6615448-1955_28_09.jpg
Digital In Arbeit

Albertus-Magnus-Universität

Werbung
Werbung
Werbung

Das in Zusammenhang mit dem österreichischen Staatsvertrag herausgegebene Weißbuch der österreichischen Bischöfe fordert unter anderem die freie Schule. Hierdurch werden wir auch an jenes Anliegen gemahnt, das seinerzeit als „das dringlichste der Katholischen Aktion in Oesterreich“ bezeichnet worden ist: die katholische Universität.

Daß vor kurzem die Anregung, in Salzburg die alte Benediktiner-Universität wieder aufzubauen, von der Wirtschaft ausging, mußte in verschiedenen Kreisen zu Widerspruch führen, nicht zuletzt darum, weil — dies sei bei aller Freude über das Interesse der Salzburger Handelskammer gesagt — eine katholische Universität in der Tat nicht zunächst eine wirtschaftlich rentable Angelegenheit ist. Besinnung auf Wesen und Ziele ist darum angebracht.

Die heutige Tendenz, nicht von einer katholischen, sondern von der Salzburger Universität zu sprechen, mag Andersdenkenden gegenüber vorteilhaft sein, damit das Anliegen in seiner Wichtigkeit auch von anderen Gesichtspunkten her erkannt wird. Lebenswichtig bleibt der Aufbau aus dem innersten Kern. Die künftige Universität wurde nach der Tradition der alten Universität der Unbefleckten Empfängnis geweiht. Sie tragt den Namen des universalen deutschen Kirchenlehrers. Es hieße Quellen und Wirkkräfte auch rein geschichtlich verkennen, wollte man so tun, als ob diese Beziehungen nur angehängte Begriffe wären. Die alten Aufbaumittel waren nach dem Willen der Bischöfe Opfer und Gebet. Nur echte religiöse Innerlichkeit wird im geistigen Bereich jenen Grad an Katholizität erreichen, der dem Liberalismus innerlich gewachsen ist. Aber nur das „Katholon“ gibt die wahre Freiheit, die jeder Neuheit, woher sie komme, mit Ruhe, Offenheit und Wohlwollen gegenübertreten kann.

Dabei sollen auch die Einwände nicht übersehen werden, die man gegen den Wiederaufbau der alten Salzburger Universität auch auf katholischer Seite erhebt: Oesterreich brauche keine vierte Universität; eine katholische Universität würde tüchtige katholische Dozenten von anderen Universitäten abziehen, wo sie notwendiger wären; es mangle an Köpfen für eine katholische Universität; für eine freie katholische Univer-

sität würde die nötige materielle Grundlage fehlen. — Hierauf ist zu erwidern daß die Albertus-Magnus-Universität nicht nur von österreichischen Hörern besucht werden wird, sondern für den gesamten deutschsprachigen Raum gedacht ist, ferner, daß sie keine staatliche, sondern eine freie Universität ist und andere Aufgaben als die staatlichen Universitäten hat. Als Pflanzstätte für künftige katholische Dozenten würde sie nicht nur die katholische Universität versorgen, sondern auch und erst recht Dozenten für die staatlichen Universitäten heranbilden. Die Salzburger Hochschulwochen, verheißungsvolle Vorschau auf die künftige universitas, lehren, daß es „Köpfe“ heute schon in genügendem Maße gibt, die sich auch der größeren Sache zur Verfügung stellen würden. — Die Finanzierung wäre zweifellos schwierig, doch, wie das Beispiel des Auslandes lehrt, führt Ausdauer und Zähigkeit überall zum Ziel. Auch ist eine katholische Universität billiger als eine staatliche Universität, da sie keine teuren Laboratorien braucht, sondern ihre Hauptaufgabe in einer philosophischen Grundlegung der Fächer sieht.

Ueber das Gesicht der künftigen Universität scheint bei Freund und Feind noch manche verworrene Ansicht zu herrschen, weswegen es gut ist, sich ins Gedächtnis zu rufen, was schon vor 1938 von der hierfür eingesetzten bischöflichen Kommission unter Führung von P. Wilhelm Schmidt erarbeitet worden ist. Ohne den Erkenntnissen und Plänen des neu gebildeten Kuratoriums vorgreifen zu wollen, ist anzunehmen, daß die neue Planung in den Grundzügen an die früheren Richtlinien anknüpfen wird.

