Helene Flöss erschreibt in "Brüchige Ufer" ein Jahrhundert.Der Tod seiner Mutter bringt Gyula dazu, über die Geschichte seiner verzweigten Familie zu sinnieren. Anhand einer burgenländischen Sippschaft erzählt Helene Flöss in ihrem jüngsten Roman "Brüchige Ufer" von den Hochs und Tiefs eines ganzen Jahrhunderts. Zwei Weltkriege, Hunger, Not und viele Ortswechsel. Bis nach Mauthausen und noch viel weiter. Das Burgenland war bekannt für seine Auswanderungswellen nach Übersee, jeder Burgenländer habe einen Onkel in Amerika und eine Tante in Wien, da ist auch Gyulas Familie keine
Dezso Kosztolányis dekadenter Held profiliert sich in weiteren Geschichten.Denn wisse, daß nur der leben kann, der ganz auf den Tod eingestellt ist, und daß wir Dummköpfe bloß sterben, weil wir uns einzig auf das Leben eingestellt haben, auf das Leben um jeden Preis. Die Ordnung, die du um dich herum siehst, ist eigentlich Unordnung, und die Unordnung ist die wirkliche Ordnung. Und das Ende der Welt ist der Anfang der Welt. Das wollte ich dir sagen."Mit diesen Worten verabschiedet sich Esti Kornél, enfant terrible und poeta doctus, gelehrter Dichter, von seinem Freund und seinen Lesern.
Alfred Komareks literarische Sozialstudien im Salzkammergut.Daniel Käfer macht sich auf den Weg zurück nach Wien. "Aber dem Ausseerland konnte er ja doch nicht so einfach und ohne Ehrenrunde den Rücken kehren. Also fuhr er noch einmal die steile Straße ins Ortszentrum hinunter ..." Und das Salzkammergut hat ihn wieder. Die Metropole und die Arbeit müssen warten.Alfred Komarek hat mit "Die Schattenuhr" seinen zweiten Daniel Käfer-Roman vorgelegt. "Die Villen der Frau Hürsch" bildeten den Auftakt zu dieser Romanreihe. Dass Komarek seine Figuren sehr gerne und erfolgreich mehrmals
Bernadette Maria Schiefer beschreibt in ihrer Prosasammlung "Nichts wird dir fehlen" eine Reihe von problematischen Beziehungen.Eine Reihe von melancholischen Skizzen, Frau sitzt im Café, Mann sitzt im Café, irgendwas geht schief im Leben, drum zünden wir uns erstmal eine Zigarette an und trinken ein Glas Wein, und dann schaut das Leben leider immer noch genauso aus. Vielleicht wär es zu zweit ganz nett, aber oft fühlen wir uns doch nur allein, auch wenn noch einer da ist.Bernadette Maria Schiefer interessiert sich für Beziehungen aller Art, vor allem für unglückliche. Für
John Irvings Hauptfigur in "Bis ich dich finde" hat einiges zu bewältigen.Nicht wenn Jack dabei ist." Das Gespräch hat wieder einmal einen Knackpunkt erreicht, an dem es interessant werden könnte. "Aber dafür bist du noch zu jung." Jacks Kindheit ist bestimmt von der Suche nach seinem Vater und von Geheimnissen. Hippie-Mutter Alice reist ihrer verlorenen Liebe durch halb Europa nach, schleppt das vierjährige Kind dabei durch Kirchen, Rotlichtviertel und Tätowierungsstudios und stellt umfassende Recherchen an, glaubt sich der Junge zu erinnern und beginnt bereits in zartem Alter, in
Vorstellungen von der Wirklichkeit in einem Sammelband.Können wir unseren Sinnen noch trauen, wo der Deus ex machina jede beliebige "Realität" in jedes beliebe Medium zu zaubern imstande ist? Was ist wirklich? Brauchen wir neue Strategien, um aus der Informationsflut, deren Details keineswegs immer belegt oder auch nur belegbar sind, die Quintessenz herauszufiltern, die einerseits für uns von Belang sein und andererseits auch einen gewissen Anspruch auf Seriosität beanspruchen kann? Und ist Seriosität überhaupt ausreichend oder doch nichts anderes als guter Wille, der im Endeffekt nur
