Gerade machte der Verpackungskünstler Christo wieder von sich reden, als er vergangene Woche ankündigte, im Frühjahr 2020 den Arc de Triomphe in Paris verhüllen zu wollen. Seit dem Tod seiner Frau Jeanne-Claude 2009 hat er lediglich ein Großprojekt realisiert. "Walking on Water" dokumentiert die Geschichte dieser Floating Piers, die es 2016 für exakt 16 Tage der Öffentlichkeit ermöglichten, zwischen Ufer und vorgelagerten Inseln des norditalienischen Iseosees lustzuwandeln. Einmal landet der Blick hinter die Kulissen des Projekts tatsächlich hinter einer Bühne: Monate vor der
Ein Mann streift allein durch ein verschlafenes deutsches Städtchen. Irgendwann stimmt er ein Lied an: "Du weißt nicht, was für eine Leere du hinterlassen hast "- Imad hat Frau und Kinder beim Versuch, von der Türkei nach Griechenland überzusetzen, verloren. Ihre Leichen sind vermutlich auf dem Grund der Ägäis, unter Deck jenes Schiffes, mit dem sie gesunken sind. Bis sie jemand birgt, gelten sie als vermisst. Die Leere aus dem Lied findet sich in der Dokumentation "The Remains -Nach der Odyssee" allerorts wieder. Für die hinterbliebenen Familien sei das Leben wie in einer Art
Moondog -der Name passt zum Helden von Harmony Korines ("Spring Breakers") jüngstem Film "Beach Bum". Wenn er nicht aufjault, wankt er tänzelnd durch durch den sonnigen Teil Floridas, immer bedacht darauf, seinen Rauschpegel zu halten. Die Leute lieben ihn für den Gedichtband, den er vor Ewigkeiten verfasst hat, vor allem aber für seine Art: "Du musst einfach akzeptieren, dass er aus einer anderen Dimension kommt". Deshalb hat ihn bisher auch nichts dazu gebracht, sich an ein zweites Buch zu setzen. Der Irrwitz, die Ungehörigkeit, das fragmentarische Vorhandensein einer Handlung: Leicht
Blickt man mit der Fotografin Lauren Greenfield in ihr Archiv, eröffnet sich eine scheinbar singuläre Möglichkeit, die Auswüchse der Gegenwart besser zu verstehen. Noch bevor sie ihr Material in "Generation Wealth" zusammenführt und der weltweiten Obsession mit Schönheit, Reichtum und Ruhm auf den Zahn fühlt, huschen Fotos der frühen 1990er durch, von partylaunigen, selbstbewussten Schülern in Los Angeles. Aus der Idee, die Leute von damals erneut aufzusuchen, entwickelt sich eine Studie über Verheißung und Enttäuschung.Den Kardashians und Trumps dieser Welt stellt sie jene
Der 16. Wiener Gemeindebezirk ist sicher Österreichs bekanntester kultureller Schmelztiegel. Dass sich dort so gut wie alles verändert hat, seit er Ecke Brunnengasse/Grundsteingasse wohnte, weiß auch ein ganz spezieller Besucher. "Somebody's speaking Ottakringerisch! That's a rarity", entfährt es ihm, als er aus dem Gewusel den alten Dialekt heraus hört. Die ihm gewidmete Dokumentation nennt sich "Das erste Jahrhundert des Walter Arlen", und es sind Momente wie dieser, wenn die in den Titel verpackte Hoffnung überspringt. Eine verschmitzte, romantische, aber auch eine reale, auf das
Der sogenannte "Hexenhammer" war eine inquisitorische Legitimationsschrift, die u. a. auflistete, woran eine Hexe zu erkennen sei. Über die Jahrhunderte erschienen etliche Auflagen dieses Traktats, das der Dokumentarfilm "Anomalie" in der Österreichischen Nationalbibliothek aushebt. Beim "Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders", kurz DSM, einem Standardwerk samt Klassifikationssystem für psychische Erkrankungen, ist derzeit die fünfte Überarbeitung am Markt.Der Vergleich, den Richard Wilhelmer in seinem Film anstellt, ist, dass beide Spiegel ihrer jeweiligen Gesellschaft
"Die Berufung -Ihr Kampf für Gerechtigkeit": Am Internationalen
Frauentag läuft hierzulande der Spielfilm über die heute 86-jährige
US-Höchstrichterin Ruth Bader Ginsburg an.
Remakes, bei denen erneut der Regisseur des Originals Regie führt, sind gar nicht so selten, wie es anzunehmen wäre: Hitchcock etwa versuchte sich zweimal an "Der Mann, der zu viel wusste", Cecil B. DeMille wiederum an "Die zehn Gebote" und Michael Haneke hat auch "Funny Games U.S." zu verantworten. Nun wurde der Norweger Hans Petter Moland engagiert, die Neuauflage seiner schwarze Komödie "Kraftidioten" mit amerikanischer Besetzung zu drehen.Unglücklicherweise weckt ihr Titel "Hard Powder" eher Assoziationen zu stupider Videothekenware der 1990er als zum existenzialistischen Grundton
Das launigste Motto des Habsburgerreichs muss an dieser Stelle nicht extra wiederholt werden. Heiratspolitik machten auch andere, etwa Frankreich und Spanien, als sie 1721 den Handel einfädelten, der im Mittelpunkt des Historiendramas "Ein königlicher Tausch" steht. Eine Doppelhochzeit sollte Frieden zwischen den ausgebluteten Ländern stiften. Spanien schickte die gerade erst dreijährige Infantin Mariana Victoria als künftige Gattin für den ebenfalls unmündigen Ludwig XV. auf die Reise. Im Gegenzug sollte Louise Élisabeth, die Tochter seines Regenten Philipp II. von Orléans, mit dem
Sie heißen 10 Octobre nach dem Auftakt des Unabhängigkeitskrieges, Playa, Guanabacoa oder einfach Centro Habana. All die Viertel der kubanischen Hauptstadt seien verschieden, schwärmt die Lebensgefährtin eines der Protagonisten von "Winter in Havanna". Ihr Satz stößt im Dokumentarfilm des Österreichers Walter Größbauer ("Sommer in Wien") nicht nur einen bestätigenden Mini-Exkurs der Bilder an. Mehr noch ist er ein Schlüssel, den urbanen Fleckerlteppich zu begreifen, der sich vor einem ausbreitet, und in dem das westliche Auge zuerst Gemeinsamkeiten erspäht: ein Alltagstempo, dem
Wenn es darum geht, das Gefühl eines Stadtmenschen zu vermitteln, der sich vor der Kälte, die ihm entgegenschlägt, in seinen Mantelkragen verkriechen will, ist die Filmbiografie "Can You Ever Forgive Me?" in ihrem Metier. Besagten Mantel, der dafür nötig wäre, hätte Lee Israel (1939-2014) allerdings von der Party ihrer Buchagentin gestohlen. In ihrem Fall hätte es auch eher mit der Kälte der Mitmenschen zu tun ,mit ihrer finanziellen Misere und dem Unmut darüber, dass keine einzige volle Rolle Klopapier zu stibitzen war. Gelegenheit macht Diebe. Das gilt nicht nur für die
Proben einer Tanzcompagnie: Zwei Männer, ein jüngerer und ein älterer, kreisen, winden sich umeinander. Die Sohn-Figur weicht aus, die des Vaters lässt wild den Gürtel schnalzen. Schmerz, am Ende Erschöpfung auf beiden Seiten. Als diese Szene der Leinwandbiografie "Yuli" ein zweites Mal gedreht werden sollte, bat Carlos Acosta dem Vernehmen nach abzubrechen; zu groß waren seine Emotionen geworden.Acosta, einer der größten Ballettstars der letzten Jahrzehnte, spielte in diesem Moment nicht nur sich selbst: Er war als er selbst in die Rolle seines Vaters geschlüpft, der Carlos, den
Im Westen schlug die große Stunde der japanischen Popkultur in den 1990ern: Mangas, die dortige Form der Comics, und Animes, das Zeichentrick-Pendant, waren damals begehrte Objekte. Hollywood hatte bis dato seine Probleme, mit ihnen viel anzufangen - und erst recht nicht rasch: Das Remake von "Ghost in the Shell" ging vor zwei Jahren unter, am Klassiker "Akira" wiederum haben sich etliche Produzenten die Zähne ausgebissen. Auch Yukito Kishiros Manga-Vorlage zu "Alita: Battle Angel" erschien zwischen 1990 und 1995. Hier war es James Cameron, der die Rechte erwarb, gut zwei Jahrzehnte ins Land
Der Anspruch, Großes zu schaffen, ist bei "Under the Silver Lake", einem Kind vieler Genres, unverkennbar. Unterm Strich löst er aber eher die Sehnsucht aus, sich in einen David-Lynch-Abend zu stürzen als in den versponnenen Gedankentrip, den David Robert Mitchell ("It Follows") inszeniert. Los Angeles spielt darin wieder einmal sich selbst, vor allem ein angesagtes Viertel östlich von Hollywood.Dort lebt Sam in den Tag hinein, gebannt von der Vorstellung, dass überall, ob in Liedern oder auf Plakatwänden, Botschaften an ganz bestimmte Empfängerkreise versteckt sind. Als das
585 Seiten lang ist der Entwurf der britischen EU-Austrittsvereinbarung, doch das Wort "Kultur" kommt darin nur als agriculture und aquaculture vor. Auswirkungen auf diesen Bereich, und mit ihm das Kino, zeichnen sich jedoch ab. Zum Lostag könnte je nach Art des Brexits der 31.12.2020 werden: Da endet nicht nur die Übergangsperiode, sondern auch der aktuelle EU-Haushalt - und "Creative Europe" ist neu zu verhandeln. Förderungen daraus spülten 2007 bis 2017 circa 340 Millionen Euro in den britischen audiovisuellen Sektor. Sein Subprogramm MEDIA hat für den Film die meiste Bedeutung
Kaum ein Filmemacher der Jetztzeit besitzt eine so wiedererkennbare Handschrift wie der späte Clint Eastwood. Ein paar Sekunden vom schwermütigen Trompeter, dazu ein Blick auf filigrane Taglilien-Blüten, und im Guten wie im Schlechten ist man auch diesmal zurück in seinem Werk.Im Guten, weil "The Mule", eine Kriminalgeschichte nach wahrem Vorbild, gerade dort sanft amüsiertes Kopfschütteln hervorruft, wo andere an den Haaren herbeigezogen wirken. Eastwood, Jahrgang 1930, spielt darin einen greisen Pflanzenzüchter, der zum erfolgreichsten Kurier des mexikanischen Drogenkartells wird.
