Der Motor tuckerte noch ein letztes Mal verendend, ehe er sich der nächtlichen Stille vollkommen anpaßte. Mit stoischer Ruhe, die auf langjährige Routine schließen ließ, griff die Besatzung des Fährbootes zu etwa vier Meter langen Bambusstäben und stocherte den Kahn in Richtung Ufer, wobei das Dach als günstigster Ausgangspunkt für den Einsatz der „Stoßstangen“ gewählt wurde. Wir waren die einzigen Wei-ßen unter den rund 50 Insassen des überfüllten Bootes, das von der Doppelstadt Ernakulam-Cochin im Norden des flächenmäßig kleinsten und zugleich am dichtesten besiedelten
Für sportbegeisterte Fernseher sind harte Zeiten angebrochen. Das „totale Fernsehen“ hält fast eine Milliarde Menschen auf der gesamten Erde in seinem Bann. Halten die sportlichen Erfolge bislang den Jubel in der Alpenrepublik in bescheidenen Grenzen, so vermiesen sogenannte Kommentatoren die technisch größtenteils hervorragenden Übertragungen leider beträchtlich. Die Vision Ernst Hubertys vom ARD (ErstesDeutsches Fernsehen), daß „alles was laufen und sprechen kann, vor den Mikrophonen stehen“ wird, ist für Österreichs Sportfreunde traurige Wirklichkeit geworden. Die Zeitungen
Olympische Spiele unterliegen offenbar auch dem Parkin-sonschen Gesetz. Die Zuwachsraten an Kosten für die jeweilige Austragungsstadt, die Zahl der Aktiven, der Funktionäre sowie des gesamten Zubehörs von Industrie, Handel und Gewerbe steigen laufend. Was anläßlich der Bewerbung Münchens 1965 von den Olympiakonsorten Bund, Land Bayern und Stadl München mit 3,5 Milliarden Schilling veranschlagt wurde, wuchs sich im Laufe der Jahre auf — Ironie des Schicksals — 1972 Millionen DM — also fast 12,5 Milliarden Schilling — aus. Sammler von Olympiamünzen und überraschend hohe Eingänge aus dem Olympialotto brachten rund zwei Drittel dei Unkosten und retteten die Planer vor dem Pleitegeier.
Die olympische Flamme,, entzündet unweit der Stätte, wo der Sage nach Herakles mittels Umleitung der Fluten des Alpheus die Ställe des Augias radikal ausgemistet hat, befindet sich auf dem Wege nach München. Aber unbeschadet solcher Zufälligkeit glost weiterhin still und heimlich das Feuer auf dem Dache des österreichischen Sportwesens.
In Indien hat der Begeisterungstaumel über die Zertrümmerung Pakistans allmählich wieder dem Alltag Platz gemacht die in den Augen des überwältigenden Teiles des 550-Millionen-Volkes zur „Jeanne d'Arc Asiens“ verklärte Indira Gandhi peilt nun bei den Regionalwahlen im März die absolute Mehrheit ihrer Kongreßpartei auch in den Parlamenten der Gliedstaaten an, ein Ziel, das die „Kriegsgewinnerin“ mit ziemlicher Sicherheit erreichen dürfte.
