarsteller.Schneiders Einakter ,ßrod und Wein“ der als Erstaufführung auf der Grazer Probenbühne gebracht wurde, hat ein faszinierendes Thema, das eine dramatisch unglaublich fündige Situation bedingt: in eine Gefängniszelle, in der ein
Unerwarteter Lichtblick in der traurigen Düsternis des Grazer Schauspiels: „Victor oder Die Kinder an der Macht” von Roger Vitrac in der Inszenierung von Wolfgang Quetes. Das Stück des 1952 verstorbenen Vitrac, das nach seiner Uraufführung (1928) lange Zeit verschollen war, bis Jean Anouilh es vor mehr als zehn Jahren dem begeisterten Pariser Publikum als Vorläufer des absurden Theaters vorstellte — dieses parodierte „bürgerliche Drama”, das indessen gar keine Parodie ist, geht ja eindeutig auf Jarry und seinen „Uhu Roi” zurück. „Victor” ist ein grausam hartes,
Den letzten Kredit, den das Grazer Schauspiel in der opemseligen Ära Nemeth noch besaß, hat es nun auch noch verloren. Mit der (vielbelachten) Neuinszenierung von Schillers „Maria Stuart“ war der Tiefpunkt einer seit Jahren an personellen Schwierigkeiten laborierenden, vom Intendanten wenig beachteten Sparte des Grazer Theaterbetriebes erreicht. Da war dem jungen Schweizer Guido Huonder eine Stelle in Schillers Briefen aufgefal- leri, die besagt, daß der Dichter die Maria Stuart „immer für ein physisches Wesen“ gehalten habe; und schon bekam er Schillers Bemerkung in die falsche
Verheißungsvoll wie stets, seit es ihn gibt, begann der „Steirische Herbst”: der Bundespräsident eröff- nete, Landtagspräsident Professor Dr. Koren beschwor in einer ausgezeichneten Rede die „trigonale” Grundidee seiner Festspiel-Konzeption. Eine aufschlußreiche, umfassende Personalausstellung des Bildhauers Joannis Avramidis fand mit Recht die ihr gebührende Beachtung.Aber am Abend desselben Tages — immer noch in Anwesenheit des Staatsoberhauptes — passierte das Malheur. Der Beitrag des Grazer Schauspielhauses war beinahe dazu angetan, den heurigen „Steirischen Herbst”
Wie unter ein unausgesprochenes Motto gestellt, erschienen die ersten Premieren der neuen Grazer Saison, so als gälte es, mit allen Mitteln wirkliche oder vermutete Klischeevorstellungen im Zuschauer abzubauen und ihm zu zeigen, daß Lustspiele und Komödien eigentlich gar nicht lustig sind.Zuerst kämpften Gert-Hagen Seebach als Regisseur und Christian Schieckel als sein Bühnengestalter ziemlich verbissen gegen die herkömmliche Auffassung, Büchners „Leonce und Lena” sei doch so etwas wie ein Lustspiel. Abgesehen davon, daß hier mit großem Eifer offene Türen eingerannt wurden —
Das „kleine Opernfest“, das Intendant Nemeth dem Grazer Publikum zum Saisonausklang gab, rief zwar Massen von Opernfoesüchern ins Haus, war jedoch so glanzvoll nicht, wie sich zu geben es versprochen hatte. In die Revue der aufpolierten Repertoirevorstellungen eingebettet waren eine echte Premiere und eine Wiederaufnahme. Aber auch die echte Premiere, die „Götterdämmerung“, bediente sich der Bühnenform, die Andre Diehl und Wolfram Skalicki ihr vor mehr als einem Jahrzehnt gegeben hatten. Musikalisch war das Werk allerdings völlig neu besetzt und somit eine Neueinstudierung. Ernst
Wenig Erfolg mit Neuem, dafür aber um so mehr Glück mit der qualitätvollen Wiedergabe von längst Bewährtem ist den Grazer Bühnen in letzter Zeit beschieden. Milo Dors Farce „Menuett“, die im Schauspielhaus uraufgeführt wurde, beruht auf der geschichtsphilosophischen Erkenntnis ihres Autors, daß einer Epoche des Friedens immer Krieg folgt, der in eine revolutionäre Umwälzung übergeht, die dann wiederum in einer den nächsten Krieg in sich tragenden scheinbaren Ordnung ihr vorläufiges Ende findet. Diese Erkenntnis sollte nach dem Willen des Autors, eingekleidet in ein Spiel nach
Das Lustspiel „Löwe-Löwe-Skorpion“ (in Wien unter seinem ursprünglichen Titel „Drei Zwillinge“ bekannt) von der jungen Christina Kövesi ist so unansprechend und kompliziert wie sein Titel. Die Konstruktion vom Mann, der in verschiedenen Etagen eines und desselben Hochhauses mit drei Frauen lebt und schließlich der Düpierte der drei Geliebten ist, teilt sich auf zwanzig Bilder auf und schleppt sich wortreich, aber pointenarm zwei Stunden lang im Grazer Schauspielhaus dahin. Dafür ist zu allerletzt der Regisseur verantwortlich: Ernst Wolfram Marboe, von dem man Einschlägiges um
Zwar kann die neue Grazer „Entführung aus dem Serail“ die Sereni-tät und den Einklang mit Mozarts Musik nicht erreichen, die Strehlers unvergeßliche Salzburger Arbeit auszeichnete — indes, sie ist mindestens ebenso originell.Axel Corti als Regisseur hat im Verein mit dem Maler Wolfgang Hutter und dessen Gattin Birgit das Geschehen der drei Akte auf einen Nenner gebracht, der weniger aus der Partitur, sehr leicht jedoch aus dem Libretto abzuleiten ist: nämlich die Sinnlichkeit. Die Geschichte von Konstanze und Belmonte, von Blondchen und Pedrillo wurde aus dem üblichen erotischen
Es ist fraglich, ob der Entschluß, zwei aus den fünfziger Jahren stammende Einakter von H. C. Artmann jetzt auf die Bühne zu bringen, sehr glücklich war. Artmanns Dramolets haben ihren fixen Stellenwert in der Geschichte der Wiener Gruppe und der österreichischen Literatur; ihre Vergrößerung durch szenische Darstellung kann nicht halten, was das Lesen verspricht. Dies gilt insbesondere für das zum erstenmal in Österreich gezeigte Kasperlspiel „die liebe fee poeahontas oder kasper als schildwache“, das mit seinen Anklängen an die Infantilismen in den Dramen Wolfgang Bauers
Die kassenfüllende Idee des Grazer Intendanten Dr. Nemeth, statt einer Schar fest engagierter Regisseure namhafte und bedeutende Theaterleute für einzelne Produktionen zu verpflichten, hat sich — ebenso wie in der Oper — auch im Schauspiel gut bewährt. Nach Hering und Barlog ließ sich auch Heinrich Schnitzler nach Graz holen, um hier seinen ersten Raimund zu inszenieren. Eine Konstellation, die in der „Papierform“ glänzend aussieht: der Josefstädter Regisseur im Bunde mit dem Maler Georg Eisler erarbeitet den „Alpenfcönig“ im biedermeierlichen Schauspielhaus zu Graz. Die
