"Der Jugend mehr zutrauen"

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Immer mehr Schulen basteln an einem sozialen Profil. Bei diversen Projekten zeigen Schüler ihre kreative Ader.

Erst durch andere Menschen wird der Mensch zum Menschen." - Dieses Sprichwort aus der afrikanischen Zulu-Sprache beschreibt den Kerngedanken des UBUNTU-Awards. Bei dem Schulwettbewerb, eine Kooperation vom Veritas-Verlag und SOS-Kinderdorf, waren nicht gute Noten, sondern soziales Engagement gefordert. "Ubuntu" ist ebenfalls Zulu. "Es bedeutet Menschenwürde, gegenseitiger Respekt", sagt Projektleiterin Sylvia Pumberger.

Schulprojekte, sei es im sozialen oder kulturellen Bereich, boomen zurzeit. "Die Resonanz ist enorm", freut sich Gabriele Bauer von Kulturkontakt Austria, Zentrum für Kulturvermittlung. Zusammen mit dem Unterrichtsministerium werden immer wieder Aktionen durchgeführt. Gerade läuft "Interkulturalität und Mehrsprachigkeit - eine Chance!" Es werden alle Schulen in Österreich angeschrieben. "Die richtigen Lehrer müssen erreicht werden", ist Bauer überzeugt. Denn für die Umsetzung der Ideen sind oftmals viel Zeit und Energie notwendig. Das müsse den Beteiligten bewusst sein. Die Projekte bieten auch eine Plattform dafür, der angeblich so skandalschwangeren Jugend ein besseres Image zu verleihen. "Die jungen Leute sind nicht unsozial", sagt Pumberger. "Man muss ihnen nur mehr zutrauen."

Unter dem Motto " Schätze der Kulturen" versuchten die Schüler des Gymnasiums Parhamerplatz Wien, Sieger des heurigen UBUNTU-Awards, Multikulturalität aus einem anderen Blickwinkel zu beleuchten. "Mittels Umfragen haben wir herausgefunden, dass an unserer Schule 35 verschiedene Sprachen gesprochen werden", sagt die 17-jährige Yara. Angefangen von Russisch, Englisch bis hin zu Hindi ist alles dabei, was ein multilinguales Herz begehrt. "Wir sehen diese Vielfalt als Schatz", sagt Lehrerin Erika Wailzer. Durch diverse Veranstaltungen erfuhren die rund 700 Schüler, was Multikulturalität bedeuten kann. Workshops fanden statt, Migranten erzählten über ihre Kulturen.

Märchen mit Untertitel

"Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?" Die berühmte Antwort folgt sogleich - auf Lateinisch. Dank eines Fleisch gewordenen Wörterbuchs ärgert sich die Königin dann doch wie gewohnt grün und blau. - Diese Szene stammt aus dem Theaterstück Snow white, das ebenfalls im Rahmen von "Schätze der Kulturen" in kompletter Eigenregie der Schüler des BG Parhamerplatz entstanden ist. "Wir haben zehn Sprachen untergebracht", sagt Yara Hofbauer. Nach langen Probennachmittagen wurde Snow white schließlich akzentfrei aufgeführt, mehrsprachiger Zwergenhaushalt inklusive.

Auch am Gymnasium Kalksburg in Wien haben die Kinder und Lehrer beschlossen, sozial tätig zu sein. Neben Handy und Kleidung geben die Schüler der 5a einen Teil ihres Taschengeldes für Patenkinder in Südindien aus. Litty, Monica und Roopini leben in Thandalam und können dank der finanziellen Hilfe der Klasse eine Schule besuchen. "Die Kinder geben jeden Monat zwei Euro in eine Kasse", sagt Klassenvorstand Herlinde Birsak. "Ich stocke den Betrag dann auf eine runde Summe auf." Mit "Our way to school" unterstützt das Gymnasium nun auch Wolfgang Möstl, der seit 1986 ein Indienprojekt betreibt. "Im Oktober 2007 soll eine, Secondary Higher School' in Thandalam eröffnet werden", sagt der engagierte Pädagoge. 85.000 Euro werden benötigt. Die Summe setzt sich rein aus Spenden zusammen. "Der Flohmarkt in Gersthof ist eine unserer Haupteinnahmequellen", erklärt Möstl. Auch das Gymnasium Kalksburg beteiligte sich an der Geldsammelaktion für die Schule in Indien. Höhepunkt war der Charity-Abend "An Indian Night for Thandalam" im April. Die Gäste erhielten die Eintrittskarten gegen eine Spende von 23 Euro. "Die Schüler haben mit harter Arbeit die Veranstaltung fast alleine auf die Beine gestellt", sagt Birsak. Den rund 350 Besuchern wurde ein üppiges Buffet und ein umfangreiches Rahmenprogramm geboten. Der Lohn der Mühen: ca. 12.000 Euro liegen im Spendentopf des Gymnasiums. "Die Schule hat wirklich Tolles geleistet", freut sich Möstl.

Mit Oma im Museum

Ein soziales Projekt, das den kulturellen Aspekt miteinschließt, nennt sich "Ich sehe was, was du nicht siehst". Drei siebenjährige Kinder stehen mit einer älteren Dame vor einem Kunstwerk von Erwin Wurm und reden darüber. Die Schüler der Volksschule Stiftgasse Wien nehmen gemeinsam mit ihren Omas und Opas die Ausstellungen in der Secession und im MUMOK akribisch unter die Lupe. "Es sollen verschiedene Sichtweisen aufgezeigt werden", sagt Lehrer Günter Mik.

"Ich sehe was, was du nicht siehst" ist aus dem Projekt "Bridging the Generation Gap" hervorgegangen. Die Barrieren, die oftmals zwischen den Altersgruppen existieren, sollen überwunden werden. Zum Beispiel geben Schüler bei gemeinsamen Internetnachmittagen mit Senioren ihr technisches Know-how weiter und erfahren in Gesprächen, wie Kommunikation in Zeiten stattgefunden hat, in denen Handy & Co noch Zukunftsutopien waren.

Neben Erwin Wurm müssen sich bei "Ich sehe was, was du nicht siehst" zahlreiche andere Kunstschaffende der Kritik von Jung und Alt stellen. Besonders begeistert waren die Kinder vom Aktionskünstler Joseph Beuys. "Wir haben ein Gehirn aus Fensterkitt nachgebaut", ruft der siebenjährige Lorenz stolz. In den Schülern der 2a schlummern künstlerische Nachwuchstalente. Kein Wunder also, dass in der Klasse Nachbildungen von Yves-Klein-Werken herumschweben. Bei den Museumsbesuchen entwickeln manche einen ganz eigenen Sinn für Kunst. "Ein Bub ist einem anderen auf sein Skizzenbuch getreten. Sein Mitschüler war aber nicht böse, sondern hat den Abdruck mit einem Stift nachgezogen", erzählt Maria-Theresia Strouhal, Direktorin der Schule.

Mehr Infos unter www.wsis.schule.at

www.indien-projekt.at.tc

www.kulturkontakt.or.at

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