Der Linzer Bischof riet ihm nachdrücklich davon ab, den Wehrdienst zu verweigern: Folgte Franz Jägerstätter einem "irrenden" Gewissen?In meinem Furche-Artikel vom 5. Juni "Der Stachel im Fleisch" führte ich aus, dass Jägerstätter seinen - den Linzer - Bischof aufgesucht hatte und ihm seinen Entschluss mitteilte, den Wehrdienst zu verweigern. Alle wesentlichen Informationen über Jägerstätter verdanke ich den beiden Büchern des Amerikaners Gordon C. Zahn, auf die mich mein Freund Friedrich Heer aufmerksam machte. Im ersten, "Deutschlands Katholiken und Hitlers Kriege", rollt Zahn die
Die bevorstehende Seligsprechung Franz Jägerstätters lässt auch den sogenannten "Fall Waldheim" in einem anderen Licht erscheinen.Lang hat es gedauert, aber nun ist es nicht mehr aufzuhalten: Der katholische Wehrdienstverweigerer Franz Jägerstätter wird selig gesprochen. Aber das war eine schwere Geburt. Was war dabei aber so schwer und welche Implikationen müssen dabei beachtet werden? Es wird sich dabei zeigen, dass auch der sogenannte "Fall Waldheim" in einem anderen, für die meisten neuen Licht zu sehen ist.Selbständiges DenkenHalten wir uns an die Tatsachen: Der Bauer und Mesner
Frankls universeller Weltverbesserungsversuch muss scheitern.Viktor Frankl 1905-1997LogotherapeutViktor Frankl hat sich in seinem Furche-Text viel vorgenommen, geht es doch darum, die alles andere als "heile Welt" endgültig in Ordnung zu bringen. Das wäre schön, selbst wenn der Erfolg dieses Versuchs zweifelhaft bleiben sollte. Diejenigen, die der "heilen Welt" von vornherein kritisch gegenüberstehen, werden aber zugleich als Verteufler einer großen Hoffnung angesehen, um welche Frankl die Menschheit gebracht sieht. Denn "jenseits der Wirklichkeit" der im Argen liegenden Welt sieht er
Masken erhalten während des Faschings erhöhte Aktualität, doch sind sie in einem übertragenen Sinn in der menschlichen Gesellschaft geradezu allgegenwärtig. Denn sie haben mit dem menschlichen Gesicht Entscheidendes gemeinsam, unterscheiden sich jedoch auch grundlegend. Das Gemeinsame braucht zunächst nicht erörtert werden, jedoch sehr wohl der Unterschied. Man spricht von „starrer Maske", von „maskenhafterErstarrung".Eigen ist der Maske Leblosigkeit zum Unterschied vom lebendigen Mienenspiel des Gesichtes. Nur die Augen, für die ja die Masken Öffnungen haben, sind ein
7. Oktober 1938: Der Wiener Stephansdom vermag die Menschen nicht zu fassen. Kardinal Innitzer predigt. Ein Aufruf zum Aufbruch. Am Tag danach stürmen die Nazis los.
Unsere gegenwärtige Situation wird von einem tief sitzenden Kulturpessimismus unterlagert, der allerdings durch die verschiedensten Dinge überdeckt ist.Es ist dabei nicht einfach ein „Tanz auf dem Vulkan“, sondern eher das Gefühl einer langsam zerrinnenden Realität, ein Gefühl, daß der Strom des Lebens auf ein Ende zutreibt und diese Katastrophe unaufhaltsam ist. Nietzsches Sätze in der Vorrede zu seinem Buch „Der Wille zur Macht“ beziehen sich zwar auf die Heraufkunft des Nihilismus, geben jedoch das gegenwärtige Grundgefühl recht genau wieder:„Diese Geschichte kann jetzt
Was spricht für eine bewaffnete Neutralität Österreichs, zu der sich die FURCHE bekennt? Plädoyers für eine unbewaffnete Neutralität fordern zur Antwort heraus.
Man wird uns schon in wenigen Jahren fragen, wie sehr wir — da meine ich jetzt bewußt die Katholiken - den Forderungen, die uns die sozialpsychologische Krisensituation, die jetzt zweifellos in Österreich besteht und nur zum geringsten Teil ökonomische Ursachen hat, gerecht geworden sind. Versagen wir jetzt, so können wir an so manchem in der Luft liegenden Unheil zumindest mitschuldig werden.Die Auseinandersetzungen um Kurt Waldheim haben die Ver gangenheit in einer Weise aufgewühlt, die vor zehn Jahren unvorstellbar war. Es wurden, wie es einstmals so schön hieß, „alte Wunden
Der österreichische Bundespräsident zu Besuch im Vatikan: Auch ein Kurt Waldheim darf vom Dialog zwischen Juden und Katholiken nicht ausgeschlossen bleiben. Es geht um beider Selbstverständnis.