Michael Köhlmeier lässt "Nachts um eins am Telefon" Geschichterln druckenMichael Köhlmeier ist ein Geschichtenerzähler. Einer, der nicht anders kann. Der erzählen muss um des Erzählens willen; was er erzählt, ist dabei gar nicht so wichtig. Und seine Figuren hat er bereits angesteckt damit. Schlüssig muss die Handlung nicht sein. Hauptsache, es wird gut erzählt.Ganz im Ernst, würden Sie mitten in der Nacht am Telefon jemandem einen Schwank aus Ihrer Jugend vorsetzen? Ist einem da nicht mehr nach Austausch als nach monologischem Gschichterldrucken? Aber na gut, Menschen sind eben
Jean-Christophe Rufins Roman "Globalia" kratzt am Kern, der unsere Welt "im Innersten zusammenhält".Die Menschheit hat es geschafft. Perfekte Demokratie, keine Kriege, keine Unwetter. Und das weltweit. Kulturen sind gleichberechtigt, Minderheiten geschützt. Es gibt keine Grenzen mehr, nur noch einen einzigen großen Staat: Globalia. Der kann seine Bürger ernähren und beschützen, vor der Natur, vor Feinden - und vor sich selbst.Der französische Arzt und Schriftsteller Jean-Christophe Rufin hat in "Globalia" eine Utopie entworfen, die Elemente aus der "Schönen neuen Welt" und aus "1984"
Sibirien ist Heimat vieler Völker und Sprachen. Einige davon sind aber bereits stark gefährdet.Als Klawdija Plotnikowa starb, starb ihre Muttersprache mit ihr. Sie hatte einsam gelebt in einem sibirischen Holzhaus, und nur noch mit Gott und mit ihrer Kuh Kamassisch gesprochen. Bis Forscher sie in den 80er Jahren entdeckten, untersuchten und feierten. Sie machten Aufzeichnungen über diese kleine samojedische Sprache und bewahrten sie dadurch vor dem völligen Vergessen. Und Klawdija Plotnikowa wurde berühmt unter Wissenschaftlern. Aber sie war auch schon alt und sie war müde. Sie starb
Sibirien, weites Land, wilder Osten der Glücksritter und Mafiosi. Alles gibt es im Überfluss: Kälte, Hitze, Bodenschätze und endlose Landstriche mehr oder weniger unberührter Natur. Kosaken und Zobeljäger, Goldgräber und Ölmagnaten - unterwegs im Auftrag der Zaren, der Kommunisten oder in eigenem Interesse. Sibirien hat alles und bekommt nicht viel dafür. So manche alten Völker Sibiriens sterben aus, ihre Sprachen zuerst. Doch das Leben geht weiter. Sibirjaken sind Kummer gewöhnt. Und Meister im Improvisieren. Redaktionelle Gestaltung: Robert und Sabine Dengscherz Gigantische
Luc Bondy stellt jene in den Mittelpunkt, die ihn umgaben und umgeben.Der Dibbuk in der jüdischen Tradition ist ein Geist, die sündige Seele eines Toten, die in einen lebenden Menschen hineinfährt, ihn lenkt und auch verderben kann. Ich bin seit frühester Kindheit {...} bewohnt von Dibbuks, nicht nur von toten Seelen, mehr noch von lebenden."Die zentrale Figur in Luc Bondys Aufzeichnungen "Meine Dibbuks. Verbesserte Träume" ist tatsächlich oft gar nicht Luc Bondy selbst, und schon gar nicht in der Rolle des Theatermannes. Der zieht die Fäden nur im Hintergrund.Zwar vom Leben und
In den NKWD-Archiven tauchte das Tagebuch eines Mädchens auf.Moskau in den dreißiger Jahren. Stalin kommt und zieht andere Saiten auf. Volkserziehung beginnt in der Schule und endet nie, das Sowjetregime braucht Genossen, die kuschen. Selbst Alltag ist Politik, harmlose Streiche Jugendlicher gelten schnell als staatsfeindliche Agitation. Der nkwd (Volkskommissariat für innere Angelegenheiten) hat seine Spitzel überall, und auch ein Tagebuch ist vor den Augen der Partei nicht sicher. Schon gar nicht eines wie das von Nina Lugowskaja, einer jugendlichen "Konterrevolutionärin", die angeblich
BEIGEWUM entlarvt eine Reihe von "Mythen der Ökonomie" als (bewusste) Verschleierung von Interessenskonflikten.Die Welt ist ungerecht: Die einen backen den Kuchen, die anderen essen ihn - der Gescheite lebt vom Dummen und der Dumme von seiner Arbeit. Und wenn sich der Staat nicht ständig einmischen würde, würde in der Wirtschaft alles wie am Schnürchen laufen. Aber so sind die Steuern zu hoch, und die Arbeit ist zu teuer. Man muss den Firmen anständige Zuckerl bieten, damit sie nicht abwandern. Denn wenn es der Wirtschaft gut geht, geht es uns allen gut. Oder sind diese "Argumente" etwa
Harry Potter und seine Freunde stellen sich in ihrem vierten Hogwarts-Jahr dem Abenteuer des Erwachsenwerdens.Lord Voldemort kehrt zurück, die Death Eater formieren sich wieder und an der Zauberschule Hogwarts wird ein internationaler Magiewettbewerb abgehalten, bei dem "Harry Potter und der Feuerkelch" in seltsamer Beziehung zueinander stehen. Will jemand den Zauberlehrling absichtlich in Gefahr bringen?Die Schauspieler sind mit ihren Rollen ein wenig älter geworden, Harry Potter (zum vierten Mal wunderbar gespielt von Daniel Radcliffe) und seine Freunde pubertieren, samt erster Liebe,
Doris Dörrie bietet in "Der Fischer und seine Frau" Paaren ein cineastische Anleitung zum Unglücklichsein.Meine Frau die Ilsebill, will nicht so, wie ich wohl will." Vor der Folie des Märchens vom kontemplativen Fischer und seiner Frau, die niemals genug bekommen kann, entwickelt Doris Dörrie den gleichnamigen Spielfilm, in dem zwei Paare sich in zwei bis vier unterschiedlichen Lebensentwürfen zusammenstreiten.Ida, Modedesignerin in spe (Alexandra Maria Lara), lernt auf einer Japanreise die beiden Glücksritter bzw. "Flying Fish Doctors" Leo (Simon Verhoeven) und Otto (Christian Ulmen)
Die Viennale-Retrospektive des Filmmuseums ist heuer Andy Warhol gewidmet.Edie Sedgwick und Gino Piserchio sitzen leicht bekleidet auf einem Doppelbett, trinken Martini, rauchen Kette und streicheln zuerst einen Hund und dann einander. Gerard Malanga und Chuck Wein reden aus dem Off. Offensichtlich ohne Plan. Zufallsregie wie in "Beauty #2" ist typisch für den Filmmaker Andy Warhol. Im Zuge der VIENNALE widmet das Filmmuseum dieses Jahr die Retrospektive den Filmen aus der "Factory" (nicht zu verwechseln mit jenen, die unter der Trademark Andy Warhol entstanden sind, wie "Andy Warhols
Die Schritte hinter ihnen kamen immer näher. Das Keuchen der beiden Brüder verschmolz zu einem Laut. Besinnungslos rannten sie am Baugerümpel vorbei, als Junshik hörte, wie Minu hinter ihm stolperte. [...] Junshik stockte der Atem, als er die Szene verfolgte. Selbst als sie seinen Blicken entschwunden waren, konnte er sich nicht vom Fleck bewegen. Von irgendwoher stieg Gestank auf. Er hatte sich in irgendeiner Schmiere aufgestützt und merkte nun, dass er sich mitten in die Scheiße gesetzt hatte."Koreas GretchenfrageLee Changdong hält in seiner Erzählung "Die Sympathie der Goldfische"
