Die Faszination der „runden” Jahreszahlen schließt in den meisten Fällen die Uberprüfung des gegenwärtigen Standpunktes zum Objekt des Anlasses ein. In bezug auf Haydn scheint dieser kritische Rückblick umso nötiger, als im Verlauf der Zeit manche schiefe Betrachtungsweise den vor 250 Jahren geborenen Meister im Sinne einer ganz bestimmten Perspektive menschlich und künstlerisch mißverstand.Grundlage der notwendigen Korrektur kann nur die Dokumentation sein. Sie wird in der Ausstellung „Joseph Haydn in seiner Zeit” in Eisenstadt in einer Vollständigkeit und mit einem Aufwand
(Staatsoper, Wien) Wenn es Ostern wird, pflegt sich gerne der geläuterte Siegfried, alias Parsifal, der Gralsburg unseres Opernhauses zu nähern. Auf Wagners letztem Werk lastet der Fluch des „Bühnenweihfestspieles“: Ihm entkommt m/tn am besten durch Diskretion in der Anwendung der Symbolik. Wesentlich penetranter, als dies je sein Schöpfer gefordert hatt wird in der Inszenierung August Everdings die pseu-do-christliche Komponente des Werkes in den Vordergrund gerückt - vom Altar, der sich an der Rampe unter einem großen Kreuz erhebt, über das Abendmahl in beiderlei Gestalt, das den
Die „Weißen Buchwochen“, so heißt der Ausverkauf im Buchhandel, fanden nun schon das fünfte Jahr statt, und gingen mit der ersten Februarwoche zu Ende. Im Sinne einer Kampfaktion gegen die Konkurrenz der Branchenaußenseiter wie Diskontketten und Supermarktabteilungen wurden Altbestände und von Verlagen eigens produzierte Sonderangebote um die 60Prozent verbilligt abgegeben. Es galt zu zeigen, daß das Buch immer noch in die Buchhandlung und nicht neben die Lebensmittel gehört.Diesmal war das Interesse besonders groß; und auch der Erfolg, sagen die Initiatoren. So rückten die
„Man muß doch Freude haben können an der Kunst!“ Ein offenbar Verzweifelter hatte inmitten der Naturschönheiten des Kasseler Habichtswaldes den Satz quer über ein Plakat geschrieben. Das Wort „Kunst“ mag dabei auf das zu beziehen sein, was die „documenta 6“ an Extravagantem zeigte. Es hätte ebenso gut auf jene Kling- und Klangspiele gepaßt, die eine Woche lang im Schatten der „documenta“ geboten wurden. Nicht, daß die Kasseler Musiktage institutionell dem Experiment verpflichtet wären. Als Treffpunkt der Neo-Dadaisten war jedoch die Stadt an der Fulda der rechte Ort,
Neue Musik leitet nun schon mit Tradition die Musiksaison der ungarischen Hauptstadt ein. Sie wird fast immer mit Werken der Klassiker des 20. Jahrhunderts kombiniert, was Ermüdungserscheinungen vermeiden hilft. Freilich bedarf es auch einer bestimmten Qualität, um neben Bar-tök und Strawinsky bestehen zu können. Das meiste, was man bei modernen Musikfesten zu hören bekommt, sucht ja mit Recht die'Se-gregation. Anders in Budapest. Und wenn natürlich auch nicht alle Kompositionen den Vergleich rechtfertigen — an Ernst und Willen zum Tiefgang läßt es keine fehlen. Ein Konzert mit
Der 80. Geburtstag des Komponisten Johann Nepomuk David wurde in seiner Heimat Österreich — er stammt aus Eferding — mehrfach wahrgenommen, und zwar vom Österreichischen Rundfunk. Eine anerkennenswerte Tat, aber ein schlechtes Zeichen: Kann dem Werk dieses Meisters, der in Leipzig und Stuttgart zu europäischem Format heranwuchs, hierzulande -nur jene von Publikumsgunst unabhängige Aufmerksamkeit entgegengebracht werden, wie sie der Meterware der Avantgarde oder der Konfektion der Epigonen zuteil wird? Fast will es so scheinen: denn die Aufführung seines „Ezzoliedes“, auf Grund des
Der Initiative des Leiters der österreichischen Gesellschaft für Musik, Harald Goertz, verdanken diejenigen, die sich über jüngste Entwicklungen der Neuen Musik auf dem laufenden halten wollen, die Bekanntschaft mit einigen unter dieses Etikett fallenden Importprodukten aus Paris. Antoine Golea, einst wortgewandter Anwalt der meisten Experimente, stand an der Spitze der Delegation und verantwortete deren Programm; heute ist auch er von der Ergebnislosigkeit aller Bemühungen enttäuscht. Vor kurzem hatte in Paris das Musikfest der „Internationalen Gesellschaft für neue Musik“
Der alle fünf Jahre angesetzte Erkel-Gesarigswettbewerb- gab dem diesjährigen Saisonbeginn in Budapest seine besondere Note. Er wird auf breiter Basis und von den Auswahlkonkurrenzen bis zum Finale öffentlich durchgeführt: Die Fernsehkameras sind fast bei allen Schlußveranstaltungen dabei, lediglich — aus technischen Gründen — nicht bei der letzten Stufe des Wettbewerbs für Opernsänger, dem Auftreten im Opernhaus. Die Besten der Vorentscheidungen hatten dabeiKarin Budai. Erster Preis für Operngesang in Ausschnitten aus Opern vor das Publikum zu treten. Bereits „arrivierte“
Die Idee, den leidigen Mechanismus der Musikwettbewerbe durch etwas Besseres zu ersetzen, ist ohne Zweifel gut. In Ungarn versuchte man kürzlich zum drittenmal — in Zweijahresabstän-den —, dieses Bessere zu finden. Die Initiative nennt sich „Interforum“ und soll jungen Künstlern zum Start ihrer Karriere verhelfen. Erstmals wurde heuer das Unternehmen auch auf Sänger ausgedehnt.