Wer Pasolinis Filme schätzt, muß nicht unbedingt auch etwas für dessen Theater übrighaben. Das Stück „Affabulazione oder Der Königsmord“, 1971 entstanden und in der Schweiz von Swinarski vergeblich geprobt, wurde nun als Eröffnung des „steirischen herbstes“ im Grazer Schauspielhaus uraufgeführt. Wenn diese Produktion ein Erfolg wurde, dann allerdings nur auf Grund der hervorragenden Inszenierung Peter Lotschaks, nicht aber wegen des Werkes selbst.Diesem ist nun keineswegs etwa philosophische, denkerische Qualität abzusprechen; eher noch die dichterische, weil die stark
Eine genial hingeworfene hübsche Opernouvertüre muß nicht unbedingt eine ebensolche Fortsetzung haben. Nur wenige Menschen kennen von. Rossinis „Diebischer Elster“ mehr als das berühmte Orchestervorspiel. Vielleicht ist das gut so, denn die Erwartungen, die die Ouvertüre weckt, können die vier szenischen Bilder der Oper nicht erfüllen. Ihr Inhalt ist ein umständliches, zu Anfang auch unübersichtliches Melodram von einer durch einen Dorfgewaltigen verfolgten Unschuld, die im letzten Augenblick noch vor dem Scharfrichter gerettet wird. Erlöserin aus Kerkersnacht ist in unserem Fall
Intendant Nemeths für den Juni programmiertes Grazer Opernfest will natürlich keinen Anspruch auf Ähnlichkeit mit irgendeinem der üblichen Festivals erheben. Es ist eine schlichte, unprätentiöse Leistungsschau über ein Jahr des Aufschwungs in der Grazer Oper: in beispiellos kurzer Zeit wurde ein Niveau zurückgewonnen, das an diesem Institut vor Jahrzehnten üblich war. Eine außerordentlich kluge und geschickte Ensemblepolitik der Intendanz, die guten Beziehungen zu den Wiener Staatstheatern, vor allem aber die Verpflichtung bedeutender und bekannter Künstler für jede einzelne
Während auf der Probebühne des Grazer Schauspielhauses trotz gekonnter Regie (Heinz Hartwig) und bestechender Darsteller (Gerti Pall und Erhard Koren) das Thema des Kontakt- und Sprachverlusts an Hand von Sodomie und anderer Unappetitlichkeiten kurzatmig erörtert wird — in dem recht simplen Stück „Männersache“ von Kroetz — zieht die große Bühne des Hauses das Publikum magnetisch an mit einer aufwendigen Monsterproduktion unter der Leitung Fritz Zechas.Es handelt sich um das letzte Stück des polnischen Autors Witold Gom-browicz (gest. 1969) in seiner österreichischen
Die Grazer Oper ist unter Intendant Dr. Nemeth auf dem besten Weg, ihren alten Ruf wiederzugewinnen. Mehr noch: sie beginnt sogar, Geschichte zu machen. — Die an sich erfreuliche Tatsache, daß der Ex-Grazer Ernst Märzendorfer trotz seiner internationalen Verpflichtungen nun schon zum zweiten Mal die Zeit findet, eine Mozart-Oper in seiner Heimatstadt einzustudieren, hat nicht nur eine weitere spürbare Hebung des Aufführungsniveaus, vor allem im Orchester, bewirkt. Sie hat darüber hinaus einen beachtenswerten musikgeschichtlichen Akzent gesetzt, der die Grazer Oper gewissermaßen als
Der neue Intendant Dr. Nemeth scheint einen guten Instinkt dafür zu haben, was das Grazer Opernpublikum braucht, um einem Theaterleiter die Treue zu halten. Wenn die Grazer ihren Verdi und ihren Puccini in guter Besetzung bekommen und wenn sie vor allem mit Wagnerscher Kost in ausreichendem Maße versorgt werden, dann gibt es für einen Operndirektor in Graz kaum noch Probleme.So ging Dr. Nemeth, offensichtlich gut beraten, auch gleich daran, den „Ring des Nibelungen“ in Etappen neu herauszubringen. An der Konzeption der neuen „Rheingold“-Inszenierung hatte sich gegenüber jener
Als einem der Steirische Herbst nun doch ein bißchen lang werden wollte, stellte sich noch knapp vor Schluß ein künstlerischer Höhepunkt ein: „Het Nationale Ballet Amsterdam“, das bis jetzt erst einmal, und zwar bei den Salzburger Festspielen in Österreich aufgetreten war, gab im Opernhaus ein Gastspiel, das selbst einer nicht sehr ballettfreudigen Stadt wie Graz größte Bewunderung abringen konnte. Dje Truppe, erst im Jahr 1952 gegründet, ist geformt und geprägt durch die russische Ballerina Sonja Gaskell, die bei Diaghilew in Paris ausgebildet wurde. Daraus resultiert auch die
Im Skinnerschen Experimentierkäfig können unterschiedliche Verhaltensweisen durch Betätigung eines Hebels von — sagen wir — einer Ratte gelernt werden. Durch „positive“ (Belohnung) oder „negative Verstärkung“ sowie durch Bestrafung kann das Verhalten in einer bestimmten Weise geformt werden, und zwar in schrittweiser Annäherung an die gewünschte Verhaltensendform. Überträgt man dieses Prinzip von der Ratte auf den Menschen, dann hat man etwa das vor sich, was der Grazer Psychologe Helmut Eisendle (als „Forum“-Autor bekannt geworden durch das Buch „Walder oder Die
„Der Steirische Herbst ist kein Oktoberfest“, verkündete Landtagspräsident Professor Koren, der Initiator des progressiven Grazer Festivals. „Wir Steirer haben ein gut gebautes Haus. Aber wir machen die Fenster weit auf — da kann es passieren, daß eine Topfpflanze hinunterfällt“: damit etwa spielte Koren bei seiner Eröffnungsrede auf die beleidigte, ja wütende Reaktion eines Teils der Öffentlichkeit auf das provokante Plakat zum Steirischen Herbst an. Dieses — wir berichteten darüber — war von einer Freizeitkünstlergruppe der Puch-Werke in einem gruppendynamischen Auswahlprozeß earbeitet worden. Daß es keine besonders gute Lösung wurde, wissen alle. Die steirischen Bürger aber fühlten sich durch die unbekümmerte Derbheit und die intendierte Assoziationsrichtung der Affiche provoziert. Indessen: „sie schlagen den Sack und meinen den Esel“, so Koren; das schwache Plakat ist dem Kulturspießer nur der Anlaß, seinen Unmut über die Herausforderung des Steirischen Herbstes abzureagieren.