In Frankreich gehört Colette zum Pantheon der Literatur. Sidonie-Gabrielle Colette (1873-1954), so ihr vollständiger Name, war die erste Autorin, die ein Staatsbegräbnis bekam (das kirchliche wurde ihr als Geschiedene verwehrt). Sie war 1948 für den Nobelpreis nominiert und lieferte mit "Gigi" die Vorlage für einen Hollywood-Klassiker. Einmal mehr bildet ihr eigenes Leben nun die Basis für ein nach ihr benanntes Drama. Anhand der prägenden Jahre ihrer ersten Ehe beleuchtet es, welche Stellung Frauen zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatten, um die Film-Colette (Keira Knightley) dagegen
Matthias Echternach von der Uni Freiburg ist perplex: "Jetzt wackelt die da mit dem Zwerchfell herum. Was macht die da?" Die Jodlerin in seinem Tomographen sprengt das ihm bekannte Wissen über die Tonerzeugung. Im Dokumentarfilm "Der Klang der Stimme" ist sie eines der Beispiele, welche Wunder der menschliche Klangkörper birgt. Mit dem Forscher, einer Sopranistin, einer Stimmtherapeutin und dem schweizerischen Bobby McFerrin geht der Film an die Grenzen des Machbaren fürs menschliche Kommunikationsorgan; er holt sich, wie es Echternach ausdrückt, Yetis vor die Linse. Er lässt die
Nicht nur das Ergebnis der Midterm Elections war im November ein Thema im politisch polarisierten US-Amerika, sondern wieder einmal der Supreme Court: Bei einem Sturz brach sich Ruth Bader Ginsburg drei Rippen. Konservative witterten Morgenluft, dass sie bald eines ihrer größten Feindbilder los sein könnten, Progressive wiederum bangten um die 85-jährige, fast wie ein Popstar verehrte Höchstrichterin. Der Spitzname, der sich für sie eingebürgert hat, steckt auch im Titel des Dokumentarfilms "RBG -Ein Leben für die Gerechtigkeit". Priorität hat bei dem Regieduo Julie Cohen und Betsy
Das Anziehende am Science-Fiction-Fantasy-Spektakel "Mortal Engines" ist seine Prämisse: Tausend Jahre nachdem die Alten -wir - ihrer Zivilisation das Licht ausgeknipst haben, ziehen die Dörfer und Städte der Nachfahren über die verwaisten Ebenen und sammeln ein, was der Boden frei gibt. Die Großen fressen die Kleinen, um die Bevölkerung und die gigantischen Kettenantriebe zu füttern - "kommunalen Darwinismus" nennt es der Bürgermeister von London. Dort hat ein Archäologe versprochen, alle Energieprobleme zu lösen. Seinen wahren Plänen im Weg stehen eine Attentäterin mit
Der Satz "Der letzte Mann auf Erden ist nicht allein" funktioniert bei postapokalyptischen Geschichten ebenso als Topos wie als Werbespruch. Meist ist jedoch der Aggregatzustand davor, das Zusammentreffen von Einsamkeit und Freiheit, das wesentlich Spannendere. Daran arbeitet sich Ulrich Köhler ("Bungalow") mit "In My Room" ab, wenn er von einem Augenblick auf den anderen die ganze Menschheit verschwinden lässt. Nur Armin hat das Ereignis verschlafen. Allmählich richtet er sich in dieser neuen Welt ein, betreibt etwas Landwirtschaft und tüftelt an der Stromversorgung. Eines Tages kehrt
Den allgegenwärtigen schwedischen Möbelriesen gibt es seit diesem Sommer auch in Indien. Das ist nicht ganz das Thema der Komödie "Die unglaubliche Reise des Fakirs, der in einem Kleiderschrank feststeckte"; eher schon das gutsituierte Leben, das Aja seit seiner Kindheit mit den Wohnlandschaften aus dem Katalog verbindet, den es irgendwie zu ihm verschlagen hat. Mit Gaunereien hat er versucht, der Armut zu entkommen und seiner Mutter, einer Wäscherin, deren großen Traum zu erfüllen: eine Reise nach Paris.Als sie plötzlich stirbt, macht er sich stattdessen allein auf den Weg, im Gepäck
Mit der Bekanntheit von Hercule Poirot und Miss Marple kann "Das krumme Haus" nicht mithalten, obwohl Agatha Christie es zu einem ihrer Lieblingswerke erklärte. Auch seiner Verfilmung wurde nur mäßiges Vertrauen zuteil: Bereits vergangenes Jahr wurde sie digital erstveröffentlicht und lief nur Wochen später im britischen Fernsehen im Vorweihnachtsprogramm. Zumindest von den Produktionswerten ist sie dafür zu schade. In den getrennten Bereichen, die von der reihum verdächtigen Sippe des schwerreichen Patriarchen, der vergiftet wurde, bewohnt werden, spiegeln sich etwa schön deren Egos.
Es gibt kaum ein Wort, das Alfred Hitchcock wichtiger war als Suspense, und nichts, das sich im Gegenwartskino weniger findet als eben diese spannungsvolle Ungewissheit. Der Thriller-Komödien-Cocktail "Nur ein kleiner Gefallen" fällt hier unter die Ausnahmen, lässt er doch erfolgreich die Verdachtsmomente zwischen drei Beteiligten kreisen: der biederen, viel zu eifrigen Vorzeigemama, die mit Nachnamen sogar heißt, wie in Amerika besonders erdrückende Helikopter-Mütter genannt werden, nämlich Smothers; ihrer neuen besten Freundin, der geheimnisumwobenen Bohème, die ominöse Dinge von
Die beiden spektakulärsten Szenen aus "Aufbruch zum Mond", der dramatischen Aufarbeitung von Neil Armstrongs Weg auf den Erdtrabanten, muten diametral verschieden an. Die erste sperrt zusammen mit den Astronauten in die klaustrophobische Enge der Gemini-8. So unmittelbar wie möglich, quasi hilflos will sie der infernalischen Gewalt eines Raketenstarts ausliefern, dem Dröhnen, dem Rütteln, dem besorgniserregenden Ächzen der Raumkapsel. Die zweite, kurz vor dem berühmten ersten Schritt, ist im Gegensatz dazu ein Moment, in dem man eine Stecknadel auf den Boden fallen hören könnte. Auf
In der Psychologie findet der erstaunlich unaufgeregte SciFi-Thriller "Rememory" seine Spielwiese, speziell bei der Regressionstherapie, die er ins Extrem weiter denkt. Ein Visionär erfindet ein Gerät, das im Gehirn vergrabene Erinnerungen auf Datenträgern speichern und immer wieder abspielen kann. Seine Absicht ist, damit Patienten bei der Bewältigung ihrer Traumata zu helfen. Kurz bevor es auf den Markt kommt, wird der Mann tot aufgefunden. Der Architektur-Modellbauer Sam Bloom hat ihn nicht ermordet, aber er war zur fraglichen Zeit nicht zufällig in der Nähe. Er stiehlt den Prototypen
Auf der Unterseite der Tischtennisplatte haben Christian und Georg ihren Jugendtraum festgehalten. In der Nacht, nachdem sie ihren Vater begraben haben, machen sich die Brüder sturzbetrunken und mit einem Vierteljahrhundert Verspätung mit den alten Mofas auf den Weg vom Schwarzwald an die Ostsee."25 km/h" ist das klassische Roadmovie über zwei gegensätzliche, hier auseinandergelebte Charaktere, die durch ihre Reise ein Miteinander finden. Trotzdem ist es eine Seltenheit. Sein Unterschied zur Setzkastenware unserer deutschen Nachbarn, die oft von sich selbst berauscht ist, liegt weder in
Mit einer Schlepperei beginnt die existenzielle Komödie "Career Day mit Hindernissen", aber dahinschleppen wird sie sich später auch noch. Der Schulgärtner ist tot, und die Direktorin mit Schadensbegrenzung beschäftigt. In wenigen Stunden kommen etliche Eltern, um vor den Klassen über ihre Arbeit zu reden. Würde jemand die Leiche sehen, wäre das eine Katastrophe. Ähnlich sollen die Lehrer nicht davon erfahren, dass man sie in ihrem Aufenthaltsraum geparkt hat -auf unabsehbare Zeit, denn die gerufenen Sanitäter winken ab, nicht ihre Zuständigkeit.Das Hin und Her um den Gärtner ist
Die typische leichtfüßige Komödie ist "Krystal" nicht gerade - mit ihren Schicksalsschlägen, Krankheiten, Abhängigkeiten von allerlei Suchtmitteln oder häuslichem Missbrauch. Manchmal erscheint in dieser wild wuchernden Geschichte sogar ein Teufel, vorrangig um den eben herangewachsenen Taylor zu plagen, der aus einer Familie begnadeter Menschen stammt. Der Vater ist Autor, die Mutter Poetin, der Bruder Künstler. Nur er hadert mit seinem behüteten, von lebensbedrohlichen Panikattacken unterbrochenen Dasein, und dem Faktum, dass er noch nie verliebt war; er stirbt beinahe, als er die
Ursprünglich ein Theaterstück, hat "Der Vorname" im letzten Jahrzehnt ausgiebige Publikumsrunden gedreht - nicht zuletzt als namhafte französische Filmkomödie. Trotzdem hat sich Sönke Wortmann dem noch einmal angenommen, inklusive Steigerung, dass der Zwist gerade in einer deutschen Abendgesellschaft ausbricht: Der Bruder der Gastgeberin, in Bälde Papa, verkündet, dass sein Sohn Adolf heißen soll. Den Schwager, einen gestandenen Intellektuellen, bringt das auf die Palme. Der mit anwesende Freund macht hingegen das, was er immer tut: neutral sein. Keiner gibt nach, also eskaliert der
Vandana Shiva ist eine vielbeschäftigte Frau. Neben all ihren Aufgaben muss die indische alternative Nobelpreisträgerin auch noch etliche Dokumentarfilmteams zu ähnlichen Fragen mit Wortspenden versorgen. Wenn sie in "Unser Saatgut" zeigt, wie sie die Unabhängigkeit der Kleinbauern von Agrarkonzernen wie Monsanto oder Syngenta wiederherzustellen versucht, ist das mehr als ein halbes Déjà-vu. Überhaupt können Taggart Siegel und Jon Betz mit ihrer Produktion kaum Neues zum Genre beitragen. Bis auf zwei Dinge: einen amerikanischeren Blickwinkel, bei dem sich manche wundern werden, warum
Plötzlich kommen im Dokumentarfilm "Shut Up and Play the Piano" diverse Leute zum Casting: Chilly Gonzales, seines Zeichens Ikone der unabhängigen Musik, sucht Alter Egos, um sie später in seine Konzertperformance einzubauen, oder den schrillen Auftritt in der deutschen Bundespressekonferenz nachspielen zu lassen, als er sich 1999 zum Präsidentschaftskandidaten für den Berliner Underground erklärte.Dem Haken schlagenden kreativen Output des Multitalents zu folgen, ansatzweise die zahlreichen Phasen, die etlichen Kollaborationen von dessen Karriere abzubilden, und das in einer stringenten
Das Pathos, das über die Jahre an Rainhard Fendrichs "I am from Austria" kleben geblieben ist, wird eine andere heimliche Hymne nie abbekommen. "Hier bin ich geboren, wo die Kühe mager sind wie das Glück" - so beginnt der Song des früh verstorbenen Gerhard Gundermann (1955-98) über seine Region, das Braunkohlegebiet rund um das ostdeutsche Hoyerswerda.In seinem feinfühligen Film über das Leben des Liedermachers formt Regisseur Andreas Dresen ("Wolke 9","Halt auf freier Strecke") damit seinen Moment der Wahrheit: Der, den alle nur "Gundi" nennen, der nie aufgehört hat, als Baggerfahrer
Läuft alles gut, wird man in Neilas Banlieue Taxifahrer. Die Titelfigur aus der französischen Komödie "Die brillante Mademoiselle Neila" hat höhere Ambitionen. Aber schon am Eingang zur juridischen Fakultät der Universität von Paris bekommt sie die Vorurteile ihr und ihrer Herkunft gegenüber zu spüren. Noch weiter geht ihr Professor: Um nach der xenophoben Tirade nicht seine Stelle zu verlieren, muss er sich anbieten, Neila auf den landesweiten Rhetorikwettbewerb vorzubereiten. Über Schopenhauers 38 rhetorische Kunstgriffe, über Paralipse und Antiphrasis führt der Weg zum
Wandeln da Teenies auf den Spuren von "8 Mile"? Wie viel vom Hip-Hopper Sido ist zu viel? Gab es nicht schon genug Versionen des "Cyrano de Bergerac"? Am Anfang fordert es "Das schönste Mädchen der Welt" heraus, nach seiner Existenzberechtigung zu fragen. Die Antwort gibt der Film jedoch selbst -nach einer gewissen Orientierungsphase. Cyril, Roxy oder Rick heißen die Figuren von Edmond Rostand in dieser Gegenwartsfassung, in der Klassenverband und Heranwachsen zur Konfliktzone werden und die Wortgefechte auf den Untergrundbühnen des Battle-Raps stattfinden. Am wenigsten Geschick beweist
Frontalaufnahme: Vier junge Leute an der Bar. "Schöner Moment. Gutes Ende. Abspann, bitte."- Die ersten Sekunden in "So was von da", dem filmischen Abbild eines Lebensgefühls, sind stilistisch wie erzählerisch eine gehörige Ansage; alles Nachfolgende muss dem erst gerecht werden. Erzählerisch, indem die vier Freunde an Silvester, am letzten Abend ihres gemeinsam betriebenen Hamburger Clubs, noch einmal dicht an dicht zu spüren bekommen, wie sie zueinander stehen. Nicht nur äußerlich bewegt sich Hauptdarsteller und Kinodebütant Niklas Bruhn dabei zwischen Franz Rogowski, dem bisherigen
Der britische Regieveteran Mike Newell bringt in "Deine Juliet" Mary
Ann Shaffers Briefroman "The Guernsey Literary and Potato Peel Pie
Society" filmisch gekonnt auf die Leinwand.