Der österreiohiscbe Doppeladler ist nur selten auf einer Brunneneinfassung zu sehen: die 100 Jahre der Monarchie haben die Hauptstadt Dalmatiens nicht germanisiert, sondern italianisiert. Und der Friede von Rapallo hat Zadar zu einer Enklave gemacht: nur wenige hundert Meter landeinwärts stehen die Ruirten der ehemaligen Zollgebäude. Heute ist Zadar das geistige und kulturelle Zentrums Kroatiens: die deutsche Sprache beherrschen nur diejenigen, die sie als Gastarbeiter erlernten…
Die große Bruckner-Ausstellung, im Prunksaal der Nationalbibliothek von deren Generaldirektor Dr. Rudolf Fiedler eröffnet, wird manche Aufgaben zu erfüllen haben. Hundertundfünfzig Jahre nach der Geburt des österreichischen Genies fehlt uns heute noch vieles, was zur Komplettierung eines auch nur einigermaßen zutreffenden Bruckner-Bildes notwendig wäre. Übriggeblieben, von schulterklopfender Vertraulichkeit über Gebühr gehätschelt, sind die Histörchen und Anekdoten, die Momentaufnahmen eines Seelenlebens, die in ihrer Uberbewertung mehr Schaden anrichten als nützen.Aber was wissen
Der erste Internationale Schönberg-Kongreß aus Anlaß des 100. Geburtstages des Komponisten fand als. Randveranstaltung der Wiener Festwochen regen Zuspruch.. Wäre er die wissenschaftliche Begleiterscheinung eines repräsentativen Schönberg-Musikfestes gewesen, dürfte man darob Wien und die Wiener loben. Leider aber kam ihm weitgehend kompensierende Qualität zu: nur einige Konzerte' im kleinen Rahmen waren fast die ganze musikalische Ausbeute' des Zentenars. So wird Schönbergs durch eine wahrhaft sehenswerte Ausstellung und durch die Diskussion seines Werkes geehrt, gespielt aber wird die Musik von Anton Bruckner.
Im Rahmen der Bruckner-Gesamtausgabe, deren erster Band 1930 publiziert wurde und die heute über 30 Partituren zählt, erschien 1972 die erste Fassung der VIII. Symphonie, ein Werk, das bis heute unbekannt geblieben ist. Hofrat Prof. Dr. Leopold Nowak, der Editionsleiter der Bruckner-Gesamtausgabe nach dem Zweiten Weltkrieg und Herausgeber der meisten Werke, konnte in der Gesellschaft für Musik diese Urfas-sung der bekannten späteren Version der VIII. Symphonie gegenüberstellen, dank dem Umstand, daß der Verlag Doblinger, in welchem die Gesamtausgabe erscheint, über das Tonband der
„Die Lage der Kirchenmusik zehn Jahre nach dem Konzil“ war das Thema einer Veranstaltungsreihe, zu der die österreichische Gesellschaft für Musik eingeladen hatte. Zwei der prominentesten Kirchenmusikkenner der Gegenwart, Johannes Overath, seinerzeit Peritus der Konzilskommission für Liturgie, und Professor Dr. Karl Gustav Feilerer hielten Hauptreferate, ein abschließendes Round-table-Gespräch beschäftigte sich mit der kirchenmusikalischen Gegenwart speziell aus österreichischer Sicht.Der Kölner Prälat Johannes Overath konnte durch die Einblicke, die er beim Entstehen der