Die letzte Oper Mozarts, „Titus“ („La clemenza di Tito“), wurde aus Anlaß der Krönung Leopolds II. zum König von Böhmen am Prager Nationaltheater im September 1791 uraufgeführt. Wenige Monate darauf starb Mozart. Trotz des Erfolges der immer mehr und galt bis vor einiger Festaufführung verlor das Werk seinen ursprünglichen guten Ruf Zeit als ein nicht eben sehr gelungenes Nebenwerk des Meisters. Das 19. Jahrhundert wußte mit dem Typ der „Seria“ nicht viel anzufangen: Die fast asketische Strenge und die objektivierende Gestaltung, die den Akteuren keinerlei Individualität
Von den mehr oder minder verlegenen, oftmals ratlosen Versuchen, Österreichs größtem Dramatiker heute auf der Bühne gerecht zu werden, hebt sich der Beitrag des Grazer Schauspielhauses zum Grillpar-zer-Jubiläum in beachtlicher und besonderer Weise ab. Dem Unterfangen, die „Libussa“ — ein so schwieriges, ja disparates Werk — aufzuführen, konnte man nur wenig Chancen geben. Indes — es wurde die weitaus beste Klassikerinszenierung daraus, die in Graz während der letzten Jahre gezeigt worden war. Dr. Heinz Gerstinger, als Dramaturg und Vizedirektor in Graz noch immer unvergessen,
Cole Porters „Kiss me Kate“ ist offenbar in einer zweiten Angriffswelle auf europäische Bühnen begriffen. Nachdem die Sensation, die vor eineinhalb Jahrzehnten diesen ersten Vertreter der Gattung Musical umgeben hatte, nun längst verflogen ist, kann man der Shakespeare-Revue jetzt getrost als einer lieben Eekannten begegnen. Daß es in Graz kein enttäuschendes Wiedersehen wurde, dankt man einem Aufführungsteam, das die amerikanische „Widerspenstige“ in einem wahrhaft großstädtischen Format und in einem perfekten Show-Stil über die Bühne des Grazer Opernhauses jagte, so daß
Höhepunkt des dramatischen Anteils am diesjährigen Steirischen Herbst war zweifellos die österreichische Erstaufführung von Thomas Bernhards Theatererstling „Ein Fest für Boris“. Thema und Substanz dieses Stückes sind wie stets bei Bernhard, so auch hier: Verfall, Zerstörung, Tod. Bernhard, der Epiker, wagt sich auf die Bühne und legt vor diesem Schritt freiwillig und kühn die Waffen ab, die ihm dabei dienlich sein könnten: sämtliche Figuren bis auf eine sind beinlos, an Rollstühle gefesselt — Krüppel, Rumpfexistenzen. Das heißt von vornherein: Verzicht auf Aktion,
Den Beginn des nun schon sehr profilierten, international bekannten und beschickten Festivals „Steirischer Herbst“ markierte eine beachtliche Anstrengung der Grazer Oper: Krzysztof Pendereckis zwei Jahre altes, im Auftrag der Hamburgischen Staatsoper geschriebenes und auf Aldous Huxley basierendes Werk über einen historischen Hexenprozeß zur Zeit Richelieus, „Die Teufel von Loudun“. Was den Komponisten, der das Libretto selbst verfaßte, an dem Stoff zunächst interessiert haben dürfte, ist das Thema der Intoleranz und des Fanatismus schlechthin. Zu dreißig meist ganz kurzen Szenen
Langweilig an Giacomo Meyerbeers kaum noch gespielter Oper „Die Afrikanerin“ ist eigentlich nur die Musik. Sie schleppt sich reizlos von einem Rezitativ zum anderen, ohne daß jemals so etwas wie ein zündender Funke auftauchte. Die Handlung indes ist zwar langwierig und kompliziert, ermüdet aber in ihrer naivkrausen Exotik weit weniger als die dünnblütige und schlaffe Musik. Der Gastregisseur Hans Hartleb, als Entdecker verschollener Werke kein Neuling, wählte Meyerbeers „Afrikanerin“ für die letzte Premiere der Grazer Saison, weil er „dem Opem- museum entfliehen“ möchte.
Fritz Zecha, der Grazer Schauspieldirektor, witterte — nicht zu Unrecht — gesellschaftspolitische Brisanz im Büchnerschen „Woyzeck“. Seiner Grazer Inszenierung liegt die Idee zugrunde, den Fall des Füsiliers Woyzeck fein säuberlich auszubreiten, ihn als Demonstrationsobjekt zum Zwecke tieferer politischer Einsichten zu verwenden. Daß Zecha sich dabei auf Vorbilder stützt, ist bei diesem Regisseur nichts Neues — und auch durchaus nichts Schlechtes, denn was immer er an Anregungen in seine Arbeit übernimmt, wird unter seinen Händen doch zu einem eigenständigen, vor allem aber
Im Grazer Schauspielhaus häufen sich neuere und neueste Stücke, die man früher aus moralischen und pädagogischen Erwägungen heraus wohl kaum HI Bühnenehren hätte gelangen lassen —, früher, als Schamgefühl nämlich noch nicht als „sexuelle Verklemmung” verlacht wurde. Nach Wolfgang Bauer, der Grazer Muse liebstem Kind, und seinem weit schwächeren Ableger Harald Sommer, kam nun, relativ spät, so etwas wie der Prototyp der neuen Stücke um eine bestimmte Schicht der heutigen Jugend nach Graz: Edward Bonds „Gerettet”, dem bei aller Kraßheit der künstlerische Wurf einer Stilisierung zum „synthetischen Realismus” hin nicht abzusprechen ist.