Es gibt Ausnahmen von der Regel, dass das Paar aus einer romantischen Komödie am Ende glücklich vereint sein muss. Bei Frank und Lindsay, den widerwilligen Hochzeitsgästen aus "Destination Wedding", hofft man sogar inständig, dass es mit den beiden nicht klappt, denn am schönsten reagieren sie ihre allgemeine Abneigung für das Leben aneinander ab. Unter dem süffigen Alternativtitel "Ein Narzisst kann nicht sterben, denn die Welt würde untergehen" geht Regisseur Victor Levin, ein Spezialist für Beziehungskisten, mit seinem Film in der Domäne eines Woody Allen oder Alexander Payne
"Papillon": 45 Jahre nach dem Filmklassiker mit Steve McQueen wagt
sich Regisseur Michael Noer an ein "Remake". Doch die Aktualität des
neuen Werks ist nicht mehr so leicht ersichtlich.
Ein sicherer Hafen für Gangster, mit speziellem Zugang, speziellem Verhaltenskodex vor Ort sowie Personal, das charakterlich ebenfalls speziell ist: Wer in den letzten Jahren das Actionkino verfolgt hat, wird sofort an "John Wick" denken. Die Ähnlichkeit dazu ist das Grundmanko des Adrenalin-lastigen "Hotel Artemis", in dem Jodie Foster seit Längerem wieder vor die Kamera tritt. Als Sanitäterin und Managerin einer verschwiegenen Zuflucht steht ihr eine konfliktreiche Nacht bevor. Während rundherum das Los Angeles von morgen in Chaos und Rebellion liegt, treffen im Hotel mehr oder weniger
Zwischen Daphne du Maurier und Mick Jagger scheinen Welten, vielleicht ganze Zeitalter zu liegen. Eines aber verbindet sie: Beide waren vor der Linse von Cecil Beaton, einem der wichtigsten britischen Fotografen des 20. Jahrhunderts. In chronologischer Richtung arbeitet sich der Dokumentarfilm "Love, Cecil" durch die Materialien, collagiert und überblendet, während der Künstler dazu quasi selbst seine Geschichte erzählt. Beatons Tagebücher werden zum wichtigsten Charakterzeugen, zum Ausdruck einer Person, die ihr eigener schärfster Kritiker ist, eitel und bescheiden zugleich, gehässig
"Dichte Grenzen sind gut fürs Geschäft." - Auch in der Fortsetzung des für drei Oscars nominierten "Sicario" ist die Grenze, um die es geht, jene zwischen den USA und Mexiko. Gewechselt hat die lukrative Ware: Statt Drogen sind es nun Menschen. Die Kartelle geraten durch Terroranschläge ins Visier der US-Regierung. Zum Leiter der Geheimoperation bestellt, plant Matt Graver (Josh Brolin) einen Krieg der Kartelle anzuzetteln. Dazu gehört auch die Entführung der Tochter des mächtigsten Bosses - und der Einsatz von Alejandro (Benicio del Toro), dem "Anwalt", der damit Gelegenheit bekommt,
Als der Arabische Frühling 2011 Ägypten erreichte, sahen viele in "Kairo 678", dem Regiedebüt von Mohamed Diab, einen filmischen Vorboten. Politisch bleibt dieser auch in seinem Zweitling "Clash", mehr sogar: Er reduziert den Aktionsraum auf das Innere eines Gefangenentransporters zur Zeit der Absetzung Präsident Mursis von den Moslembrüdern. Gegner und Befürworter, ein amerikanischer Journalist, Unbeteiligte, Kinder wie Alte; ein Mikrokosmos des Landes wird von der Straße weg in diese enge, stickige Box zusammengepfercht. Die Tatsache, dass draußen jede Rückversicherung wegbricht,
Selbst ein Fleckchen im Nordwesten von Irland kann im passenden Licht wie die Ufer des Ganges anmuten. So auch in der Komödie "Halaleluja", die es bis hinein in die optische Ebene reizt, klischeehafte Auffassungen zu unterlaufen. Wesentlich wirkt daran auch die bunt durchmischte Truppe mit, die sich in der Geschichte um einen indisch-moslemischen Briten tummelt. Der arrangierten Ehe mag Raghdan durch die Flucht ins provinzielle Sligo entkommen sein, seinem Vater jedoch nicht: Der erfolgreiche Immobilienhändler pachtet dort kurzerhand einen stillgelegten Schlachthof und plant für den Sohn
Für jede Eventualität scheint es in David Bowies Werkkatalog den passenden Song zu geben, und sei es, dass er passt wie die Faust aufs Auge. Zumindest hat sich das Geschwisterdrama "Euphoria" für "Rock'n'Roll Suicide" einen der weniger abgenutzten entschieden, als teils verstörenden Widerhall seiner Quintessenz. Der Selbstmord-Part ist dabei Mittel zum Zweck, um zwei Schwestern zu zwingen, sich ihren Differenzen zu stellen, und allgemein darüber zu philosophieren, was am Ende des Lebenswegs zählt. Erst als Ines auf einem entlegenen, paradiesischen Anwesen angekommen ist, wird ihr klar,
Er sieht aus wie Mitte vierzig, ist kaum zu verstehen, hat einen zerzausten Topfhaarschnitt, trägt eine Windjacke, die aussieht, als ob er sie seit den 1980ern hat. Im einen Moment ist er zutraulich, jähzornig im anderen. Das Rätsel um Patrick aus "Nicht ohne Eltern" löst sich in mehreren Etappen. Bei dem französischen Erzeugnis handelt es sich jedoch weder um das Märchen von einem Jungen, der in einem Supermarkt verschwand und dort wundersam wieder vor seinen Eltern auftauchte, noch um eine Kaspar-Hauser-Variante.Nicht einmal zur Komödie reicht es, auch wenn verwirrend bizarre Pointen
Die banalste Floskel, von den meisten kaum beachtet oder vom Urheber mit Absicht neutral gehalten, kann für manchen weltbewegend sein. Mehrfach erinnert das feinfühlige Drama "Die kanadische Reise" an dieses schrecklich schöne Merkmal der Sprache, ihre bedeutungsvolle Unbestimmtheit. Was etwa in einem "Servus, Junge" stecken kann. Mathieu hätte diese Worte wohl zu gerne von seinem biologischen Vater gehört.Wer das gewesen sein soll, erfährt der Pariser aber erst, als man ihm anlässlich der Beerdigung ein Päckchen schicken will. Aus Montreal. Der Überbringer der Nachricht, der beste
Unsäglicher Druck lastet auf Edward und Florence, dem Brautpaar aus der Literaturverfilmung "Am Strand", das sich eines schönen Tages im Jahre 1962 auf sein Zimmer in einer kleinen Pension zurückzieht. Vor ihnen bäumt sich die Erwartung auf, dass sie die Ehe vollziehen sollen. Jeder Schritt, den sie in diese Richtung setzen, lässt die beiden daran denken, was sie an diesen Punkt brachte. Alles wirkt wieder auf sie ein, nicht nur die zufällige Begegnung, sondern auch ihre Stärken und Schwächen, Erziehung und Herkunft.Der Stoff des für seine Buchvorlagen hochgeschätzten Ian McEwan
