Beim Arbeitstempo an der "Baustelle Zukunftsuniversität" reiben sich gelernte Österreicher die Augen: Nach jahrelangem Dämmerschlaf haben sich die heimischen Bildungspolitiker vorgenommen, jetzt und sofort eine heilige Kuh nach der anderen zur Schlachtbank zu führen: statt Magister- und Diplomstudien neue Studienpläne samt Möglichkeit zum Bakkalaureatsabschluss; statt bloßer Teilrechtsfähigkeit der Universitäten spätestens 2002 vollständige Autonomie bei Personalfragen und Budget; statt Beamtenstatus und Pragmatisierung der Universitätsbediensteten ein neues Dienstrecht mit vier Karriereschritten, für die man sich je neu zu bewerben hat; und statt kostenlosem Zugang zur Alma mater Studiengebühren.
Die Freude über das ambitionierte "Siehe ich mache alles neu"-Programm von Bildungsministerin Eli-sabeth Gehrer wird jedoch durch übertriebene Hast, dürftigen Informationsfluss und gezielte Querschläge gehörig getrübt: Wenn etwa der von der Bundesregierung eingesetzte Rat für Forschung und Technologieentwicklung in einem Land mit vergleichsweise niedriger Akademikerquote strenge Auswahlverfahren für Studienanfänger fordert oder von 80 Prozent "beauftragter" Forschung an den Universitäten träumt, sind Zweifel über die Zusammensetzung dieses Gremiums ebenso angebracht wie eine gewisse Sorge um die Freiheit der Forschung. Wenn den Universitätsbediensteten zudem nur drei Wochen zur Verfügung stehen, um die geplante Dienstrechts-Novelle zu prüfen, fühlen sie sich mit Recht vor den Kopf gestoßen.
Dass manche Sparvorschläge - so sehr sie anfangs schmerzen - durchaus Profilierungs-Chancen eröffnen können, zeigt dagegen der jüngste Vorschlag des Präsidenten der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Werner Welzig, über die Sinnhaftigkeit von vier staatlichen katholisch-theologischen Fakultäten nachzudenken. Während man im Bildungsministerium einer Zusammenlegung wegen "geringen Rationalisierungsertrags" ohnehin keine Chancen gibt, hat etwa der Grazer Dekan Gerhard Larcher in einer Reaktion die Tätigkeitsfelder der theologischen Fakultäten konkretisiert und ihre Wichtigkeit unterstrichen. Profilschärfungen dieser und umfassender Art würde man sich öfter wünschen.
E-Mail: helmberger@styria.com
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