Das Steigende ruf ich. Kind, höre das Wort.Das Graue vergilbt, und das Alte verdorrt.Aus Schleiern und Nebeln hebt es sich klar.Es mehrt sich das Licht, die Jungfrau gebar.Der Schimmel, die Fäulnis erfror und erstarb.Vom Monde die Kälte tropft silberfarb.Die gläserne Scholle splittert und bricht.Die Jungfrau gebar. Es mehrt sich das Licht.Es zehrt an den Schatten, sie müssen zergehn,Sie hatten die Länge der Nächte zu Leh’n,Die würgende Alb und der saugende Mahr.Es mehrt sich das Licht. Die Jungfrau gebar.Im Dachstuhl raschelts, auf Böden und Schwelln,Im Herdloch spürens die
Allenthalben müssen wir die Beobachtung machen, wie das, was ein volkstümlicher Ausdruck als das „Drum und Dran“ bezeichnet, eine gefährliche Neigung zum Ueberwuchern bekundet, ja, das Eigentliche fast unvermerkt bis zur Unwahrnehmlichkeit einzuhüllen gesonnen ist. Und je höhere Würde wir diesem Eigentlichen zuerkennen, um so bestürzter werden uns die seltenen Augenblicke machen, in denen solche Ueberwucherungs- und Einhüllungstendenzen der Anhängsel uns zum Bewußtsein kommen.Die Geburt Jesu Christi im bethlehemitischen Stall, die Verkündung des Engels auf dem Felde, ja selbst
Zwei Frogen werden nicht ganz seifen on mich gerichtet, eine persönlich gefärbte und eine mehr auf das Grundsäizliche zielende. Beide sind nahezu identisch: die Frage, was ich mit meiner Dichtung denn eigentlich wolle, und die andere, worin ich Aufgabe und Sendung des Dichters und der Dichtung erblicke. Beide Fragen sefzen mich jedesmal in Unbehagen und Verlegenheit. Eigentlich könnte ich sie nur mit einem Achselzucken beantworten.Lege ich aber diese Fragen mir selber vor und formuliere ich, beide zusammenfassend, folgendermaßen: „Warum dichfe ich?“, so bin ich augenblicklich mit der
Am Karsamstag hatte Vater Jewlogi sich die Stoppeln rasiert, die oberhalb seines priesterlichen Bartes standen, aber in der Osternacht, während er die Messe las, in der Osternacht, da alles zu sprießen beginnt, waren sie ihm wieder getfachseW. Und WfHriftd wir am Ostertisch saßen, frühmorgens, in einem hölzernen Häus- - chen, das so bunt gestrichen ist wie ein Osterei, da spielte die Ostersonne mit den kleinen silbrigen Punkten in seinem faltigen Gesicht.Am Ostermorgen nach dem nächtlichen Gottesdienst, da ist des Rechtgläubigen Herz so voll von Freude, daß er allen seinen Gläubigen
Alte Leute in Reval wissen aus den Erinnerungen ihrer Kindheit, noch heute von einer merkwürdigen Frau zu erzählen. Wie jeder Mensch muß sie einen Namen gehabt haben, und fr wird in allerlei behördlichen Registern aufbewahrt sein. Doch hat niemand ihm nachgeforscht, weder zu ihren Lebzeiten, noch später- hin; denn da sie nicht zu den eingesessenen Familien gehörte, so hätte sich bei ihrem Namen, mochte sie nun Schmidt, Pawlowski, Iwanow oder wie immer lauten, doch niemand etwas denken können; und sie war ja in der ganzen Stadt unter einem Uebernamen bekannt, der seinen Sinn hatte;
Die Pferdetante war für uns eine mythische Gestalt, der Vorzeit angehörig. Mein Vater hat sie in seiner frühen Kindheit noch gesehen und ihr, der damals schon Neunzigjährigen, vielleicht ein wenig befremdet, die Hand geküßt. Eigentlich war sie nicht seine Tante, sondern die seiner Mutter, und auch nur eine angeheiratete, denn ihr zweiter Mann war ein Onkel meiner Großmutter gewesen. Auch diesen begrub sie und lebte nun als zweifache Witwe kinderlos auf ihrem kleinrussischen Gut, eine Figur aus der Welt Gogols. Als junges Mädchen ist meine Großmutter oft bei ihr gewesen. Ihren Namen
Gewisse europäische Staaten sind im Gefolge des ersten Weltkrieges entstanden, es ist kein Wunder, daß in ihnen Generäle an der Tagesordnung waren.Der Juwelier Mikulitsch hatte am Freiheitskrieg teilgenommen, denn so wurde jene Zeit bezeichnet, in welcher eine große Armee auseinanderfiel und Maschinengewehre wohlfeil verkauft wurden. Daher trug Mikulitsch ein farbiges Bändchen im Knopfloch, und er war beglückt, wenn er höhere Chargen bedienen durfte. Zudem war ihm das alleinige Herstellungsrecht der zwei obersten Klassen des Freiheitssternes übertragen worden.Ein Kraftwagen fuhr vor,