Das innere Auge hat in "Goodbye Christopher Robin" einen Ehrenplatz: Das Drama bemüht sich sehr um ein filmisches Äquivalent für den Zauber, der in einem glücklichen Moment in eine andere Welt katapultiert, wie auch für die Dämonen, die einen so heimsuchen. Was den späteren Autor von "Pu der Bär", A. A. Milne, betrifft, stammen letztere aus den Schützengräben des Ersten Weltkriegs. Sie verfolgen ihn ins Londoner Gesellschaftsleben. Sie lauern ihm auch in Ashdown Forest auf, dem Anwesen, das er sich zulegt, um Ruhe und den Antrieb für etwas Konstruktives wie eine große
Der eine, der Hauptmann von Köpenick, mag durch seine Aktion zu Redewendung und Volksheld geworden sein - und durch Heinz Rühmann zur Legende. Ganz anders verhält es sich mit einem Fall aus dem Emsland, einem der sogenannten Endphaseverbrechen, das wenig mehr als eine Fußnote der letzten Tage des Zweiten Weltkriegs wurde.In apokalyptischem Schwarzweiß stilisiert "Der Hauptmann" diese Episode: die Geschichte des deutschen Gefreiten Willi Herold, der im April 1945 die Uniform eines Luftwaffenoffiziers fand. Mit dem angenommenen Habitus der Autorität sammelte er im Hinterland der
Wie soll man entspannen, wenn man ertrinkt", heißt es treffend doppeldeutig in der britischen Komödie "Swimming with Men". An Entspannung, geschweige denn Gleichklang mit sich und der Welt mangelt es dem Buchhalter Eric (Rob Brydon). Bis auf die Bahnen, die er im Hallenbad zieht, verläuft sein Leben wie in einem verschwommenen Zeitraffer. Als für seine Frau der Traum von der Lokalpolitik wahr wird, ist die Midlife-Krise komplett. Er reagiert hysterisch, stellt ihre Ehe in Frage und zieht ins Hotel.Dritte Variation eines ThemasEines war keine Einbildung: die Herren, die ihm im Pool
Still und unbeabsichtigt haben Regisseur Jason Reitman und Drehbuchautorin Diablo Cody eine Trilogie der weiblichen Lebensstadien angefertigt. Zuerst war "Juno", die schwangere Teenagerin; dann die Frischgeschiedene aus "Young Adult", die ihrer Jugend nachlief. Nun, in "Tully", knickt die 40-jährige Marlo nach der Geburt des dritten Kinds ein. Als auch sie sich das eingestehen muss, nimmt sie endlich das Geschenk ihres Bruders an: eine Nacht-Nanny. Tully ist Mitte 20, weltgewandt und scheint nicht nur die Bedürfnisse des Babys zu kennen, sondern auch jene von Marlo. Für die ist es, als
Ob als Algy in "Ernst sein ist alles" oder Lord Arthur in "Ein perfekter Ehemann": Kaum ein Filmschauspieler war in den letzten Jahrzehnten so dem Werk von Oscar Wilde verbunden wie Rupert Everett. Mit "The Happy Prince" erklärt er ihn nun endgültig zu seinem "Lebensautor": Nicht nur wechselte der Brite dafür erstmals in den Regiestuhl und schrieb das Drehbuch, er übernahm zudem die mehrsprachige Hauptrolle in dieser Erzählung über Wildes letzte Tage im Pariser Exil. Schon der Titel verschränkt Leben und Dichtung: Die Zuhörer seines berühmten Märchens über eine selbstlos freigiebige
Gilt als Standard für einen guten "Star Wars"-Film inzwischen vor allem, dass einen dabei nicht dauernd ein Déjà-vu-Gefühl beschleicht? Wenn ja, dann gehört "Solo: A Star Wars Story" zu den besseren, auch wenn die Geschichte über Han Solos Anfänge meist nicht darüber hinauskommt, die biografischen Halbsätze aus der Muttersaga auszufleischen. Mit dem berühmten Logikfehler um den Kessel Run etwa wird gut und gern eine halbe Stunde effektvoll bestritten. Ihrem Publikum gibt sie das, was es erwartet, und das handwerklich solide -nicht aber das Aufregende oder Überraschende. Statt den
Im Comic-Universum nimmt Deadpool die Stellung des peinlichen Verwandten ein, bei dem die Familie schnell noch alle Lichter ausmacht und sich hinterm Sofa versteckt, wenn sie ihn vorm Haus auftauchen sieht. Ganz ähnlich stellt es eine Szene in seinem zweiten Kinoabenteuer dar: Zwischen Meta-Humor, Intertextualität und Mittelfinger-Attitüde meint dieses ausgerechnet ernst, dass es ein Familienfilm ist -im weitesten Sinne. Beim wandelnden Krebsgeschwür in Superheldenmontur regt sich der Beschützerinstinkt, als er an einen jungen Mutanten gerät. Der hat alles Vertrauen in die Welt verloren
Es ist noch gar nicht lange her, da geisterten Unmengen von Lyric-Clips als kurzlebige Mode über die Musikvideokanäle. Kurzlebig, weil alle auf diesen Zug aufsprangen und ihn abnutzten, besonders aber, weil die Texte durch ihre Einblendung eine Aufgabe bekamen, der sie innerhalb des Songs oft nicht gewachsen waren. Bei der Dokumentation "Anne Clark -I'll Walk Out Into Tomorrow", die auch einen Hang für diese Technik hat, ist der Fall etwas anders gelagert: Das Werk der Musik-Ikone kreist um die Synthese von "Spoken-Word"-Lyrik und stilistisch wechselnden Begleitungen.Nahebeziehung zu
In der amerikanischen Öffentlichkeit mag die Komödiantin Amy Schumer eine der lautesten und forschesten Stimmen wider das Diktat der Schönheitsideale sein. Renee, ihre Figur in "I Feel Pretty", muss diese Lektion erst noch lernen. Ein bizarrer Fitnessstudio-Unfall macht aus deren sehnsüchtigstem Wunsch Wahrheit: In ihrem Kopf ist sie nun schön und begehrenswert. Mit dem einher gehenden Selbstvertrauen bekommt sie den Job ihrer Träume, beginnt eine Beziehung -und übertreibt es bald so, dass sie alte Freunde vor den Kopf stößt. Etwa fünf Minuten geht diese Körpertausch-Variante gut.
Zwischen ihrem Programm-Richtungsstreit und einer Industrie, die sich der #MeToo-Debatte stellen sollte, setzte die Berlinale heuer im Februar auf einen Stammgast, um einen freundlichen Auftakt zu haben -und ihren ersten animierten Eröffnungsfilm überhaupt: Wes Andersons "Isle of Dogs -Ataris Reise". Fürs Festival richten sollten es der absurde Humor und die verschrobene Originalität des Amerikaners, die auch Melancholisches und Tragisches auf muntere Weise erzählen können.Sein neuestes Werk ist für diese Kombination der bislang größte Belastungstest, denn er präsentiert darin ein
"Wer ist 'uns'?", fragt das Mädchen, mit dem Markus Imhoof in seinem Dokumentarfilm "Eldorado" Zwiesprache hält: Ein Deal der Schweiz mit den Achsenmächten brachte Giovanna während des Zweiten Weltkriegs in die Obhut der Eltern des kleinen Markus -um aufgepäppelt zu werden, nicht um zu bleiben. Seine Erinnerungen an sie spiegeln die aktuelle europäischen Asylpolitik. Das "Uns" steckt auch in Mare Nostrum, der Marinemission, die Geflüchtete aus dem Mittelmeer fischt. Penibel nimmt Imhoof die Operationen eines italienischen Schiffs auf, die Prozeduren, die rechtliche Fallen sein können.
Die Extraschicht an Authentizität, die sich Clint Eastwood für "The 15: 17 to Paris" besorgte, lässt weit zurückliegende Vorbilder aus der Filmgeschichte anklingen: "Zur Hölle und zurück" etwa, in dem Audie Murphy, der höchstdekorierte Soldat der US-Geschichte, seine Erlebnisse im Zweiten Weltkrieg selbst nachstellte. Ähnliches unternimmt Eastwood mit Alek Skarlatos, Anthony Sadler und Spencer Stone, jenen drei Amerikanern, die am 21. August 2015 mit anderen Zugpassagieren den Anschlag eines schwerbewaffneten Terroristen vereitelten. Im Film ist eher der Weg das Ziel, bauen und
Gleich zwei amerikanische Aufarbeitungen von Terrorereignissen der jüngsten Zeit bringt diese Kinowoche - und sie könnten kaum unterschiedlicher sein, alleine schon in ihrem Zugang zum Begriff des Helden. Während jene in Clint Eastwoods "The 15:17 to Paris" bereits in spe gefeiert werden (siehe Kritik rechts), ist dieses Prädikat im Drama "Stronger" eine unsägliche Bürde für seinen Träger. Jeff Bauman war eines der Opfer des Anschlags auf den Bostoner Marathon 2013.Das Foto von damals, das ihn zeigt, als er mit zerfetzten Beinen vom Explosionsort gebracht wird, ging ins mediale
Der gesellschaftlich brodelnde und populistisch instrumentalisierte Wunsch, jemand möge es "denen" mal zeigen, steckt auch in "Steig. Nicht. Aus!" Subversiv ist dieser deutsche Actionthriller aber letztlich auf keine Weise. War es im spanischen Original noch ein Banker, ist es hier ein Immobilienentwickler, der auf einer Bombe sitzt. Weder er noch seine Kinder auf der Rückbank dürfen das Auto verlassen, ehe er dem via Handy zugeschalteten Erpresser "sein" Geld überwiesen hat. Unter den Versuchen, entweder die Kontrolle über die Situation zu erlangen oder zu gehorchen, lösen sich Schritt
Ehe der "alte Gaul" Rory (Brian Cox) über die Ziellinie geht, will er noch seinen alten Intimfeind überleben. Um das zu schaffen, reist in "Das etruskische Lächeln" der grantige, schwerkranke Schotte für einen Arzttermin nach San Francisco, wo auch sein Sohn lebt. Er hält ihn für verweichlicht und hat ebenso wenig Verständnis für ihn wie für die neumodischen Welt draußen. Bittersüß erzählt das Drama von einer späten Blüte: Rory nimmt sich seines kleinen, scheinbar im Stich gelassenen Enkels an. Und da ist auch die Dame aus dem Museum, der er den Hof macht. Die Filmfassung des
Seinen autobiografisch unterfütterten Roman "Mittelreich" hat Josef Bierbichler, die bayerische Naturgewalt, nun auch in Filmform gegossen. In "Zwei Herren im Anzug" marschiert, taumelt und geistert er durchs deutsche 20. Jahrhundert, lässt es über ein Landgasthaus am See branden, wo irgendwann in den 1980ern der alte Pankraz und Semi, sein Sohn, sitzen. Die Mutter ist frisch beerdigt, die Gäste verköstigt und gegangen. So beginnen die Männer zu trinken und wohl zum ersten Mal in ihrem Leben miteinander zu reden; über ihr aufgestautes böses Blut, versperrte Chancen, Fortschritt und
Kaum ein Film mit Heldendarstellung kommt gerade an den Hemsworth-Brüdern vorbei. Beim martialischen "Operation: 12 Strong" übernimmt der älteste, Chris, die Rolle des Anführers von ODA 595. Mit diesem Dutzend Elitesoldaten begann im Oktober 2001 das bis heute andauernde militärische Engagement der USA in Afghanistan. Der Auftrag im Marschgepäck: Sie sollten General Dostum, einen Warlord der Nordallianz, unterstützen, die viertgrößte Stadt des Landes, Mazar-i-Sharif, von den Taliban zu erobern, und das womöglich binnen dreier Wochen. Unter der Produktion von Jerry Bruckheimer werden
"Wie in all seinen vorangegangenen Arbeiten stellt Werner Boote auch in 'The Green Lie' gespielt naiv die Fragen, um wenig später aus dem Off seine Schlussfolgerungen parat zu haben."Werner Boote schuldet Eva Glawischnig ein Dankschreiben. Mit ihrem Wechsel in die Glücksspielbranche, in eine Funktion, deren Beschreibung dem entspricht, was der neue Dokumentarfilm des "Plastic Planet"-Machers angetreten ist, auseinander zu nehmen, hat die Ex-Vorsitzende der Grünen sein Thema just zum Kinostart zurück in die Schlagzeilen gebracht. Dabei ist "The Green Lie" gar kein parteipolitischer
Hollywood mag sein liberales Image pflegen, und andere sich daran als Feindbild abarbeiten. An diese kaltschnäuzige Wahrheit erinnern Streifen wie "Death Wish": Jede Zielgruppe wird bedient, solange sie groß genug ist -und dieser hier kuschelt mit Rechtsgerichteten, Anhängern des berühmten Second Amendment und den Parolen eines gewissen Herrn Trump. Dieser verglich Chicago mit einem Kriegsgebiet. Ausgerechnet dort schwingt sich ein Arzt nach einem Gewaltverbrechen an seiner Familie zum selbsternannten Rächer auf. Der beste Grund, sich dieses Remake von "Ein Mann sieht rot" anzusehen, ist
Das lange Gedächtnis der DDR sorgte dafür, dass in Storkow, einem Ort in Brandenburg etwa auf halbem Weg zwischen Berlin und Stalinstadt, dem heutigen Eisenhüttenstadt, bis nach der Wiedervereinigung keine Reifeprüfungen abgehalten wurden. Anlass war jener Vorfall, den das historische Drama "Das schweigende Klassenzimmer" nachzeichnet: Im Herbst 1956 protestierte die zwölfte Klasse der Kurt-Steffelbauer-Oberschule im Unterricht gegen die Niederschlagung des Ungarn-Aufstands -mit Schweigeminuten. Ihre Aktion wurde denunziert, untersucht, ja der Volksbildungsminister höchstpersönlich
Weit weniger bekannt als Moliéres "Eingebildeter Kranker" ist ein Theaterstück seines Landsmanns Jules Romains, "Knock oder Der Triumph der Medizin". Es dient nun als Basis der Komödie "Docteur Knock", die sich über die menschliche Einfalt auslässt. Angekommen in einer beschaulichen, kerngesunden Gemeinde, kann ein Arzt gewordener Gauner sein Geschäftsmodell umsetzen. Mit seinem Talent im Lesen und Manipulieren der Leute sammelt er rasch 600 Kunden -und eine Patientin. Das Charisma von Hauptdarsteller Omar Sy hält einen Film zusammen, der zwischen Biederkeit und Überzeichnung schwankt
Ihre Uraufführung hatte Daniel Glattauers Beziehungskomödie "Die Wunderübung" 2015 in den Kammerspielen der Josefstadt. Praktischerweise bedient sich die Verfilmung gleich beim damaligen Personal. Michael Kreihsl ("Heimkehr der Jäger") inszeniert den Stoff jetzt für die Kamera. Ebenso schlüpft Aglaia Szyszkowitz wieder in die Rolle der frustrierten Frau Dorek, die mit ihrem ebenso genervten Mann beim Paartherapeuten anrückt. Mit Engelsgeduld nimmt der hin, dass seine neuen Patienten auf keinen Therapieansatz eingehen wollen. Nach einer Pause kommt er jedoch fassungslos zurück -und mit
Gerade weil Daniel Day-Lewis so wenig Interesse an Öffentlichkeit zeigte, ist seine Laufbahn umso mehr mit Anekdoten durchsetzt. Darunter etwa jene, wie der gefallene Hollywood-Mogul Harvey Weinstein und Leonardo Di Caprio ihm seinen späteren Oscar-Part in "Gangs of New York" anbieten wollten. Sie spürten ihn dazu in Florenz auf, wo er als Lehrling exakt jenes Schusters arbeitete, der seinen Londoner Herrenausstatter belieferte.Im Reich der Bekleidung mag die Karriere eines der eindrucksvollsten Schauspieler der Zeit nun auch ihr Ende finden -der 60-jährige Day-Lewis gab vergangenes Jahr
"Dort oben die Letzten" hieß schon in den frühen 1970ern ein italienischer Bildband über die Gebirgler und ihre Lebensart. Die alte Bäuerin (Ingrid Burkhard) im naturalistischen Drama "Die Einsiedler" besteht darauf, die Allerletzte auf ihrer abgelegenen, maroden Wirtschaft zu sein. "Der Hof wird mit mir zugrunde gehen. Basta." Drei ihrer Kinder sind früh durch eine Lawine zu Tode gekommen. Der letzte überlebende Sohn (Andreas Lust) arbeitet unten im Tal, ohne dort irgendwo Anschluss finden zu können. Nähe scheint daheim als unleistbarer Luxus; dass der greise Vater gestorben und vorm
Es gibt kein Zurück im Dokumentarfilm "Oper", keinen Manöverkommentar der Geschehnisse. Die Dinge passieren linear, so wie sich Personal und Künstler der berühmten Opéra de Paris ihnen in der Saison 2015/16 stellten, als sie vom Schweizer Jean-Stéphane Bron begleitet wurden. Die Frustration etwa, die sich im Choreographen Benjamin Millepied ankündigen mag, ist weniger von Belang als der Moment, in dem er plötzlich als Kurzzeit-Ballettleiter das Handtuch wirft.Der Operndirektor, selbst in seiner ersten Saison, muss reagieren, Nachfolge und Medieninteresse regeln. Muss anderswo zwischen
"Bei Armand, dem gestressten Helden, ist es die Liebe, für die er den illegalen Niqab überstreift."Ein Indiz für den Wandel der Zeit: Früher war die Aufregung groß, wenn zu viel Haut gezeigt wurde, inzwischen weit mehr, wenn keine zu sehen ist. Sammelte Österreich 2017 durch ein Gesetz mit breiteren Auslegungsmöglichkeiten als populistisch beworben seine ganz eigenen Wollschal- und Maskottchenerfahrungen, so gilt in Frankreich schon seit 2011 ein entsprechendes Verbot: "Die Republik lebt mit unverdecktem Gesicht", hieß es damals.Bei Armand, dem gestressten Helden aus der politischen
Ein Grand Corps Malade, ein großer kranker Körper, führte bei "Lieber leben" mit Regie. Es ist das Pseudonym von Fabien Marsaud, und Ähnlichkeiten zu seiner eigenen Geschichte "keinesfalls zufällig": Eben noch energiegeladener Sportler mit Meisterschaftsambitionen, liegt Ben nach einem Unfall im Klinikbett -Tetraplegie, inkomplette Querschnittslähmung. Während er sich mühsam Stückchen seiner Motorik zurückerkämpft, mit kleinen gigantischen Zielen, wie das Programm am Fernseher wechseln zu können, lernt er die Insassen seines Rehazentrums kennen, wird Teil einer Gemeinschaft, die
Juliette BinocheLängst ist sie eine Grande Dame des französischen Kinos. In "Meine schöne innere Sonne" spielt sie eine Künstlerin, die sich nach Liebe sehnt.Es gibt tatsächlich Leute, die in einer gewagten Überdehnung des Genres "Meine schöne innere Sonne", den jüngsten Streich von Claire Denis ("Beau travail","White Material"), als romantische Komödie bezeichnen. Zugegeben: Manches ist zum Lachen, etwa wenn sich Denis und ihre Co-Autorin Christine Angot spleenige, umständliche Schnösel vornehmen.Oder wenn Gérard Depardieu als Hellseher sämtliche vorher angesammelte Betroffenheit
Prolog im Studio: Musiker stimmen sich ein, genau wie der Sprecher, der nicht gerade unbekannte Schauspieler Willem Dafoe. Alle sind bereit - Aufnahme ab. Es ist absolut nichts Ungewöhnliches, im Dokumentarfilm den eigenen Entstehungs-oder Arbeitsprozess zum Thema zu machen. Bei "Mountain" jedoch verweist diese Szene auf seinen ungewöhnlichen Ursprung. Initiiert wurde das Werk nämlich vom Australian Chamber Orchestra und dessen künstlerischem Leiter Richard Tognetti, einem Anhänger der Synästhesie, bei der verschiedene Bereiche der Sinneswahrnehmung gekoppelt werden.Keine Macht der
Die Polizeigewalt und die darauf folgenden Krawalle in Ferguson waren frisch im Kopf, als Oscar-Preisträgerin Kathryn Bigelow ("The Hurt Locker") den Stoff für ihr jüngstes Projekt wählte. "Detroit" versetzt zurück in die fünftägigen Rassenunruhen im Juli 1967, die insgesamt 43 Tote forderten. Ihr Fallbeispiel eines rassistisch motivierten Übergriffs findet Bigelow dabei in den Ereignissen im Algiers Motel. Unter dem Eindruck, beschossen zu werden, fühlten sich die Sicherheitskräfte veranlasst, das Gebäude zu stürmen; drei Schwarze waren gestorben, als sie abzogen. Alle beteiligten
Wie es heute um Gleichstellung im Sport bestellt ist, lässt sich an den Reaktionen auf Lindsey Vonns Ansuchen um Starterlaubnis bei einer Herren-Abfahrt ersehen, oder am Kampf mehrerer Damen-Fußballnationalteams für gleiche Bezahlung. Eine Lohnschere steht auch am Beginn von "Battle of the Sexes".Das gleichnamige Tennisduell 1973 zwischen Billie Jean King, der besten Spielerin ihrer Generation, und Bobby Riggs, einem gut 30 Jahre älteren Ex-Champion, notorischen Spieler und Hanswurst, liefert die Vorlage zu einer Dramödie, die vorm Finale nur selten Elan entwickelt. Ihre liebe Mühe hat
Seinen österreichischen Konnex kann der Dokumentarfilm "Guardians of the Earth" nicht verleugnen, obwohl er ein Ereignis von globaler Tragweite abdeckt: die Weltklimakonferenz 2015 und die dortigen Verhandlungen zum Pariser Abkommen. Al Gore, in "Immer noch eine unbequeme Wahrheit" zu dessen Geburtshelfer stilisiert, hat hier nur einen kleinen, hölzernen Auftritt. Regisseur Filip Antoni Malinowski kümmern stattdessen die eigentlichen Exponenten im Ringen um einen Vertrag, in dem es "keine eckigen Klammern mehr" gibt, alles außer Streit steht. Er folgt Delegierten der am meisten betroffenen
Chavela VargasDer mexikanischen Sängerin (1919-2012) ist das Porträt "Chavela" gewidmet.Die Bilder von der Aufbahrung der Sängerin Chavela Vargas 2012 in Mexiko tragen Züge eines Staatsbegräbnisses. Diese ungeteilte Würdigung, ebenso das erste Konzert in der Kathedrale der Kultur ihrer Wahlheimat, dem Palacio de Bellas Artes, kamen sehr spät in ihrem Leben, erst nachdem man sie längst in Madrid oder Paris gefeiert hatte. "Ich heiße Chavela Vargas. Vergesst das nicht", gibt sie 1991 dem Team bei einem Interview mit, das nun Dreh-und Angelpunkt für einen ihr gewidmeten Dokumentarfilm
Vorstadt ohne IdylleGeorge Clooney verfilmte in "Suburbicon" ein Drehbuch der Gebrüder Coen.Die Erinnerung reduziert alles. Gut möglich, dass von der düsteren Moralkomödie "Suburbicon" nur ein Satz übrig bleibt: "Aruba ist ein holländisches Protektorat." Nicht weil er geistreich wäre oder alles auf den Punkt bringen könnte, sondern durch die Plumpheit, mit der er wiederholt wird.Durchschaubar ist in diesem Venedig-Wettbewerbsbeitrag vieles, auch wenn er anfangs rätseln lassen will. Eines Nachts stehen zwei Männer im Wohnzimmer von Nickys Familie. Sie kosten den Moment aus, dass alle
Mehr als 30 Jahre dauerte es, bis sich der ehemalige stellvertretende FBI-Direktor Mark Felt als Deep Throat zu erkennen gab, jener Insider-Quelle, die den Watergate-Skandal zum Platzen brachte. Spannend anzusehen wäre "The Secret Man", die thrillerhafte Schilderung der damaligen Ereignisse, auch zu jedem anderen Zeitpunkt. In der Ära Trump wird sie über die Whistleblower-Geschichte hinaus zur Echokammer: Ein Präsident, der lügt. Ermittlungen, die eingestellt werden sollen. Der Amtsenthebungsgrund "Behinderung der Justiz". Der mächtige Satz "Wir schreiben alles nieder, in Memos"(vgl. der
Vom Bretterboden aufwärts bis unter die Decke bemalt war das winzige Holzhaus, das Maud Lewis (1903-1970) und ihr Mann Everett bewohnten. Umfangreich restauriert, befindet es sich heute in der Art Gallery of Nova Scotia in Halifax, als Kernstück einer Dauerausstellung, die der kanadischen Volkskünstlerin gewidmet ist. Der spärliche, schlecht beheizbare Raum und die Dachkammer darüber sind naheliegende Projektionsflächen, wenn es in "Maudie" um die dramatisierte Schilderung ihres Lebens geht, und um eine einfache Botschaft: Schönheit und Glück wider alle Umstände.Beeindruckendes
Fundiertes PanoramaDer TV-Dokumentarist Claus Räfle hat Zeitzeugen interviewt: Das Gesprächsmaterial wird zur Grundlage eines Films, der die Interviews mit nachgestellten Spielszenen kombiniert.Ausharrend in der feindlichen Heimat, ständig mit der Angst konfrontiert, aufzufliegen, entdeckt oder verraten zu werden -"U-Boote", so wurden die Untergetauchten genannt. 7000 Deutsche jüdischen Glaubens überlebten den Zweiten Weltkrieg in Berlin. Vier ihrer Geschichten dienten als Ausgangsbasis für "Die Unsichtbaren -Wir wollen leben", ein Doku-Drama, das sich sowohl inhaltlich als auch formal
Angesichts seines Credos, dass ein guter Spion keine emotionale Bindungen eingehen darf, handelt "Kingsman: The Golden Circle" absurd oft von Beziehungsfragen. Selbst schafft sich die Action-Fortsetzung ein ähnlich gelagertes Problem. Ständig sucht sie die Nähe zum Vorgänger, fühlt sich bemüßigt, mit Ausschnitten von damals die Erinnerung aufzufrischen oder etwas hinzubiegen, was dort kaputt ging.Der Geduldsfaden wird strapaziert, während die eigentliche Mission lange dahinköchelt: Eine Drogenbaronin hat ihre Produkte mit einem Virus versetzt, hält damit die Welt als Geisel. Noch
Das neueste Stück massentauglicher französischer Unterhaltung scheint im Minutentakt an seinen Titel erinnern zu müssen. "Hereinspaziert!" nennt Babik (Ary Abittan) seinen Gastgeber, den Linksintellektuellen Jean-Etienne (Christian Clavier, "Monsieur Claude und seine Töchter"). Feist und selbstgefällig schwelgte der bislang im Luxus, ohne dass er seinen Worten je Taten folgen lassen musste. Als er nun aber im TV-Streitgespräch mit einem konservativen Rivalen behauptet, dass er selbstverständlich eine Roma-Familie bei sich zu Hause aufnehmen würde, stehen tags darauf Babik und Anhang
Als Komödie -auch wenn sie keinen Moment lustig ist - passt "High Society" weniger in die Gegenwart als in die Glanzzeit eines jungen Michael J. Fox. Hinweise, dass sie sich zurück in die 1980er sehnt, streut diese deutsche Produktion genug, allein schon beim Soundtrack, auf dem einerseits Keyboard und Saxophon ihre Wiederauferstehung feiern und der andererseits ausgeschlachtet wird, um einen Überschwang an musikvideoartigen Collagen einzubauen. Die einst noch nicht so in Frage gestellten Geschlechterrollen wären ihr auch lieber, obwohl: Keiner kommt bei ihr gut weg. Die beiden Mädchen
Welche tagesaktuellen Bilder sich derzeit für Al Gore und seinen Vortrag über den Klimawandel aufdrängen, dürfte klar sein. Hurrikan Harvey selbst kann in der Fortsetzung der Dokumentation "Eine unbequeme Wahrheit" nicht vorkommen. Es zählt sich in ihr jedoch auch wie eins und eins zusammen, was hinter scheinbar immer häufigeren Verwüstungen wie dieser steht. Gut zehn Jahre später geht es darin ebenso um Bewusstseinsbildung wie um den Ausbau einer Bewegung -und um den Funken Optimismus: Diesmal sprengt nicht der Anstieg des CO2-Gehalts in der Luft die Leinwand, sondern der Ausbau der
Unwirklich knallt der Anblick von Orangen in die entsättigte Szenerie von "United States of Love". Das schonungslose polnische Drama siedelt sich 1990 an. Der Fall des Kommunismus bietet Möglichkeiten und verheißt Freiheit. Keine der vier Frauen, deren Nöte sich nach und nach entblößen, fühlt sich aber frei: Der einen ufert die Leidenschaft für den jungen Priester aus, die andere, eine Schuldirektorin, klammert sich mit vernichtender Konsequenz an ihre Affäre mit einem Arzt. Eine ihrer Lehrerinnen, die ihren Posten verlieren soll, vernarrt sich in eine Kollegin, die örtliche
Der Überraschungseffekt ist enden wollend, wenn sich der Held der Komödie "Alibi. com", der Chef einer diskreten Agentur, die nicht nur für Seitensprünge wasserdichte Tarngeschichten erfindet, verliebt, bald darauf den Eltern der Angebeteten vorgestellt werden soll -und mit dem Vater einem seiner Kunden gegenüber steht. So wie in den "Babysitting"-Filmen, die ihn bekannt machten, ist der Humor, mit dem sich Philippe Lacheau umgibt, weniger oft einfallsreich als schlicht bizarr. Glückstreffer sind dabei seltener als Ausflüge in die Geschmacklosigkeit, wenn zum Beispiel ein Nebenakteur
Alle seine Modeschauen würden aufgezeichnet, bestätigt Dries Van Noten. Anschauen wolle er sie sich aber nicht. Er würde nur Fehler erkennen und Dinge, die es zu ändern gäbe. Ob es Überredungskunst brauchte, ob die Verweigerung relativ oder nur leicht kokette Ansage war, lässt das dokumentarische Porträt "Dries" offen. Dort hat man den belgischen Designer nämlich vor den Monitor gesetzt, damit er seine Laufbahn im direkten Rückblick auf frühere Fashion-Shows kommentiert.Den Durchbruch mit der 94er-Kollektion, als Stars wie Madonna seinen Entwürfen eine breite Öffentlichkeit
Aghet" bedeutet Katastrophe. Es ist das Wort der Armenier für den Völkermord, der von der offiziellen Türkei bis dato vehement bestritten wird, auch wenn das andere Staaten mittlerweile nicht mehr abhält, die Ereignisse der Jahre 1915/16 anzuerkennen und zu verurteilen. Erst recht nicht das Kino: Ein prominentes Beispiel ist Fatih Akin, der seiner türkischen Herkunft zum Trotz vor einigen Jahren eine schonungslose, wenn auch unglückliche Abrechnung namens "The Cut" vorlegte.Denselben Hintergrund wählt nun ein Epos von Liebe, Krieg, Tod und Hoffnung: "The Promise -Die Erinnerung bleibt"
Eindruck schindet "Heartbeats" nur mit den wechselnden Orten, an denen er seine Choreografien in Szene setzt. Ums Wie ist es schlechter bestellt. Unter stereotypen erzählerischen Vorwänden schleppt sich der Tanzfilm nicht nur in den Vergleichskampf mit Spektakeln wie "Step Up", sondern legt es zudem auf ein interkulturelles Zusammentreffen mit Bollywood an. Beiden kann er nicht das Wasser reichen. So steht unterm Strich nur ein emotional hochgekochtes, unfreiwillig komisches Treiben.HeartbeatsUSA 2017. Regie: Duane Adler. Mit Krystal Ellsworth, Amitash Pradhan, Paul McGillion. Polyfilm. 107
Sie gehören zu den Standards im Werkzeugkasten der Komödie: das Missverständnis, das die Krise im dritten Akt auslöst, und die Lüge, die bis dahin aufgebläht wird, um laut zu platzen.Im frankofonen Film wird dieses Spiel gern auf die Spitze getrieben. Dort sollen manche Geheimnisse eine schon mulmige Reaktion auslösen, ihr unguter Beigeschmack die Zuschauer aus der Komfortzone stoßen.So auch in "Monsieur Pierre geht online", wo zwei Männer veranlasst werden, ihr Dahinleben zu beenden. Damit er zumindest etwas Geld verdient, soll der eine, Alex, dem Großvater seiner Freundin
Stephen Kings größtes, wenn auch nicht bekanntestes Werk erhält nun
seine Verfilmung: Der dänische Regisseur Nikolaj Arcel
("Kletter-Ida","Antboy") versucht sich an "Der dunkle Turm".
Film und Fernsehen sind Dokumentationsstätten der Gesellschaftsgeschichte. 2002 etwa bestätigte Jennifer Lopez in "Manhattan Love Story", dass "googeln" Teil des Sprachgebrauchs geworden war. In "How I Met Your Mother" war man 2005 auf der Höhe, wenn man eine MySpace-Seite betrieb. Und 2017, da bezeichnet "Emoji -Der Film" die einst so unverzichtbaren Smileys als Senioren. Ihre modernen Nachfolger werden in der Animationskomödie zur Bevölkerung einer Welt im Smartphone, wo zu spüren bekommt, wer nicht mehr populär ist, und Abweichler wie in einem autoritären Regime verfolgt werden.
Kein Pathos, keine Hauptquartiere, kein Verschnaufen. Der Druck, den der Kriegsfilm "Dunkirk" ab der ersten Sekunde aufbaut, lässt niemals nach. Er drängt nur weiter in die erzählerische Ungewissheit, in der sich einige der 400.000 von der Wehrmacht eingekesselten Alliierten von einer Aussicht aufs Überleben zur nächsten hangeln. Ins Drama an Bord einer Nussschale, die sich mit unzähligen anderen Privatbooten aufmacht, die Soldaten zu evakuieren. In die Kanzeln von ein paar Spitfires, die am Himmel die Angriffe der Luftwaffe abwehren sollen. Sprache spielt in Christopher Nolans