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Bereits erkennbare Schwerpunkte

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Welche Schwerpunkte, die in der künftigen Synode voraussichtlich behandelt werden, lassen sich nun erkennen?

Die Hauptarbeitsleistung hat die Kommission V, „Seelsorger und Seelsorge“, erbracht. Hier liegt gewiß einer der Schwerpunkte, wenn auch in der Sitzung der Zentralkommission schon am Wort „Seelsorge“ Kritik geübt wurde, weil es zu sehr den Eindruck von aktiven Seelsorgern (= Priestern) und von passiven „Beseelsorgten“ (= Laien) erwecke, und zu wenig dem Gedanken der von allen getragenen missionarischen Kirche Rechnung trage. In den Texten dieser Kommission finden sich auch zwei der besten bisher veröffentlichen Texte: das Konzept einer pfarrlichen Seelsorge, und ein Entwurf zur Stadtkirche. Im ersteren ist der Satz zu lesen: „Ziel jeder pfarrlichen Arbeit muß daher sein, lebendige Gemeinschaft aufzubauen, und zwar eine Gemeinschaft von wirklich glaubenden und in Liebe tätigen Menschen.“ Die Gestaltung der Liturgie in der christlichen Gemeinde und die Bildung kleiner Gemeinschaften bilden die Hauptpunkte in diesem Entwurf, dem für dtn Bereich der Stadt das Konzept einer Stadtkirche angefügt werden muß, das sich zum Ziel setzt, die Kirche als Kirche der Stadt im ganzen sichtbar zu machen. Ein solches Konzept hätte selbstverständlich tiefgreifende organisatorische, finanzielle, jurisdiktionelle und auch spirituelle Konsequenzen; so sieht der Text für den Bereich von Wien vor, daß an der Spitze ein mit entsprechenden Vollmachten ausgestatteter „Stadtprälat“ steht, dem die seelsorgliche Leitung der ganzen Stadt übertragen ist.

Ein zweiter Schwerpunkt liegt bei den Fragen des Laienapostolates, die eng verbunden sind mit dem Problemkreis „Kirche und Welt.“ Dies wird besonders deutlich in den Arbeitsergebnissen der Kommission VI, die von einer Bestandsaufnahme der Situation der Diözese bis zu den Grundsatzfragen der Politik alle Bereiche der Beziehungen der Kirche zur Welt umfaßt.

Die Kommission für die Liturgie konnte noch keine greifbaren Ergebnisse vorweisen. Ein Mitglied der Zentralkommission bezeichnet das Ergebnis als einen Stand von 0:0, obwohl dringende Änderungen etwa bei der Spendung der Taufe, der Firmung und auch beim Begräbnisritus notwendig wären.

Ein breiter Raum war der Diskussion formaler Fragen der Diözesansynode gewidmet: der Öffentlichkeitsarbeit und der „Geschäftsordnung“ der Synode.

Zunächst zur Geschäftsordnung: Diejenigen Kommissionen und Arbeitskreise, die bisher noch keine fertigen Entwürfe geliefert haben — das ist leider die Mehrzahl — sollen diese sobald als möglich nachliefern und für die breite Diskussion in der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. Allerdings wurde in der Zentralkommission bereits der Wunsch laut, auch alle Texte nicht nur der Diskussion durch die Öffentlichkeit und der neuerlichen Behandlung im Arbeitskreis zu unterwerfen, sondern vielmehr auch eine Generaldiskussion innerhalb den derzeit in den Vorbereitungskommissionen arbeitenden Mitgliedern der Synode und insbesondere der Zentralkommission selbst zu führen.

Dies wirft die Frage nach der Schlußsitzung der Synode auf. Nach dem Kirchenrecht sind nur Kleriker teilnahmeberechtigt. Es ist allerdings zu fragen, ob nicht durch eine Defacto-Heranziehung einer größeren Anzahl von Laien die Bestimmungen des Kirchenrechtes, die dem heutigen Kirchenverständnis und dem Engagement der Lahn kaum mehr Rechnung tragen, in sinnvoller Weise umgestaltet werden könnten und mehr Laien auch zu den Schlußberatungen der Synode heranzuziehen sind. Durch intensive Beratungen der einzelnen Arbeitsergebnisse durch die Zentralkommission und aller Synodalmitglieder gemeinsam, sowie durch Teilnahme einer größeren Anzahl von Laien an den Schlußsitzungen, könnte auch die Parole vom Volk Gottes sichtbar und spürbar in das Synodalgeschehen selbst Eingang finden.

