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Anaepaßte Universität I Von Dr. K. Petsche

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Gespräche am Ende der Krise und rechtzeitige Reformen — ohne Unruhen — sind das erste Ziel der österreichischen Hochschulplanung. Die Zuerkennung des Primates der Bildungs- und Wissenschaftspolitik vor anderen Zweigen der Politik muß endlich Wirklichkeit werden.

Nicht nur Berkeley, Berlin und Paris sind die Stationen dieser glaubwürdigen Spontaneität der intellektuellen Revolte in weltweiter Anlage. Selbst das Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin büßte durch Streik und Abwanderung seiner akademischen Lehrer an Ansehen und Leistung ein; zurücktretende Rektoren sollten aber beiden beteiligten Seiten zu denken geben.

Aus der Modellsiiltuation, in der sich die deutsche Universität, die sich längst des Humboldtschen Ideals begeben mußte, befindet, kann unser Land nur lernen und so dem „Argument” Gewalt ausweichen. Leider bleibt die höhere Einheit von Theorie und Praxis selten durchschauter Widerspruch oder bleibt in der Arroganz des Allgemeinen stecken. Die vielbemühte Formel von Evolution statt Revolution hilft sowieso nur den Friedfertigen weiter. Auch leistet die gängige Reduzierung auf das Generationsproblem nichts und ist überdies falsch.

Die jeweilige, teilweise autonome Hochschulgesetzgebung weist unterschiedliche Reifegrade der Demokratisierung auf. Die Trefflichkeit des Prinzips bleibt unbestritten, docl scheinen die verschiedenartiger funktionalen und qualitativen Faktoren, die das integrale Ganze: Universitas ausmachen, im Lärm der Straße unterzugehen. Österreich kann nur mit sofortiger Bereitschaft zu sachlicher Diskussion und konse- quenterweise zur Aktion dem drohenden Chaos zuvorkommen. Es wirken ohnehin politische Einflüsse und eine schwerfällige Bürokratie im logischen Gegensatz zum in Frage stehenden Ziel einer Selbstverwaltung der Universität. Von diesem Punkt aus erhebt sich der Ruf nach Drittelparität oder anderen Formen von Parität Hans Leussink, Karlsruhe, warf sogar eine „Viertelparität” als Berücksichtigung der an den Universitätsabsolventen interessierten Institutionen und Wirtschaftszweigen ins Gespräch. In der Folge würde das richtige Wort aus dem Mund des Finanzministers dann auf größere Spendefreudigkeit der österreichischen Wirtschaft vielleicht nicht zu lange warten lassen.

Die westdeutsche Rektorenkonferenz hat auf ihrer Plenarversammlung in Saarbrücken eine feste prozentuelle Aufteilung abgelehnt und wie folgt begründet: „Die Angelegenheiten der Universität als einer Körperschaft der Lehrenden und Lernenden fallen grundsätzlich in die Beratungs- oder Entscheidungskompetenz aller ihrer Mitglieder. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Mitglieder der Universität verschiedene Qualifikationen haben, verschiedene Funktionen wahrnehmen und verschiedene Verantwortung tragen.” Demgegenüber halten die Studenten bekanntlich an der Drittelparität fest, anscheinend ohne zu erkennen, wie diese selbst auf schnellstem Weg zu einer Form des Establishment erstarren wird.

Ein gewisser Abbau der autoritären Unterrichtestruktur ist legitim, doch sei an die Unteilbarkeit jeder wahren Autorität erinnert; wir haben also einen Vorsprung mit inhärenter Begrenzung vor uns; wehe, wenn erst die Selbstzerstörung diesen Prozeß zum Einhalten zwingt. Eine bestimmtere Haltung der Behörden als Vertreter der Gesellschaft und der Öffentlichkeit könnte dies auch den studentischen Berufsrevolutionären einleuchten lassen.

Der (im Vergleich mit anderen europäischen Ländern) eher konservative Gesichtspunkt der Vertreter der „Intelligenz” Österreichs könnte den Ausschlag geben und — ohne über den Umweg von Demonstrationen und letztlich unerfüllbaren Forderungen — zur entscheidenden, legislativen Tat gelangen, bevor auch wir einer Spielart von Kulturrevolution gegenüberstehen. Freilich lassen administrative, gesetzliche, und dann wieder administrative Schwierigkeiten und Geldmangel oft den Mut sinken, doch ist eine gesichtete und aufgeschlüsselte Dokumentation aller vorliegenden Resolutionen bei der erforderlichen Langfristigkeit jeder Hochschulplanung (z. B. eigentlich zehn Jahre Planung für eine Neugründung) unerläßlich. Die zu erhoffenden Maßnahmen des Gesetzgebers brauchen einen Katalog der offenen Fragen als Ausgangsgrundlage. Die Hochschulreformkommission sollte in der Lage sein, einen Reformplan innerhalb von Jahresfrist vorzulegen. Das Allgemeine Hochschulstudien- und das Hochschulorganisationsgesetz erweisen sich jetzt als wertvolle Stützen, auf welchen die Neugliederung und Straffung des Studiums sowie Organisation, Lehre und Forschung im speziellen aufbauen können.

Gefordert wird eine maßvolle und zeitgerechte Erneuerung der Universitätsstruktur, die die nachbarlichen Vorschläge mit unseren Gegebenheiten ausgleicht und die auch in etwa von den vier Konzeptionen von Reformmodellen Ernst Noltes modifiziert wird.

Viele der Probleme sind in der Entwicklung und Vergrößerung der Universität als Institution begründet: hier erscheinen Neubestimmung des Standortes von allgemeinbildender höherer Schule und Hochschule. andere Zulassungsbedingungen außer Matura, die „sukzessive” Habilitation, eine organische Erneuerung des Berufungsverfahrens und damit endlich Übergang von der alten Fakultätengliederung zum modernen Departmentsystem, die vielfältigen Anliegen der Berufsausbildung der Gymnasiallehrer, numetus clausus (dem letztlich das Grundrecht auf freie Berufswahl entgegensteht!), der europäischen Äquivalenz von Hochschulzeugnissen und akademischen Graden, eine weitere multilaterale Generalkonvention im Europarat, team work und big science als ungleich wichtiger als „Drittelparität” und „Ausbruch aus der Wohlstandsgesellschaft, der geistige Werte fehlen”.

An „Kritische Universität”, Massenuniversität und Herbert Marcuse haben wir uns schon gewöhnt. Es ist jedoch nicht einzusehen, warum die explosion scolaire, die ihre schärfste Auswirkung auf der Universität hat, so wenig als historischer Ablauf gesehen wird, der gesteuert werden kann und muß. Die härtesten Jahre kommen erst; die neuen Tatsachen verlangen neue Denkweisen.

Eine halbe Million lebt davon

Dies ist, gesamtwirtschaftlich betrachtet, deshalb sehr erfreulich, weil die Bauwirtschaft mit einem Anteil von 11 Prozent am Bruttonationalprodukt zu den Schlüsselzweigen der Wirtschaft zählt. Rechnet man die Familien der in der Baubranche Beschäftigten dazu, dann leben in Österreich immerhin 500.000 Menschen von dieser Sparte.

Klagte die Bauwirtschaft noch vor kurzem den Wohnbau der Bundesländer als Mitschuldigen an einer schlechten Auftragslage an, so zeigt die Prognose für 1969, daß im kom- 1 enden Jahr gerade die stärksten Impulse mit einer bauwirksamen Summe von 6,5 Milliarden Schilling von dort ausgehen werden. Das ist für den Wohnbau ein absoluter Rekord.

Sehr interessant sind auch die Vorhersagen über die Bauinvestitionen des Bundes, die laut Beirat 14,5 Milliarden Schilling betragen werden. Hiezu kommen noch Aufträge der Länder in Höhe von 5,3 Milliarden und der Gemeinden von weiteren 5 Milliarden Schilling. Auch die Elektrizitätswirtschaft ragt mit Bauaufträgen von 1,6 Milliarden Schilling aus dem vom Beirat zusammengetragenen Bündel vielfältiger Investitionen heraus.

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