„In der nüchternen Sprache juristischer Formulierung“ wird hier „die Idee eines weltanschaulich geschlossenen und geistig einheitlichen, von echter Philosophie fundierten Hochschulstudiums, verbunden mit einem ganz neuartigen Erziehungsplan“ sichtbar. An Stelle einer zusammenhanglosen Vielheit soll hier etwas Ganzes geboten werden. Ziel ist „die Heranbildung eines körperlich und seejisch gesunden und leistungsfähigen, am geistigen Leben der Zeit teilnehmenden, in der Gemeinschaft des Standes, Volkes und Staates verwurzelten.sittlich verantwortungsbewußten Akademikerstandes.“

Darum soll die Auswahl der Hörer besonders sorgfältig sein. Jeder Planlosigkeit in der Auswahl der Vorlesungen soll vorgebeugt werden. Größter Wert wird auf die Grundlegung jeden Fachstudiums durch eine philosophische Allgemein- und Spezialausbildung gelegt. Neben Vertiefung des Fachwissens und Vorbereitung auf den praktischen Beruf soll zu selbständiger wissenschaftlicher Forschung angeleitet werden. Den Uebungen und Seminarien wird weitgehende Bedeutung beigemessen. Die Forschungsgemeinschaften der verschiedenen Fachgruppen, bestehend aus Professoren, Assistenten, Hilfskräften und Habilitanden wie einzelnen ausgewählten Studierenden höherer Semester, sollen regelmäßig zu gemeinsamen Konferenzen unter dem Vorsitz des Rektors zusammentreten, um nach dem Vorbild der großen wissenschaftlichen Akademien wissenschaftliche Erkenntnisse auszutauschen. — Ferner soll nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch Wollen geformt werden: durch die Erziehung in der Lebensgemeinschaft der Studierenden, die in Kollegs zusammengefaßt sind. Hier wird sich — in Gottesdienstfeiern und Exerzitien, in Sport, Heim- und Ausspracheabenden — starkes inneres und äußeres Leben entfalten. Hinsichtlich der Ordnung seilen die Gemeinschaftshäuser weitgehend von den Studierenden selbst verwaltet werden. Eine wichtige Persönlichkeit wird der für die Erziehung verantwortliche Magister sein, der Leiter der gesamten Studentenerziehung ist.

Wie können diese Pläne verwirklicht werden? Der erste Schritt wäre der Ausbau des päpstlichen philosophischen Instituts zu einer philosophischen Fakultät, mit Flügelansatz etwa zu einer wirtschaftswissenschaftlichen und einer juridischen Fakultät, eventuell mit dem Einbau klinischer Semester, wodurch der spätere Aufbau einer medizinischen Fakultät grundgelegt wird. Was hierzu vom Staat zu wünschen wäre, ist die Anerkennung der Examina und Grade, wie dies bei jeder anderen katholischen Universität üblich ist, nach dem Beispiel der durch das Konkordat garantierten Anerkennung des römischen theologischen Doktorats. — Die Mittel zum Aufbau ergeben sich aus der steigenden Mitgliederzahl und dem Stifterfonds des LIniversitätsvereins, den Sammlungen am Universitätssonntag, eventuell auch aus der Bereitschaft der Bundesländer, die seinerzeit beachtliche Summen für Lehrstühle gestiftet haben. Schließlich aus dem Interesse katholischer und kulturell beflissener Kreise in der deutschen Bundesrepublik, in der Schweiz, Holland und in der ganzen katholischen Welt.

Doch muß festgestellt werden: Die Albertus-Magnus-Universität ist zunächst eine österreichische Angelegenheit. In der Welt von morgen wird sich Oesterreich in erster Linie als geistige und moralische Macht behaupten können, und es liegt in seiner Tradition begründet, daß diese Macht nur eine katholisch-geistige und eine universale, völkerverbindende Macht sein kann. In diese Richtung müssen auch die Anstrengungen gehen. — Ein Wort Kardinal Innitzers zum Volksopferjahr für eine katholische Universität, Salzburg 1937: „Die Katholiken Oesterreichs werden, geführt von ihren Bischöfen, der Welt das Beispiel geben, was auch ein kleines Volk, das über schwerste und unverdiente Not hinweggegangen ist, aus eigener Kraft zu leisten vermag, wenn es erfüllt ist von einem lebendigen Glauben, einer heißen Liebe zur Heimat und von mutigem Bekenntnis zu seiner Sendung.“

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung