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Akzeptieren der Religion?

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Natürlich ist dies nicht der einzige und auch gar nicht der entscheidende Anhaltspunkt für ein sachgerechte Darlegung des Verhältnisses der Katholiken zu ihrer Kirche, das hier in soziologischen Dimensionen und nicht so sehr als Glaubenswirklichkeit gesehen wird. Es gibt nämlich darüber hinaus eine Reihe von Handlungen, welche die Mehrzahl der Katholiken setzt und die eine Zustimmung zur Kirche beinhalten, wobei noch offen bleibt, ob diese Zustimmungshandlungen all-gemeinireligiöser Natur sind oder die Kirche als Kirche meinen. Die Tatsache, daß nahezu alle Katholiken ihre Kinder taufen lassen, wurde schon erwähnt. Dasselbe ist vom Interesse der Eltern an der religiösen Erziehung und der religiösen Praxis ihrer schulpflichtigen Kinder zu sagen. Wie allgemein bekannt ist, gibt es fast niemanden, der sein Kind vom Religionsunterricht abmeldet und nicht zur Erstkommunion oder Firmung führen ließe. Wenn man von diesen Fakten redet, begegnet man nicht selten dem Einwand, daß es sich da um „schulischen Druck“ und „gesellschaftliche Konventionen“ handle. Die Untersuchung über das religiöse Verhalten der Industriearbeiter hat aber gezeigt, daß es selbst in Arbeiterkreisen eine durchgängig anerkannte Meinung ist, Religion sei für die Familie und die Kinder notwendig. Das bedeutet aber, daß diese Arbeiter der Religion in ihrem engsten Lebensbereich eine selbstverständliche und gar nicht unwichtige Rolle zubilligen. Was das in seiner letzten Konsequenz bedeutet, kann erst dann recht abgeschätzt werden, wenn man weiß, was dem Arbeiter die Familie bedeutet. Außerdem kann nie von vornherein ausgeschlossen werden, daß eine religiöse Handlung, welche durch das Brauchtum oder gesellschaftliche Konventionen ausgelöst wird, nicht doch ein echter religiöser Vollzug ist. Das hängt vielleicht letztlich nicht einmal so sehr oder nur ausschließlich von den religiösen Voraussetzungen ab, die mitgebracht werden, sondern vielmehr davon, ob Verkündigung und Liturgie diesen vielleicht minimalen Voraussetzungen inhaltlich und formal entgegenkommen. Was das für die Verkündigung, die Liturgie und auch für die Ausbildung der Priester bedeutet, von denen ein Gespür, eine Sensibilität für die jeweilige religiöse Gesamtsituation des Gläubigen verlangt werden müßte, mit dem er zu tun hat, kann hier nicht näher dargelegt werden.

Zu dieser Reihe von Zustimmungshandlungen zur Kirche sind weiters die kirchlichen Begräbnisse und Trauungen zu zählen, Ein stichprobenartiger Überblick über die letzten zehn Jahre hat ergeben, daß weit mehr als 90 Prozent der verstorbenen Katholiken kirchlich beerdigt wurden, Der Anteil der kirchlichen Trauungen an den Eheschließungen, bei denen eine kirchliche Eheschließung prinzipiell möglich war, erreichte eine ähnliche Höhe, Diesbezüglich scheint eine Randbemerkung angebracht zu sein. Wenn man etwa in den Statistiken über Wien einer Zahl von 46 Prozent nicht kirchlich geschlossener Ehen begegnet, dann muß man berücksichtigen, daß In Wien in

40 Prozent aller standesamtlich geschlossenen Ehen eine kirchliche Trauung gar nicht möglich war.

Gottesdienstbesuch ist regional Sehr verschieden

Die österpflicht erfüllten in Österreich laut kirchlicher Statistik je nach Jahr 30 bis 40 Prozent. Und damit stehen wir bei der Frage nach der Beteiligung der Katholiken am Gottesdienst, einem der bedeutendsten Indizien für die Lebendigkeit des kirchlichen Lebens. Das Ausmaß dieser sonntäglichen Meßbeteiligung wurde seit 1988 in den sogenannten Kirchenbesuchs-zählungen erhoben. Das handliche Ergebnis dieser Zählungen sind die Gottesdienstziffern, welche den prozentuellen Anteil der Meßbesucher an den zum Meßbesuch verpflichteten (Katholiken weniger rund 15 Prozent Entschuldigte) angeben. Ein Überblick über die zahlreichen Kirchenbesuehszählungen in unserem Land zeigt, daß der Meßbesuch regional sehr verschieden ist. In der Diözese Wien gehen im Durchschnitt etwa. 88 Prozent zur Sonntagsmesse, in Tirol und Vorarlberg sind es 64 Proient. Der gesamtösterrelchi-sche Durchschnitt liegt bei 35 Prozent. Solche grobe Ergebnisse können allerdings sehr irreführend sein und bedürfen einer näheren Aufgliederung. Man findet dabei, daß die Gottesdienstziffer niedriger ist, WO mehr städtische Bevölkerung lebt, WO die Bevölkerungedichte größer ist und wo der Anteil der in Industrie und Gewerbe beschäftigten Arbeitsbevölkerung überwiegt. In den Städten gibt es starke pfarrliche Unterschiede. So haben die einzelnen Pfarren in Innsbruck Gottesdienstziffern zwischen 19 und 76 Prozent, Klagenfurt von 12 bis 34 Pronent oder St. Pölten (Stadt) von SO hie 42 Prozent.

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