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Chancen der katholischen Schulen

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Am 9. Juli 1962 wurde der Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik Österreich zur Regelung von mit dem Schulwesen zusammenhängenden Fragen unterzeichnet. Im Artikel III des Vertrages heißt es: „Die Republik Österreich wird der Diözese Eisenstadt zum Zwecke der Einrichtung das katholischen Schulwesens im Burgenland eine einmalige und endgültige Leistung erbringen. Die ausdrückliche Erwähnung des katholischen Schulwesens im Burgenland in diesem Vertrage hat setinen besonderen Grund darin, daß das Burgenland bis zum Jahr 1938 auf dem Schulsektor innerhalb von Österreich eine Sonderstellung eingenommen hat. Während beim Anschluß des Burgenlandes an Österreich eine Rechtsgleichheit erreicht wurde, blieb gemäß 6 des Bundesverfassungs-gesetzes vom 25. Jänner 1921 das bisher im Burgenland bestehende Schulrecht aufrecht. Da die Bundesregierung auch im Verordnungswege das ungarische Schulrecht nicht änderte, wurde hier das ungarische Schulrecht österreichisches Recht. Das hatte zur Folge, daß im Burgenland die konfessionellen Volksschulen öffentliche Unterrichtsanstalten waren.

Es fehlte in dieser Zeit nicht an Versuchen, die Geltung des Reichsvolksschulgesetzes auch auf das Burgenland auszudehnen. So z. B. wurde im Dezember 1926 im Nationalrat ein Antrag eingebracht, der die Regierung aufforderte, ohne Verzug die Geltung des Reichsvolksschulgesetzes auf das Burgenland auszudehnen. Dem Bemühen der Kirche und der Katholiken des Burgenlandes ist es gelungen, dies zu verhindern.

Zwei Gesetze müssen in diesem Zusammenhang noch erwähnt werden. Das „Burgen-ländische Volksschulgesetz aus dem Jahre 1936 und das „Burgenländische Landesschulgesetz aus dem Jahre 1937. In diesen beiden Gesetzen wurde der Versuch unternommen, in Fragen des Unterrichts und der Erziehung für die Interessen des Staates, der Kirche und der Eltern einen Ausgleich zu finden. Dies ist im wesentlichen gelungen. Hervorgehoben muß werden, daß den Volksschulen der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie der Orden und Kongregationen der römisch-katholischen Kirche das Öffentlichkeitsrecht zuerkannt wurde.

Die Kirche dm Burgenland war sich dessen bewußt, daß die katholische Schule nur dann ihre Aufgaben erfüllen werde, wenn an diesen Schulen auch Lehrer wirkten, welche eine Ausbildung nach den christlichen Grundsätzen erhalten haben. Hier aber herrschte noch ein Mangel. Wohl haben die Schwestern der Kongregation der Töchter des göttlichen Erlösers in Starnberg eine Lehrerinnenbildungsanstalt geführt. Für die Ausbildung des männlichen Lehrernachwuchses fehlte im Burgenland eine ähnliche Anstalt. Kardinal Fiffl entschloß sich daher, eine katholische Lehrerbildungsanstalt zu errichten. Diese wurde mit Beginn des Schuljahres 1932 33 in Eisenstadt eröffnet und nach Fertigstellung des Neubaues in Mattersburg vom Schuljahr 1934/35 bis 1938 geführt. Die Nationalsozialisten haben diese Anstalt im Jahre 1938 geschlossen. Ebenso wurde in diesem Jahr durch den sogenannten „Portschi-Erlaß das konfessionelle Schulwesen im Burgenland abgeschafft.