Der „Steirische Herbst 70“ endete steirisch — paradoxerweise mit einem steirischen Sommer. Dieser, mit Vornamen Harald, hatte nach obskuren Jugendjahren mit 33 ein Regiestudium begonnen, heuer kurze Zeit als Assistent im Grazer Schauspielhaus gearbeitet und war dort-selbst unlängst mit Hausverbot belegt worden. Damit ist aber auch schon die nötige Publicity für sein abendfüllendes Stück tyA unhamlich schtorka Obgaung“ und dessen Uraufführung gegeben. Die Fernsehkameras bemächtigten sich flugs eines potentiellen Premierenskandals, und der Regisseur Bernd Fischerauer beeilte sich
Sie ist zwar dreihundert Jahre alt, aber doch jung und höchst attraktiv geblieben, die Sängerin Emilia Marty, die sehr aktiv in den Streit um ihre eigene Erbschaft eingreift. Ihr Vater, Hofarzt Kaiser Rudolfs II. hatte seinerzeit ein für den Herrscher bestimmtes Lebenselixier an ihr, der Tochter Elina Makropulos, ausprobiert. Durch den Erbschaftsstreit sucht sie nun, 300 Jahre später, das Rezept des Elixiers zu bekommen, weil dessen Kraft nachzulassen beginnt. Als sie es endlich hat, verzichtet sie darauf und stirbt freiwillig.Man sieht, die Geschichte (der Stoff stammt von Karel Copefc)
Wer A sagt, muß auch B sagen, vielleicht sogar C. Die Grazer Vereinigten Bühnen hatten im Vorjahr anläßlich des Diözesan-Jubiläums den „Bürgen“ von Claudel aufgeführt. Diesen ersten Teil der Trilogie des französischen Dichters konnte man nicht in der Luft hängen lassen: So folgte denn jetzt als österreichische Erstaufführung das Mittelstück „Das harte Brot“. Das B-Sagen fiel dem Grazer Schauspiel eher leicht, denn das zweite Drama wirkt heute stärker als das erste, dessen kantige Unbedingtheit vielfach auf Befremden stößt „Das harte Brot“ setzt dort fort, wo die
Für die Realisierung von Goethes „Tasso“ auf der Bühne von heute bietet sich eine ganze Reihe von Interpretationsmöglichkeiten an — von der musikalisch bestimmten, ästhetisch zelebrierenden Version etwa (wie sie Müthel vor gut 25 Jahren am Burgtheater eingeführt hatte) über die beinahe klinische Studie des „Falles Tasso“ (wie wir sie von Oskar Werner kennen) bis zur neu-linken Parabel vom Kunstproduzenten Tasso, den die (höfische) Gesellschaft sich hält als sublimes Statussymbol (wie sie sich in der Ümfunktionierung von Goethes Stück in der Bremer Inszenierung Peter Steins
Nach einer sehr geschlossenen Aufführung von Dürrenmatts „Plaj Strindberg“ in der glasklaren marionettenhaft stilisierten Box-kampf-Inszene Michael Hampes stattete Fritz Zecha den Vereinigter Bühnen Graz wieder einmal einer Besuch ab, bevor er dann im nächsten Jahr das neue Amt des Schauspieldirektors übernimmt. Er brachte abermals (nachdem er vor etlicher Jahren Brendan Behans „Geisel“ gezeigt hatte) ein irisches Stück nach jraz, und zwar Sean O'Caseyt „Juno und der Pfau“. Dies ist eines ier frühen Werke O'Caseys und — m Gegensatz zu späteren Arbeiten — völlig
Nach der Horvath-Uraufführung (über die wir berichteten) hatten sich die Grazer Vereinigten Bühnen für den „Steirischen Herbst“ noch einen besonderen Schlußeffekt aufgespart: die österreichische Erstaufführung des dramatischen Erstlings von Elias Canetti. Das Stück „Hochzeit“ stammt aus dem Jahre 1932, wurde aber erst vor vier Jahren in Braunschweig uraufgeführt. Vor kurzem kam es in Stockholm heraus und soll nach der Grazer Aufführung nun auch in der Schweiz gegeben werden. Ähnlich wie Karl Kraus hat auch Canetti sein Bühnenwerk zunächst als Lesedrama gedacht und sieht sich nun mit Interesse die verschiedenartigen Realisierungen der „Hochzeit“ in aller Welt an. Ob er mit der Grazer Wiedergabe zufrieden sein kann, muß füglich bezweifelt werden.
Die Entdeckung des österreichischen Dichters ödön von Horvath erscheint nunmehr endgültig abgeschlossen: das einzige Stück des Autors, das noch nie aufgeführt wurde, die Komödie „Zur schönen Aussicht“, hat nun — als erster Beitrag der Vereinigten Bühnen zum Steirischen Herbst ‘69 — das Licht der Bühne erblickt. Es läßt sich verstehen, warum zwischen Entstehung und Uraufführung fast ein halbes Jahrhundert vergangen ist: Der Aufbau des Stückes ist recht schwächlich und wenig wirksam. Um einen kräftigen, packenden zweiten Akt ranken sich zwei eher unbedeutende Themen,
In Grazer Opernhaus hatte kürzlich ein Spätwerk Rimski-Korssakows Premiere. Es trägt den langen Titel „Die Legende von der unsichtbaren Stadt Kitesch und der Jungfrau Fewronia“ und entpuppte sich als musikdramatisches Werk von ganz eigenartigem Reiz. Gewiß ist es in seiner breiten, gemächlichen, ja etwas umständlichen dramaturgischen Anlage nicht gerade spannend, aber man folgt einen Abend lang mit größtem Interesse dieser ganz eigenständigen, wenngleich Anklänge nicht vermeidenden, leitmotivisch organisierten Musik, ihrer farbigen Instrumentation, ihren romantischen
Auf irgendeinem Weg mußten die durch die aufwendige Ausstattung von „My Fair Lady“ verbrauchten Budgetmittel wieder in den ohnehin so schmalen Säckel der Grazer Vereinigten Bühnen zurückfließen. So beschloß man, die Neuinszenierung von Giordanos Oper „Andre Chenier“ ohne Bühnenbild herauszubringen. Das heißt, man holte sich ein fertiges, aber unbenutztes Kwlissen-ensemble vom Landestheater Linz, modelte es ein wenig um und spielte darin den Grazer „Andre Chenier“. Ob der Transport wesentlich billiger gekommen ist als eine eigene Produktion, bleibt dahingestellt. Was Graz
Wenn Reinhold Schubert, der neue Intendant der Grazer Vereinigten Bühnen, vorläufig vom Pech verfolgt zu sein scheint, so hat er doch mit einigen Engagements viel Geschick bewiesen: die Verpflichtung der Diva Sigrid Martikke hebt jede Operettenpremiere um einige Grade, und mehrere neue Stimmen beleben hörbar den etwas flachen Opernalltag. Einen ausgesprochenen Glücksfall aber stellt offensichtlich die Gasttätigkeit des Regisseurs Jan Bizicky dar. Der polnische Künstler inszenierte das blendende, in allen Farben schillernde Stück „Tango“ seines Landsmannes Slawomir Mrozek. Das Werk,
Die Grazer Sommerspiele bedeuteten permanenten Abstieg, der nunmehr endlich realisierte „Steirische Herbst“ jedoch ist ein vielversprechender Aufschwung: Musen und Wissenschaft treffen einander zu Konfrontation, Demonstration und Repräsentation.Sinnvoll eingeschachtelt in das Programm der neuen Herhstspiele, das mit seinen Ausstellungen, Konzerten, Vorträgen und literarischen Manifestationen dem Zufälligen weitgehend entzogen ist, begannen auch die Vereinigten Bühnen ihre neue Spielzeit. Diesmal ohne ein an die Flagge geheftetes Motto, dafür aber mit dem frischen Wind in den Segeln,
Nach dem unerwarteten Höhepunkt ihres Anfangs mit Milhauds „Christoph Kolumbus“ verfielen die Grazer Sommerspiele rapid und verendeten nun schließlich unauffällig nach vierzehn Tagen Dauer. Es ist zu hoffen, daß nach so vielen traditionellen Halbheiten endlich die Konsequenzen gezogen, die Sommerspiele durch einen fulminanten „Steirischen Herbst“ ersetzt werden.Neben einer Reihe von Repertoireaufführungen in Oper und Schauspiel, deren attraktivste der von Rudolf Kautek inszenierte, in seiner unverkrampften Modernität außerordentlich gelungene „Faust I“ war, gab es auch eine
Nicht zu verwechseln mit Claudels Schauspiel „Das Buch von Christoph Kolumbus“, das vor mehr als zehn Jahren mit viel Musik von Darius Milhaudim Burgtheater gegeben wurde, ist die Oper „Christophe Colomb“ von Darius Milhaud, deren Neufassung anläßlich der Grazer Sommerspiele nunmehr im Opernhaus der steirischen Landeshauptstadt ihre Uraufführung erlebte. Die Ära des Intendanten Haberland, die jetzt zu Ende geht, wird gewiß nicht als eine der bedeutendsten in die Geschichte der Grazer Bühnen eingehen. Um so unerwarteter kam die außerordentliche Schlußanstrengung des gesamten
Die neueste Version des Amphi- tryon-Stoffes stammt von Peter Hacks, dem ostdeutsch gewordenen Dramatiker, und wurde kürzlich — sehr bald nach ihrer Uraufführung — im Grazer Schauspielhaus zum erstenmal in Österreich gezeigt. Diese vermutlich vierzigste Fassung der antiken Sage hat mit Plautus, Moliėre, Kleist und Giraudoux nur den Handlungskern gemein. Es fehlt der deutlich ausgesprochene Hinweis auf die Geburt des Herakles, es fehlt das Diener-Ehepaar, es fehlen die Hahnrei-Späße des Moliėre, die erotische Leichtlebigkeit des Giraudoux und die Gefühlstiefe des Kleist. Dafür aber
Die lyrische Tragödie „Bluthochzeit“ von Lorca in der „Vertonung“ durch Wolfgang Fortner gehört heute bereits zu den bewährten Repertoireopern der Moderne. Die Schwierigkeit, den an sich schon musikträchtigen lyrischen Text Lorcas in Musik zu setzen, bewältigt Fortner auf kluge und delikate Weise: Er mischt gesungene und gesprochene Partien so, daß weder der Eindruck von Rezitativen noch der eines Melodrams entsteht; die Übergänge zwischen Sprache und Musik sind fließend, eine Aussageform bedingt die andere. Die Grazer Oper hat eine beachtenswerte musikalische und szenische
Der Versuch, mehr oder minder verschollene Opemwerke aus der Versenkung zu holen, in die sie die Geschichte nicht immer ganz unverdient hatte sinken lassen, ist eine ehrenwerte und manchmal sogar erfolggekrönte Tat. Im Falle von Donizettis „Favoritin“, der die Grazer Oper kürzlich neues Leben einzuhauchen sich bemühte, waren die angestrengten Versuche, das Werk einem heutigen Publikum schmackhaft zu machen, leider vergebens. Zwei Momente sind dafür ausschlaggebend: einmal das Libretto von Scribe, das durch seine kaum mehr erträgliche Lächerlichkeit auch den gutmütigsten Opemfan
Vor genau 200 Jahren schrieb Lessing in neun Stücken seiner Ham- burgischen Dramaturgie mit bedächtiger Ausführlichkeit den Inhalt eines spanischen Dramas nieder, das jetzt — über 300 Jahre nach seiner Entstehung — seine deutschsprachige Erstaufführung in Graz erlebte. Es heißt „Da la vida por su Dama“ und stammt von Antonio Coello, einem Zeitgenossen Calderons. Das Werk, das man lange Zeit Philipp IV. zugeschrieben hatte, ist das erste Essex- Drama der Weltliteratur. Der Grazer Hispanologe Prof. Anton M. Rothbauer, dem die neue deutsche Cervantes-Ausgabe und die deutsche Form
Während in Graz die Opernsaison mit einer recht mittelmäßigen Wiederaufnahme der alten Diehl-Insze-nierung des „Ring“ begann, hat das Schauspiel mit vollen Segeln den für dieses Jahr vorgesehenen Südkurs genommen. Es ist das letzte Jahr der Intendanz Haberland und damit auch das Ende des vorwiegend geographisch bestimmten Spielplans.Südkurs — das heißt in unserem Falle: der erste Premierenabend galt Casanova, der zweite Don Juan, den zwei Repräsentanten eines erotisch bestimmten Südens — gesehen von deutschsprachigen Autoren. Der dritte Abend jedoch war einem echten Italiener
Die Problematik des Grazer Festivals mit seinem viel zu kleinen Wirkungsradius, seinen bunten, manchmal krampfhalten Programni-zusamimenstellungen wurde an dieser Stelle des öfteren schon behandelt. Nun hat man sich entschlossen, den immer lauter werdenden Stimmen Gehör zu schenken, die für eine Kombination der Spiele mit der „Steirischen Akademie“ im Herbst eintraten. Jedoch nur teilweise. Wie so vieles hierzulande, so endete auch diese Diskussion in einem Kompromiß — zumindest verläufig: Im nächsten Jahr wird es sowohl Sommerspiele als auch Herbstspiele geben.Heuer also wurde
