Slowenen, so lautet die allgemeine Annahme, sind in Kärnten eine nationale Splittergruppe, kleine Bauern, ländliche Kleinbürger, sangesfreudig, arbeitsam und gelegentlich wegen ihres Selbstbehauptungswillens auch eine lästige Verlegenheit, wenn nicht sogar mehr.Daß sie auch—und schon von alter sher! — Maler, Musiker und Dichter sind, und dies alles von hohen Graden, wird durch die eben erschienene Anthologie „Slovenska beseda na Koroskem" („Das slowenische Wort in Kärnten") jedermann zugänglich dokumentiert.Die slowenische Literatur hat es schwer, überhaupt und besonders in
Gemeinhin ist „dem Österreicher“ gar nicht bewußt, daß er sein Vaterland mit anderen Volksgruppen teilt. Es bedarf meist einer ausdrücklichen Erinnerung, daß es in Kärnten und sporadisch auch in der Steiermark Angehörige der slowenischen Volksgruppe gibt; im Burgenland die Kroaten und Magyaren, in Wien die Volksgruppe der Wiener Tschechen.Noch weniger bewußt sind besagtem Österreicher irgendwelche Probleme, die sich mit einer solchen Anwesenheit verbinden. So bleibt Kommunikation, Bewußtsein und das Problematische daran meist den Angehörigen der Volksgruppen selbst und dann noch
Hektisch reagieren die öffentlich-rechtlichen Rund-funkanstalten in Europa auf die Herausforderung der Privaten. Neuestens mit einer Vernetzung zu einem TV-Verbund.
„Das gemeinsame Kärnten — Skupna Koroška“ nennt sich eine „Dokumentation des deutsch-slowenischen Koordinationsausschusses“ der Diözese Gurk. Für den Inhalt zeichnen gemeinsam Dr. Ernst Waldstein und Dr. Valentin Inzko verantwortlich.Waldstein und Inzko redigierten nicht nur die Texte, sie trugen auch als Autoren zu der Broschüre bei, die übrigens in den wichtigsten Teilen zweisprachig abgefaßt ist. Ihr Ziel: Das gemeinsame Kärnten!Was diese Dokumentation so besonders wichtig macht, ist der Umstand, daß die Arbeit über das Zusammenleben der Deutschen und Slowenen in der
Je weiter sich die zivilisierte Menschheit von „der Natur” entfernt, je mehr sie sich diese durch allerlei Künste und Tricks „untertan” macht, desto näher ist sie ihrem Ende. Das schwebt, oft unausgesprochen, über allem, was sich mit den Heilkräften der Natur beschäftigt. Auch über Heinz Sponsels Buch „Die Heilkräfte der Natur”. Mißtrauisch beginnt man zu blättern, weil der erwähnte apodiktische Vorsatz schon immer neben einem gewissen Wahrheitsgehalt auch voll von Scharlatanerie und Geschäftemacherei ist.Man blättert weiter, liest und liest und findet — angenehm
Sergius Golowin, 1930 in Prag geboren, in Bern aufgewachsen, Bibliothekar und Dichter eines „phantastischen Realismus”, auch Volkskundler, nach Friedrich Dürrenmatts Zeugnis einer jener, der „Gerechtigkeit sucht für jene, die für uns immer unrecht haben”, hat sich in seinem jüngsten Buch „Zigeuner- Magie im Alpenland” jenes fahrenden Volkes angenommen, das wie kein anderes von Verfolgungen durch seine Geschichte begleitet wird. Aber er bereicherte damit nicht die — leider spärliche — Literatur über die Zigeuner, ihre Geschichte und ihre meist schlimmen Schicksale, sondern
Zwei Ereignisse, die nur scheinbar gar nichts miteinander zu tun haben, erregen und verdienen höchste Aufmerksamkeit: Die neue griechische Regierung steuert sachte, sachte auf blockfreiem Kurs. Um diesen zu gewinnen, legte sie zunächst vom recht unsicher gewordenen NATO-Steg ab. Beinahe gleichzeitig wurde in Jugoslawien eine „prosowjetische Verschwörung” aufgedeckt, die von größerer als bloß lokaler, montenegrinischer Bedeutung ist. Beide Vorgänge aber stehen in einem größeren Zusammenhang.Diesen Zusammenhang zu erkennen, muß man sich einiges in Erinnerung rufen. Zum Beispiel,
Der Anschein stimmt traurig: Die vom Kärtner Landeshauptmann Wagner gutgemeinte „Tischrunde“ kommt vorerst nicht zustande; die Vertreter der Kärntner Slowenen wollen daran nicht teilnehmen, weil auch der „deutsch-nationale Heimatdienst“ eingeladen wurde. Daraufhin begann nicht nur der Landeshauptmann die Vertretungsbefugnis der beiden Slowenen- Verbände zu bezweifeln. Doch sollte sich die Mehrheit solchem Zweifel nur mit aller gebotenen Vorsicht hingeben, denn gewöhnlich führt das zu nichts anderem als nur zu einem neuen Streit — ganz abgesehen davon, daß eine „befugtere“ Vertretung gar nicht zu sehen ist.