Die Goldmedaille für den Gewinner des Abfahrtslaufes der Herren in Sapporo könnte eingeschmolzen oder per Nachnahme nach St. Anton geschickt werden — durch den skandalösen Ausschluß des im 15. Jahr seiner internationalen Karriere als Skirennläufer wieder einmal absolut besten Abfahrers Karl Schranz kann sie für den künfdgen Inhaber bestenfalls Metallwert besitzen.Geopfert auf dem Altare eines schon seit langem verlogenen Amateurismus und zum Süriden-bock alpenländischer Werbung der Wintersport- und damit auch der Fremdenverkehrsindustrie gestempelt, erlebte das Skiphänomen vom
Der Prophet hat recht behalten. Sein Name lautet schließlich auch Mohammed-Ali Jinnah. Sein Leben lang kämpfte der Advokat aus Bombay für die Idee des Staates der „Reinen“ — für Pakistan — und er setzte diese Staatsbildung unter dem „alle einenden Band des Islam“ auch durch. Sein Werk hatte immerhin 24 Jahre lang Bestand — doppelt so lange, als einst das „Tausendjährige Reich“ währte. Bei einem seiner letzten öffentlichen Auftritte im Jahre 1948 hatte die politische Vaterfigur Pakistans, dessen Bild mit den stechenden, fanatisch glänzenden Augen auch in den
Im Vorjahr war es zuerst der Mekong-River, und dann das gewaltige Ganges-Delta, die zu den an Leichen reichsten Flüssen zählten. Nun, im April, ist es der bis dato weithin unbekannte, nur 150 Kilometer lange Kelani-River, in dessen schmutzigen Fluten sich das Blut von Singhalese^ Tamilen, Moors und Burghers mit dem durch die Bilhazie verseuchten Wasser vermengt.Vor mehr als elf Jahren erschien sie mit einem Schlag, oder genauer mit einem Schuß, der das Leben ihres Gatten und Premierministers Salomon Bandaranaike beendet hatte, im Rampenlicht der Weltöffentlichkeit: die „weinende Witwe”
Der Boden, über den laut Genesis Stammvater Abraham und seine Nachfahren wandelten, bietet heute nur noch einen unsäglich eintönigen Anblick. In der Hitze des Nachmittags verspürt man auf der Wüstenpiste zwischen Samawa und Nasiriya im südlichen Irak nichts von der Nähe des Euphrat, dessen lehmgelbe Fluten sich in einer Entfernung von nur wenigen Kilometern nördlich dieser sogenannten „Autostraße” dahiinwälzen. Gelblich- braun ist die dominierende Farbe, die unsere Fahrt zu den ältesten Stätten der Menschheit begleitet, etwas seltsam dabei das Gefühl, wenn man innerhalb
Bei den Herren brachte die Welt- oup Wertung 1970/71 ein geradezu niederschmetterndes Ergebnis: Mannschaftlich gesehen, fielen die österreichischen Pistenakrobaiten auf den dritten Plaitz hinter Frankreich und der Schweiz zurück, und darüber hinaus mußite der beste Österreicher in dieser wohl korrektesten Bewertung einer ganzen Wintersaison neben dem italienischen Sieger Gustav Thärui, drei Franzosen und zwei Schweizern auch noch den US-Slalomspeziali- sten Tyler Palmer den Vortnitrt lassen. Dieses Prestige- und damit auch Werbedebakel der Aushängeschilder einer Industrie, deren
Im Staat der 700 Generäle schlägt das politisch-militärische Karussell Kapriolen. Je turbulenter die Aktionen der türkischen Linken, je größer die Unsicherheit in den rasant wachsenden Städten, desto gefestigter scheint die Stellung des 47jährigen Türkenpremiers Süleyman Demirel. Vor genau einem Jahr erlitt der Wahlsieger des Jahres 1969 mit ganzen 46,5 Prozent der abgegebenen Stimmen eine überraschende Schlappe und trat kurzfristig zurück, heute dürfte der ehemalige Wasserwerksdirektor trotz oder vielleicht gerade wegen des zunehmenden Chaos im Inneren die Budgetabstimmung glimpflich überstehen.
Das beliebteste „Münchner Kindl", Hans-Jochen Vogel, hat seinen Rücktritt bekanntgegeben. Bereits im Alter von 34 Jahren zum Oberbürgermeister der „Weltstadt mit Herz" aufgestiegen und nach seiner ersten Amtsperiode 1966 in direkter Wahl mit 78 Prozent aller Stimmen überwältigend bestätigt, setzte der wohl populärste deutsche Stadtherr mit der Verzichtserklärung für seine bereits als sicher angenommene Wiederwahl 1972 Akzente von bundesweiter, wahrscheinlich sogar internationaler Bedeutung. Daran ämdept auch Bunideskanzler Brandits Erklärung, daß eben „in Bayern die Uhren
Zuerst gab man dem lieben, stets äußerst mangelhaft vorhandenen Geld die Hauptschuld, daß der österreichische Skirennsport, der in den Jahren 1956, 1958 und das letzte Mal 1962 das Maß aller alpinen Dinge repräsentierte, 1964 immerhin noch dem „Erbfeind" Frankreich Paroli bieten konnte und in den letzten beiden Jahren infolge des „Phänomens vom Arlberg", Karl Schranz, die vorläufig letzten Prestigeerfolge buchen konnte.
Die einen „fixten" sich ein neues Wundermittel in die Venen und erlebten an Stelle der wohl erhofften Bewußtseinserweiterung eine Verengung für immer. Die anderen begaben sich mit LSD auf den „Trip", doch für die Teilnehmer endete der erwartete psychische Höhenflug mit einem banalen physischen Fenstersturz. Die dritten schließlich wollten gerade mit 200 Ampullen Morphium ins Geschäft einsteigen und wurden verhaftet. Aus dem Tagebuch von Greenwich Village oder Schwabing? Mitnichten. Nur die drei markantesten Suchtgiftfälle innerhalb einer Woche, zugetragen in der Heurigenmetropole mit der konservativen Jugend — in Wien.
Von den rund 96.000 Österreichern, die 1968 aus dem Leben schieden, erhielten 19.336 als letzten Amtsvermerk die Todesursache Krebs. Das bedeutet in fast jeder Familie einen durch Krebs bewirkten Sterbefall — beziehungsweise, daß jeder fünfte Österreicher der Krankheit zum Opfer fällt. 1940 war es jeder siebente, 1900 jeder dreißigste und zehn Jahre früher gar „nur” jeder vierzigste.
Sie kommen nur noch vereinzelt oder in kleinen Gruppen. Ihr Äußeres ist meist eibenso konform wie ihre Erzählungen, die hier und da aus der „Tibetan Review” in Dar-jeeling als Abdrucke ihren Weg in indische Gazetten finden. Für die nahezu lOO.OOO tibetischen Flüchtlinge, von denen der größte TeU in Nordindien, eine kleinere Zahl in Nepal und ein Rest in der Schweiz lebt, gibt es immer die gleiche Nachricht aus der Heimat: perfekte Ausrottung der tibetischen Kultur, perfekte „Maoisierung”. In weiteren zwei Jahrzehnten wird, wenn man Expertenschätzungen Glauben schenkt, vom Volk
Der Feldzug gegen unsere allzu verschmutzte Umwelt, zu Wasser und in der Luft, ist gestartet: In einigen Staaten, wie den führenden Industriemächten USA und Japan, bereits vor einigen Jahren, in Mitteleuropa, wo die deutsche Bundesrepublik ihr Wirtschaftswunder mit dem zweiten Platz auf der „Weltrangluftschmutzliste” erkaufte, etwas später.Österreich ist wieder einmal in den Startblöcken hängengeblieben. Dabei hätten gerade wir Alpenländler gute Uberlebenschancen, wenn sich in nur 29 Jahren der Meeresspiegel um 130 Meter gehoben und an die hundert Millionenstädte dieser Erde
An die neun Jahre meditierte er sich durch buddhistische Lehren, fast die Hälfte dieser Zeit in einem Militärgefängnis unweit seiner früheren Präsidentenresidenz in Rangun. Nun tönt seine Stimme mittels geheimen Radiosenders über die thailändisch- burmesische Grenze zu den einstigen Untertanen und verheißt seinen baldigen Sieg. Bloß den Zeitpunkt kann oder will U Nu, literarischer Philosoph der Gewaltlosigkeit und erster Ministerpräsident der freien Republik Burma, noch nicht bekanntgeben.Verschiedene Anzeichen weisen darauf hin, daß General Ne Win den zehnten Jahrestag seines
Ungläubig bis widerwillig glotzten die Kühe auf den Hauptstraßen Kathmandus; gewohnt, daß auch Autokolonnen ihr träges Dasein als „Dauerparker“ respektieren und, ohne zu hupen, einen gehörigen Bogen um sie machen, wurden die heiligen Tiere der Hindus mehrmals in diesem Jahr von Scharen transparenteschwingender Demonstranten und' von weithin schallenden Sprechchören aufgeschreckt. Auch Nepals Studenten üben sich in Protesten, meist zu Gunsten des großen Mao in Peking, dessen tonnenweise in Kathmandu angehäuftem Propagandamaterial es gelungen ist, den Schock des plötzlichen Uberfalles auf Indien im Jahre 1962 weitgehend aus dem Bewußtsein der Nepali schwinden zu machen.
„In meinem Land kontrolliert die Regierung bei Tag eine etwa doppelt so große Fläche wie bei Nacht“, meinte ein burmesischer internationaler Beamter, der im Gegensatz zu seinem Landsmann an der Spitze der UNO offene Worte nicht scheute. In der Tat stellt die politische Situation in der hinterindischen Bepublik seit ihrer im Jahre 1947 errungenen Unabhängigkeit selbst für asiatische Verhältnisse ein Unikum dar. Dabei dürfte es das in der Weltpresse am meisten totgeschwiegene Land der Erde sein, wofür neben einer strikten regierungsamtlichen Zensur und der verworrenen, auch für die wenigen Eingeweihten nur schwer duchschaubaren Lage vor allem die von einigen Insurgentengruppen auf Korrespondentenköpfe ausgesetzten Prämien verantwortlich sind.
„Chairman Mao is our Chairman“ — an weit mehr als hundert Stellen des sagenumwobenen Kalkuttas springt dem Besucher dieses Plakat ins Auge, und es ist die Millionenstadt am Gangesdelta gewiß einer der dankbarsten Agitationsherde der Maoisten oder Naxaliten, wie sie in der indischen Presse genannt werden. Niemand weiß genau, wieviele Millionen zur Zeit diese ehemalige britische Modellstadt bevölkern — die Schätzungen bewegen sich zwischen 1 und 10.
800 Streiks, 140 Aussperrungen, 180 geschlossene Fabriken, mehr als 10 Millionen verlorene Arbeitstage und schließlich mehr als eine halbe Million Beschäftigungslose sind die erschütternde Bilanz des indischen Bundesstaates Westbengalen seit März 1969. Noch vor vier Jahren das industrielle Aushängeschild der Union, mit mehr Produktivkapital als der Bombay-Staat Maharashtra, einer relativ ausgezeichneten Infrastruktur, in der Nachbarschaft von „Indiens Ruhrgebiet“ Chota Nagpur und im Besitz des Welthafens Kalkutta, betrug der Anteil des heutigen Sorgenzentrums bei elektrischen Ventilatoren 75 Prozent, bei Nähmaschinen 66 Prozent, bei Motorrädern 59 Prozent, bei Roheisen 35 Prozent, bei Fertigstahl 29,5 Prozent und bei Kohle 28 Prozent der indischen Gesamtproduktion.
Vor sieben Jahren hatte die Bagdader Fresse bereits sechsmal seinen Tod gemeldet. Die Zahl der offiziellen und offiziösen „Todeserklärungen“ von 1946 bis 1969 ist nicht mehr genau feststellbar, dürfte aber bereits dreistellig sein. Doch die zahlreich vergeudete Druckerschwarze hinderte den Kurdenführer Mulla Mustafa Barzani ebensowenig wie die 1963 von der irakischen Baath-Partei auf seinen Kopf — tot oder lebendig — offerierten siebeneinhalb Millionen Schilling daran, den nun schon legendären und dennoch bitterste historische und zeitgeschichtliche Realität darstellenden blutigen Kampf zur Erlangung einer weitgehenden kurdischen Autonomie fortzusetzen.