Wohl erst in der zeitlichen Abfolge interessant, aber durchaus von schwerwiegender Bedeutung ist die Frage nach der Verwirklichung der in den Arbeitskreisen der Kommissionen gefundenen Ergebnisse der Synode. Es dürfte keineswegs geschehen, daß die in ernster Arbeit gesuchten Ergebnisse ihren Ort in den Ablagen von Archiven finden, es dürfte auch nicht vorkommen, daß Ergebnisse, die nur eine Mehrheit und keine Einheit in einem Gremium gefunden haben, solange verwässert werden, bis alle diesen Ergebnissen zustimmen können, sei dies durch selbständige Änderung durch die übergeordnete Instanz, sei es auch durch Auffüllung der Kommissionen mit neuen Mitgliedern. Die Wiener Synode muß tatsächlich aus einer Zusammenarbeit aller an diesem „Volk Gottes“ interessierten Kräfte entstehen und nicht nur „den Laien“ das Gefühl geben, daß sie auch mitreden „dürfen“.

Die letzte Frage, die bei der Zentralkommission behandeilt wurde, war das Problem der Öffentlichkeitsarbeit. Hier ergeben sich von Anfang an zwei Stoßrichtungen: eine an die breite Öffentlichkeit, eine zweite in den engeren, die engagierten Katholiken erfassenden Bereich.

Für die Öffentlichkeitsarbeit in der ersten Stoßrichtung liegen zwei Konzepte vor: Das erste sieht eine Brief-kastenaktion vor, das heißt Aufstellung von Briefkästen in den Pfarren, in die die Bevölkerung ihre Anregungen und Bemerkungen zur Synode einwerfen könnte. Die Beiträge würden sowohl für die Arbeit der Kommissionen als auch zur neuerlichen Bekanntmachung an die Öffentlichkeit herangezogen werden. Der so entstehende „Kreislauf der Kommunikation“ würde sicherlich das Interesse an der Synode und die aktive Mitarbeit wesentlich fördern. Ein zweiter Vorschlag sieht die Aussendung eines Bischofsibriefes mit einigen gezielten Fragen an die Haushalte vor, dessen Beantwortung in gleicher Weise wie beim ersten Vorschlag verwendet würde.

Die zweite Stoßrichtung — der innere Bereich — sieht als Mittel der Öffentlichkeitsarbeit Seminare, das heißt Vortragsabende an Schwerpunktsorten in der Diözese mit den wesentlichen Themen der Synode, Symposien, Enqueten, usw. vor.

Zu dieser zweiten Stoßrichtung sei noch eine Bemerkung erlaubt: In einigen österreichischen Pfarren gab es in den letzten Wochen einige interessante Ansätze zu Pfarrsynoden. Der grundsätzliche Ansatz einer Pfarrsynode ist ähnlich dem einer Diözesansynode — Erfassung der Situation, Erstellung eines Pastoralen Konzeptes für die Pfarre, Beratung der wesentlichen Strukturen und Strukturänderungen, die in einer Pfarre durchzuführen sind. Vielleicht ist es möglich, schwerpunktsmäßig in einigen Pfarren der Erzdiözese Wien solche Pfarrsynoden zu initiieren und sie einerseits mit den Beratungsergebnissen der Synode zu konfrontieren und anderseits an ihren Ergebnissen die Richtigkeit der synodalen Überlegungen zu überprüfen. Denn bei aller Aktivität der Synode bleibt immer noch die Frage offen, ob eigentlich die tatsächlich das Volk bewegenden Fragen beraten werden.

Die Zwischenbilanz der Synode kann im gesamten gesehen als erfolgversprechend betrachtet werden. Wenn auch noch nicht das Endergebnis vorauszusehen ist, so scheinen sich doch einige Durchbrüche sowohl inhaltlich als auch in formaler Hinsicht abzuzeichnen. Die Mitarbeit einer relativ großen Zahl von Laien dürfte „nach der Synode“ nicht wieder gestoppt werden, sondern es müßte gleichsam eine Kurienreform der Diözese in dieser Hinsicht erfolgen. Seit langem kommt es auch wieder zu einem umfassenden Gespräch der verschiedensten Kreise der Diözesen untereinander über die Fragen der Synode. Viele Parallelismen und oft auch Gegensätze konnten durch das Gespräch abgebaut werden. In vielen Fragen kann jetzt gemeinsam ein Konzept gefunden und eine Verwirklichung begonnen werden.

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