Der freie Journalist und TV-Autor Klaus Liebe, gebürtiger Berliner, Jahrgang 1938, ist um Verständigung bemüht; folgerichtig ist er darauf aus, das Land, mit dem er seine Leser verständigen möchte, diesen verständlich zu machen. Dabei orientiert er sidi an der Geschichte und den gegenwärtigen Ereignissen. Er dringt auch — ohne abzuschweifen — in soziologische, ökonomische, ideologische und politische Realitäten vor und vermeidet dabei, so schwer es ihm auch faUen mag, allzu subjektive Wertungen. Da er sich, das liegt wohl an den aus dem TV-Me- tier Überkommenen Gewohnheiten,
Einmal mehr blieb eine Möglichkeit ungenützt. Die Debatte über die Ernennung Bielka-Karltreus zum neuen Außenminister ging sehr schnell an diesem Anlaß vorbei und zielte auf die politischen Trümmer, die uns vom unheiligen Ortstafelkrieg geblieben sind, Aber statt klarer Haltung und lupenreiner Sachlichkeit blieb man wieder einmal mehr in der bloßen Pose stecken. Die Taktik siegte neuerlich über die Strategie.
Daß irregeleitete Narren am „Hause der Heimat“ im kärntnerischen Miklautzhof eine Bombe legten, scheint wie Wahnsinn; und doch hat es Methode. Es ist der ewig gleiche Vorgang, den Unvernunft und Unbelehrbarkeit erzeugen: Gewalt, die immer neue Gewalt hervorruft, worin schließlich Recht und Vernunft untergehen. Es gibt keinen Unterschied zwischen „Gewalt gegen Sachen“ und „Gewalt gegen Personen“, mit der einen Abart beginnt's, bei der zweiten endet's. Wer immer die kühne Frechheit besitzt, für Gewalttaten „die Verantwortung“ zu übernehmen, was in Wahrheit nichts mit Verantwortung, sehr viel aber mit geheimgehaltener Urheberschaft zu tun hat: er schadet der Sache, die er zu verteidigen vorgibt, zumeist absichtlich,, seltener aus Dummheit. Er schadet zuerst und zuletzt, also durchgängig, auch jenen, denen zu nützen er vorgibt: den Menschen.
Rund um den 19. Jahrestag der Unterzeichnung des österreichischen Staatsvertrages gab es in Kärnten auf Hauswände gemalte proslowenische Parolen und einige wenige Betrachtungen zum „Minderheitenproblem“ in einigen wenigen österreichischen Tageszeitungen.
Alles geschah sehr schnell, sehr unvermutet. Die sensationsgeladene Entlarvung des Agenten Guillaume, der dramatische Rücktritt Brandts, fast wie in einem reißerischen Film. Ebenso rasch vollzog sich die Wahl Walter Scheels zum Bundespräsidenten, ganz gegen manche düstere Prophezeiung. Und rasch wurde das neue Kabinett Schmidt-Genscher aus der Taufe gehoben, wiewohl auch dieses die Auguren bereits scheitern gesehen haben. Bonn, so schrieb eine große Zeitung, wird nun wieder zur Tagesordnung übergehen.
Die beiden Kandidaten stehen fest. Dr. Kirchschläger wird von der SPÖ präsentiert, was niemanden, der sich aufs Beobachten versteht, überrascht. Dr. Lugger, nicht Dr. Withalm, wird von der ÖVP aufgeboten, was sogar für versierte Beobachter eine saftige Überraschung war. Fest steht auch, daß am 23. Juni der neue Bundespräsident aus direkter Volkswahl hervorgehen wird, wie es die Verfassung vorschreibt. Aber diese Vorschrift ist nicht unbestritten. Abseits von der Wahlkampagne gedeihen Überlegungen, diese Volkswahl späterhin abzuschaffen.
Am Karfreitag trat Landeshauptmann Hans Sima nach zehnjähriger Amtszeit zurück; als Vorsitzender der Kärntner SPÖ war er schon zuvor von seinem Landesparteisekretär Wagner abgelöst worden, der ihm nun auch als Landeshauptmann folgt. Wenn es stimmt, daß Sima am „Ortstafelkrieg“ gescheitert ist, dann muß man auch seinem Nachfolger düstere Prognosen stellen. Denn der Abgang des einen und der Auftritt des anderen hat an diesem Zentralproblem nichts verändert. Es bleibt d i e politische Erbschaft schlechthin.
Was in aller Welt mag Italiens außenpolitische Bürokratie bewogen haben, ausgerechnet jetzt einen „anachronistischen Grenzstreit“ mit Jugoslawien vom Zaune zu brechen? Daß die Jugoslawen neue Tafeln entlang einer Grenze setzten, die von Italien nur als „Demarkationslinie“ anerkannt wird, kann wohl kaum der wahre Grund gewesen sein
Es ist eine ganze Menge zusammengekommen: Wahrnehmungen und Nachrichten von subtilen politischen Schwierigkeiten in Jugoslawien, die allmähliche Auslöschung der marxistisch-philosophischen „Praxis“-Gruppe, Widerborstigkeiten von Studenten in Belgrad, grüblerische Fragen nach dem Befinden des greisen Marschalls Tito, Verfassungsreform und Wahlen nach einem neuen System, das „Polarka“-Spiel in Zeitungen und ORF. Die ÖVP fühlte sich — gottlob, möchte man sagen — bewogen, eine bereits vorbereitete „dringliche Anfrage“ im Parlament nicht zu stellen; Bundeskanzler Kreisky wiederum hatte sich, wie man auch hört, aufs allerbeste für die Antwort gerüstet. Und natürlich die obligate Frage, ob Lütgendorf nun endlich zurücktrete.
Das Wort von der, „ölerpressung“ ist in aller Munde. Die manipulierte Verknappung des „besonderen Saftes“ wird als arabisches Druckmittel auf Westeuropa und die USA verständen, um diese zu zwingen, eine den Arabern genehme Haltung im Nahostkonflikt einzunehmen. Doch steckt noch mehr dahinter. Die Ölkrise stellt sich als eine Gratwanderung heraus, bei welcher die Welt sehr leicht -auch in einen ölkrieg stürzen könnte. Die Araber mit inbegriffen.
Bund um den Nationalfeiertag ging es in Kärnten hoch her: es gab eine Kundgebung des „Kärntner Heimatdienstes“ und einen Protestmarsch der „Kärntner Slowenen“, es gab bemerkenswerte Ansprachen des (noch) amtierenden Landeshauptmannes Sima und von Wien her eine kirchliche Ermahnung für alle Kärntner. Hochrufe und Pfiffe gab es auch. Und eine Menge zerbrochenes Porzellan. Bald, so fürchtet der Beobachter, wird gar keines mehr da sein, um es zu zerbrechen. Der ungewöhnlichste Sieg unter Menschen ist offenkundig einer der Vernunft.
Der „Spiegel“ sieht Herbert Wehner als „Einzelkämpfer“, vornehmlich gegen die von ihm geschaffene sozial-liberale Bonner Koalition. Andere sehen in Wehner einen frustrierten, alten Mann, der sich durch bissige und folgenschwere Bemerkungen an jenen Freunden rächt, die ihn angeblich oder wirklich isoliert haben. Und viele gibt es in der Bundesrepublik, die meinen, in Wahrheit käme nun zum Vorschein, wie wenig man durch die Ostverträge erhalten, wie viel man aber für diese bezahlt habe. Worauf beruht das „Unternehmen Wehner“ wirklich?
Das christliche Gebot, einander zu lieben, ist, wie wir wissen und leider nur zu oft auch leiblich erfahren haben, in der Praxis schwer durchsetzbar, zumal in der politischen Praxis. Man kann niemanden zur Liebe zwingen. Auch den vielhundertjährigen Nachbarn oder Mitbewohner nicht. Als Ersatz für Liebe muß — oder sollte! — Vernunft herhalten. Jene Vernunft, die uns allen sagt, so wir uns bei gesundem Menschenverstand befinden, daß Nationalitätenfragen durch Haß, Gewalt, Propaganda und Terror weder zu beantworten noch zu lösen sind. Zumal nicht in Mitteleuropa, das nur überleben wird, wenn es vernünftig bleibt. Bleibt es das nicht, wird es untergehen...
Im bevorstehenden Herbst wird eine Reihe von politischen Ereignissen die öffentliche Aufmerksamkeit so sehr beschäftigen, daß für andere, deswegen aber nicht weniger wichtige Fragen ein wohl unangemessen geringes Interesse aktiviert werden kann. Zudem könnte die Art der Wahlgänge in Oberösterreich und Wien wegen des ihnen zugebilligten „Testcharakters“ möglicherweise verzerrend auf ganz abseits davon liegende, politische Probleme einwirken, was nicht gerade beruhigend ist. Denn wo das „Gesamtverhalten“ von einerseits Regierung, anderseits Opposition zur Beurteilung ansteht, entsteht ein agitatorischer Sog, der nahezu alle Sachfragen mit sich reißt. Auch das Minderheitenproblem Kärntens mag davon erneut in Mitleidenschaft gezogen werden.
Zurück aus Belgrad, wo der kleine Parteitag bereits auf dei im nächsten Jahr kommenden großen schließen Haß, überdenk man, was vom „jugoslawischen Modell“ des Tjtoismus blieb Augenscheinlich die „Arbeiterselbstverwaltung“. Sie ist, wem man es so will, die extremste Position der Mitbestimmung, ir einem Fragenkreis also, der längst ganz Europa einbezogen hat das westliche wie das östliche.
„Der Kampf gegen die aufgehäuften Schwächen im Bund der Kommunisten bezeichnete die Rückkehr des letzteren zu den klassenmäßigen Ausgangspunkten der sozialistischen Revolution“, konstatierte der wiedergewählte. Zentralsekretär des BdKJ, Stane Dolanc, auf der 4. Konferenz dieses Bundes, die am 10. und 11. Mai in,Belgrad veranstaltet wurde. Rund 400 Delegierte und Gäste, unter beiden für westliche Augen auffallend viele Offiziere, applaudierten. Diese Grundthese beherrschte nicht nur die Konferenz, sondern sie beherrscht auch derzeit die Politik in Jugoslawien. Viele sagen, eine Art „Kulturrevolution“ sei im Gange, die Form und Inhalt des BdKP verändere. Andere wiederum meinen, das alles sei nur Weichenstellung für den Tag, an welchem die höchste Autorität Titos auf andere übergehen werde.
Der große Rausch, den Willy Brandt mit einer rhetorischen Meisterleistung bewirkte, ist allmählich verflogen. Er war so stark, daß sogar die unter SPDlern verschrieene Springer-Presse sich ihm nicht ganz entziehen konnte, nicht einmal „Bild“, der „Erzfeind“ der SPD. Doch nun kehrt allgemach wieder der politische Alltag ein, und der ist einerseits kompliziert, anderseits nüchtern genug, um darüber die Frage zu vergessen, wo denn die SPD nach Hannover wirklich steht. Eine Frage aber, die samt der Antwort gewiß schicksalhafte Bedeutung hat.
