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Der Unternehmer lernt im Betrieb

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Im „Volkswirt“ (16. Februar 1968) wird für die BRD festgesteMt, daß man dort vielfach davon ausgehe, man sei eben Unternehmer oder man sei es nicht. Wenn man für die unternehmerische Tätigkeit etwas lernen könne, dann lediglich im Betrieb. Wir dürfen nicht leugnen, daß eine gleiche Mentalität auch in Österreich besteht. Selbst wenn unsere Hochschulen eine spezifische Untemehmerausbildung in ihr Programm aufnähmen, hätten sie für die Ausgebildeten keine Abnehmer. Was man will, sind „Anfänger“, ein Umstand, der wesentlich zur Austreibung eines großen Teiles jener Jung akademiker beiträgt, die auf Grund ihres Wissens mobil sind.

Die Stufenleiter

Wenn es als notwendig erkannt wird, daß an der Spitze eines Unternehmens ein für seine Aufgaben beruflich vorgebildeter Unternehmer stehen müsse, gilt das auch für jene Unternehmungen, deren Eigentümer eine Gebietskörperschaft ist.

Die Leitung eines Privatunternehmens haben nicht selten Menschen, die lediglich im Erbgang oder durch verwandtschaftliche Beziehungen aus der Mitte eines Klans auf ihren Posten katapultiert worden sind, ohne fachliche Ausbildung und ohne Kenntnis der Probleme der Menschenführung.

Bei Unternehmungen, die im Eigentum einer Gebietskörperschaft sind, bildet dagegen die Parteipolitik ein Kriterium bei der Auswahl der

Angehörigen der Führungsspitze.

Am ärgsten ist es aber dann, wenn ein Beamter im Rahmen eines Laufbahnanstiegs (einer „Karriere“) einfach auf- Grund seines Dienstalters (man steht „heran“) zur Führung eines öffentlichen Betriebes bestimmt wird. Nicht der Laufbahnaufstieg an sich ist von Übel, gehört er doch zur Natur des Beamtenberufes. Von Übel ist nur, wenn im Rahmen fręier Beförderung die Spitzenposition eines bedingt mit Steuiergeldem operierenden Betriebs (Unternehmen kann man aus form- rechtlichen Gründen nicht sagen) lediglich auf Grund des Dienstalters der in Frage kommenden Personen besetzt wird. Das ist Rückfall in Gerontokratie.

Ebensowenig wie Einrichtungen für eine systematische („verschulte“) Managementbildung, sind kaum Ansätze für Verwaltungsakademien, vor allem für die Akademiker im öffentlichen Dienst, vorhanden. Da und dort gibt es jedoch bemerkenswerte Versuche, wie etwa bei der Bundesgendarmerie in ihrer Zentralschule in Mödling.

Nur kein Risiko!

Zur Mentalität des Österreichers gehört im Bereich der Wirtschaft nicht allein die Fixierung auf klein- gewerbliche Betriebsmodelle, sondern auch die Neigung, Risken diskret auszuweichen. Viele Projekte werden deswegen nicht in Angriff genommen, weil einer an sich sehr willkommenen hohen Rentabilitäs- hoffnung ein bedenklich hoch erscheinendes Risiko gegenübersteht. Jedenfalls wird nicht ausreichend spekulativ gedacht. Auch nicht bei den Kreditgebern. Daher zieht man es allzuoft vor, gewinnarme Wirtschaftszweige weiter zu betreiben und für die Mißerfolge die „Schleu- derer“, die ausländischen Konkurrenten und schließlich, aus Konvention, auch den Fiskus, das heißt also, stets die anderen verantwortlich zu machen. Das gilt auch für die wissenschaftliche Zweckforschung. Die Aufwendungen des Staates für die Forschung sind im internationalen Vergleich nicht beachtlich, obwohl es in manchen Fällen nur einer Umwidmung falsch eingesetzter Mittel bedürfte. Sogar für den Hochschul- sektor gilt das. Anderseits muß man fragen, ob auch alle Unfemehmun- gen des privatwirtschaftlichen Bereiches die offenkundigen Forschungschancen genützt haben und nicht lieber den teuren Import des „Know how“ vorziehen, weil auf diese Weise einem „einkalkulierten“, relativ geringen Erträgnis ein noch geringeres Risiko gegenübersteht.

Die Überfremdung unserer Wirtschaft ist nicht allein Anzeiger von Kapitalmangel, sondern auch der Neigung Verantwortlicher, die ausreichend Kapital und einen wertvollen Unternehmungsmantel haben, Renten — „Leibrenten“ — dem unternehmerischen Einsatz vorzuziehen. Statt zu produzieren, verkauft man das Unternehmen und siedelt sich für den Rest des Lebens im „Süden“ an.

„Investitionsförderung“

Was man Beamten aus Natur vor- wirft, die Tendenz, Sicherheit dem Risiko vorzuziehen, findet man vielfach auch in der sogenannten Privatwirtschaft, von deren Spitzenfunktionären nicht ausreichend genug bereit sind, die Haltung „königlicher

Kaufleute“ zu demonstrieren. Das gilt — im Vergleich mit den USA — für ganz Europa. Mit Recht weist Horst Knapp darauf hin, daß der europäische Unternehmer wohl wegen Fehlschlagens eines Neuerungsversuches der Kritik ausgesetzt ist, nicht aber, wenn er grundsätzlich auf risikoreiche Neuerungen verzichtet, also einfach nichts tut. Die Neigung, „Nichtstuer“ zu prämieren, ist übrigens auch ein Teil unserer geistigen Infrastruktur.

Die Hinweise auf die Steuerprogression sind kein ausreichender Gegenbeweis, wenn wir daran denken, daß eine Reihe kühner Unternehmerpersönlichkeiten auch in unserem Land Vorbildliches geleistet hat und die Gewinnabzweigung an das Finanzamt in ihren Kalkülen unterzubringen vermochte. Dabei muß man leider feststellen, daß die vom Gesetzgeber beschlossene Förderung der risikotragenden Unternehmungen („Wachstumsgesetze“) schließlich so formuliert wurde, daß jede Investition gefördert wird, gleichgültig wofür sie dient, ein Umstand, der sowohl auf die Greißlermentalität vieler Politiker als auch auf den Versuch von Pressure-groups zurückzuführen ist, für die beabsichtigte generelle Reduktion des Steuersolls einen gesetzlichen Titel zu finden. Man kann jedenfalls den jährlichen Erwerb eines Luxuswagens steuerlich ebenso unterb Ingen wie die Aufwendungen für eine echte Wachstumsinvestition.

Umdenken tut not

Die Unterversorgung unserer Wirtschaft mit Untemehmerpersön- lichkeiten im Sinn westlicher Vorstellungen ist eines der elementaren Probleme bei unseren Versuchen geworden, den Anschluß an die Industriestaaten zu finden.

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