Der Nationalsozialismus - was war das?

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Vorwahlzeit. Bildungsdiskussion an der Fachhochschule Wels. Ein philosophisch-politisches Podium: Nachwuchsprobleme in technischen Fächern, Schwächen auch von Maturanten im Lesen, Schreiben und Rechnen, ein teils schulgemachter, Österreichs Prosperität behindernder Fachkräftemangel, der Zukunftschancen vermindert etc.

Wie konnte all dies so kommen? Bis weit in die Sechzigerjahre prägen Lehrer die Schulen, die in der NS-Zeit sozialisiert worden sind. Nicht selten sind dies Problemlehrer - traumatisiert und kriegsversehrt, den "Zusammenhalt" der NS-Volksgemeinschaft beschwörend, Spott und Beschämung über Schwächere und Außenseiter ausgießend.

Trendwende! Junge, aufgeklärte Lehrer, die die befreienden Ideen der 68er in die Schulen tragen, neue Ideen, große Visionen. "Büffeln & Pauken" ist out, kein stures Auswendiglernen mehr, sondern Selbstbewusstsein, Selbstbestimmtheit, Eigenverantwortung. Aber auch Kollateralschäden: Wesentliche Erkenntnisse der Lernpsychologie werden in der Euphorie ignoriert, das regelmäßige Üben -unverzichtbar für Erwerb und Sicherung der Grundkompetenzen - wird entsorgt. Das Spektrum des Unterrichts erweitert sich -Tennis, Briefmarkensammeln, Orientierungslaufen, Zimmergewehrschießen und nahezu die gesamte Freizeit werden "schulisch". Das Wirtschaftswunder ermöglicht die Berufstätigkeit beider Elternteile -bejubelt gleichermaßen von Konservativen (Wirtschaftswachstum) und von Linken (Selbstverwirklichung). Der Staat verspricht das schulisch/familiäre Paradies: "Liebe Eltern, ihr braucht euch um den Schulerfolg eurer Kinder nicht mehr zu kümmern - der Staat macht alles!"

Nutzlose "Bürocrazy" an den Schulen

Wortbruch! Trotz des anschwellenden schulischen Aufgabentsunamis gibt es Stundenkürzungen, keine echten Ganztagesschulen, sondern Aufbewahrung -euphemistisch "Betreuung" genannt - an Nachmittagen; kein Nachrüsten der Lehrerbildung für neue Erfordernisse (zunehmende Unterschiedlichkeit der Schüler), keine ausreichenden "Werkplätze" für Lehrer, dafür teils zeitraubende, keinen Nutzen stiftende "Bürocrazy"!

Eine Studie von 2017 weist nach, dass in Österreich heute 33 Prozent der bis 35-Jährigen nicht sagen können, ob die NS-Zeit etwas Gutes oder etwas Schlechtes gewesen ist. Es wird ein weiteres Mal der Ruf nach dem verpflichtenden Unterrichtsgegenstand "Politische Bildung" laut. Doch macht diese Sinn ohne ausreichende Kenntnisse im Lesen, Schreiben und Rechnen -Defizite, die bis zu 40 Prozent der 15-Jährigen betreffen? Nein.

Das Wissen, wie diese Probleme in den Griff zu kriegen sind -dass über das Gelingen von Schule weitestgehend das individuelle, autonome "Tun der Lehrer" vor der

Klasse entscheidet, und dass die Fortbildung der im Beruf stehenden Lehrer weit bedeutender ist als die "formale Lehrerbildung" - ist vorhanden, wird seit Jahren von allen Printmedien kommuniziert, wird von punktuellen schulischen "best practices" auf beeindruckende Weise live vorgezeigt, wird in Parlamentsausschüssen von Fachleuten den Volksvertretern und den Regierenden auf oft drastische Weise nahegebracht.

Österreich ist mit seinen Bildungsproblemen in Europa nicht allein. Nicht nur Staaten in Südeuropa, auch vom Bildungserfolg verwöhnte Länder Skandinaviens beklagen zunehmend Leistungsverluste ihrer Schulsysteme. Österreich hatte sich einst nicht ganz zu Unrecht als kulturelles Zentrum des Kontinents gesehen. Unsere kleine und daher überschaubare Heimat sollte sich auf diese Tradition besinnen und zu einem europäischen Labor für die gelingende Schule von morgen werden. Österreichs bevorstehende EU-Präsidentschaft wäre dafür eine ideale Startrampe! Das nötige Wissen, die Erfahrung (punktuelles best practice) und der Durchblick dafür sind vorhanden -jetzt müssen lediglich die nötigen Taten folgen! Setzen wir sie -ohne Verzögerung, denn Juli 2018 ist morgen!

Österreich hatte sich einst als kulturelles Zentrum des Kontinents gesehen. Es sollte sich auf diese Tradition besinnen und zu einem europäischen Labor für die gelingende Schule von morgen werden.

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