Auf Initiative der österreichischen Gesellschaft fürMu-s i k wird im Herbst eine Reihe von Vorträgen stattfinden, die sich mit der Situation der Kirchenmusik zehn Jahre nach dem Konzil befassen. Als Vorhut dieses begrüßenswerten Unternehmens sprach Prof. Dr. Helmut Hucke, weithin bekannter Musikologe, Dozent an der Universität Frankfurt, über das Thema „Kirchenmusik oder Musik in der Kirche?“Der Vortragende umriß zunächst mit wissenschaftlicher Akribie die historische Genese des Begriffs „Kirchenmusik“ und wies dabei nach, daß dieser in der kirchenmusikalischen Gesetzgebung
In weniger als neun Monaten schwang das Stimmungspendel der Labour Party von selbstmörderischer Depression zu einem Taumel der Hochstimmung. Laut National Gal-lup Poll verloren die Tories seit April 12 Punkte, aus einer konservativen Mehrheit; von 4,5 Prozent wurde eine sozialistische Mehrheit von 7,5 Prozent. Der National Opinion Poll zeigt die Labours mit 3,2 Prozent im Vorsprung. Allerdings ist das Bild uneinheitlich, in 15 wichtigen Wahlkreisen fand eine Verschiebung zugunsten der Konservativen statt.Wenn der gegenwärtige Trend anhält, kann die Labour Party mit einem Wahlsieg rechnen,
Der „Premio Italia” — die internationale Konkurrenz der Fernseh- und Rundfunkstationen — wurde heuer in Mantua ausgetragen. Wie üblich, wurde sowohl für das Fernsehen wie für das Radio in drei Kategorien gewertet, in den Sparten Musikwerk, Sprechstück und Dokumentarbericht. An der Teilnahme der Journalisten, die den Vorführungen beiwohnten, ließ sich dabei ziemlich genau jenes Interesse herauslesen, das eine breitere Öffentlichkeit an den Produktionen nehmen dürfte: Während der für die Radiohörspiele und die Radiodokumentation bestimmte Saal fast immer leer blieb, während die musikalischen Radiowiedergaben einige wenige Hörer anlockten, wurden die Fernsehdarbietungen wesentlich stärker besucht. Bei diesen wiederum zogen die Dokumentarfilme das zahlreichste Publikum an, während auch die interessantesten künstlerischen Produktionen, trotz häufigen Einsatzes der Farbe und obwohl zum erstenmal für eine Simultanübersetzung gesorgt worden war, weniger frequentiert wurden.
Die Musik- und Tneaterfestspiele in Szeged,: der größten Stadt des südlichen Ungarns, sind, vom westlichen Ausland kaum bemerkt, seit elf Jahren zur Tradition geworden. Das Publikum, das sie besucht, kommt zum Teil aus dem nahen Jugoslawien und rekrutiert sich auch aus Gästen, die auf ihrem Durchzug zum slawischen Serienparadies einen Ruhetag einschieben. Der Hauptteil des Kontingents wird jedoch von den Bewohnern der Stadt selbst gestellt, die wohl auch eine eigene Oper besitzt, aber nur mit den Sommerspielen wirklich ein breites Publikum zu erfassen vermag. Wie groß dieses ist, geht daraus hervor, daß die drei oder vier Vorstellungen jeder Inszenierung vor jeweils 7000 Besuchern abrollen. Ein Größenmaß, das in Europa vielleicht nur von der Arena in Verona überboten wird.