Man tut dem Leben keine Gewalt an, wenn man es als einen sklerotischen Prozeß begreift. Jahr für Jahr, Tag für Tag arbeitet unmerklich an jenem geheimnisvollen Werk der immer schärferen Profilierung und Konturie-rung, der Verhärtung dessen, was in der Frühe des kindlichen Anfanges weich, fließend, pflanzenhaft und von tausend lebendigen Keimen beseelt war. Ansichten, Neigungen, Gewohnheiten bilden sich heraus, festigen sich bis zur Unwiderruflichkeit. Diesen unerbittlichen Tatbestand, der Versteinerung und Erstarrung anzukündigen, ja zu verhängen scheint, in ein menschliches
Man könnte, ohne der Tatsächlichkeit Gewalt anzutun, nur an Hand der Wandlungen im Typus des Italienreisenden eine Kulturgeschichte der Menschheit schreiben; doch ist dies nicht mein Vorsatz. Ueberhaupt sehe ich von Individuaireisen ab und habe hier lediglich die Gemeinschaftsreise im Auge. Blickt man aufs Wesentliche, so zerfällt diese geschichtlich in fünf Phasen: zuerst übersteigen kriegerische Völkerschaften die Alpen, dann ziehen die Kaiser nach Italien; hierauf kommen die Pilgerfahrten, denen die Scharen der Dichter und Künstler folgen. Die fünfte und letzte Form der
In Deutschland fingen während der Naziherrschaft alle Selbstbiographien mit dem Satz an: „Ich stamme aus altem Bauerngeschlecht.“ Damit ist es bei mir nichts. Trotz eifrigen Suchens habe ich in keiner meiner Vorfahrenreihen in Jahrhunderten auch nur einen einzigen Bauern entdecken können.Ein paar für mich wichtige Jahreszahlen stelle ich im folgenden zusammen:1892 wurde ich geboren, und zwar in Riga, das damals noch zum russischen Kaiserreich gehörte und sich, kleine Friktionen abgerechnet, im allgemeinen wohl dabei befand.1919 verheiratete ich mich.1908 sah ich mich zum erstenmal
Da ja der Mensch wenig aus seinen Erfahrungen lernt, habe ich immer wieder versucht, zwei Dinge gleichzeitig zu treiben und immer wieder erlebt, daß die eine Arbeit übermächtig wurde und die andere verzehrte. Im Grunde ist es mir nicht einmal möglich, während der langen Arbeit an einem Roman auch nur ein einziges Gedicht zu schreiben; vielmehr schießt das, was ich sonst wohl in einem Gedicht auszudrücken suchen würde, ganz von selbst in den Bilder- und Gedankenkreis des Romans ein und transformiert sich dort. Ich treibe alles in Perioden: Gedichte, Novellen, gedankliche Aufzeich-
Mein sagt, es sei die Aufgabe der Dichtung, den Menschen über den Alltag hinauszuheben. Ich will die Richtigkeit dieser etwas banalen Aussage nicht bestreiten, aber sie kann mißverständlich sein. Erbärmlicher würde es mir erscheinen, wollte der Dichter nichts weiter als die Menschen über die Gebrechlichkeit der Welt hinwegtäuschen, erbärmlich, wollte er sie nur für eine kleine Zeit ihre Sorgen vergessen machen. Eine solche Wirkung kann freilich auch der Dichter hervorrufen, aber es bliebe eine Nebenwirkung. Manche Dichtung wird einem Menschen oder einer Menschengemeinschaft in
Alte Leule in Reval wissen aus den Erinnerungen ihrer Kindheit noch heute von einer merkwürdigen Frau zu erzählen. Wie jeder Mensch muß sie einen Namen gehabt haben, und er wird in allerlei behördlichen Registern aufbewahrt sein. Doch hat niemand ihm nachgeforscht, weder zu ihren Lebzeiten noch späterhin; denn da sie nicht zu den eingesessenen Familien gehörte, so hätte sich bei ihrem Namen, mochte der nun Schmidt. Pawlowski, Iwanow oder wie Immer lauten, doch niemand etwas denken können; und sie war ja in der ganzen Stadt unter einem Übernamen bekannt, der seinen Sinn hatte;
Nachdem die Türken die Stadt der Städte, das ruhmstrahlende Konstantinopel, erobert hatten, wurde unter der christlichen Bevölkerung noch sehr lange von der früheren Zeit gesprochen und vorzüglich von jenem Tage im Mai, dem Tage des Wehklagens. Allmählich indessen starben die alten Leute ab, die Jüngeren aber hatten schon keinen anderen Zustand mehr erlebt als jenen, bei welchem der Sultan der Sultane und seine Würdenträger in den alten Palästen der christusliebenden Kaiser residierten; und die Gewöhnung machte sie gleichgültig. Endlich gab es nur noch ganz wenige Greise, die sich
In dieser Zeit wird mancher weichen und nicht zur ersten Liebe stehn. Da werdet ihr des Tieres Zeichen auf reingeglaubten Stirnen sehn.Da werden Brüder sich verkaufen, und unter Gatten ist Verrat. Die losgebundenen Mörderhaufen führt im Triumph der Apostat.Da werden Fluten sich ergießen, die Elemente sind verstört. Da werden Feuerbäche fließen, und alle Tiefe steht empört.In Asche lösen sich die Mauern, Basteien sind wie Spreu verjagt, und nur der Fels wird überdauern, von dem Matthäus uns gesagt.Die Raschen werden nicht entrinnen, noch wer in Schacht und Höhle steigt. Den