Die Wochen vor dem Beginn der Grazer Sommerspiele wirken wie die Buhe vor dem Sturm. Aus den Belanglosigkeiten und Wiederholungen des Repertoires ragt aber eine Schauspielaufführung hervor, die zum Besten zählt, was seit dem vielbedauerten Weggang Fritz Zechas vor fast zwei Jahren in Graz zu sehen war. Oberspielleiter Rudolf Kautek inszenierte die beiden Teile von Shakespeares „Heinrich IV.“ nach der in Wien bekannten Fassung Leopold Lindtbergs. Zwar fällt durch die gewaltigen Kürzungen des Werks viel unter den Tisch, was für das Verständnis des historischen Ablaufs notwendig wäre;
Brandenburg als Kleists Idealland, In welchem Platz ist für Liebe, Gnade, Verzeihen, Platz für den Träumer und Hätz für menschliche Großzügigkeit: das ist der „innere“ Schauplatz von Hans Werner Hernes Oper „Der Prinz von Homburg“. Sie hat — mehr als sechs Jahre nach ihrer Entstehung — vor kurzem in Graz ihre österreichische Erstaufführung erlebt und wurde respektvoll von einem zahlenmäßig geringen Publikum gewürdigt.Ob Kleists Schauspiel in Musik gesetzt werden soll, wollen wir nicht untersuchen. Einem Teilaspekt des Kleistschen Werkes — und nicht dem unwichtigsten
Drei Stücke und fünf Morde: das ist die Bilanz des jüngsten Abends auf der Probenbühne des Grazer Schauspielhauses. Es handelt sich dabei um Uraufführungen von Einaktern österreichischer Autoren der Gegenwart, zwei der Stücke sind Auftragsarbeiten für die Vereinigten Bühnen.Alle drei Stücke beschäftigen sich mit dem gewaltsamen Tod von Menschen, und es ist bezeichnend, daß sie fast ausschließlich mit den Mitteln der Groteskkomik und des schwarzen Humors an das Problem herangehen. In dem Einakter „Das Vergnügen, ermordet zu werden'- des Kärntner Gymnasialprofessors Heinz
Vieles ist von großer Treffsicherheit in Hochwälders volkstümlichem Schwank vom „Himbeerpflücker“, der vor zwei Jahren im österreichischen Fernsehen uraufgeführt wurde und nun im Grazer Schauspielhaus zum erstenmal auf einer österreichischen Bühne erschien. Vor allem das Vokabular verleiht der Satire auf die Nazispießer von Bad Brauning und anderswo ihren speziellen Reiz: es reicht von „Blut und Ehre“ bis zum „Atem der Geschichte“ und wie in lächerlichen Phrasen alle heißen, mit denen sich die kleinbürgerlichen Unentwegten in einen permanenten nationalen Rauschzustand
Endlich haben die Grazer Vereinigten Bühnen wieder einen Erfolg zu verbuchen: er kam ins (Schauspiel-) Haus dank Oscar Wilde, Hans Wei-gel, Paul Burkhard und einer Reihe von Grazer Künstlern. Der erste hatte vor rund 70 Jahren ein Lustspiel voller Bonmots über die „Wichtigkeit, Ernst zu sein“ geschrieben, der zweite wiederum hat dieses vor ein paar Jahren zum Opernlibretto adaptiert, damit es vom dritten, dem Schweizer „Feuerwerk“-Autor(„O mein Papa“) in Musik gesetzt werde. Und die Grazer haben es nun zum erstenmal in Österreich aufgeführt.Weigel und Burkhard wollten eine
Merkwürdigerweise war Sergej Prokofieffs Ballett „Aschenbrödel“ in Österreich noch nie aufgeführt worden. Der Grazer Ballettmeister Fred Marten studierte es mit dem derzeit recht gut besetzten Grazer Corps ein, Opernchef Berisla Klobu^ar betreute selbst die österreichische Erstaufführung. Prokofieff hatte die Musik während des Krieges geschrieben; selbstverständlich ist „Aschenbrödel“ ein „engagiertes“ Märchen: es geht um das brave, werktätige Mädchen, das sich vor der bösen reichen Stiefmutter und den zanksüchtigen Schwestern auszeichnet und endlich auf den Platz
„Gönn dir was Gutes — geh ins Theater“, so werben seit neuestem die Grazer Vereinigten Bühnen um besseren Besuch. Das Malheur ist nur, daß gerade in letzter Zeit auf der Opern- wie auf der Schauspielbühne Dinge passierten, die das Publikum nur mit einiger Skepsis dem freundlichen Slogan lauschen lassen. Die Zeit, da es noch Interessantes von den Grazer Theatern zu berichten gab, ist ja leider seit längerem vorbei. Man hat sich beinahe schon an den Durchschnitt gewöhnt. Unangenehm wird's erst, wenn die Grenze des Vertretbaren unterschritten wird. Das war der Fall bei „Frau Warrens
Das Grazer Französische Kultur- Institut veranstaltete unter seinem rührigen Direktor Gilbert Schricke kürzlich in Zusammenarbeit mit den Vereinigten Bühnen eine „Französische Woche“, der nicht nur ein großer Erfolg beim Grazer Publikum beschdeden war —, sie zeigte auch die Früchte einer unermüdlichen Aktivität des Institut Francais, dem es in jahrelanger Arbeit gelungen ist, eine wichtige kulturelle Position in der zweitgrößten Stadt Österreichs einzunehmen.Die Woche brachte dem interessierten Grazer Publikum eine Reihe berühmter Filme von Renė Clair und Jean Cocteau,
GRAZSieben Premieren an fünf Tagen: so begann die Theatersaison in Graz. Das entspricht durchaus dem spektakulären Plakatstil der Intendanz Haberland, die solcherart ihr zweites Grazer Jahr eimleitete. In Wirklichkeit war dieser massive Beschuß für den Premierenbesucher weniger sensationell als strapaziös.Hatte die vorige Spielzeit sich in recht beengender Weise Schriftstellern und Komponisten des Ostens verschrieben, so sind nun die Tore nach dem Westen geöffnet; leider nicht allzu weit, denn es fehlen im Programm dieses Jahres nicht nur wichtige Namen, sondern zumindest auch ein ganzes