Die Festspiele der südfranzösischen Stadt Aix-en-Provence, ein Festival sozusagen an Europas Peripherie, sind längst zu einer liebenswerten Institution geworden: sie ruhen auf dem Fundament der Mozart-Opern und auf der nicht weniger sympathischen Institution eines ewig wolkenlosen Sommerhimmels, der Freilichtaufführungen ohne Regenversicherung gestattet. Sie finden im Hofe neben der Kathedrale statt, der freilich durch die massive, auch einen Schnürboden besitzende Bühne und entsprechende Tribünen so verbaut ist, daß seine Architektur nicht zum integrierenden Bestandteil der Szenerie
Fernseher, die sich von der neunten Kunst vornehmlich musikalische Genüsse erwarten, stellen sicher eine Minorität dar. Dank der Verbreitung dieses Massenmediums ist indessen auch diese Minorität, die sich im ständigen Kampf gegen die Majoritäten der Sportwelt, der Löwinger-Freunde und der Quizliebhaber befindet, ein Faktor, dessen zahlenmäßige Bedeutung die der regelmäßigen Konzertbesucher bei weitem übertrifft. Trotzdem hat diese Bedeutung noch zu keiner Lösung der Probleme geführt, die sich aus dem Kontakt von Musik und Fernsehschirm ergeben. Relativ selten sind noch die
Die Versuche, Musik im Fernsehen „darzustellen”, sind so alt wie die achte (oder ist es die neunte?) Kunst selbst. Daß sie — abgesehen von wenigen Ausnahmen — bis heute erfolglos geblieben sind, geht schon aus dem Umstand hervor, daß gute Musik um ihrer selbst willen kaum jemals und in Verbindung mit anderen Künsten nur höchst selten als „abendfüllendes” Ereignis auf den Programmen der Televisions-Stationen steht. Das ist natürlich, könnte man einwenden: denn, wie schon der Name sagt, das Gerät dient dem Sehen und nicht dem Hören. Nun, auch Konzertbesucher verzichten für
RICHARD STRAUSS UND SEINE ZEITGENOSSEN. Von Walter Iktlll. Lanfen-Mfil-lrr-Verlag, München-Wien, 1964. Sun Selten. Freii .80 DM.Ein sympathisches Richard-Strauss-Buch. Der Autor, Regisseur und Intendant, zählte zum Wiener Kreis um den Meister, ist ein Kenner der Geistes- und speziell der Theatergeschichte des 20. Jahrhunderts, ein belesener und gebildeter Forscher und ein bestens informierter Historiker. Der Versuch, Richard Strauss mit seinen bedeutenden Zeitgenossen zu konfrontieren, wird dabei für beide Seiten aufschlußreich, so daß das umfangreiche Buch keineswegs nur für den Musiker
DAS BUCH DER HEILIGEN GESÄNGE DER OSTKIRCHE. Aus der orthodoxen Glaubenswelt. Von Ernst Benz, Hans Thum und Constantin F1 o r o s. Furche-Verlag, Hamburg. 210 Seiten. Preis 48 DM.Dieses Buch enthält mehr als die Übertragungen von ausgewählten Gesängen der Ostkirche. Es ist ein Kompendium der orthodoxen Glaubenswelt, eine Zusammenfassung der Liturgie und ein AbriB der Religionsgeschichte, nicht so sehr zum Gebrauch der Gläubigen der Ostkirchen als zum Nutzen der westlichen Welt. Damit leistet dieses Buch einen echten Beitrag zur Vermehrung des Verständnisses unter Glaubensbrüdern.Der
Aix-en-Provence ist nicht die geringste unter den Festspielstädten Europas. Der südfranzösische Kurort ist zwar vom internationalen Tourismus noch kaum berührt. Es sind vor allem die Franzosen selbst, die dort ihre Ferien verbringen oder von Marseille, wohl auch von der nahe gelegenen Riviera herüberfahren, um sich eine Mozart-Oper oder ein Konzert unter freiem Himmel anzuhören. Denn das ist die Spezialität von Aix-en-Provence: Alle Veranstaltungen finden im-, Freien statt, und weil der Regen zu den Seltenheiten gehört, muß kaum jemals eine Aufführung abgesagt werden. Da überdies
Das moderne Werk der Salzburger Festspiele 1960 wird das „Mystere de la nati-viti“ vom Frank Martin sein, das am 23. Dezember 1959 in Genf zur konzertanten Uraufführung kam, im neuerbauten Salzburger Festspielhaus aber seine erste szenische Wiedergabe erfahren wird. *Seit etwa 15 Jahren hat der in der Nähe von Amsterdam lebende Schweizer Komponist Frank Martin wie kaum ein anderer Meister seiner Generation das österreichische Publikum in seine Fesseln geschlagen. Dieses Phänomen verdient Beachtung, hegt doch der österreichische Hörer, noch über seine allgemeine Vorsicht in der
Am 3. November wird in Paris das Bureau International des Expositions zusammentreten, um über einen Antrag Oesterreichs zu entscheiden, einen Antrag, dessen Annahme für unser Land weittragende Konsequenzen nach sich ziehen würde: Oesterreich bewirbt sich um die nächste Weltausstellung, und zwar für das Jahr 1967.Das Bureau International des Expositions ist eine Institution, die als Interessengemeinschaft aller an internationalen Ausstellungen interessierten Länder gegründet wurde. Ihr Sitz ist Paris, ihre Mitglieder werden größtenteils durch die dort akkreditierten diplomatischen
Zürich, im Juli Es kann nicht behauptet werden, daß die Zürcher „Woche der modernen Oper“ so etwas wie einen Ausweg aus der latenten Krise dieser Kunstgattung gezeigt hat. Wahrscheinlich bedeutet die zur gleichen Zeit in Wien erfolgte Uraufführung des „Sturms“ von Frank Martin für die Gegenwart der modernen Oper mehr als die Gesamtheit der sechs Werke, die in Zürich vorgeführt wurden, für deren Zukunft. Und doch: der Boden, aus dem einmal das Geniewerk einer wirklich modernen Oper entsprießen kann, wird in Zürich besser bestellt als anderswo: er wird beackert, besät und