"Bin ein einsamer Rufer in der Regierung"

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Die Budgetverhandlungen beginnen demnächst. Die Wissenschafter fürchten bereits jetzt, dass ihre Forschungsmittel arg gekürzt werden. DIE FURCHE sprach mit Minister Hahn.

Die Furche: Herr Minister, die heimischen Wissenschafter geben Pressekonferenzen, schreiben Petitionen etc. Die Sorge um den Forschungsstandort ist offenbar sehr groß.

Johannes Hahn: Manche glauben, ich habe das selbst angezettelt. Dabei bin ich schon seit Monaten unterwegs, um bewusst zu machen, was mit dem Standort Österreich passiert, wenn nichts passiert. Die Diskussion hat eine breite Öffentlichkeit sensibilisiert. Aber man sollte auch in der Unterstützung nicht über das Ziel hinausschießen. Wenn ich täglich 60 gleiche E-Mails bekomme, beflügelt das die Sache nicht sonderlich. Da kommt man eher ins Nachdenken, ob man die Rückendeckung nicht hätte optimieren können. Prinzipiell bin ich aber froh über den Aufschrei.

Die Furche: Vom Finanzminister wollen alle zurzeit nur eines: Geld. Warum sollten Sie als Wissenschaftsminister da ein besonders großes Stück des Kuchens bekommen?

Hahn: Letztlich geht es dabei auch um die Frage, wie wir aus der Wirtschaftskrise herauskommen. Und natürlich ist drohende Arbeitslosigkeit hier ein großes Thema. Mein Argument ist: "WISSENschaft ARBEIT" (Anm.: ein Plakat-Slogan von Hahn). Denn welche Arbeitnehmer sind zuerst gefährdet? Nicht die Hochqualifizierten. Auch ist es so, dass die Leute, je besser sie ausgebildet sind, desto leichter auch individuell auf Krisen reagieren können.

Die Furche: Leute gut auszubilden, dauert aber viele Jahre …

Hahn: Es gibt auch kurzfristige Effekte. Eine Million Euro in Forschung und Entwicklung zu investieren, schafft kurzfristig 13 Arbeitsplätze, mittelfristig 50. Es gibt Untersuchungen von Wissenschaftsökonomen, die besagen, dass 40 Prozent des BIP das Ergebnis von drei Prozent des BIP sind, die in Forschung investiert wurden. Das sind Zahlen, die durch Studien hinlänglich bekannt sind. Manchmal habe ich das Gefühl, ein einsamer Rufer in der Regierung zu sein. Das Ganze ist doch nicht nur mein persönliches Anliegen. Es sollte ein Anliegen der gesamten Regierung sein, um die Krise zu meistern.

Die Furche: Bis 2010 wollte man drei Prozent des BIP in Forschung investieren, bis 2020 vier Prozent. Dafür sollten die nächsten fünf Jahre 2,31 Milliarden Euro extra aufgebracht werden. Das Regierungsprogramm hält an diesem wichtigen Prozent-Ziel fest und meint, dass es mit nur 350 Millionen Euro extra erreicht werden kann. Wie das?

Hahn: Man dachte, dass auch mit diesem Betrag das Prozent-Ziel erreicht werden kann, weil das Gesamt-BIP in Zeiten der Wirtschaftskrise sinkt. Das zeigt die ganze Relativität von solchen Prozentsätzen.

Die Furche: Die Forscher halten weiterhin an den 2,3 Milliarden Euro fest. Woran orientieren Sie sich bei den Budgetverhandlungen?

Hahn: Eine Strategie, die man preisgibt, ist keine Strategie mehr. Ich bin zuversichtlich, dass es ein Plus geben wird. Entscheidend ist, dass die lineare Entwicklung stimmt. Da hat Österreich die letzten Jahre einen tollen Rekord hingelegt. (tm)

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