
Corona: "Schüler sind keine Superspreader"
Die Lehrergewerkschaft fordert Maskenpflicht an Schulen. Wie legitim ist dieser Vorstoß? Studien aus Skandinavien zeigen, dass Bildungsstätten keine Hotspots für das Coronavirus sind. Das Ministerium plant jedenfalls einen „völlig normalen“ Schulstart.
Die Lehrergewerkschaft fordert Maskenpflicht an Schulen. Wie legitim ist dieser Vorstoß? Studien aus Skandinavien zeigen, dass Bildungsstätten keine Hotspots für das Coronavirus sind. Das Ministerium plant jedenfalls einen „völlig normalen“ Schulstart.
Der oberste Lehrergewerkschafter Paul Kimberger fordert ab dem kommenden Schuljahr eine einheitliche Maskenpflicht für alle Schulen in Österreich. Er begründet das damit, dass sich viele Pädagogen an ihn gewandt hätten, die sich vor einer Ansteckung fürchten. Kimberger hat mit seinen Worten eine neue Debatte losgetreten. Ein Schulalltag mit Mund-Nasen-Bedeckung – wie sinnvoll ist das? „Nicht zielführend“, sagt etwa Neos-Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre. Sie argumentiert mit einer Reihe von Untersuchungen zur Rolle von Schulen in der Pandemie, die die Forderung des obersten Lehrergewerkschafter nicht unbedingt legitimieren. „Es ist erwiesen, dass Kinder keine Superspreader sind. Auch gab es an Schulen keine Cluster, die auf das Ende der Maskenpflicht zurückzuführen sind.“
„Das Risiko ist nicht realistisch“
Untermauert wird diese Argumentation von einer Gemeinschaftsstudie der nationalen Gesundheitsbehörden von Schweden und Finnland. Während Finnland die Schulen am Anfang der Pandemie geschlossen hatte, waren sie in Schweden weiter geöffnet. Auf die Ansteckungsrate der Kinder hat sich das nicht ausgewirkt. Eher im Gegenteil. Während 8,2 Prozent der finnischen Mädchen und Buben trotz geschlossener Schulen infiziert waren, wurde das Virus nur bei 2,1 Prozent der schwedischen Schüler nachgewiesen. Auch zeigte die Untersuchung, dass Kinder nicht die Hauptrisikogruppe des Coronavirus seien und eine „weniger wichtige Rolle bei der Übertragung“ spielten. Diese Untersuchung hatte zur Folge, dass Finnland seine Schulen im Mai wieder geöffnet hat.
„Das Risiko, dass ein Kind einen Erwachsenen ansteckt, ist nicht realistisch“, erklärte damals der finnische Chef-Epidemiologe Mika Salminen. In der Tat wurden im Anschluss an nur zwei Schulen im Großraum Helsinki einzelne Schüler und Lehrer in Quarantäne geschickt, weil es infizierte Personen an der Bildungsstätte gegeben hatte. Komplettschließungen gab es nicht. Eine Erfahrung, die man auch in Dänemark gemacht hat. Das Land gehörte zu den Ersten, die Volksschulen und Kindergärten (ab dem 15. April) rasch nach dem Lockdown geöffnet hatten. Ein Schritt, der nach heutiger Einschätzung der dänischen Gesundheitsbehörde – des Serum-Instituts (SSI) – nicht zu einer stärkeren Ausbreitung des Coronavirus geführt hat. So hatte es insgesamt nur drei Fälle von infizierten Schulkindern in ganz Dänemark gegeben.
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