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Digital In Arbeit

AKTUELLER UND INFORMATIVER

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Die Festtage der Zehnjahrfeier des österreichischen Fernsehens sind vorüber. Man hat in den Wochen de« Hochsommers, der keiner war, mit Recht die Aufbauleistung des österreichischen Fernsehens gelobt. Und man hat allgemein nur Kritik daran geübt, daß es bis heute noch nicht möglich war, dieses Fernsehen in seiner gesamten Arbeit zusammenzufassen, dadurch zu rationalisieren und somit jenes Geld einzusparen, das nötig wäre, um das Programm zu verbessern. Nun gibt es aber eine Reihe von Verbesserungsmöglichkeiten, die in keiner Weise mit Geld Busammenhängen. Verbesserungsmöglichkeiten gerade auf Sektoren, die besonders interessant für die Fernsehteilnehmer Bind und bei ständigen Sendungen, die laut Anfragen die meistgesehenen überhaupt sind, nämlich bei den Aktualitätensendungen

Man muß hier vorausschicken, daß es wohl kaum eine schwierigere Arbeit gibt, als täglich zwei oder drei Kurznachrichtensendungen zusammenzustellen und dazu noch zwei Sendungen „Zeit im Bild“. Das österreichische Fernsehen, das lediglich über einen internationalen Fernsehbilderdienst verfügt, aber über keinen eigenen international anschreibbaren Fernschreiber, hat deshalb naturgemäß unter einem gewissen Aktualitätsverlust zu leiden. Dies aber wieder ist für den Fernsehteilnehmer, der die höchste Monatsgebühr in ganz Europa bezahlt, uninteressant.

Bei allem Verständnis für die Schwierigkeiten bei den Aktualitätensendungen im österreichischen Fernsehen, spitzt «ich der Wunsch der Bevölkerung auf die klare Richtung nach rascherer, aktuellerer und objektiverer Information zu.

Es sei noch eine Entschuldigung für die Wiedengabeschwierigkeiten aktueller Nachrichten angeführt. Da der Nachrichtensprecher im Bild erscheint, erhalten die vorgelesenen Nachrichten allein schon durch seinen Gesichtsausdruck und durch seinen Tonfall einen Ausdruck, der bei reiner Tonwiedergabe möglicherweise nicht vorhanden wäre. Es wirkt außerdem ein dunkler Anzug mit dunkler Krawatte auf die Nachrichtenwiedergabe wesentlich anders, als ein Sportsakko, usw. Hier also liegt bereits der Fall eines optischen Konsumierens einer Nachricht vor, obwohl die Nachricht nicht durch die Wiedergabe eines Stehkaders oder gar eines Laufbildes unterlegt ist.

Bleiben wir bei den Nachrichtensprechern selbst und gestehen wir jedem einzelnen zu, daß die Tagesform nicht immer gleich sein kann und daß es langsam fast unmöglich wird, die Namen neuer Regierungschefs oder Generäle aus dem südostasiatischen Raum auf Anhieb richtig auszusprechen. Anders allerdings ist schon die Frage der Satzbetonung gelagert. Bei Publikumsumfragen haben Sprecher ausgezeichnet abgeschnitten, bloß deshalb, weil sie jünger, sportlicher und sympathischer auf dem Bildschirm wirken. Wer sich allerdings der Mühe unterzieht, während der Nachrichtenwiedergabe die Augen zu schließen, wird des öfteren seine Wunder erleben. In den abgelesenen Sätzen gibt es keine Interpunktion, und Atempausen werden sehr oft an Stellen eingeschaltet, die für die Nachricht selbst sinnstörende Wirkung hervorrufen.

Vergleicht man Aktualitätensendungen mit Tageszeitungen, so kommt man sehr oft zu dem bedauerlichen Schluß, daß in den Redaktionen beim Rundfunk und besonders beim Fernsehen keine erfahrenen Journalisten sitzen. Der Grund für diese Annahme rührt daher, daß die Aufmacher-nachricht, also jene Tagessensation, die auch in der seriösen Tagespresse ihren Niederschlag fände, bei den Fernsehnachrichten erst quasi auf der fünften oder sechsten Seite kommt. Dafür aber eine Nachricht, die bestenfalls in der Tagespresse als Einspalter auf Seite fünf ihren Niederschlag fände, im Fernsehen allein durch die zeitliche Einordnung weit größeres Gewicht bekommt. So ergibt sich im Zusammenwirken mit der optischen Nachrichtenkonsumation und der zeitlichen Nachrichteneinordnung eine „Nachrichtenpolitik“.

