7101082-1995_12_01.jpg
Digital In Arbeit

Der Kampf gegen den „Alpentrottel”

19451960198020002020

Schulsparen ist das nicht, was Minister Busek mit Österreichs Schulen vorhat.

19451960198020002020

Schulsparen ist das nicht, was Minister Busek mit Österreichs Schulen vorhat.

Werbung
Werbung
Werbung

Das Zentrieren auf Sparmaßnahmen verhindert den Blick auf notwendige Schulreformen. Burgenlands Landesschulratsprä-sident Fritz Krutzler gibt im FüRCHE-Gespräch zu Buseks Schul-Sparplänen zu bedenken, daß die auch an Schulen notwendige Spargesinnung zu einer umfassenden Diskussion über die künftigen Aufgaben der Schule sowie über eine Strukturreform führen müßte. Die neu ah die Schule herangetragenen Anforderungen - beispielsweise hinsichtlich der gesellschaftlichen Probleme wie Extremismus, Gewalt, Terror, Drogen können, so Krutzler, neben den Klagen der Wirtschaft (Schüler können nicht mehr rechtschreiben und kopfrechnen-) mit Sparforderungen nicht unter einen Hut. gebracht werden. „Alles von der Schule zu fordern - so einfach geht das nicht”, so Krutzler.

Bezüglich einer Strukturreform setzt er auf den Einsatz von B- und C-Beamten für Verwaltungsaufgaben an den Schulen, die heute von Lehrern geleistet wird, die hochspezialisiert und hochbezahlt (eine Stunde gilt für zwei) eigentlich unterrichten sollten. Auch hält.er es für möglich, das Schüler-Lehrer-Verhältnis - in Österreich etwa 8:1, in Bayern 15:1 - europäischen Verhältnissen anzupassen.

Dem jetzigen Sparvorschlag Buseks, pro Klasse 1,5 Stunden einzusparen, kann Krutzler einiges abgewinnen. Diesen Donnerstag, 23. März, wird mit Busek auf Beamtenebene weiterverhandelt. „Das 45-Minuten-Modell”, glaubt Burgenlands Landesschulrats-präsident, „hätte uns viel erspart, aber das ist den Bach hinunter”; der vor-, aber mittlerweile abgelegte Dienstpostenplan (Schülerzahl durch 25) wäre barbarisch und ruinös gewesen.

Sturm läuft gegen Buseks Sparpläne Wiens Stadtschul-ratspräsident Kurt Scholz. Wien habe zwar pro Kopf und Schule die meisten Werteinheiten, aber in Wien sei auch - anders als in den Bundesländern - die Nachmittagsbetreuung von Schülern am höchsten. „Wir verschwenden keine Stunden”, so Scholz zur Furche. Er betont, daß es sich um sinnvolle Nachmittagsbetreuung handle, die wegen einer Scheidungsrate von 50 Prozent in Wien für Schüler unerläßlich sei.

Generell steht Scholz zum Sparen, aber: „Das Schulwesen ist wie ein Zug, auf den jahrelang nur aufgeladen wurde und der mit immer schnellerem Tempo gefahren ist. Jetzt kann ich ihn nicht von heute auf morgen ein-bremsen. Wenn ich die Schienen wegreisse, um ihn zu bremsen, entgleist er.” Gespart werden könne bei Schulbüchern, bei der Typenvielfalt an einem Schulstandort sowie bei der Schulverwaltung. „Dazu braucht es aber Mut und Phantasie, bisher habe ich das vermißt.”

Österreichs Schulwesen vertrage viel, vom Alpentrottel (gegen den Schüler selbst kämpfen wollen, Scholz wendet sich allerdings gegen diese Wortwahl) sei man weit entfernt. Als Bückschritt in die sechziger Jahre bewertet Scholz die Forderung nach höheren Klassenschülerzah-len: „Natürlich kann ich auch vor 100 Schülern unterrichten. Aber dann haben wir eine Situation wie in China, wo einer sagt, jetzt schlagen wir die Mao-Bibel Seite 17 auf. Aber das wollen wir ja nicht mehr.” Unterrichtsminister Busek spiele, da er als Vizekanzler besondere Spargesinnung demonstrieren müsse, eine „tragische Bolle”.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung