Das kulturell und politisch interessierte Italien wurde im Spätherbst mit der Dissidentenfrage geradezu bombardiert. Vor Eröffnung der Biennale von Venedig tagten Anfang November die Salon-Kommunisten der „Mani- festo“-Gruppe ebenfalls in der Lagunenstadt.Die linkskommunistischen Intellektuellen um die Zeitschrift „H Manifesto“, die sich 1967 von der KPI getrennt hatten, luden zahlreiche Gesinnungsgenossen aus Ost und West ein, und benützten die Gelegenheit, um im Zeichen der Neuen Linken heftig Kritik sowohl an der Sowjetunion und „ihren unverzagt stalinistischen Methoden“, als
Kaum ein politisches Problem beschäftigt heute Europa so sehr, wie die Frage, ob es einen gewaltlosen Weg zur Verwirklichung einer kommunistischen Gesellschaft geben kann. Der Satz von Karl Marx, festgehalten im Kommunistischen Manifest von 1848: „Ein Gespenst geht um in Europa, es ist das Gespenst des Kommunismus”, hat nichts von seiner Wirkung eingebüßt; nur müßte er heute lauten: „Ein Gespenst geht um in Europa, es ist das Gespenst des Eurokommunismus”.Im Bewußtsein des doppelten Versagens von sowjetischem Kommunismus und westlichem Kapitalismus schauen sich heute viele
Die Hauptdarsteller der Kommunistischen Parteien Italiens, Spaniens und Frankreichs werden nicht müde, der Welt zu versichern, daß der Eurokommunismus keineswegs tot sei, vielmehr eine ernstzunehmende politische Bewegung innerhalb des Welt- kommunismus darstelle. Kaum nach Rom zurückgekehrt, hielt es KP-Chef Berlinguer sich und den in Moskau versammelten Genossen zugute, daß er seinen Standpunkt in der großen Kongreßhalle hatte vertreten können. Auf die Frage, warum denn der spanische KP-Chef im Kreml nicht ebenfalls hatte sprechen dürfen, wußte Berlinguer keine Antwort. Darüber
Die Kritik an Berlinguers Parteiführung kommt immer unverhüllter zum Ausdruck. Nicht nur die Jugendlichen in den linkskommunistischen Bewegungen fühlen sich von der unter Leitung Berlinguers stehenden KPI verraten und wünschen einen Wechsel herbei. Auch in den eigenen Reihen hat Berlinguer einen immer schwereren Stand.In einem Interview hat eines der prominentesten Mitglieder des KP- Direktoriums, Giorgio Amendola, rundweg behauptet, die Zustimmung des kommunistischen Fußvolkes zu den Beschlüssen der Parteüeitung sei mehr formal als substantiell. Es fehle an kämpferischem Geist für
In Untemehmerkreisen ist es eine Binsenweisheit, daß die Wirtschaft die Instabilität politischer Verhältnisse am schlechtesten verträgt. Wenn man heute nicht weiß, wer morgen regieren wird und wer morgen die Staatsverwaltung innehat; hört alles Pläneschmieden, von dem die Wirtschaft lebt, auf. Eines der größten Mißverständnisse linkslastiger Politiker und Journalisten besteht darin, daß sie glauben, die Industriekapitäne und Bankleute der westlichen Welt hegten ureigene Sympathien für rechtstotalitäre Regime. Dabei schätzen die Unternehmer lediglich die politische Stabilität,
In Italien liegen derzeit drei heiße Eisen im Feuer der parlamentarischen Debatte. Es geht um die Frage der Bildung einer Polizeigewerkschaft, um die Verschiebung der Novemberwahlen auf den kommenden Mai oder Juni, und um die Erhöhung der Unterschriftenzahl bei einem künftig einzureichenden Referendum. Während Kommunisten und Linkssozialisten diese Angelegenheiten verharmlosen, sehen rechtsstehende Politiker dabei nichts geringeres als den demokratischen Staat auf dem Spiel. Die prominente Mailänder Zeitung „Giomale Nuovo” nimmt kein Blatt vor den Mund und sieht in allen drei
Italien ist - auf dem Papier - seit genau 30 Jahren ein Regionalstaat. In der 1947 von der Konstituante verabschiedeten Verfassung sah ein besonderer Artikel die Schaffung der Regionen als selbständige Körperschaften mit eigenen Organen - Parlament (Regionalversammlung), Exekutive (Regionalrat) und Ministerien - zur Regelung und Betreuung einzelner Kompetenzbereiche vor. Es bedurfte jedoch weiterer 23 Jahre, bis ein Gesetz den erhabenen Grundsatz einer Aufteilung der Staatsgewalt wenigstens juridisches Leben einhauchte und am 7. Juni 1970, nach einer denkwürdigen Volksabstimmung, die ersten Regionalwahlen abgehalten wurden.
Mit großer Hartnäckigkeit ist in nem jüngeren und vor allem beliebte- Rom seit Tagen die Rede vom Rück- ren Nachfolger Platz machen, damit tritt Pauls VI. zu seinem 80. Geburts- frischer Wind ins Gebälk der Kirche tag, den der Papst am 26. September begehen wird. Der Vatikan hat diese Gerüchte sofort dementiert, zuerst durch Gewährsmänner, die Vatikani- sten, dann durch Pater Vergilio Levi im „Osservatore Romano“. Levi gehört zwar nicht zu den eigentlichen Sprechern des Vatikans, doch kann seine Stimme nicht überhört werden. Immerhin ist er stellvertretender Direktor des
Die spektakuläre Flucht des ehemaligen SS-Obersten Herbert Kappler aus dem Gefängnisspital von Rom über die Sonnenautobahn in die Bundesrepublik wirft Fragen über Fragen auf, die weder in Italien, noch in Deutschland geklärt werden konnten. Die Italiener verlieren sich in einer sterilen Suche nach den Sündenbök- ken eines Uberwachungssystems, das im Falle Kappler völlig versagt hat. Als würden die staatlichen Stellen ansonsten gleichsam reibungslos und unfallfrei funktionieren! Als könnten sie - bei all den historischen, kulturellen und anderen Voraussetzungen, nach denen sie
Die Mafia war von Anfang an, seit dem 17. Jahrhundert, Geheimbund und Schutzorganisation für die Einheimischen in ihrem Kampf gegen die spanische, dann die französiche Fremdherrschaß und schließlich gegen die eigene sizilianische Oberschicht.Daß die Mafia sizilianische Anliegen gegen die Interessen der fremden Herren durchzusetzen verstand, machte sie in den Augen der Bevölkerung zur „ehrenwerten Gesellschaft“. Nicht nur im ironischen Sinn sprechen deshalb heute noch viele Italiener von der Mafia als der „Societä onorata“ und der höchste Mafiachef ist für seine Untergebenen
Der Prozeß gegen fünf Angehörige der Roten Brigaden wird in Italien als großer Sieg des Staates gefeiert. Die Italiener sind stolz darauf, daß sich endlich genügend Geschworene ein Herz gefaßt haben und — Edlen Drohungen der Terroristen zum Trotz - bereit waren, Renato Curcio und seine Kumpane zu verurteilen. Noch vor vier Monaten hatten sich 16 Geschworene als krank gemeldet oder offen ihre Angst vor den Attentätern zugegeben, so daß aus prozeßrechtlichen Gründen das Verfahren auf einen späteren Zeitpunkt vertagt werden mußte.Seit dem 16. Jänner, dem Tag der Kapitulation des
Die italienischen Christdemokraten können mit den Besitzern eines Schlosses verglichen werden. Sie sitzen im großen Saal und glauben, als rechtmäßige Eigentümer Herr und Meister in ihren vier Wänden zu sein. Während sie sich Festlichkeiten hingeben, haben feindliche Scharen die Kellergeschosse schon längst besetzt, mit der Zeit auch die anderen Stockwerke; jetzt klopfen die wahren Hausherren an die Tür und begehren Einlaß. Doch die Ritter wollen sich nicht stören lassen.Ein Blick auf die tatsächlichen Machtverhältnisse in Italien bestätigt dieses Bild. Nur noch zum Schein wird
Das Seilziehen zwischen den bisherigen Koalitionsparteien um die Bildung einer neuen Regierung ist nach wie vor in vollem Gang, und immer, wenn der Bruch zwischen ihnen unausweichlich zu sein scheint (und unvorsichtige Journalisten, aus Angst, eine Neuigkeit zu verpassen, das Scheitern der Verhandlungen bereits in alle Welt hinausposaunen), kommt irgendein Retter in der Not und hält die arg zerstrittene Mannschaft des linken Zentrums über Wasser. Nenni, Saragat, La Malfa und Rumor geben ihr Bestes, um dem „Centro Sinistra”, das sie vor 12 Jahren aus der Taufe gehoben haben, neues Leben
Wie zur Gründerzeit des Gemeinsamen Marktes vor siebzehn Jahren, vidrd heute, nach den deutsch-italienischen Verhandlungen in Beilagio, Europa besungen. Als wäre es bereits eine politische und ökonomische Realität. Im Zweimillionen-Dollar-Dar- lehen der Bundesrepublik an das zahlungsschwache Italien sehen die italienischen Kommentatoren einen Sieg Europas und den Beweis der kontinentalen Solidarität. Nun können die europäischen Länder im Konzert der Nationen geschlossen auftreten und vieleicht sogar der deflationistisch-isolationistischen Politik des neuen amerikanischen Präsidenten die Stirne bieten, meint eine prominente Stimme. Wenig fehlt, um Beilagio als einen Markstein auf dem Weg zur Schaffung der USE (United States of Europe) zu feiern.
Die italienische Verfassung ist dem Buchstaben nach eine der fortschrittlichsten der Welt. Sie spricht dem Bürger nicht nur ein Recht auf Arbeit, sondern auch ein solches auf Gesundheit zu ..., während der Arbeitsminister auf den kommenden Herbst eine Zunahme der Arbeitslosigkeit um 1 Million auf 2,2 Millionen Disocupati verheißt und am 29. und 30. Juli die Italiener wegen des Ärz'testreiks nicht einmal ein Recht auf Krankheit besaßen. Nach zuverlässigen Schätzungen befanden sich 88.000 von 100.000 italienischen Ärzten im Ausstand und nur höchstens die Hälfte der Notdienststeilen war
Es ist die 36. Kabinettskrise seit 1943. Der offizielle Grund für das Scheitern des fünften Kabinetts Rumor: Zwistigkeiten /wischen Linkssozialisten und Christdemokraten über die Kreditpolitik. Oer Grund wird von Beobachtern als nicht stichhältig angesehen; und der Verdacht greift um sich, daß Fanfani hinter der Bühne wieder operiert, trotz seiner Niederlage im Eheschei-dungsreferendum als ambitionierter Retter des Vaterlandes.
Auf der Suche nach dem Urheber der Bombenexplosion von Brescia, der sechs Menschen zum Opfer gefallen sind, entdeckten die Karabinieri in den unwegsamen Bergen hinter Rieti ein Trainingslager der SAD (Squadre d'Azione Mussolini). Bei ihrem Auftauchen eröffneten die Jünger des Duce das Feuer auf die Militärpolizisten und verletzten zwei Karabinieri lebensgefährlich. Der zu-rückgebliebene dritte Karabinieri tötete mit einer MG-Salve einen der faschistischen Heißsporne und zwang die übrigen zum Rückzug.Was sich als friedliches Camping darbot und den hochtrabenden Namen
Es begann mit Protestversammlungen in der sogenannten Zone B, die seit 1946 unter jugoslawischer Verwaltung steht, aber eine beträchtliche italienischsprechende Minderheit aufweist. Das italienische Interesse an einem ausreichenden Minderheitsschutz für die Söhne und Töchter Roms wurde in Belgrad stets mit scheelen Augen angesehen. Aus noch unerfindlichen oder allzu naheliegenden Gründen ließ es das Tito-Regime jetzt nicht mehr bei einem diplomatischen Notenwechsel bewenden, sondern beanspruchte die volle Souveränität über das von ihm besetzte Gebiet. An der 170 km langen
Wer den italienischen Erdölskan-dal verfolgt, wird immer mehr an Schillers berühmten Satz vom „Fluch der bösen Tat“ erinnert. Haben zwei junge Untersuchungsrichter den Beweis erbracht, daß hohe Beamte und sämtliche Parteien durch ausländische und italienische Erdölgesellschaften seit Jahr und Tag bestochen wurden, so besteht wenig Aussicht, daß diese Aufdek-kung einer bedenklichen Wahrheit einen Läuterungsprozeß einleitet. Vieles spricht dafür, daß das Gegenteil der Fall sein wird.Die Verantwortlichen der sieben großen, über das ganze Land verteilten Parteien bestreiten
In Büchern, Propagandaschriften und Reiseprospekten wird Brasilien den Lesern und Touristen als Rassendemokratie angepriesen. Das südamerikanische Land verdient angeblich diese Bezeichnung, weil hier niemand wegen seiner dunklen Hautfarbe diskriminiert werde. Die Angehörigen der sogenannten weißen, der noch früher den Subkontinent bevölkernden indianisch-roten und der später von Afrika als Sklaven übers Meer geschifften schwarzen Rasse würden friedlich und in Eintracht beisammen leben, heißt es in manchen Texten über Brasilien. Und nicht selten wird Brasilien für die Lösung des Rassenproblems anderen Staaten als Vorbild hingestellt.
Der 12. Kongreß der Democrazia Cristiana auf dem Weltausstellungsgelände in Rom dürfte als Parteiversammlung der Scheineinheit in die Geschichte der italienischen Mehrheitspartei eingehen. Das von Fan-fani am Vorabend des Kongresses ausgearbeitete und mit den Unterschriften der Führer der sechs Parteiströmungen versehene Minimalprogramm wurde zwar von den 734 Delegierten einstimmig angenommen: die Ansprachen der Prominenten auf der „Bühne“ des Kongreßhauses und viele Reaktionen der Zuhörerschaft im „Parkett“ habenaber deutlich ^gezeigt, daß diese Einheit voller Wenn und Aber
Während die Industrieproduktion — allen Währungs- und gewerkschaftspolitischen Zauberkünsten der Regierung Andreotti zum Trotz — einen Rückschlag nach dem andern erlitt und das Wirtschaftsbarometer auf Tief stand, lief das Geschäft der Telephonspionage unentwegt auf vollen Touren und konnte seine „Händler“ bestens honorieren. Dies ist eines der Untersuchungsergebnisse im bekannten Abhörskandal Italiens, der am 2. Februar geplatzt ist und mittlerweile alle geographischen, sozialen und politischen Grenzen gesprengt hat.Mitte Februar machte es noch den Anschein, als handle es sich
Schatzkanzler Giovanni Malagodi dürfte gegenwärtig der meistkritisierte Minister des zweiten Kabinetts Andreotti sein. Dem ehemaligen Generalsekretär der Liberalen Partei Italiens und Präsidenten der Liberalen Weltunion wird vorgeworfen, er habe als Unterhändler seines Landes weder in Paris noch in Brüssel der Isolierung Italiens in der Wirtschaftsgemeinschaft um den Vierzehnerklub der Industriestaaten einen Riegel vorgeschoben und sie mit seinem eigenmächtigen Vorgehen — Anpassung der Lira an den entwerteten Dollarkurs statt des Versuchs einer Angleichung an die Wirtschaftspolitik
Die Gemeinde- und Provinzial-wahlen zeitigten für den italienischen Ministerpräsidenten Giulio Andreotti kein ermutigendes Ergebnis. Die Democrazia Cristiana vermochte nicht mehr so gut abzuschneiden wie in den Parlamentswahlen vom 7. Mai. Für die Liberalen geht die Pechsträhne glückloser Wahlergebnisse weiter; ihre Regierungsbeteiligung brachte derPartei Malagodis nicht den erhofften Erfolg. Zwar haben bei diesen Partialwahlen da und dort mehr Italiener und Italienerinnen liberale Wahlzettel eingelegt als beim Urnengang für das Abgeordnetenhaus und den Senat vor sieben Monaten, doch
Das Befürchtete Ist eingetroffen: auf dem 39. Parteikongreß hat sich eine Mehrheit der italienischen Linkssozialisten für die Neuauflage des Centro-Sinistra-Regierungskur-ses „Links von der Mitte“ und damit für eine abermalige Zusammenarbeit mit der Democrazia Cristiana ausgesprochen. Doch ist dies unter äußerst problematischen Voraussetzungen geschehen, die nicht viel Gutes für Italien, seine demokratischen Einrichtungen und die Uberwindung seiner Wirtschaftskrise versprechen. Lediglich durch eine Allianz mit dem fast 82 jährigen Pietro Nenni ist es Parteipräsident de Martino
Im Dokumentarfilm über den mysteriösen Tod des italienischen ölkönigs Enrico Mattei gibt es eine Stelle, die nach Veröffentlichung des 1262 Seiten starken Untersuchungsberichtes der sogenannten Anti-Mafia-Kommission zu denken gibt. Der damals „beliebteste und bestgehaßte Italiener“ (Montanelli) lud vor seinem Abflug in Catania, wie Zeugenaussagen bestätigen, zahlreiche mehr oder minder prominente Sizilianer zur Reise mit seinem Privatflugzeug ein. Kein Einheimischer ließ sich überreden. Nur ein englischer Journalist folgte der Einladung nach Mailand, und so fand neben Mattei und seinem Piloten nur ein Ausländer, kein Sizilianer, den Tod in der Po-ebene.
Sagt man spaßhalber, „eine Versammlung ist ein Treffen, das beschließt, wann man das nächste Mal zusammenkommt“, so wurde das Bonmot durch den in Born tagenden kleinen europäischen Gipfel noch in den Schatten gestellt. Die sechs „Alt-Partner“ und vier „Fast-Mitglieder“ der EWG waren sich nicht einmal einig, ob es sinnvoll ist, sich in absehbarer Zeit wiederum und vielleicht auf noch höherer Ebene um den grünen Tisch zu versammeln.
Die Vertrauensabstimmung im italienischen Senat sah alles andere als ein Glanzresultat, und Ministerpräsident Andreotti kann nicht ohne Sorgenfalten in die Zukunft blicken. 163 von 321 Stimmen — eine verschwindende Mehrheit. Und was die linksstehenden christdemokratischen Parlamentarier tun, wenn sie die Wahlzettel gefaltet und verstohlen in die Urnen einlegen können, haben sie bereits demonstriert. Bei den ersten geheimen Abstimmungen zur Bestellung der Vorsitzenden der parlamentarischen Kommissionen sind sie plötzlich auf Seiten der Links. Sozialisten und Kommunisten gestanden und haben
Die an Frustrationen aller Art wahrlich reiche italienische Politik hat einen Kristallisationspunkt der Enttäuschungen, der die Basis der meisten anderen unerfüllten Erwartungen bildet: das wirtschaftliche, soziale und kulturelle Ungleichgewicht zwischen Nord- und Süditalien. Seit den vierziger Jahren nimmt sich jede Regierung vor, den Graben zwischen dem fortschrittlichen Norden und dem rückständigen Süden wenigstens zu verringern.
Zweieinhalb Monate nach seiner Einsetzung durch das italienische Parlament mußte das erste Kabinett Colombo eine schwere Niederlage einstecken. Das am 27. August erlassene „Große Dekret“ zur Stimulierung der wirtschaftlichen Produktivität fand nicht die Zustimmnug des Parlaments innerhalb der von der Verfassung vorgeschriebenen Frist von 60 Tagen.
Nach nächtelangen Verhandlungen mit den Vertretern der Kaölitions-parteien des Linken Zenitrums und einsamen Stunden am Schreibtisch, ist es Emilio Colombo endlich gelungen, das Unmögliche möglich zu machen; das heißt in diesem Fall vor allem, Sozialdemokraten und Linkssozialisten, die noch vor 13 Monaten vereinigten italienischen Sozialisten, für eine gemeinsame, einigermaßen belastungsfähige Regierung zu gewinnen. Damit hat er zwar ebensowenig wie sein großer Namensvetter Cristoforo Colombo eine neue Welt entdeckt, doch immerhin einen Ausweg aus einer höchst verzwickten Situation
Der Wert dieses Buches liegt weniger in der Vermittlung schlüssiger Antworten als in der Eröffnung neuer Perspektiven. Wer meint, mit einem einfachen Rezept die Patentlösung für das Hauptübel der heutigen Welt zur Hand zu haben, sei es, daß er die Schaffung eines Weltbundesstaates oder Weltstaates, die Potenzierung der UNO, die Überwindung der einzelstaatlichen Souveränitäten, die Beseitigung der Blöcke oder die Förderung der Weltwirtschaft empfiehlt, wird hier laufend zur Vorsicht gemahnt oder eines Besseren belehrt. Es geschieht aber nicht auf die schulmeisterliche Art vieler