Seit kurzer Zeit macht die junge slowenische Intelligenz Kärntens von sich reden. Sie wird spürbar auf den Universitäten und hohen Schulen in Wien und Graz, wo sie sich, ihrer besonderen Interessenlage entsprechend, zusammenschließt und sie wird spürbar im Lande selbst. Nicht nur dadurch, daß sie dem politischen Antlitz der slowenischen Volksgruppe neue, oft natürlich radikalere Züge verleiht, auch durch eine manchen une,hagliche intelligente Argumentation im angeheizten „Voiks-tumskampf“. Was manchen so unbehaglich daran dünkt, ist die unverkennbare Tatsache, daß der aktivste
Es liegt nun schon wieder einige Zeit,zurück, daß Bundes-kanzler Dr. Kreisky mit der „Kärntner Ortstafelkommission" so etwas wie einen Stein der Weisen gefunden zu haben schien. Wenn man schon den Vollzug eines ordentlich beschlossenen Gesetzes nicht durchführen wollte oder sich daran gehindert sah, so könnte eine solche Kommission, fach- und sachgerecht zusammengesetzt, immerhin einen maßvoll modifizierten „Ausweg" finden. Die „technische" Seite dieses Vorganges ist freilich nicht ganz unbedenklich, denn sie könnte unerwartete Beispielsfolgen nach sich ziehen, die sich am Ende verwüstend auf die Rechtspolitik auswirken müßten. Irgendwo am Ende einer so eingeschlagenen Entwicklung stünde der verfassungsmäßig nicht vorgesehene und hinsichtlich seiner Auswirkungen gar nicht vorhersehbare Umschlag von einer repräsentativen in eine plebis-zitäre Demokratie. Ob das bedacht wurde?
Was das ist, ein Österreicher, läßt sich schwer beschreiben. Da gibt es viele Deutungen, doch alle unvollständig. Aber an einem Beispiel, an einem Leben läßt es sich unschwer ablesen. Der ein solches Beispiel gab, ein solches Leben führte, nicht allein, nicht als einziger, aber als ein im besten Wortsinne Hervorragender, ist nicht mehr: Präsident Dr. Peter Reininghaus verstarb am Montag, den 22. Jänner, 11 jährig, in Graz.Er war keiner von denen, die nahe der Rampe posierten und doch auch ganz gewiß keine „graue Eminenz“. Für solch Rollen war er nicht geschaffen. Worauf er
Kommunistische Systeme leiten eine neue Phase ihrer Innen- und/oder Außenpolitik stets damit ein, daß sie zunächst die Zügel straff anziehen. Erst wenn dann in der Praxis die in der Therorie kalkulierten Vor- und Nachteile und alle sonstigen Risken klar zutage treten, erfolgt im äußeren und inneren Nachvollzug die entspannende Anpassung. Solches können wir gegenwärtig im ganzen sozialistischen Lager, sprich: Ost-Block, beobachten. Angesichts der bevorstehenden Sicherheits-, Entspan-nungs- und Truppenreduzierungs-Konferenzen wird die Kandare fester angezogen. Bisher gestattete oder wenigstens geduldete Extratouren — rumänische Außenpolitik inbegriffen! — gehen nun wieder am kurzen Zügel. Am Ende der Longe steht jeweils Moskau und bestimmt Gangart und Haltung, wofür es sowohl ideologische als auch praktische Gründe hat.
Nicht nur britische Diplomaten, viele andere auch waren 1918 davon überzeugt, daß „der nächste Krieg wegen' Danzig“ beginnen werde; sie behielten recht und auch wieder nicht. Danzig war nicht der wirkliche Anlaß. Aber die eigenartige Situation, die man dort geschaffen hatte, wurde als Stimulans benützt. Der neue deutsche Grundvertrag hat sein „Danzig'*: West-Berlin. Und viele andere Fußangeln hat er auch. Können sie umgangen werden?
Im agitatorischen Hin und Her um Bundesheer und Landesverteidigung mit stets wiederkehrenden Floskeln und Phrasen gehen jene Fragen unter, um die es eigentlich geht. „Reform“ allein besagt noch gar nichts, wenn ihr nicht eine bestimmte Strategie unterlegt wird. Von dieser, was sie für das Bundesheer und jeden einzelnen Bürger bedeutet und ob es sie überhaupt gibt, erfährt der eigentliche Träger des Verteidigungswillens, das Volk, so gut wie nichts.
Der Rausch der Emotionen, soferne man davon sprechen kann, ist längst verflogen. Riskante Konsequenzen, noch unvorhersehbare Entwicklungen wenig freundlichen Charakters und eine sich davon herleitende starke Ernüchterung deuten eine neue Richtung an. Viele setzen nun ihre Hoffnungen in die sogenannte „gemischte Kommission“, die von der Bundesregierung bzw. dem Amte des Bundeskanzlers eingesetzt wird und unter dessen Verantwortung steht. Übrigens: es gab eine Zeit, da war eine ähnliche, womöglich permanente gemischte Kommission eine Forderung der Kärntner Slowenen. Damals hat man das nicht gerne gehört und mehr oder weniger unbesehen zurückgewiesen ...
Ein modernes Gegenstück zum marxistischen Horror vor der ..Akkumulation des Kapitals“ ist ohne Zweifel die Akkumulation von Ämtern. Doch davor zeigen viele Alt-, Neu- und Nur-ein-bisserl-Marxisten keine Angst. Längst „siegt man in diesem Zeichen“. Was so oft — und oft mit Recht! — an der „alten bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft“ kritisiert wurde, daß in ihr alle Macht irgendwo weit hinter der Kulisse in einige wenige Hände zusammenlaufe, wird jetzt mitunter geradezu demonstrativ zur Schau gestellt. Darüber will man zwar nicht gern reden, eben deshalb aber sollte man's!
Biographien sind immer ein Wagnis. Dieses wird um so größer, wenn der, von dem die Biographen berichten, noch lebt und auf seine Umwelt einwirkt, diese womöglich andauernd verändert. Doch am größten wird dieses Wagnis, wenn es sich um eine komplizierte, nuancenreiche und zudem politische Persönlichkeit handelt, von der sich der mangelnden zeitlichen Distanz wegen noch gar nicht sagen läßt, ob und wann sie ihre Möglichkeiten voll ausschöpfte oder diese überschätzte, ob der Höhepunkt ihres Wirkens schon gekommen ist, ob es mit ihr weiterhin bergauf oder nicht vielleicht schon
Die nördlichsten Provinzen Italiens, Triest, Gorizia, Udine, Venezia Giulia. waren bisher die politisch ruhigsten. Sie sind es auch, in denen die Democristiani den größten politischen Einfluß besitzen. Streikwellen,: die Italien wie der Gezeitenstrom des Meeres, nur eben etwas unregelmäßiger, überfluten, erreichten hier keine besondere Gewalt, viele davon verebbten schnell.
Prominente Politiker der Oppositionsparteien äußerten kürzlich, manche beschwörenden Formulierungen Kreiskys hörten sich geradezu wie Einladungen an Jugoslawien an, den Kärntner Ortstafelkrieg zu internationalisieren. Das ist ein schwerer Vorwurf, der gewiß nicht leichter wiegt, wenn er unbesonnen erhoben wurde. Auch geht er, obwohl agitatorisch effektvoll, an der Sache selbst vorbei.
Sowohl in der äußeren als ganz besonders auch in der inneren Politik Jugoslawiens treten schon seit längerem zu beobachtende und zunehmend sich zum „Stilwandel“ verdichtende „neue Akzente“ hervor; das begann sicher nicht ganz zufällig schon sehr bald, nachdem der sowjetische Parteichef Breschnjew dem häretischen Reich des Titoismus, was immer darunter zu verstehen sein mag, einen sehr offiziellen Aussöhnungsbesuch abgestatttet hatte. Doch wäre es unrealistisch, allein aus diesem Ereignis alles erklären zu wollen. Dazu ist die Situation im Lande viel zu multikomplex. Doch
Das alte Österreich, so weiß man, ging zuletzt am verwir- sehr, sehr weitherzig gelöst, gottlob, zogen hat - die sich aber nur wenig renden Nationalitätenstreit zugrunde. Blieb ein Keim davon auch in Istrien un Dalmatien, wo zwi- von jener Wiens oder Innsbrucks im noch für die Zweite Republik zurück? Diese Frage stellt sich in sehen den slawischen Mehrheitsvöl- Falle Südtirols unterscheidet und die
Ganz ohne Zweifel ist Anton Benya ein starker Mann; nach, manche sagen: nächst Kreisky der Stärkste in der SPÖ. Im ÖGB, dessen Präsident er ist, besitzt er eine gewaltige Hausmacht, die noch weit über die SPÖ hinausgreift; im Parlament, dessen Präsident er auch ist, besitzt er eine Stellung, die sich mit Hausmacht und Partei vorteilhaft verbindet und ergänzt. Mag man Kreisky zu den eher undogmatischen, brillanten politischen Köpfen zählen, die weitere Köpfe anziehen, so möchte map Benya jenen zurechnen, die es mehr mit den Knöpfen halten. Ein Druck genügt...
Ein Inserat, aufgegeben von einer „Arbeitsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft, München“, machte dieser Tage in der Bundesrepublik Deutschland Furore. Die Auftraggeber hatten sich dabei eines Motivs bedient, das schon einmal, vor 82 Jahren, Weltberühmtheit erlangt hat: der 1890 im Londoner „Punch“ zum Rücktritt Bismarcks erschienenen Karikatur „Der Lotse geht von Bord“. Diesmal war freilich ein vergleichsweise kleinerer Lotse gemeint, nämlich Superminister Karl Schiller, der soeben als bisher letzter einer langen Reihe von Ministern und Staatssekretären dem sozial-liberalen Kabinett des Willy Brandt den Rücken gekehrt hatte.
Zu unseren Füßen dehnt sich Triest im Halbrund zwischen Bergen und Meer. Die widersinnige Grenze, womit die Stadt, die kurze Zeit nach 1945 ein Freistaat war, umschnürt wird, ist freüich nicht zu sehen. Deutlich auszumachen aber ist der alte und der neue Hafen und weiter im Osten, dort, wo Triest schon wieder zu Ende ist, der neue Ölhafen, ein Gewirr von Rohrleitungen, Brücken, Raffinerieaniagen, in einigem Abstand davon eine Anzahl Großtankschiffe. Weiter nach Südosten zu verliert sich die jugosla-wisch-istrianische Küste, dort dampft und qualmt das ehemalige Capo d'Istria, jetzt
Noch geblendet vom Glanz der Veranstaltung und ein wenig ratlos, ja bedrückt wegen des vergleichsweise eher bescheidenen Ergebnisses reiste die stattliche Hundertschaft an Berichterstattern vom Kongreß der „Sozialistischen Internationale“ in Wien wieder heim. Nun, es liegt wohl sowohl am Wesen einer solchen Veranstaltung als auch in der Absicht der Veranstalter, der Welt zu zeigen, was der Verhaltensforscher das „Imponiergehaben“ nennt. Der prächtige Aufzug einer Schar Premierminister, einer mittleren Kompanie Regierungsmitglieder, einem Trupp hochbedeutsamer Oppositionsführer, Parteichefs, Experten, Parlamentarier, Hochfunktionäre und auch der unvermeidlichen „grauen Eminenzen“ dient sicherlich nicht in erster Linie der gemeinschaftlichen Diskussion und Problemlösung; er dient vielmehr dem Zweck, der geographischen und politischen Umwelt einen gehörigen Eindruck von Glanz, Macht und Masse zu machen. Das ist übrigens durchaus legitim.