Wie aus unserem Bericht, der sich mit den Sprechstücken der Grazer Sommerspiele befaßte, zu ersehen war, hat auch das diesjährige Festival trotz eindeutiger Linie nicht den Nachweis der Berechtigung, geschweige denn der Notwendigkeit dieser Institution zu erbringen vermocht. Die Stimmen mehren sich, die für eine Verlegung der Veranstaltungsreihe vom Sommer in den Herbst eintreten. In der Tat ist ein solches Theater- und Konzertkonzentrat im Frühsammer für die Steirer — die ja fast ausschließlich das Publikum stellen — eher eine Belastung; im Herst hingegen böte sich eine Verbindung
Die einfachste Methode, ein Motto für die diesjährigen Grazer Sommerspiele zu finden, war die, das Leitthema der Theatersaison zu verlängern. Aus „Österreich und der Osten“ wurde „Graz — Tor zum Osten“. Damit war eine Reihe von Problemen auch schon gelöst: die meisten Stücke, die auis dem „Osten“ stammten, konnten aus der Saison ins Programm der Sommerspiele übernommen werden; die Ergänzung durch Gastspiele aus slawischen Ländern und durch ein östlich orientiertes Konzertpragramm dürfte nicht mehr so schwierig gewesen sein. Das „Tor zum Osten“ trug den
Im Grazer Schauspielhaus wurde kürzlich ein Werk des aus Köln stammenden und in Salzburg lebenden Mattias Braun gezeigt. Es nennt sich „Die Perser“ und stellt eine sehr freie Neugestaltung des aischy- leischen Triumphspiels auf die Schlacht bei Salamis dar. Aischylos hatte bekanntlich in den „Persern“ die Wirkung des griechischen Sieges auf die Feinde dargestellt und das Stück in einer großen Wehklage des von der Hybris getriebenen Xerxes enden lassen. Mattias Braun (Jahrgang 1933) war eine gewisse Parallelität der Berliner Situation im Jahre 1945 mit jener der bei Salamis
Eines der wenigen Ereignisse im spannungsarmen Spielplan der Grazer Theatersaison stellte die Premiere von Janäceks „Katja Kabanowa" dar. Ein Jahr nach der österreichischen Erstaufführung in Linz kam das Werk nun auf die Bühne der Grazer Oper, und es zeigte sich, daß man es hier mit einem hochinteressanten musikdramatischen Opus von reizvoller Eigenwilligkeit zu tun hatte. Das Libretto basiert auf Ostrowskijs Sittenstück „Sturm“ und bringt unter Weglassung mancher Nebenelemente die Ehebruchstragödie der schönen Katja auf die Bühne, die Janäöek, ergriffen von der Gefühlstiefe
Nun ist es also auch in Österreich zu sehen, Paul Pörtners vielberedetes Kriminalstück zum Mitspielen: es heißt „Scherenschnitt” und hat mit Schattenrissen nicht das geringste zu tun. Um so mehr aber mit Mordverdächtigen, der Kriminalpolizei und einem gespannt mitgehenden Publikum. Der Vorgang ist etwa folgender: in durchaus naturalistischer Weise wird zunächst ein geschickt gebauter Kriminalfall szenisch dargestellt. Bei den darauffolgenden „Erhebungen” des Kriminalkommissars kommt es zur Rekonstruktion des Falles. Das Publikum wird aufgefordert, die Richtigkeit des Ablaufes zu
Vor fast genau hundertzwanzig Jahren wurde die Oper „Attila” von Giuseppe Verdi im Teatro La Fenice zu Venedig uraufgeführt. Zwei Jahre zuvor hatte Verdi mit dem „Nabucco” die Reihe seiner „Frei- heitsopem” begonnen, deren Stoff in einer mehr oder minder deutlichen Beziehung zum damaligen Kampf um die politische Einheit Italiens und gegen die Herrschaft Österreichs steht. Auch in „Attila”, dessen Stoff dem gleichnamigen Werk des deutschen Romantikers Zacharias Werner entnommen wurde, geht es um die Befreiung von fremden „Unterdrückern”: mit Hilfe des Papstes Leo wird Rom
Velimir Lukic, 30 Jahre alt und Schauspielintendant des Belgrader Nationaltheatens, schrieb die tragikomische Farce „Das lange Leben König Oswalds”, die vor kurzem in Graz ihre deutschsprachige Erstaufführung erlebte. König Oswald kehrt aus dem Krieg heim, seine Gattin und deren Liebhaber bereiten ihm ein Agamemnon-Schicksal, Tochter und Sohn spielen Elektra und Orest, inklusive Mord am neuen König, jedoch exklusive Mutteimord. Der Kronrat, bestehend aus teils blinden, teils stummen billardspielenden Honoratioren, bestätigt schweigend das Todesurteil über die Königskinder. Diesen
Mit Schwung, Tempo und propagandistischen Fanfarenstößen ist im vergangenen Herbst die neue Ära Haberland an den Grazer Vereinigten Bühnen gestartet. Inzwischen hat es sich gezeigt, daß es verfehlt gewesen wäre, allzu große Erwartungen in ein neues Team zu setzen, das eben auch nur mit Wasser kocht. Programm und Qualität des Gebotenen lagen — von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen — bisher nicht über dem lianigjährigen Durchschnitt, ja zum Teil noch ein Stück darunter. Aber noch ist es verfrüht, über des neuen Intendanten Tätigkeit ein Urteil fällen zu wollen. Der neue
Die Grazer hängen an Gundula Janowitz als einer der Ihren und sonnen sich ein bißchen mit im Weltruhmglanz der jungen Sängerin. Diese wiederum kommt gerne in ihre Heimatstadt zurück — ein Umstand, der es den Grazern ermöglicht, noch vor dem Wiener oder Düsseldorfer Publikum zu erleben, wie die Janowitz eine ihr noch neue Partie zum erstenmal gestaltet. — Vor kurzem wurde das Grazer Publikum Zeuge davon, wie gut der Künstlerin nun nach dem Pagenkleid des Cherübin — dem sie schon ein bißchen zu entwachsen beginnt — die festliche Robe der Gräfin Almaviva steht. Die makellose
Im Grazer Opernhaus wurde jüngst die österreichische Erstaufführung der „Dame Kobold“ des Wieners Gerhard Wimberger zu einem starken Erfolg. Eine zeitgenössische Oper, die von Publikum und Presse gleichermaßen freundlich aufgenommen wird, gehört gewiß zu den Seltenheiten. Was ist nun das Geheimnis dieses Erfolgs, der sich übrigens schon nach der Frankfurter Uraufführung im Vorjahr deutlich gezeigt hatte?Dem jetzt 42jährigen Komponisten und Leiter der Kapellmeisterklasse am Mozarteum gelang mit dieser seiner dritten komischen Oper ein Werk, dessen Musik sich nicht in
