Dass es so schlimm kommen würde, hatten weder Politiker noch Lehrervertreter erwartet: Österreich stürzte in der am Dienstag präsentierten internationalen Vergleichsstudie zu den Volksschulen (TIMSS) in den Bereichen Mathematik und Naturwissenschaften gegenüber 1995 ab. Die zuständige Ministerin Claudia Schmied sprach von einer „dramatischen Abwärtsbewegung“ in der Ausbildung der 10-Jährigen.
Nur zehn Prozent der Schüler sind demnach in der Gruppe der leistungsstärksten Auszubildenden zu finden, 32 Prozent rangieren dagegen in der schwächsten Gruppe. Besonders schlecht scheint die Ausbildung von Schülern mit Integrationshintergrund zu sein. Kinder der ersten Migranten-Generation fallen gegenüber ihren österreichischen Kollegen um beinahe 20 Prozent zurück. Ein Hinweis auf die massiven Sprachprobleme, die das Bildungssystem derzeit nicht beheben kann. Der Bildungsexperte Bernd Schilcher, einer der prominenten Berater der Unterrichtsministerin, geht gerade beim Thema Integration mit den österreichischen Volksschulen hart ins Gericht. „In Österreich herrscht ein abenteuerliches System der Ausbildung.“ Anstatt wie in anderen Ländern die Zahl der Assistenzlehrer für Kinder mit Sprachproblemen zu erhöhen, sei in den vergangenen Jahren die Zahl der Hilfslehrer zurückgegangen. Schilcher: „Österreich hat seit dem Jahr 2000 am falschen Platz gespart.“ Denn während die wichtigen Lehrkräfte fehlen würden, wuchere der Verwaltungsapparat.
Mangelhafte Pläne
Dass die Regierung nun mit einem verpflichtenden Vorschuljahr gegenzusteuern versucht, sei zwar ein „Schritt in die richtige Richtung“. Doch das reiche bei weitem nicht aus. „Das Problem ist, dass es kein klares Programm gibt, weder im Deutschunterricht noch im Unterricht in der Muttersprache.“ Man sollte sich an Neuseeland und Kanada ein Beispiel nehmen, wo sofort nach der Ankunft ein intensives Integrationsprogramm starte. Ein solches vermisst Schilcher in Österreich. „Das wird in Österreich nicht ernstgenommen.“ Schlussendlich sieht der Experte auch ein Problem in der mangelhaften Lehrerausbildung: „Was spricht dagegen, Kindergartenpädagogen, Volksschul- und Hauptschullehrer einheitlich auszubilden? Warum gibt es drei voneinander unterschiedliche Dienstrechte für Lehrerberufe?“ Die Misere des Bildungssystems sei nur dann zu lösen, wenn die Pädagogen in einem „modernen didaktischen System“ ausgebildet werden. Kostenpunkt laut Schilcher: Eine Milliarde Euro. (tan)
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