In Martin Amanshausers Weltraumroman "Alles klappt nie" wird das Weltall mitglobalisiert. Und das von Österreich aus.Stronach, Viehböck und Westenthaler geben sich ein Stelldichein in Oberwaltersdorf. Der Wirtschaftstycoon betreibt ein Raumfahrtprogramm, das geführt wird "wie ein Busunternehmen", der Astronaut träumt seit Jahrzehnten von seinem nächsten Flug ins All und der Ex-Politiker läuft irgendwie mit und macht sich wichtig. So wird es sein im Jahre 2020.Martin Amanshauser lässt in seinem Weltraumroman "Alles klappt nie" bekannte Figuren aus der österreichischen Öffentlichkeit
Kirsten Thorups Figuren werden erst angesichts des Todes lebendig.Das Dasein ist schwer. Und hart. Und ungerecht. Besonders für die Protagonisten in Kirsten Thorups Roman "Bonsai". Es fragt sich, welcher Lebensentwurf grandioser zum Scheitern verurteilt ist: der Stefans, der hinter einer freundschaftlich-unglücklichen Ehe seine homosexuellen Neigungen versteckt, oder der Ninas, die (wie ein Bonsai zurechtgestutzt von allen Seiten) in der Beziehung zu Stefan die große Liebe sucht - und naturgemäß nicht findet.Die dänische Erfolgsautorin setzt in "Bonsai" auf Sentiment und Melancholie.
Helmut Gollner führte Gespräche über die Wiederkehr der Handlung in den Büchern junger Autoren.Es darf wieder erzählt werden in der österreichischen Literatur. Vorbei sind die Zeiten, als ein junger Autor, der auf sich hielt, sein Schreiben bis zur Selbstauflösung in Frage stellen musste, sollte oder wollte. Die Sprachskeptiker stellen heute die Vätergeneration, und der Nachwuchs geht andere Wege, kommt dem Leser entgegen. Und der wiederum dankt es, indem er die Bücher kauft, liest und sich locker amüsiert dabei. So weit, so gut. Autor und Leser sind sich einig, und die
Elias Canettis Leben: in einer gelungenen Biografie und einem neuen Bildband.Experte der Macht, Tod-Feind, Essayist, Romancier und Dramatiker oder "Tierstimmenimitator" - wie ihn James Joyce nach einer Lesung einmal nannte; das nunmehr 100-jährige"System Canetti" hat viele Facetten. Biograf Sven Hanuschek zeigt einige bislang unbekannte und ein von Kristian Wachinger herausgegebener Bildband liefert das Anschauungsmaterial dazu.Denn, ganz im Ernst: was wissen Sie eigentlich über Elias Canetti nach Hitlers Machtergreifung? Wer Canettis dreiteilige Autobiografie kennt, hat ihn als jungen Mann
Anna Kim bringt in "Die Bilderspur" die deutsche Sprache zum Klingen.Suchen - Finden - Verlieren; oder: Annäherung - Gemeinsamkeit - Entfremdung; in dieser Dreiteilung bewegt sich Anna Kims außergewöhnliches Erstlingswerk "Die Bilderspur". Der Text ist ebenso ein Künstlerporträt wie das schonungslose Sezieren einer Vater-Tochter-Beziehung im Wechselspiel von Nähe und Fremdheit. Die Erzählerin fällt aus dem Nest, aus der Familie in eine andere Kultur. Und sie versucht sich ihre "Heimat" zu erschreiben.Dieses Unterfangen ist nicht wirklich von Erfolg gekrönt. Selbst der Vater
János Székelys Roman "Verlockung" wird international wieder entdeckt: eine Sozialstudie aus dem Budapest der Zwischenkriegszeit.Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral ... Zum selben Schluss wie Bert Brecht kommt auch János Székely, nur nicht in Bezug auf die Berliner, sondern auf die Budapester Zwischenkriegszeit. Angesichts von Millionen von Arbeitslosen, und noch viel mehr Leuten, die zwar Arbeit haben, aber davon auch nicht leben können, steht sein Romanheld in "Verlockung" vor der Alternative: Entweder man wird Schurke oder man wird Revolutionär. Ungefährlich ist beides nicht,