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Alternative zum Wehrdienst?

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Vor wenigen Tagen haben das österreichische Fernsehen und anschließend die Presse die Frage auf- gegriffen, ob in Österreich eine gesetzliche Regelung getroffen werden kann, die es jungen Männern ermöglicht, an Stelle ihres Präsenzdienstes einen Alternativdienst im Sinne der personellen Entwicklungshilfe zu leisten. Diese Fragestellung ist nicht neu. Die „Furch e“ hat dieses Problem schon öfter behandelt, zuletzt in Nr. 10/1968. Das Bundesministerium für Landesverteidigung hat inzwischen klargestellt, daß an eine besondere gesetzliche Regelung eines zum Präsenzdienst alternativen Entwicklungshelferdienstes nicht gedacht sei, daß aber das Wehrgesetz die Befreiung von der Ableistung des ordentlichen Präsenzdienstes für den Fall des „öffentlichen Interesses“ ohnehin vorsieht. Die Möglichkeit eines Alternativdienstes ist also gegeben, wenn die Tätigkeit eines Entwicklungshelfers als „im öffentlichen Interesse“ gelegen interpretiert wird. Kritiker dieser Klarstellung weisen darauf hin, daß es sich bei dieser „Lösung“ um keine sehr glückliche Form handelt, daß man vielmehr grundsätzlich nach Möglichkeiten und Wegen suchen sollte, an die Stelle der bisherigen allgemeinen Wehrpflicht eine allgemeine Dienstpflicht zu setzen, in der auch der Wehrdienst seinen Platz haben soll. In diesem Zusammenhang verdient eine vom Zentralführungskreis der Katholischen Studierenden Jugend in diesen Tagen verabschiedete Resolution besondere Bedeutung: „Angesichts der Tatsache, daß:

• der Dienst mit der Waffe nicht für jeden Christen im Hinblick auf die heutige Kriegstechnik und die bekannte Problematik der Vernichtungswaffen im Gewissen annehmbar und durchführbar ist;

• der nationale und internationale Frieden am besten durch rechtzeitige Aufbaumaßnahmen im Sinn der inneren Notstand)sarbeiten und der internationalen Entwicklungshilfe und Zusammenarbeit gesichert wird;

• Entwicklungshilfe und technische Assistenz nach den gemachten Erfahrungen am besten und wirkungsvollsten durch den Einsatz von wohlvorbereitetem und opferbereitem Personal geleistet wird;

• den jungen Menschen, die zwei bis drei Jahre ihres Lebens in den Dienst der Entwicklungshilfe stellen besonders aber den Akademikern, deren Berufsausbildung ohnedies schon eine beträchtliche Zeit in Anspruch nimmt — eine zusätzliche Wehrdienstleistung nicht zumutbar ist;

appelliert die Katholische Studierende Jugend Österreichs an alle zuständigen Stellen, insbesondere an alle verantwortungsbewußten Fachleute und Politiker, sich dafür einzusetzen, daß für die österreichische Jugend an Stelle der allgemeinen Wehrpflicht eine allgemeine Dienstpflicht und somit die Möglichkeit eines oder mehrerer Alternativdienste nach freier Wahl und Eignung des Dienstpflichtigen geschaffen wird.

Dieser Alternativdienst soll in keiner Weise unterschiedlich oder diskriminierend behandelt werden. Im Normalfall sollte er also denselben zeitlichen und materiellen Be dingungen wie der Dienst mit der Waffe unterworfen sein und die jungen Menschen für den sozialen Dienst, für Krankenpflege (Österreichisches Rotes Kreuz), infrastrukturelle Maßnahmen in Notstandsgebieten und für die Katastrophenhilfe ausbilden und einsetzen.

Dieser Einsatz kann grundsätzlich sowohl im Inland als auch auf Wunsch der zuständigen Regierung im Ausland erfolgen und entspricht der Brückenstellung der positiven Neutralität Österreichs.

Freiwillige dieses Sozialdienstes sollten die Möglichkeit haben, an Stelle der allgemeinen Wehrpflicht bei mindestens zwei- bis dreijähriger Verpflichtung als Entwicklungshelfer’, ,Mitarbeiter’ oder ,technischer Assistent’ im Rahmen der nationalen oder internationalen personalen Entwicklungshilfe und Zusammenarbeit in ein Entwicklungsland entsandt zu werden.“

Es bleibt zu hoffen, daß die zuständigen öffentlichen Stellen diese Anregung, die ja schon mehrfach und von verschiedener Seite gebracht wurde, auf greifen und daß Wahrheit wird, was Thom Kerstiens in seinem Referat beim II. Weltkongreß für das Laienapostolat im vergangenen Oktober in Rom sagte: „Unsere Kinder sollen auf die Frage ,Wo hast du gedient?’ nicht mehr anworten müssen ,In der 15. Division’ oder ,In der Königlichen Marine’, sondern antworten können: ,lch diente in einem Krankenhaus im Kongo, in einer Schule in Cochabamba oder beim Straßenbau in Kambodscha.’ “

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