Ludwig Boltzmann, Sigmund Freud, Julius Wagner von Jauregg, Robert von Lieben, Fritz Pregl, Karl Auer von Welsbach und Richard Zsigmondy sind jene Naturwissenschaftler, deren Physiognomien, begleitet von einer schlagwortartigen Würdigung ihrer Werke, in den Räumen eines villenartigen Gebäudes in der Ingle Road von Karachi seit Jahresbeginn 1970 zu bewundern sind — und von einem Teil der ein halbes Tausend zählenden deutschsprachigen Kolonie in Pakistans ehemaliger Metropole auch als Erinnerung an Heimat und Schulzeit gebührende Beachtung finden.
Hätte der berühmte Le Corbusier außer der Musterstadt Chandigarh auch gleich für den hinduistischen Haryana-Staat eine Metropole gebaut, so gäbe es einen Grund weniger für die Separationsbestrebungen der indischen Sikhs. Doch was der französische Architekt vor rund einem Jahrzehnt nicht wissen konnte, will die von den meisten politischen Kommentatoren durchwegs als „säkularistisch“ apostrophierte indische Zentralregierung bis heute nicht wahrhaben: daß die Sikhs im Kampf um den Besitz einer Hauptstadt für sich allein vor radikalen und spektakulären Maßnahmen nicht
Am Fuße der Malabar Hills, wo das Diplomatenviertel der Reißbretts* und*künftigen. Hauptstadt Islamabad besondere Ruhe ausstrahn, sitat jener Mann;-der Pakistans Schicksal elf Jahre hindurch mit großem Geschick lenkte (wie es die mittlerweil geschrumpfte Schar seiner Anhänger behauptet), in einer mehi gediegenen denn protzigen Villa und „spielt mit seinen zahllosen Enkeln“, wie aus seinem Bekanntenkreis verlautet.
Österreichs Parlamentarier machen es der Fresse nicht allzu schwierig, auch in der „Zeit der sauren Gurken“, in der sich innenpolitische Kommentatoren den Schreibstoff aus den Fingern zu saugen anschicken, dankbare Themen zu finden. Man braucht nur eine der vielen großangekündigten Reformen anzusehen und auf ihr Inhalts- und termingemäßes Gedeihen hin zu untersuchen, um zum Schluß zu gelangen, daß auch Kompromißlösungen in den Ausschüssen der Proporzmaschinerie einer Verschleppungstaktik zum Opfer fallen. Wie etwa das seit der Jahrhundertwende reformfällige Strafgesetz, dessen Schicksal es zu sein scheint, in Nationalratsausschüssen zu Tode beraten zu werden... Wie in der guten, alten Zeit im Ausschuß des Herrenhauses. Wo man allerdings einen Kriegsausbruch als Entschuldigungsgrund anführte.
Der Mann am Mond ist Amerikaner, der Amerikaner in Asien versucht die günstige Situation auszunützen und sich im gleißenden Mondlicht — und dennoch scheinbar unbemerkt — abzusetzen. Richard Nixon weiß die Zeichen der Zeit und die Gunst der Stunde offenbar richtig zu verwerten. Unter dem Motto „Asiens Kriege den Asiaten“, wenn auch viel vorsichtiger formuliert und hinter wohltönenden Phrasen versteckt, bereitet der USA-Präsident die Epoche des stillen Amerikaners in Fernost vor. Und nützt geschickt den Glorienschein wissenschaftlich-technischer Färbung, der nun über dem
„Eine größere Heuchelei als diese Forderung ist übrigens gar nicht denkbar“, lautete die Antwort des Wiener VSzebürgermeisters Slavik auf das Verlangen der Volkspartei nach dem Bau einer Untergrundbahn in Wien. Also sprach der von seinen Parteigenossen taxfrei zum Finanzgenie ernannte — vor nunmehr fast genau zehn Jahren. Inzwischen hat bekanntlich eine bei Politikern gar nicht so seltene Mei-nungsänderung um 180 Grad stattgefunden, und im Zuge einer „modernen Gestaltung und liebenswerten Erhaltung“ Wiens dünkt eine Kopfsteuer, wie sie heute vornehmlich noch in
Am 30. Juni wählten die professora-len Wahlmänner der Wiener Universität den evangelischen Theologen, Prof. Dr. Fritz Zerbst, zum Rektor für das Studienjahr 1969/70. Die eine Seite der versteiften Front, der man das Zugeständnis der formalen Rechtmäßigkeit ebenso wie das Attest des diplomatischen Ungeschickes einräumen muß, wird um ihren Teil der Verantwortung an den zu erwartenden stürmischen Herbstwochen nicht herumkommen; diese verstärkte ölzufuhr ins Feuerchen der Genossen Kowalski, Lehmann und Co. wird mehr entfachen als die schlichte antidemokratische Stellungnahme des
Marek, miserere nobis, lautet der Stoßseufzer jener zahlreichen von Wiens akuter Straßenmisere gepeinigten Kraftfahrer und Geschäftsleute, sofern nicht eine vulgärere Ausdrucksweise dem Um- und oft Irregeleiteten häufiger zu eigen ist. Der jährliche Festwochenzauber im Zusammenhang mit dem erwünschten Touristenstrom bildet zumeist den Startschuß zu einer verwünschten, chaotisch anmutenden Aktivität der Wiener Kommunalverwaltung, die sich gerade heuer in ein gigantisches Ausmaß steigern konnte.
Österreich, das Ursprungsland der Experten, verfügt naturgemäß über eine erkleckliche Anzahl von Fachleuten, die es als Berufung auffassen, ihren prophezeiungshungrigen Mitbürgern die nahe und ferne Zukunft im Brustton tiefster Überzeugung zu erläutern.Zwar nicht durch Schaden, wohl aber durch Fehlprognosen noch klüger geworden ist der außenpolitische Experte des ORF, nachdem die sowjetische Führungstroika der tschechoslowakischen Geschichte einen anderen Verlauf erteilte, als ihr das Gestikulierphänomen nach Bekanntgabe der Konferenzbeschlüsse von Cierna nad Tisou und Preßburg
In der modernen Konsumgesellschaft; ist es relativ einfach, bis vor kurzem noch schlummernde Bedürfnisse zu wecken. Als dankbarste Objekte erweist sich die Bevölkerung jener Staaten, in denen doppelte Moral, gepaart mit altertümlichen Gesetzen, verstärkt durch die Koppelung von Naivität und Sensationsgier, goldene Absatzmärkte für Produzenten von Sex in verschiedensten Variationen bilden. Theater, Film, Zeitschriften und neuerdings auch das Fernsehen erachten es als notwendig, im harten Konkurrenzkampf um den Konsumenten „mit den Waffen einer Frau“ ihre Ware „an den Mann“ zu bringen. Der Erfolg gibt den Männern, die in der Public Relation meist schon auf die am wichtigsten genommene Form der „Human Relation“ hinweisen, recht.
Auch der „Siegeszug“ unserer Nationalmannschaft durch die Fußballentwicklungsländer Zypern und Malta im letzten Monat bestätigt eigentlich nur, daß Österreichs Balltreter schon sehr weit reisen müssen, um noch halbwegs sicher zu gewinnen. Die Krise hat ihr nun bald zehnjähriges latentes Stadium hinter sich und ist besonders durch eine lähmende Ausweglosigkeit gekennzeichnet. Ehrenamtliche Funktionäre mit nicht selten dilletan-tischen Auffassungen vom Fußballgeschäft, permanenter Zuschauerschwund, chronisch schwache Leistungen und mangelnder Wille zu einer einschneidenden Reform bilden jenen circulus vitiosus, in dem die Sportbegeisterung für das runde Leder zu Tode gehetzt zu werden droht.
Nach einigen Ansätzen, die nicht nur bei Überängstlichen die Befürchtung hervorriefen, daß auch von österreichischen Hochschulen ähnliche Entwicklungen wie in Frankreich ihren Ausgang nehmen könnten, herrscht nun im zu Ende gehenden Wintersemester durchwegs ein geordneter Lehr- und Lernbetrieb. Fast vergessen sind die unappetitlichen Vorgänge im Hörsaal I des Institutsgebäudes, die man rückblickend wohl am ehesten als publicity-süchtige Exzesse sogenannter Künstler zu disqualifizieren hat und die auch nur von einer verschwindenden Anzahl Studierender (genauer gesagt:
Im vergangenen Jahr mauserten sich auch die österreichischen Studenten mehrmals zu Aspiranten des Rampenlichts. Je näher jedoch der Termin der diesjährigen Hochschulwahlen rückt, desto mehr entspannt sich die Atmosphäre, und man konnte, wohl zur Zufriedenheit der Hochschulbesucher, bisher einen völlig ungestörten Studienbetrieb im Wintersemester durchführen. Ob für dieses Faktum die Erkenntnis der „progressivsten“ Gruppen, daß in Österreich andere Maßstäbe als in der deutschen Bundesrepublik oder gar in Frankreich angelegt werden müssen, zu einer gemäßigten und sachlicheren Agitation führte oder ob eine allgemeine Resignation eingetreten ist, wird erst nach dem 22. Jänner zu beurteilen sein.
Wie man am sichersten zu Schlagzeilen gelangt, zeigte Ordinarius Prof. Dr. Hannes Mayer von der Hochschule für Bodenkultur. Nicht etwa, daß ihn eine fundamentale wissenschaftliche Erkenntnis berechtigterweise ins Rampenlicht geschoben hat; daß ihm der Nachweis gelungen ist, wie unberechtigt manche Forderungen der Studentenschaft seien; der Weg war viel einfacher: er fühlte sich von einer Pauschalhetze des Journalisten Dr. Karl Steinhäuser anscheinend am meisten betroffen und reagierte emotionell sowie rational etwas abwegig mit einer Herausforderung zum sportlichen
165 Jahre mußten verstreichen, ehe ein Strafgesetzentwurf mit gewissen Aussichten auf baldiges Wirksamwerden der parlamentarischen Prozedur unterzogen werden konnte. Es wäre jedoch weit gefehlt, von einem „modernen Strafgesetz“ im Sinn der Verfasser zu sprechen. Modern war bestenfalls der erste Entwurf des Jahres 1964, der jedoch dem „Begutachtungsverfahren aller interessierter Stellen“ nicht gewachsen war und massiven Einwänden derjenigen Gruppen, die sich als Repräsentanten großer Bevölkerungsschichten auch bezüglich dieser Materie berufen fühlten, einer gründlichen Revision
„Olympia ist ein heiliger Ort. Wer es wagt, diese Stätte bewaffnet zu betreten, den sollt ihr als Gottesfrevler brandmarken!“ In diesem Tenor war die Inschrift auf einem fast dreitausend Jahre alten Diskus abgefaßt.Heute denkt man mit Wehmut daran zurück, was von dem hehren olympischen Gedanken, von der in antiker Zeit streng beobachteten Waffenruhe in das Jahr 1968 herübergerettet werden konnte. War es in den beiden zurückliegenden Jahrzehnten der „kalte Krieg“, der den Gedanken Olympias überschattete, so errang man heuer den traurigen Rekord, erstmals unter
Vor etwa zwei Jahren prangte sie auf den Titelseiten der Journale, heute führt sie trotz unverminderter Dringlichkeit ein Schattendasein in der Presse: die Verwaltungsreform, ein Sorgenkind der Regierung!Stolz wurde anläßlich des Budget- Präliminars 1969 darauf hingewiesen, daß im Dienstpostenplan für das kommende Jahr 3915 Einsparungen vorgesehen sind und damit dem kontinuierlich steigenden Beamtenzuwachs Einhalt geboten werden konnte. Nicht so klar wurde betont, daß trotz des erfreulichen Tropfens der vieldiskutierte Personalaufwand fast 35 Milliarden Schilling, das sind nahezu 40
Auf einem Gebiet von der Größe Kärntens sind mehr als zehn Millionen Ibos zusammengepfercht, was mehr als dem 20fachen der karanta- nischen Einwohnerzahl entspricht Die nigerianischen Bundestruppen haben bereits drei Viertel des ursprünglichen Staatsgebietes von Biafra erobert. Die Einnahme der letzten Stadt ist nur noch eine Frage von Tagen. Ihre wirksamsten Kampfmittel bilden nicht die Waffen britischen und sowjetischen Ursprungs: unter dem Titel der Blok- kade ist der Hungertod Nigerias erfolgreichste „Waffengattung“. Im Londoner Parlament wurde mit entsetzlicher Sachlichkeit die
Stalins Vermächtnis, von Molotow treu verwaltet, wurde nun auch von Jakob Malik über Anweisung der sowjetischen Regierung zu einem neuerlichen Tiefschlag gegen das Völkerrecht genützt. 20 Jahre, nachdem „MiStör NjdtB1tfer WeItÖbganife'ä" tion anläßlich ihres dreijährigen Bestehens das 28. Veto der UdSSR als Geburtstagsgeschenk präsentiert hatte, verhinderte derselbe friedliebende Staat mit dem 105. Veto die eigene offizielle Verurteilung. Damit wurde wieder einmal mit erschrek- kender Deutlichkeit vor Augen geführt, daß die einzige vom Sicherheitsrat der UNO gewährleistete
Ihre Geburtshäuser sind heute Museen, ihre Geburtstage liegen nur knapp mehr als einen Monat auseinander, die Luftlinie zwischen ihren Geburtsstätten beträgt nicht ganz 200 Kilometer. Der eine ist bereits dem Volksschüler ein Begriff, der Name des anderen vielen Maturanten ein spanisches Dorf. Dennoch haben beide Weltgeschichte gemacht, der eine als spektakulärer Theoretiker einer Ideologie, dem heute, weiterentwickelt zu einem politischen System, mehr als die Hälfte der Erdbevölkerung folgt; der andere als stiller Praktiker, der die Verwirklichung seiner Idee mit höchstem
Im Wandel der Zeit mutieren auch die Idole; waren früher der Künstler, der Wissenschaftler signifikante Merkmale ihrer Staaten, wurde diese Rolle im Zeitalter weltweiter militärischer Auseinandersetzungen von genialen Feldherren übernommen, so hat unser Jahrhundert, speziell in seiner zweiten Hälfte, einen neuen Typus des Nationalheros kreiert: den Hochleistungssportler, den Olympiasieger oder Weltrekordhalter. Je nachdem, ob es sich um ein sportlich unterentwickeltes Land oder um eine Hochburg von Spitzensportlern handelt sowie nach der Popularität der einzelnen Sportarten
Den glücklichen Umstand, daß in den letzten Monaten kein Urteil eines Geschworenengerichtes Schlagzeilen in der Presse verursachte und in der Bevölkerung heftige Diskussionen über die Richtigkeit respektive Gerechtigkeit der Entscheidung entfachte, soll man zum Anlaß nehmen, sieh „sine ira et studio”, ohne jegliche Beeinflussung durch einen aktuellen konkreten Fall mit diesem Thema auseinanderzusetzen.„Rechtsgefühl und Rechtsbewußtsein lebt in jedem und läßt den Laien Recht und Unrecht oft sicherer erkennen als den Juristen” — eines der Hauptargumente für die maßgebliche
Die jüngste Phase der Vorgänge um Vietnam läßt es geboten erscheinen, vor einem Ausblick noch kurz in der Geschichte dieses unseligen Krieges zu blättern.Ein Zwischenfall im Golf von Tongking führte erstmals zum Bombardement von Flottenstützpunkten und Ölbasen in Nordvietnam; der von Peking verhöhnte „Papiertiger” beantwortete den Angriff nordvietnamesischer Schnellboote auf seine Zerstörer mit militärischen Friedensrepressalien. 1965 war es soweit: 200.000 Soldaten der Vereinigten Staaten von Amerika sprengten endgültig den Rahmen eines Bürgerkrieges, in zunehmendem Maße