Ea schien Theo plötzlich, als er sich an den Leiterholmen des Schützengrabens noch etwas heiteren Sinnes hochgezogen hatte, um nach der „Luft“ zu spähen, wie man ihm befohlen, daß aus Tag Nacht geworden war. Da — ein im Augenblick wahnsinniger Schmerz ließ ihn die Holme auslassen und zu Boden gleiten. Er verlor für wenige Minuten die Besinnung und erwachte erst, als eine Ratte über sein Gesicht gelaufen war. Während er sie ab- wehtren wollte, fühlte er wieder den Schmerz im linken Armgelenk. Hatte „es“ ihn erwischt? Mit der Rechten tastete er sich an der feuchten Erdwand
Häuser, gleichsam eine Mauer bildend, eine atemraubende Schaufront kostbarster Gotik. Blinkende Butzenscheiben glänzen hinter phantastischen Netzen von schmiedeeisernem Gegitter.Alles jedoch überragend, gleich der Krone auf einem edlen Haupt, thront auf der Höhe der Palast des Ordensmeisters.Im Schatten des Großmeisterschlosses ist ein weißes Minarett wie eine Lanze aufgepflanzt, und die Kuppeln des Gebetsraumes wölben sich darunter wie dunkle Schilde. Die Zeit der Türken vergaß ein Dutzend Moscheen und anheimelnde, von Zwielicht umsponnene Basare, bemalte Brunnen und Badehäuser. Es
„Nur den Eingeweihten leuchtet lachend die Sonne.“(Aristophanes)Wohnung zu nehmen auf dem Meere für ein paar Wochen, das hat mich verlockt, nicht viel mehr. So habe ich diese Fahrt angetreten wie die meisten unserer Zeitgenossen auf Reisen gehen: unbeschwerten Geistes — ohne viel Vorbereitung — und mit der Absicht, Urlaubstage mit fremdländischen Reiseerlebnissen auszufüllen, mit dem wachen Auge unserer technisierten Zeit die südliche Welt zu schauen (mehr ganz als in Trümmern, wenn Torsi, dann vollkommen gewordene in ihrer fragmentarischen Schönheit). Aber war ich nicht doch
Ronda besaß ich in den Träumen. Seit Jahren trug ich ein Photo von einer Stadt auf steiler Höhe mit mir umher. Da gähnten felsige Abstürze, eine abenteuerliche Brücke darüber, die angeblich zwei Teile der Stadt über die Tiefe hinweg verband, den maurischen und den christlichen Teil. Und dann wußte ich seit dem Erscheinen der „Sonette an Orpheus“, daß Rilke hier gewesen ist. In Wochen, die ihm körperlich ernstlich zu schaffen machten und seine Begeisterung für diese „spanischeste der spanischen Ortschaften“ beeinträchtigten. Rilke war nach einem mehrwöchigen Aufenthalt von
KASSANDRA LACHT. Eine Auswahl aus vier Gedichtbänden, von Johann Gunert, ein geleitet und zusammengestellt von Viktor Suchy, Stiasny-Verlag, Graz-Wien. Preis 15 S.
Es war damals, als ich meinem Vater noch keine besonderen Schwierigkeiten bereitete, wenn er mir auf einem Ausflug erklärte, wir müßten zu Fuß nach Hause zurückkehren. Nicht, daß wir keinen Zug mehr gehabt hätten oder sonst eine Fahrgelegenheit, es mangelte uns einfach an dem Fahrgeld, das notwendig war. Vater sagte freilich, der Fahrer des Lastautos, der ihm versprochen hatte, uns unentgeltlich mitzunehmen, habe sein Wort nicht gehalten, denn wir konnten ihn nicht versäumt haben. Aber ich weiß nicht, ob es je einen Fahrer gegeben hat, der mit meinem Vater ausgemacht hatte, daß er
KANN EIN REISENDER BRASILIEN VERLASSEN wollen, ohne seine einstige Landeshauptstadt — Bahia — besucht zu haben? Man wird es wohl bedauern, wegen der Größe des Landes nicht weiter ins Innere vorgedrungen zu sein, nicht sich auf den großen Strömen oder den vielen gewundenen Flußläufen gleich den frühen Pionieren des Landes, den „Bandeiran-tes“, in den Urwald gewagt und dabei die grüne Magie dieser so schönen wie gefährlichen Welt aufgenommen zu haben. Auch die berühmten Iguassu-Wasserfälle, deren Ausmaß das der Niagara-Wasserfälle übertrifft, liegen weitab und sind nur mit
Sie begann mit den Weissagungen allzu freundlicher Propheten allenthalben in Madrid, die mir Schrecken einjagen sollten. Wir schrieben Montag nach dem Palmsonntag. Auf vielen Baikonen sah man noch die oft mannshohen, verzierten und geweihten Palmblätter zur Schau gestellt. „Sie werden kein Eisenbahnbillett nach Sevilla mehr bekommen. Die Züge sind ausverkauft. Wenn Sie nicht eine Empfehlung, mindestens von einem Minister, haben, gibt es kein Zimmer. Alle seit Monaten vergeben Bedenken Sie doch: die Welt kommt zu uns."Also — ich erhielt ohne weiteres die Fahrkarte für den Nachtschnellzug