Nach dem Jahre 1945 wurden seitens der Kirche verschiedene Versuche und Anstrengungen zur Wiedererlangung der konfessionellen Schule unternommen. So hat im Jahre 1950 der damalige Apostolische Administrator des Burgenlandes, Bisahof Schoiswohl, die Katholiken des Burgenlandes zur Abstimmung für die Elternwahlschule aufgerufen. Allen diesen Bemühungen ist wenig, fast gar kein Erfolg beschieden gewesen. So hat die Kirche sich wieder um die Heranbildung der Lehrer bemüht. Die Schwestern haben bald nach Beendigung des Krieges die Tore ihrer Lehrerinnenbildungsanstalt geöffnet. Die Diözese hat dann unter dem jetzigen Bischof, DDr. Stefan Läszlö, im Jahre 1957 unter großen finanziellen Opfern in Edsenstadt eine Lehrerbildungsanstalt eröffnet. Im Mai 1957 schrieb der Bischof an seinen Klerus: „Die Pädagogik und die Erfahrung lehren uns, von welch entscheidender Bedeutung die Persönlichkeit des Lehrers für das Werk der Erziehung in der Schule ist. Die Kirche hat daher der Heranbildung der künftigen Lehrer immer größtes Interesse gewidmet und hiefür zu allen Zeiten auch geeignete Institutionen geschaffen, weil eine gediegene Erziehung nur aus einer und auf einer weltanschaulich gesicherten Grundlage möglich ist. Wenn dies für alle Zeiten gegolten hat, dann besonders für heute, da man ein Schulwesen auf einer neutralen Grundlage schaffen möchte. Wir hoffen und kämpfen dafür, daß es gelingen möge, eine der historischen Entwicklung unseres Landes und auch seiner christlichen Bevölkerung entsprechende Lösung zu finden, was bei allseits gutem Willen durchaus möglich sein wird. Gerade dieser noch ungewisse Zustand bestärkt uns aber nur, daß es schon jetzt gilt, eine weltanschaulich klar ausgerichtete Lehrerbildung zu schaffen, in der die Lehrergeneration für unsere Zeit herangebildet wird. Das Jahr 1962 ist für das Schulwesen von ganz Österreich und insbesondere für das Schulwesen des Burgenlandes ein denkwürdiges Jahr. In diesem Jahre wurde durch eigene Gesetze das Schulwesen in Österreich neu und einheitlich geregelt. Zur Regelung des konfessionellen Schulwesens wurde das „Privatschulgesetz geschaffen. Mit diesem Gesetz ist die Sonderstellung des Burgenlandes auf dem Schulsektor endgültig beseitigt worden.

Wie die Katholiken des Burgenlandes dieses Gesetz aufgenommen haben, das hat Bischof Läszlö in einem Kanzelwort zum Ausdruck gebracht. Er sagt darin: „Besonders wir Burgenländer können nicht umhin festzustellen, daß manche unserer Erwartungen und Wünsche unerfüllt geblieben sind. Das Burgenland hatte bekanntlich bis zum Jahre 1938 das öffentliche katholische Schulwesen, das uns dann durch einen Gewaltakt genommen wurde. Gewiß waren wir uns bewußt, daß die neue Zeit neue Formen auch in dieser Frage bringen wird; dennoch hätten wir erwartet, daß das neue Schulgesetz mehr auf unsere alte und bewährte Schulordnung, die von den gläubigen Katholiken getragen war, Rücksicht nehmen wird. Wenn der Heilige Stuhl aber den tatsächlich herrschenden Zustand zur Kenntnis genommen hat, dann wohl in erster Linie darum, um dem Wunsch nach einem einheitlichen Schulwesen entgegenzukommen, ohne damit das Recht der Kirche in dieser Frage aufzugeben. Die Gläubigen dürfen die Uberzeugung haben, daß sich die Kirche zu dieser Regelung nicht leicht entschlossen hat und sich auch des Opfers bewußt ist, das sie bringen mußte.

In diesem Zusammenhang muß vielleicht noch einmal gesagt werden, was in unserem Kirchenblatt gelegentlich der Weihe des neuen Internates der katholischen Lehrerbildungsanstalt in Eisenstadt im September 1960 geschrieben wurde: „Es ist nicht die Zeit, katholische Bildungs- und Erziehungsstätten aufzulassen, abzubauen oder leichtfertig zu liquidieren. Die Kirche würde damit der jungen Generation und auch der Gesellschaft keinen Dienst erweisen. Vielmehr ist die Stunde gekommen, dort, wo die Chance gegeben ist, frühere katholische Bildungsstätten wiederzuerriehten und die vorhandenen auszubauen und auf die Höhe ihrer Aufgaben zu führen. Getreu diesem Grundsatz handelt die Kirche im Burgenland. In Mattersburg führt die Kirche neben dem bischöflichen Knabenseminar ein katholisches Studentenheim. Die Schwestern der Kongregation der Töchter des göttlichen Erlösers führen in Eisenstadt noch eine Hauswirtschaftsschule, Hauptschulen in Neusiedl am See, Steinberg und Eisenstadt. Außerdem führen Schwestern Privatvolksschulen in Eisenstadt, Neusiedl am See und Pinkafeld. Daneben unterrichten eine Anzahl von Schwestern als Lehrerinnen an einigen öffentlichen Volksschulen des Landes. Erwähnt werden muß an dieser Stelle, daß in rd. 50 Pfarren der Diözese kirchliche Kindergärten zum Teil neu erbaut und geführt werden.

Diese gedrängte Darstellung der Geschichte des katholischen Schulwesens im Burgenland wollte aufzeigen, daß sich die Kirche nach dem Anschluß des Gebietes an Österreich und vor allem nach 1945 ihrer Sendung und Aufgabe auf dem Gebiete des Erziehungsund Unterrichtswesens bewußt war. Sie nützt nicht nur jede sich bietende Möglichkeit, sondern ist bereit, mit allen Gutgesinnten an dieser großen Aufgabe mitzuarbeiten.

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