Seit Juli dieses Jahres hat man einige Male und dies jeweils zwei oder drei Tage hindurch eine ausgezeichnete Nachrichtentrennung durchgeführt Zu Beginn der zweiten

Sendung „Zeit im Bild“, also am Spätabend jeden Tages, hat der Sprecher eine Zusammenfassung der wichtigsten Meldungen des Tages vorgelesen. Eine ausgezeichnete Einführung, vor allem für jene Fernseher, die nicht tagsüber genügend Zeit haben, Rundfunknachrichten zu hören oder Nachmittagsblätter zu lesen.

Eine andere Möglichkeit, die ebenfalls des öfteren in den letzten Wochen praktiziert wurde und vermutlich von einem anderen verantwortlichen Redakteur stammt, war das Verlesen internationaler Nachrichten und dann erst unter der Bezeichnung „Nachrichten aus Österreich“ eine Zusammenfassung der österreichischen Nachrichten. Beides hat in einer Kombination sehr viel für sich. Der Fernseher ist über die wichtigsten Tagesereignisse informiert, er hört als nächstes die neuesten internationalen Meldungen und dann zusammengefaßt alle Meldungen aus Österreich. Normalerweise wird völlig durcheinander gemischt. Nach Vietnam kommt eine Erklärung des US-Außenministers, nach dieser eine Warnung zu Budgetproblemen des Finanzministers, dann eine Demonstration in Athen, ein Rassenkonflikt in Boston und eine Erklärung des Landwirtschaftsministers nach seiner Rückkehr aus Dänemark. Dieses unkontrollierte Durcheinander der Nachrichtengebung muß auf den Fernseher verwirrend und bald darauf störend wirken.

Die aktuelle Berichterstattung, die sich neben Bildern aus Österreich fast ausschließlich auf Bilder aus Afrika und besonders aus dem fernöstlichen Raum sowie aus USA und Mittelamerika beschränkt, läßt die Sorge aufkommen, ob denn in Westeuropa so wenig Interessantes los sei, daß man von dort so wenig Bilder zu sehen bekommt. Man darf annehmen, daß dies in erster Linie auf den Liefervertrag mit einer ausgesprochen amerikanisch orientierten Aktualitätenproduktion zurückzuführen ist.

Verstimmt ist der Fernseher, wenn beispielsweise am 5. September in den Kurznachrichten der Landwirtschaftsminister mit einer Erklärung über seinen Dänemarkaufenthalt zitiert wird, diese Erklärung aber in den weiteren Nachrichten nicht mehr wiederholt wird, obwohl dies bei anderen, weit weniger interessanten Nachrichten geschieht. Oder ein anderes Beispiel. Am 18. August wurde in den Kurznachrichten um 19 Uhr, die für die gesamte Bevölkerung interessante Freigabe des Äpfelimportes mitgeteilt. In den späteren Nachrichtensendungen fand sich diese Nachricht nicht mehr. Dafür aber wurde beispielsweise die chinesische Warnung an London wegen Benützung von militärischen Einrichtungen in Hongkong durch die Amerikaner an zwei Tagen hintereinander wiederholt und besonders hervorgestrichen. Gleiches geschah am 4. und 5. September mit Zitaten aus dem Kommunique nach den Verhandlungen zwischen Tito und Nasser. Hier hat man das Gefühl, daß in der Nachrichtenredaktion nicht genug kontrolliert wird und daß man es versäumt, die Nachrichten nach ihrer Wichtigkeit für den österreichischen Fernseher zu überprüfen und in den Gesamtnachrichtendienst einzubauen.

Diese Einzelbeispiele können bei genauer Kontrolle des Aktualitätendienstes im österreichischen Fernsehen leicht und fast täglich ergänzt werden. Es liegt also keineswegs Unvermögen vor, denn sehr oft klappt es ausgezeichnet und man hat kurzfristig auch neue Ideen mit Erfolg erprobt. Es liegt auch kein Fehlen materieller Voraussetzungen vor, da es nichts mehr kostet, ob man die Nachricht als dritte oder als fünfte bringt, es ist einfach die liebenswürdige, nette, österreichische Schlamperei.

Wir wollen ganz bewußt betonen, daß es an dieser Stelle darum ging, die kleinen Fehler, die sehr leicht ohne Kosten und ohne politische Schwierigkeiten im Interesse der Fernseher aus der Welt zu schaffen sind. Eine ganz andere Frage natürlich wäre jene der bewußten Nachrichtenbeeinflussung, der überlegten Nachrichtenwertung und der Bildauswahl aus politischen oder parteitaktischen Gründen Über dieses Problem wird es einige Wochen nach Beginn der innenpolitischen Herbstarbeit in Österreich sicherlich manches zu berichten geben.

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