Dem in jeder Hinsicht gut geratenen Knaben braver Eltern, die in ihrer Liebe für den Einzigen alles taten, was sie ihm von den Augen ablesen konnten und wozu ihre freilich nur bescheidenden Mittel reichten, war das Leben in der häuslichen Behütetheit langweilig geworden. Nichts nützte die spannende Erzählung, die aufregende Schilderung von fernen Ländern, wenn Neuengierd — so war er genannt — die Spannung in den Geschichten nicht selbst erleben, die fremden Länder nicht aufsuchen konnte. Daß ihm die Eltern dazu verhülfen, war unmöglich. Sie selbst gönnten sich in den Ferien nur
Als ich vor einigen, Monaten, nach langer Zeit wieder einmal, meinen alten Freund Giselher, der nach Mantua geheiratet hatte, oufsuchte und ihn nach seiner alten Leidenschaft für Bücher befragte, da hatte ich wahrlich nicht erwartet, was ich zu hören bekam. Als einen Beitrag zur Absatzkrise des Buches glaube ich diesen Notschrei einer gequälten Seele einem gröberen Auditorium nicht vorenthalten zu dürfen.„Früher”, begann er, „ja, damals vor zwanzig Jahren, als Arminia meinen Namen Giselher noch zärtlich aussprach, da fanden wir uns in der Zeit, die uns die Liebe übriglief , gern
Der wunderbar süß-nährende Duft frisch ge-backenen Brotes, der uns plötzlich von irgendwoher anwehte, hatte mich angeregt, zu Renate zu sagen: „Wenn du Brot backen könntest...“ Ich konnte nicht viel mehr sagen. Ein heftiger, mich im Innersten bestürzender, ja verletzender Schwall von Worten überfiel mich.Ich muß vorausschicken, daß Renate, die mir zur Seite schreitet, ein feiner Mensch ist, ein im Geistigen etwas überzüchteter Mensch, sie hat hohe Schulen absolviert, hat viele Jahre statt eine Jugend in vitaler Freude zu genießen und zu erleben, Dinge lernen müssen, die sie,
Ja, meine Lieben, sollten die Tiere eines Tages in Wien zur Wahl gehen müssen, dann würden die Spatzen gewiß die meisten Stimmen abgeben, sofern wir die nur zeitweilig auftretenden und die Menschen marternden Fliegen, Gelsen und anderes Ungeziefer außer acht lassen. Sollten sie überdies nicht gerade die Partei der Katzen, sondern ihre eigene Spezies wählen, ihre Fraktion würde mit erdrückender Mehrheit in das Tierparlament einrücken. Ob es woanders nicht auch so ist? Ohne Zweifel, nur für Wien charakteristische Tiere — der Leser mag enttäuscht ein — gibt es nicht. Oder ?Ob die
Warum es gerade im Süden sein mußte? Ich weiß es nicht. Zufall, der dem Wandernden leichter entgegenkommt als dem Seßhaften: Ja, vielleicht Zufall.In Sisteron war es, das ich kennenzulernen ersehnte, seit ich die berückenden Bilder von dem großartigen amphi-theatralischen Aufbau dieser einzigartigen Stadt gesehen hatte. Traumhaft nah erschienen mir im Geiste Tag um Tag die grotesken Felsgestaltungen, an denen sie emporwächst, schmal und grau, ein Haus über dem anderen, bis zur Höhe der Zitadelle, hoch über der grünsilbernen Durance. Nun habe ich den Fluß von seinen Ursprüngen im
I Als der Dichter Pankraz Scheibein noch über seinen weißen, schön geglätteten Papierbogen saß und in zierlicher Schrift ein Wort nach dem anderen darauf hinlegte, da war er noch glücklich, denn es fiel ihm eine Menge bedichtenswerter Dinge ein, er kramte nur so in seinen Erinnerungen, die er zu einem wichtigen Werk gestalten wollte. Und wenn wirklich eines Tages Hindernisse in den Weg traten, vielleicht weil er schlecht geschlafen hatte oder die Kräfte der Erinnerung ausblieben, da brauchte er nur seinen Schreibtisch ein wenig zu öffnen, ein kleines Blättchen daraus hervorzunehmen
Straßen haben ihre Geschichte, manche ihre Weltgeschichte. Kein anderer als der Weg über den Mont Genevre erschien mir von Norditalien aus der nächste, zu meinem eigentlichen Ziel nach Arles und an die Rhonemündung zu gelangen. Daß ich die Mont-Cenis-Bahn bei Oulx verlassen mußte und mir eine Wanderschaft auf der Landstraße winkte, war mir gerade willkommen. Am Zusammenfluß der Waldbäche von BardonJche liegt dieser kleine Ort Oulx. Getreidefelder reifen spät ringsum in tausend Meter Höhe.Langsam geht es aufwärts in vielen Windungen, an ragenden Felswänden und Bergwiesen, an