Die schöne Szene ist gewiß noch jedermann in Erinne rung: SPÖ- und Regierungschef Kreisky, umringt von aufge regten Journalisten und Gewerkschaftlern, meditiert vor de TV-Kamera über die notwendige Transparenz des Zeitungs marktes. Von vielem ist die Rede.
Das Bild glich einer Idylle: glücklich lächelnd wie es sonst nur stolze Verwandte tun, winkten Breschnew, Podgorny und Kossy-gin dem das Flugzeug nach Belgrad besteigenden Tito ihre Abschiedsgrüße nach. Das gleichzeitig veröffentlichte Schlußkommunique attestierte eine „erfolgreiche Erweiterung und Vervollkommnung der sowjetisch-jugoslawischen Zusammenarbeit“; wieder in Belgrad angelangt, äußerte Tito nochmals, auch er sei „sehr zufrieden“.Er kann es schon allein mit dem äußeren Anschein seines Besuches sein. In Moskau hatte man dem gerade 80jährigen „erbärmlichen
Unter den vielen Undefinierten und unreflektiert gebrauchten Begriffen, mit welchen die so oft selbsternannten Gesellschafts- und Bildungspolitiker heute um sich werfen, nimmt der von der „Bildungsexplosion“ einen bevorzugten Platz ein. Die Fragwürdigkeit eines Unternehmens, das „Chancengleichheit“ und „Bildungselite“ als Postulate nebeneinander stellt, wird erhöht, wenn man den hohen, illusionären Gehalt mit der landauf, landab demgegenüber weit zurückgebliebenen Vermittlungspraxis vergleicht. Lehrpläne werden zwar „gesäubert“, neue Lehrziele nicht selten überaus
Österreich war einst der Sammelbegriff für einen Vielvölkerstaat, in welchem es Völker, aber eigentlich keine völkischen Minderheiten gab. Das heute in ganz anderer Form wiederum aktuell gewordene Modell einer solchen umfassenden politischen und wirtschaftlichen Integration litt freilich an vielem, an einigem sogar schwer. Zugrunde gerichtet wurde es jedoch durch den im 19. Jahrhundert jäh aufscheinenden Nationalismus, die nach Guido Zernatto „destruktivste Idee des Jahrhunderts“.
Die Zeiten haben sich sehr geändert. Vorbei die Tage, da ein Bundeskanzler und Parteiführer „sein Organ” brauchte und dieses Organ, ein Faß ohne Boden (und fast auch ohne Leser), nahezu 120 Millionen verschlang, ehe es plötzlich verschwand. Vorbei auch die Tage, da eine Redaktion unter Führung ihres Chefredakteurs sozusagen „über Nacht” den Verlag wechselte und aus dem (eher „schwarzen”) „Bild-Telegraf” der (eher „rote”) „Express” wurde. Das alles war einmal, so wie die „Neue Zeitung” einmal gewesen ist, in welche die Wiener SPÖ Unsummen steckte und prompt
Auf dem Villacher Parteitag der SPÖ entfesselte Bundeskanzler Dr. Kreisky mit dem Plädoyer für eine zweite, private Fernsehgesellschaft auf höchst spektakuläre Weise eine Diskussion. Diese Diskussion wird lange, laut und leidenschaftlich geführt und schließlich allen lästig werden. Erst dann wird der Zeitpunkt gekommen sein, an dem sich erkennen lassen wird, worum es wirklich geht. Und vor allem: ob es darum geht, wovon es heute heißt, es gehe darum!
Programmentwürfe und Programmdiskussionen, in denen versucht wird, einen „akzeptablen Uberbau“ zu konstruieren, sind heute ein in der Politik begehrter Artikel, obschon das erstaunlich klingt, da ja der ringsum einmütig konstatierte „Pluralismus“ eine strikte entgegengesetzte Dynamik entwickelt. Tatsächlich ist aber der Prozeß der „Programmierung“ in vollem Gange, auch bei uns in Österreich. Und mehr noch: so theoretisch das ganze Programmgeschäft sich anhört, so praktisch, wenn auch oft unbemerkt, setzt es sich laufend in die Tat um.
Was hier interessiert, ist nicht so sehr der „ökonomische Effekt“ der „Koordinierung“, die eine monopolisierende Konzernierung ist, sondern Was wenigen Österreichern und noch weniger einem Ausländer deutlich vor Augen steht, ist der Umstand, daß dieses Land auch insofern eine, diesfalls pseudomarxistische, „Insel der Seligen“ zu sein scheint, auf welcher der anderswo meist blutige Vorgang der „Expropriation der Expropriateure“ ganz friedlich bewältigt zu sein scheint.
In Agram wurden die Karten neu verteilt. Nachdem Tito selbst den „Resten von Nationalismus und Chauvinismus in Jugoslawien“ das letzte Gefecht angesagt hatte, das demnach die neu gestraffte Partei führt, schwemmte nunmehr eine Woge von Aktionen „Abweichler, Opportunisten, Sektierer, Nationalisten und Chauvinisten“ fort: alles Staats-, Partei- und Armeefunktionäre, die noch bis vor kurzer Zeit sowohl in der Partei als auch im Volk in hohem Ansehen standen. Nun sitzen „Neue“ auf den Stühlen und an den Schalthebeln der Macht. Zum Teil so neu, daß man außerhalb der engereen Parteizirkel ihre Namn bisher nie genannt hatte.
Es ist richtig, daß heute über den Wert der deutschen Ostpolitik nicht nur in Bonn, sondern auch in Paris, London, Rom und vor allem in Washington unterschiedliche Vorstellungen herrschen. Aber wie dem auch immer sein mag, vorherrschend ist die Vorstellung, daß „die Deutschen selbst den Weg finden müssen“. Und ebenso herrscht ringsum die Vorstellung, daß man nicht „wegen der Deutschen“ oder gar „wegen Berlins“ ungleich höhere, weit über den Köpfen der Deutschen gelegene Ausgleichsbestrebungen aufgeben möchte. Sollten „die Deutschen“ also, was ihr gutes Recht wäre, die
Viele Jahre ging alles ganz im Stillen vor sich: tagtäglich gelangten einmal kleinere, dann wieder größere Gruppen jüdischer Emigranten, zuerst vornehmlich aus Polen und Rumänien, später auch aus der Sowjetunion, per Eisenbahn nach Wien. Von hier wurden (und werden) sie samt ihren dürftigen Habseligkeiten, welche man sie hatte mitnehmen lassen, auf ein nahe bei Wien gelegenes Schloß gebracht, fast ohne Berührung mit österreichischen Behörden. Und wenig später verlassen sie Österreich wieder auf dem Luftweg in Richtung Israel.
Amerika hat jetzt gleich mehrere Male zugeschlagen, und mit jedem Schlag traf es vermeintliche oder,wirkliche Freunde, Verbündete oder Vasallen. Der erste Schlag erfolgte in Form der sich zur Weltwährungskrise ausweitenden Dollarkrise. Der zweite Schlag traf Amerikas Handelspartner durch die Einführung der protektionistischen Importabgabe. Der dritte Schlag galt der Entwicklungshilfe. Flankiert wurde diese Schlagserie durch eine Reihe weiterer Kniffe und Stöße, wie sie etwa erfolgten, als Amerika sich durch neue Hinweise und Drohungen der Ausweitung der EWG querlegte. Was immer in der Welt an antiamerikanischen Emotionen aufgestaut war, jetzt konnte es aus „berechtigtem Anlaß“ aufwallen. Der absolut häßliche Amerikaner betritt die Szene der Weltpolitik.
Daß sich «He Politik, speziell alle Wirtschaftspolitik und natürlich auch dus Wirtschaften selbst darum drehe, „Seiner Majestät, dem Konsumenten“ zu dienen, ist, obschon beharrlicli behauptet, längst ein Irrtum, wenn nicht Schlimmeres! Denn diese „Konsumenten-Majestät“ ist in der Tat zu einer breiigen, häßlichen und ganz unkenntlichen Masse zerquetscht worden, mit der man gierige Computer füttert. Außerdem hat diese Konsumentenmasse nun eben jene „dienende Marktfunktion“ zugewiesen erhalten, die man unlängst der Wirtschaft nachsagte. Daran ändert ein weithin ikn Gange
In der amtlichen „Wiener Zeitung“ erschien eine „Kundmachung des ORF“, welche „Richtlinien für Berichtigungen“ in Kraft setzt, die ab1. Juli 1971 „für alle Bereiche des ORF Gültigkeit haben“ und daher „der Öffentlichkeit mitgeteilt werden“.In fünf Abschnitten wird eine Begriffsbestimmung samt den üblichen Modalitäten dargeboten, alles in recht gesetzgeberischem Ton und auf den ersten Blick hin auch recht einleuchtend.Der zweite Blick stimmt dann schon kritischer. Denn da werden Begriffe beschrieben und Voraussetzungen hergestellt, die dem ohnedies sehr freizügig
Man ist versucht, sich die Augen zu reiben. Der Grenzer da vor unserem Autokühler sieht aus wie die leibhaftig auferStan- dene Deutsche Wehrmacht, vom Scheitel bis zur Sohle, von der Tellerkappe bis zu den derben Schuhen. Er trägt seinen bombastischen Sarrasani1, doch der ist das einzige, was an ihm glänzt. Denn er selbst blickt finster. Und finster wird’s auch bald uns vor den Augen, finster vor Wut. Man fragt sich: müssen sozialistische Staaten immer von martialisch aufgeblasenen, aus Prinzip unfreundlichen, diesfalls durch ihren ungute Erinnerungen weckenden Kommißton das alles noch unterstreichenden Wächtern bewacht werden?
Die Hoffnung auf ein „neues, modernes Pressegesetz" geht nun unerfüllt ins elfte Jahr. Abzusehen, wann und ob dieses Haupt-und Rahmenwerk endlich vorliegen wird, ist noch immer fast unmöglich. Vorerst halten wir bei einem „Bericht des Justizministers über die Reform des Presserechtes", den er dieser Tage dem Parlament hat zukommen lassen. Inwiefern dieser Bericht mit dem Gesetz identisch ist, läßt sich noch nicht sagen. Während also einerseits der Weg zur Adaption eines guten und wichtigen Gesetzes mühsam keuchend zurückgelegt wird, kam es auf einem Teilgebiet zu einer überraschend schnellen Vorlage. Die „Pressegesetznovelle 1971" ist fix und fertig. Sie enthält, was man nicht ohne insgeheimes Gruseln die „Offenlegung" nennt. So wird ein Teilgebiet, über welches es einander heftig widersprechende Meinungen gibt, zur Hauptsache, die Hauptsache aber zu einem immer wieder auf später verschobenen Versprechen!
Belt mehr als zehn Jahren wird in Osterreich, häufiger allerdings hinter als vor den Kulissen, die vom Justizministerium, der Regierung, dem Parlament, den Parteien, den Kammern, den gewerkschaftlich oder nicht organisierten Journalisten, den Verlegern, Herausgebern, l)mckern, Werbe- und Vertriebsgesellschaften und was da noch „zusammengehört", gestellt werden, um ein „neues, modernes Presserecht" gerungen. Und längst geht es nicht mehr allein um „gesetzlich Faßbares", etwa um widersin-nige Entgegnungsparagraphen und was an ihre Stelle treten sollte, sondern in viel höherem Maße, so hat es den Anschein, um die Ausfüllung des Begriffes ».Pressefreiheit" und um die „Transparenz" der Presse schlechthin.
