Der „Dialog für Österreich“ war ein vorerst letzter Versuch, Kirche in gemeinsamer Verantwortung zu gestalten.Der „Dialog für Österreich“ vor zehn Jahren stellte in zweierlei Hinsicht eine Chance dar: Erstens galt es zu demonstrieren, dass die Umsetzung des Evangeliums in die heutige Kirchenpraxis nicht nur „von oben“ verordnet werden kann, sondern im Sinne des „Priestertums aller Gläubigen“ gemeinsam mit dem Kirchenvolk erarbeitet werden muss. Etwas von diesem Geist des gemeinsamen Ringens um eine evangeliums- und zeitgerechte Praxis, aus Verantwortung für die Kirche und
Sirtd nach den spektakulären Ereignissen in der österreichischen Kirche im vergangenen Jahr 1995 nun wieder Grabesruhe und allgemeines Stillschweigen eingetreten? Ist der ungeahnte und für alle überraschende Aufbruch an Lebendigkeit und Mündigkeit im Kirchenvolk versandet? Sind letztlich Enttäuschung und Resignation verstärkt worden?Mitnichten: Das „Kirchenvolks-Begehren" hat eine Entwicklung in Gang gesetzt beziehungsweise beschleunigt, die nicht mehr zurückzu-dreheh und nicht mehr zu bremsen ist. „Es ist sehr viel in unserer Kirche in Bewegung geraten, die Schubladen mit den
Auslösend für die Idee, ein Österreich weites „Kirchenvolksbegehren” einzuleiten, war die Zuspitzung der schon seit längerem bestehenden Krise der Kirche in den letzten Wochen. Der die Medien beherrschende „Fall Groer” hat ja nur eine viel grundlegendere Problematik deutlich sichtbar gemacht und stärker ins Bewußtsein der Öffentlichkeit gerückt: nämlich den Mißmut weiter Teile des Kirchenvolkes über den Umgang der Amtskirche mit dem Thema Sexualität, über die fehlende Glaubwürdigkeit mancher Kirchenvertreter und die häufige Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit,