Mit großspurigen Vokabeln ist man im Bildungsministerium vorsichtig geworden. Keine "Revolution" oder ähnliches Brimborium war vergangenen Dienstag bei der Präsentation des "Schulautonomiepaketes" zu hören. Nur ein lapidarer Satz: "Die konstruktiven Kräfte in diesem Land haben sich durchgesetzt."
Ein so offenes Bekenntnis, dass bisher eher destruktive Mächte am Ruder waren, hat man noch selten gehört. Tatsächlich war die im November 2015 per "High Five" bejubelte "Bildungsreform" nicht viel mehr als eine Sammlung von Überschriften, deren Ausgestaltung heute nicht viel klarer ist als damals. Vor allem das explosive Päckchen "Schulorganisation" ist bis heute unangetastet geblieben. Im Juni konnte man sich gerade einmal darauf verständigen, den Schulversuchs-Wahnsinn zur alternativen Leistungsbeurteilung in Volksschulen abzustellen. Und nun haben sich Bildungsministerin Sonja Hammerschmid und Staatssekretär Harald Mahrer auf etwas geeinigt, das nur noch Umnachtete bekämpfen: mehr Freiheit für die Schulen.
Tatsächlich sind die meisten der Punkte, die bis Dezember in Gesetzesform gegossen werden sollen, längst überfällig: dass Direktorinnen und Direktoren künftig etwa mitentscheiden dürfen, welche Lehrkräfte für ihre Schule passen; dass die Schulen selbst festlegen können, wie der Unterricht organisiert werden soll; oder dass sich bis zu acht benachbarte Schulen zu "Clustern" formieren können -und es neben einem zentralen Manager (samt Sekretariat!) nur noch pädagogische Leitungen braucht. Auch für eine maßgeschneiderte Weiterbildung, die sich am konkreten Bedarf einer Schule orientiert, ist es höchste Zeit.
Doch der Teufel steckt wie immer im Detail: Ohne eine bessere Ausstattung sozial oder örtlich benachteiligter Schulen (etwa durch einen "Chancenindex") werden diese im Wettbewerb um die besten Lehrerköpfe weiter ins Hintertreffen geraten; und ohne höheres Gehalt wird sich niemand die Leitung einer ach so autonomen Schule antun. Direktor oder Direktorin könnte ein Traumjob sein. Man bräuchte nur noch jene Ressourcen, die derzeit in der Verwaltung versickern - und die neue Freiheit würde wirklich schmecken.
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