Muß man sich für das Aussprechen seiner ehrlichen Meinung entschuldigen? Nein, meint der Autor angesichts der jüngsten Konflikte in der Kirche Österreichs.
Es ist eine Auseinandersetzung zwischen einem ganz kleinen David und einem großen Goliath. Trotzdem heißt es Rückgrat zeigen, wenn es auch nur für einen Nasenstüber reicht.
Wer mit Juden, Evangelischen, Kommunisten, Freimaurern einen Dialog führen will, darf dies nicht von hoher Warte nach unten tun, sondern: Argument gegen Argument, Person gegen Person.Dies setzt eine Anerkennung „gegnerischen“ Gewissens voraus, auch wenn dieses irrt.Es wurde immer wieder eingewendet, vor allem die Kommunisten meinten es nicht ehrlich, sie wollten gar kein ehrliches Gespräch, sondern nur Propaganda betreiben.Dieser Einwand trifft überhaupt nicht ins Zentrum der Dialogfrage. Denn zunächst ist zu bedenken, daß man es immer mit Gruppen zu tun hat, die eventuell einen
Pflichterfüllung und Gehorsam auf der einen, die Gebote Gottes auf der anderen Seite: ein katholisches Gewissen hatte es im Zweiten Weltkrieg nicht immer leicht.
Das Nazi-Opfer Jägerstät-ter wird in Linz nicht durch einen Straßennamen geehrt, ein ehemaliger Bürgermeister mit Nazi-Vergangenheit schon: Panorama der österreichischen Seele.
Eines der am weitesten verbreiteten Krisensymptome ist sicherlich das, was man ebenso mißverständlich wie traditionsgemäß Angst-„Neurosen" nennt. Mißverständlich deshalb, weil inadäquate Ängste gewöhnlich nichts mit den Nerven zu tun haben, sondern durch und durch seelisch bedingt sind.Dabei gebrauchten wir das Wort „inadäquat" und berührten damit ein sehr ernstes Problem. Inadäquat, deutsch wohl am besten mit „unangemessen*! übersetzt, ist ein Affekt, eine Stimmungslage, eine seelische Reaktion dann, wenn sie ihrer Qualität nach falsch ist - wenn man etwa Ekel
Da gab es in der letzten Zeit drei Attentate, die zwar Personen unterschiedlicher Bedeutung betrafen, die jedoch eines gemeinsam haben, nämlich krause Motivationen, die sie so schwer verständlich machen. Man gewinnt den Eindruck, demnächst könnten ein paar Ainus nach Österreich kommen, um den Bezirksvorsteher von Döbling oder Margarethen zu erschießen - mit einer italienischen Pistole, die in der CSSR gekauft wurde, während die Patronen aus Bolivien stammen.Hinter solchen makabren Skurrilitäten fehlt offenkundig jedes differenzierte politische Denken, da es zum eisernen Bestand
In einer mehr als nur anspruchslosen Sendung des ORF über Prophetie und Wahrsagerei brachte der Sprecher (und Autor) dieser Sendung jenes althergebrachte und billige Argument „gegen alle Unglückspropheten, speziell jene, die einen Weltuntergang prophezeiten”, vor: nämlich wiederholt sei ein solcher vorausgesagt worden, jedoch noch nie eingetreten.Ein alter Offizier erklärte mir im übrigen, daß es sogar schon eine Enzyklika gegen das Massenvernichtungsmittel „Armbrust” gegeben hätte, und deshalb sei auch die Atombombe nicht so schlimm, die ja auch, wegen der Vernunft der
Auf der einen Seite verfrachten die Charterflieger immer mehr Menschen zu immer weiter entfernten Urlaubszielen. Auf der anderen Seite wissen dort viele Leute auch nicht mehr anzufangen als daheim: Hunderttausende Menschen liegen zehntausende Kilometer von ihren Heimen in der Sonne und suchen nicht den Kontakt zu Menschen und Kultur ihres Urlaubslandes. Der Psychologe Wilfried Daim geht ihren Motiven auf den Grund, der Journalist Georg Wailand bricht eine Lanze für Österreich als Urlaubsland auch der Österreicher.
Vom 16. bis zum 18. März findet erstmals in Wien eine offizielle Volksbefragung statt. Eine der vier Fragen schneidet die Grundwerte Leben, Tod und Pietät an: Sollen 16 kleine Wiener Friedhöfe ab 1995 in Parkanlagen umgewandelt oder - auch ohne Neubelag - erhalten bleiben? Es handelt sich sicherlich nicht nur um ein stadtplanerisches Problem. Deshalb leuchtet der Psychologe Wilfried Daim für die FURCHE den Hintergrund aus.
