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Wie das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zustande kam - und wie Österreich diesen Richterspruch rückgängig machen will.

E s kam rasch - und doch wieder nicht: Bereits im Februar 1999 hatte die Europäische Kommission ein Beschwerdeschreiben gegen Österreich an den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg geschickt: Österreich würde durch sein "Herkunftslandprinzip" beim Unizugang eu-Ausländer diskriminieren. Schließlich müssten etwa deutsche Abiturienten einen Numerus-clausus passieren (also einen bestimmten Notendurchschnitt erreichen), um ein Medizin-Studium beginnen zu können. Ihren österreichischen Kolleginnen und Kollegen stünden hingegen die Unis auch bei mittelmäßigen Maturanoten offen. Im März 2003 folgte schließlich die offizielle Klage der Kommission - drei Monate später die Klagebeantwortung Österreichs: Auf 60 Seiten führte man Argumente und Statistiken an, warum das "Herkunftslandprinzip" beibehalten werden müsste.

Ohne Erfolg: Generalanwalt Francis Jacobs empfahl den Richtern im Jänner dieses Jahres, die österreichische Regelung aufzuheben - was sie am 7. Juli prompt taten. Tags darauf eröffnete der Nationalrat den Hochschulen die Möglichkeit, in acht Fächern (Medizin, Zahnmedizin, Veterinärmedizin, Biologie, Psychologie, Pharmazie, Betriebswirtschaftslehre und Publizistik) Studienplatzbeschränkungen einzuführen. Dennoch waren die Folgen weit reichend: Zwei Drittel der Inskribenten an der Medizin-Universität Graz kommen aus Deutschland, 55 Prozent sind es in Innsbruck.

Da diese Fälle beweisen würden, dass zumindest im Fach Medizin "der Bestand des österreichischen Bildungssystems im Allgemeinen und die Wahrung der Einheitlichkeit (Homogenität) der Hochschulausbildung im Besonderen gefährdet" sei, erhofft sich das Bildungsministerium nun ein Einlenken der Richter. Bis Ende Oktober sollen weitere notwendige Beweise vorliegen. Zudem hat eine interministerielle Arbeitsgruppe fünf Vorschläge erarbeitet, die nun von einem internationalen Expertengremium (mit Vertretern aus Österreich, Deutschland, Belgien, Frankreich und der Kommission) geprüft werden sollen.

Fünf Möglichkeiten

* Safe Guard-Klausel (Notfallregelung), die dann schlagend werden soll, wenn - analog den Arbeitsmarktbestimmungen - eine bestimmte Quote ausländischer Studierender überschritten wird.

* Anknüpfung an den Wohnsitz

* Zulassung nur auf Grund einer Studienberechtigung im jeweiligen Land (also im Grunde Rückkehr zum Herkunftslandprinzip)

* Finanzielle Ausgleichszahlungen

* Generelle Regelung auf europäischer Ebene als langfristiges Ziel

Bis Frühjahr 2006 soll zumindest für den medizinischen Bereich eine Regelung gefunden werden.

Indes haben namhafte Verfassungsrechtler Bedenken an den Vorschlägen angemeldet. Vor allem die eu-Konformität einer Quotenregelung wird bezweifelt. Bernd-Christian Funk, Professor am Institut für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Wien, teilt im furche-Gespräch die Zweifel an einer "Primitivquote" - und sieht doch eine Möglichkeit, wenn man eine solche Quotenregelung mit einer "Qualifikationsschranke" verbinden würde: "Das könnte ein Eignungstest für alle sein. Und dann werden etwa 80 Prozent an die bestqualifizierten Österreicher und 20 Prozent an die besten eu-Ausländer vergeben." Grundsätzlich gelte ja laut Funk der allgemeine Rechtsgrundsatz: "Es wird niemand gehalten, mehr zu leisten, als er leisten kann." DH

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