Alle haben Fehler gemacht: die „slowenischen Organisationen“ in Kärnten ebenso wie der stockkonservative „Kärntner Heimatdienst“, die Regierungen in Laibach und in Klagenfurt, in Triest und Udine, in Belgrad, Wien und Rom. Fehler unterschiedlichen Grades und unterschiedlicher Art. Manche davon nahezu unbewußt. Viele im guten Glauben an eine gerechte Sache. Doch die Summe aller dieser Fehler geistert nun als Krise im Dreieck Laibach- Udine-Klagenfurt, in jenem Raume also, dessen amtliche und politische Repräsentanz noch bis vor kurzem stolz von einem „Klein-Europa“ sprach. Und es sind keine neuen Geister, die uns da schrecken; es sind die alten Gespenster der Vergangenheit!
Österreichs Nachbarn spielen aus unterschiedlichen Gründen eine jeweils sehr verschiedene Rolle: Staaten, die der EWG und der NATO angehören, befinden sich ebenso darunter wie solche, die zum System des Warschauer Paktes und des COMECON gehören; das EFTA-Mitglied Schweiz ist ein besonderer „vertraglicher Vergleichsfall“ hinsichtlich der eingenommenen Neutralität, hält sich dennoch aber, anders als Österreich, der UNO fern. Und dann ist da noch Jugoslawien, ein schwieriger Sonderfall zwischen Ost und West, federführend im „Block der Blockfreien“, seit 1948 eine Art „graue Zone“, nicht „West“, nicht „Ost“, dennoch aber auf mancherlei Art für Österreich von eminenter Bedeutung. Dies nicht nur des Umstandes wegen, daß auf österreichischem Staatsgebiet Slowenen und Kroaten siedeln, woraus allein sich schon ein „besonderes Verhältnis“ ergibt
Als mit dem Ende des ersten Weltkrieges auch jenes Modell an sein Ende gekommen war, von dem heute in alles verklärender Erinnerung als von einem „Modell Europas“ gesprochen wird, ging in Wahrheit ein ebenso grandioses wie widersprüchliches Reich, die österreichisch-ungarische Monarchie und mit ihr die Casa d'austria, an einer langen Reihe von nicht minder grandiosen Fehlern und Irrtümern zugrunde. Die Marxisten sagen: der Über- und der Unterbau einer Klassenherrschaft war an seinen inneren Widersprüchen gescheitert. Und in der Tat, daran mag einiges wahr sein.
Es ist ein Irrtum, zu erwarten, „Demokratisierung“ könne den ORF „objektiver“ machen. Jede „Demokratisierung“ läuft wesenhaft darauf hinaus, durch Abstimmung zu entscheiden. Die jeweilige Mehrheit stabilisiert vorübergehend die Verhältnisse und trachtet in einem unaufhörlichen Prozeß nach Verhältnissen, die wieder die erzielte Mehrheit stabilisieren. Mehrheiten aber müssen nicht „objektiv“ sein, ebensowenig, wie Minderheiten etwa „subjektiv“ sein müssen. Durch „Demokratisierung“ würde zunächst nur eines erreicht: die normative Kraft des Faktischen ins Spiel zu bringen, quasi nur von einer Mehrheit zur anderen.
Nicht nur am „Weltspairtag“, sondern auch angesichts der Rezession oder, wie man immer öfter sagen hört: der Krise, fehlt es nicht an Aufrufen, „mehr zu sparen“, den „Gürtel enger zu schnallen“, vor allem aber „wieder Maß hauten zu lernen“.Nun legt es aber auf der Hand, daß die Aufforderung an den Menschen, „Maß zu hallten“, toi der Praxis davon begleitet sein müßte, eine Gesefcchaift zu bilden, der brauchbare Maße innewohnen, an die sie sich halten kann. Ohne das wird sie nur geringfügige Dekoration einer konstanten Leere bleiben, die, weil bodenlos, vergeblich
Seit in der Bundesrepublik die große Koalition anhub, geriet die langjährige Miitregierungspartei der Freien Demokraten zusehends kl die dunklen Schattenzonen der politischen Landschaft Zu lange bloßer Behelf für knappe Regierungsmehrheiten oder Sperriegel gegen die SPD, rutschte sie seit dem Auslaufen der kleinen Koalition immer tiefer in die bloß lokalen unteren Gefilde innenpolitischer Bedeutung.Keinen LeibEntgegen einer weit verbreiteten Meinung ist die FDP nicht die liberale Partei scMechiÜhin als welche sie sich mitunter angesehen wissen möchte und als welche sie so oft angesehen
Nur selten hat sich ein Volk so lange und so nachhaltig dagegen gewehrt, Tatsachen der Geschichte zur Kenntnis zu nehmen, wie das deutsche. Seit 1945 lebt es in einer Art von politischem Trauma,in einem Zustand des Halbbewußtseins, und willig nimmt es jede Hilfe an, die sich anbietet, es darin zu erhalten.Da die Deutschen aber an einem neuralgischen Punkt Europas leben, kann es keinem Volk und keinem Staat dieses Kontinents gleichgültig sein, in welchem Bewußtseins-zustand sich die Deutschen befinden. Zwar spielt die „Deutschlandfrage“ gegenwärtig in der WeLtpolitik nicht mehr die