Ferruccio Busoni hatte in jungen Jahren in Graz einige Zeit hindurch Musik studiert. Das allein wäre sicherlich noch nicht Motivierung genug dafür, daß seine Oper „Dok-tor Faust“ vierzig Jahre nach ihrer Entstehung nun eben in Graz ihre österreichische Erstaufführung erlebte; vielmehr steht Busonis 100. Geburtstag sozusagen vor der Tür — vor allem aber bedeutet der Griff nach dieser so selten gespielten Oper ein Bekenntnis des neuen Intendanten Karlheinz Haberland zur Tradition seines Vorgängers Andre Diehl, der dem zeitgenössischen Musiktheater und da insbesondere weniger
Graz hat sich um die Rechte der österreichischen Erstaufführung des „Marat“-Dramas von Peter Weiß sehr bemüht. Nun, da das Stück über die Bühne des Grazer Schauspielhauses gegangen ist, muß man sich fragen, ob sich Mühe und Aufwand gelohnt haben. Seit einem Jahr ungefähr hält der Erfolgswdr-bei um dieses Stück in vielen Ländern an. Allein vom barock-monströsen Titel geht schon eine fast sensationelle Anziehungskraft aus: „Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats, dargestellt durch die Schauspielgruppe des Hospizes zu Charenton unter der Anleitung des Herrn de Sade.“
Nestroys „Eulenspiegel“ hat mit dem Till des Volksbuches nur gemein, daß auch er unstet durch die Lande zieht, um bösen Menschen einen Streich zu spielen und den guten dabei zu helfen. Das tut er im Verlauf einer grob gezimmerten Posse, die sich mit Hilfe einer nicht sehr einfallsreich gebauten Schwankmaschinerie bewegt. Liest man das Stück, so weiß man, warum es kaum jemals gespielt wird.Das Grazer Schauspiel hatte seinem Publikum Nestroys köstliches „Eisenbahnheiraten“ versprochen, dann aber — vermutlich, weil es in Graz niemanden gibt, der exakt böh-makeln kann —, zu dem
Mussorgskys „Boris Godunow“ ist in Graz durchaus keine Seltenheit; allerdings wurde das Werk stets in der bekannten Bearbeitung durch Mussorgskys Freund Rimsky-Korssakow gegeben. Die Originalfassung der Oper wurde bisher in Österreich noch nie auf einer Bühne gezeigt. Nun haben Berislav Klobuiar und Andre Diehl sie vor kurzem ihrer Neuinszenierung des „Boris“ in der Grazer Oper zugrunde gelegt. Die Unterschiede zwischen den beiden Fassungen sind beträchtlich. Was am meisten ins Auge fällt: die längere Dauer der Urfassung und die Umstellung der Schlußbilder. Die Oper endet hier
Die Bühnenwerke, die Bertold Brecht im skandinavischen Exil schrieb, haben kaum den Charakter politischer oder sozialer Kampfstücke; sie sind vor allem Dramen, Welche den Menschen zum Gegenstand haben, dem die Hingabe des Dichters gilt. Eines der schönsten von ihnen, wenn nicht überhaupt das schönste, ist das Parabelstück Von dem Mädchen Shen-Te, das trotz einer von den Göttern geschenkten Geldsumme beim besten Willen nicht immer gut sein kann, weil es dem guten Menschen in der „kapitalistischen Gesellschaftsordnung“ verwehrt ist, zu leben. Der Befehl der Götter, „gut zu sein
„Martha“ ist nicht entschwunden; Flo-tows ein bißchen hausbacken-sentimentale Oper taucht immer wieder, allen andersartigen Prognosen zum Trotz, auf dem Programm der Opernhäuser auf. Handelt es sich dabei um eine Aufführung von der Qualität der letzten Grazer Inszenierung, so kann man getrost der „Unsterblichkeit“ der guten alten „Martha“ zustimmen. Der Grazer Oper, die heuer in einem Erfolgsjahr zu stehen scheint, gelingt mit jeder Premiere ein neuer Treffer. Der bekannte Fernsehregisseur Wolfgang Glück inszenierte „Martha“. Es ist seine erste Opernregie. Was dabei
Das System der Doppelpremieren — bisher ein Reservat großer Häuser — wurde nun auch von der Grazer Oper übernommen. Damit führt der designierte Intendant Karlheinz Haberland einerseits die Potenz des heimischen Sängerensembles vor, zum andern kann solcherart ein Spielplan erstellt werden, der weitgehend gesichert ist, und schließlich dient die Vorbereitung von Doppelpremieren auch der Heranbildung eines möglichst homogenen Ensembles. — Das hervorragende Niveau und die für auswärtige Besucher oft erstaunliche Leistungsfähigkeit der Grazer Oper hat sich in der zweifachen
Im letzten Jahr seiner langen Tätigkeit als Intendant der Grazer Bühnen wartet André Diehl seinem Publikum mit ausgesprochenen Kostbarkeiten auf. Nach Glucks „Iphigenie auf Tauris” und Rossinis selten gespielter „Italienerin in Algier” brachte er nun zum erstenmal Debussys traumhafte Legende von „Pelleas und Milisande” auf die Bühne der Grazer Oper. Es war ein Wagnis, zu dem beachtlicher Mut gehört, wenn man bedenkt, daß einerseits der übergroße Schatten von Karajans Wiener Inszenierung nicht ohne weiters wegzuwischen ist, und anderseits die Zahl der wirklich Interessierten
Wenn Rossinis bezauberndes Frühwerk „Die Italienerin in Algier“ so selten auf unseren Bühnen zu sehen ist, so liegt das n der Hauptsache wohl daran, daß es in unseren Breiten nicht allzu viele Altistinnen gibt, die sich mit den halsbrecherischen Koloraturen der Titelpartie in lieser Oper einzulassen getrauen. Graz nat nun in Hilde Roser eine Sängerin, lie dem Stimmumfang dieser Partie durchaus gewachsen ist, wenngleich ihrem lyrisch timbrierten Mezzo jene Durchschlagskraft, die man an italienischen Altistinnen bewundert, versagt bleibt. Immerhin: Der Grazer Opern- Ereund kam so in den