In der „Kleinen Galerie“, die gar nicht so klein ist, läuft zur Zeit eine Spezialausstellung über die Buchkunst von O. R. Schatz. Diese verdient insofeme ein besonderes Interesse, als sie eine spezifische Problematik aufzeigt, die nach dem Zweiten Weltkrieg neuerlich in Kreisen der „Neuen Linken“ akut wurde, wobei sich die Exponenten dieser politischen Strömung noch besonders originell vorkamen.Schatz war Spitzenillustrator der Linken in Deutschland, Österreich und der Schweiz insofeme, als er die Prachtbände der Büchergilde Gutenberg schuf („Der entwurzelte Baum“ und „Die
Das Zweiparteiensystem hat Vorteile: Eine Partei übernimmt die Regierung, sie hat ein in ihrer Oppositionszeit ausgearbeitetes, vor allem langfristiges Konzept, das sie nun beginnt, auch durchzuführen. Die regierende Partei wird nun in die tagespolitischen Probleme verstrickt. Sie.muß oft Sofortmaßnahmen ergreifen, die ihre Energien aufzehren. Es zeigen sich Korruptionserscheinungen und die Partei unterliegt zunehmendem Verschleiß. So faßt die gegnerische Kritik.Die andere Partei liegt im „Trockendock“. Sie kann ihre Korruptionsrückstände aufarbeiten. Sie kann sich mit
Nun haben wir es also: das neue „museum moderner kunst“ im Palais Liechtenstein. Ist es also doch noch vor den Wahlen fertiggeworden.Es fing so harmlos an. Da war ein energetisch aus den Nähten platzender, unerhört dynamischer Präsident des Künstlerhauses, nämlich Hans Mayer, der unter anderem auch von unheilbarem Patriotismus geplagt wurde. Er bekam Kontakt mit dem deutschen Sammlerehepaar Ludwig, das den großen Vorzug genießt, sehr reich zu sein. Und Mayer überredete nun - sicherlich sehr geschickt - das Ehepaar Ludwig, einen erheblichen Teil seiner modernen Sammlung Wien und
Adolf Scherer, der Kulturreferent von Villach veranstaltete in der stadteigenen „Galerie in der Stadtmauer“ eine Ausstellung, die 78 Lithographien meiner Sammlung aus der Serie „Les Re-presentans Representes“ - karikaturistische Porträts der Deputierten von 1849 - umfaßt. Im ganzen schuf Daumier nicht ganz 100 solcher Konterfeis. Sicherlich ist diese Ausstellung einseitig. Aber sie erreicht gerade dadurch eine gewisse Intensität.Nun stellte sich heraus, daß es zum 100. Geburtstag des Künstlers nur zwei Ausstellungen gibt, eine große in Paris und jene in Villach.Daumier konnte
Am 4. Dezember 1978 starb in New York Professor Dr. Otto Kallir (-Nirenstein), eine der bedeutendsten Figuren der österreichischen Kunstszene der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und der US-amerikanischen nach 1940. 1894 geboren, betätigte er sich schön unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg zunächst als leitender Mann im Rikola-Verlag. Ab 1923 hatte er in der Grünangergasse seine „Neue Galerie“, die bedeutendste Privatgalerie im Wien der Zwischenkriegszeit, und einen eigenen Verlag: die Johannespresse.Kallir hat begonnen, Leute in der Zwischenkriegszeit aufzubauen, wie Schatz,
Der größte Staatsmann aller Zeiten hat es schwer: Das österreichische Volk ist seiner nicht wert. Das ist an sich natürlich sehr schlimm, denn wie kann man ihm ein Ja verweigern, das er so dringend wünschte? Aber um die ganze Atomabstimmung drohte eine noch viel schlimmere, geradezu weltpolitische Katastrophe, sagte doch Bruno Kreisky am 22. 10. 1978 wörtlich:„Ich möchte nicht sagen, daß ich sicher nicht zurücktrete, wenn die Atom-Volksabstimmung mit Nein ausgeht.“ Naive Gemüter wie ich dachten, daß das, weniger um die Ecke formuliert, etwa heißt: „Ichmöchte sagen, daß ich
Schon das Buch Hiob sollte es deutlich machen, daß zu den wichtigsten Problemen und Lösungsversuchen der jüdisch-christlichen Religion die Interpretation des Schicksals auf ihren letzten Sinn hin ist. Dem nach Rationalität suchenden Intellekt leistet das Schicksal wohl zä-hesten Widerstand.Die Propheten des Alten Bundes, Jesus und seine Apostel interpretierten das Schicksal. Es geht oft krumme Wege, aber es geht zu einem letzten, von der überragenden Intelligenz Gottes bestimmten ZieL Gegen alle Widerstände des Bösen wird gemäß eines sich bedingungslos zur letzten Rationalität
Sascha Kronburg war vor der deutschen Besetzung Österreichs eine durchaus erfolgreiche Künstlerin in Österreich, Sie hatte eine ganze Reihe von Büchern ülu-striert, war also eine anerkannte Graphikerin. Mitten also im Aufstieg folgte sie ihrem Mann ins Ausland, in dem sie völlig andere Verhältnisse vorfand und in dem sie in keiner Weise eingewurzelt war. Aber die Problematik solch erzwungenem Emigrantentums ist ja bekannt genug.Frau Kronburg hat sich in ihrer Kunst in den USA natürlich verändert, doch blieb ihr die Zartheit und Subtilität der Darstellung, die große Liebe zum Detail,
Die Interpretation von Wählen war immer schon ein Kunststück, und man versteht, daß es vom Standpunkt einer Partei besonders dann schwierig ist, sie zu interpretieren, wenn sie verlor. Immerhin muß man zugeben, wenn man unvoreingenommen die Arbeiter-Zeitung liest, daß man dort einen ehrlichen, was heißt, auch weitestgehend selbstkritischen Versuch unternahm, mit dem Problem der Verluste fertigzu-werden, zum Unterschied etwa zu Kanzler Bruno Kreisky, dem ein selbstkritisches Moment hinsichtlich der Rolle seiner eigenen Person völlig abzugehen scheint.Da das Verhalten des Wählers, hat er
Dieser Beitrag hat nicht den Ehrgeiz, die Ideologie des Sports zu untersuchen und die gesamten verschwiegenen negativen Aspekte, die teils in einzelnen Sparten, teils im gesamten Sport soziologisch stecken, zu beleuchten. Immerhin sei vermerkt, daß der mit dem Sport vermischte Geschäftsbetrieb (Fremdenverkehrswerbung, Sport- und Modewerbung) eine Analyse verdienen würde. Auch wäre die Frage der Gesundheit (Rekordsportler sterben oft früher) und körperlichen Verschönerung (Boxer? Stemmer?) in den einzelnen Sparten zu untersuchen. Ebenso der Jahrmarkt der Statussymbole, der arrogante und infantile Kasten- und Klassenbetrieb. Hier jedoch soll der Blick auf die politischen Aspekte gerichtet werden. Denn gemäß einer sogenannten Sportideologie ist er „völkerverbindend“.
Wilfried Daim, Initiator des Bundesheer-Volksbegehrens, legt in diesem Beitrag seine Gründe dar, warum er der Ansicht ist, daß gerade das österreichische Bundesheer als „schwächstes Glied des Establishments“ angegriffen werden muß. Daim stellte seine Thesen auf einer Tagung des „Internationalen Dialog-Komitees“ auf, dats sich mit der „Möglichkeit der Revolution in modernen Industriegesellschaften“ befaßte.
Der (einvernehmlich gekürzte) Beitrag macht klar, worum es den Initiatoren der Abschaffung des Bundesheeres eigentlich geht. Unsere Redaktion, die bereits mehreren Stimmen zum Thema der Bundesheerreform Raum gegeben hat, hält es für notwendig, ihren Lesern auch diese höchst provokante Ansicht Daims zur Kenntnis zu bringen.
Als primitivste, gleichzeitig jedoch luch grundlegendste Funktion des Gedächtnisses gilt das Wiedererken-len. Kommt nun ein Individuum in sine Grenzsituation in der Weise, laß geradezu alle Inhalte, der Umwelt, einschließlich der gesellschaftlichen Bezüge plötzlich ausgewechselt werden, dann fehlen dem Ge-lächtnis gleichsam alle „Aufhänger“ les Wiedererkennens und damit das, was Halbwachs die ..Rahrnuneen“des gesellschaftlichen Denkens nennt.Durch dieses Gedankenexperiment können wir uns die Wichtigkeit einer gewissen Kontinuität gesellschaftlicher Verhältnisse für die
Vor einigen Monaten traf ich bei einem intimen, aber hochqualifizierten Konzert einen amtierenden Minister. Ich erzählte ihm von meinem neuen Buch „Progressiver Katholizismus“. Es hätte ursprünglich „Linkskatholizismus“ heißen sollen. Das Wort „links“ schreckt aber konservative Geister allzu sehr, und um solchen den Zugang zum Buch zu erleichtern, hatte ich es umbenannt. Der Bundesminister meinte lachend: „Mein Lieber, .progressiv' genügt doch vollständig, da weiß man doch sofort, wohin das gehört.“Ich mußte ihm innerlich recht geben. Worte haben eben ihr „Image“,