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Der Weg in die Lehre ist keine Verliererstraße

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Haben und es in eine höhere Schule stecken mußten, bis es eben nicht mehr wollte und eine Lehre machen mußte;

■ die ihre Aufgabe als ausbildender Mensch unprofessionell angepackt haben und schließlich

■ alle Schreibtischtäter, die eine Gesetzesflut über diese Form der Erstausbildung ergossen haben.

DIEFURCHE: Haben junge Menschen mehr Chancen, wenn sie besser „gebildet” sind oder bestimmte „Qualifikationen ” haben*

stkinringer: Die Chancen für den „gebildeten” Lehrling bestehen hauptsächlich in der Fähigkeit, eine unentbehrliche Position im Betrieb abzugeben.

Dazu gehören Einstellungen wie

■ den Aufstieg wollen und dafür investieren, indem man das vorgegebene Programm durchzieht;

■ auch viele angeblich einfache Arbeiten perfekt machen können;

■ akzeptieren, daß man alles nicht sofort beherrschen, aber sich durch Training perfektionieren kann;

■ sich ständig Fragen ausdenken;

■ nicht den Ausweg, sondern die Herausforderung suchen;

■ sich an die Leistungsfähigen im Betrieb anhängen und nicht ständig nur an seine Freizeit denken.

DIEFURCHE: In welchen Branchen haben Lehrlinge noch echte Perspektiven Technische Zeichner werden von HTL-Absolventen verdrängt In den Büros werden lieber Handelsschüler und Handelsakademiker genommen ... SteinrjngkR: Wenn es die „Top Ten” auf einem Zettel gäbe, wären die sofort entwertet, denn alle würden dorthin rennen.

Fachkräfte, Fachfrauen und -män-ner haben immer Chancen, egal, wie sie zu ihrer Qualifikation gekommen sind. Allerdings besteht in einer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umbruchphase das Bisiko, daß die Vorlaufphase für die Ausbildung zu lang oder falsch gewählt ist: am Ende sind schon zu viele gleichwertig Gebildete am Markt oder der Markt ist mittlerweile verschwunden - ein schlimmes „Der-Hase-und-der-Igel-Erlebnis”.

Die Berufsaussichten sind sicher dort gut, wo Fachkenntnis mit Marketing in Verbindung steht. Zum Beispiel die technischen Verkäufer, die eher ein herbeigerufener freundlicher Helfer bei Problemlösungen als Händler sind. Die Techniker, die Umweltschutzausbildung haben. Dazu gehören auch die mehrere Sprachen sprechenden Installations- und Montageexperten, die durch ungewöhnliche Bedingungen nicht aus der Ruhe zu bringen sind, oder die Maschinenwärter, die stolz sind, ein Millionenoder Milliardending zu „fahren”; die Fernfahrer mit ihren professionellen Grenzabfertigungskenntnissen oder Schiffsverladeeigenschaften. Das sind aber auch die handwerklich geschickten Einbauer von Mobilar oder Installationen, die vielseitigen Restaurierungsfachleute, die professionellen Dienstleister im Tourismus und Fremdenverkehr oder in den Sozial-und Altendiensten, die Vorrichtungsbauer und so weiter ...

DIEFURCHE: Es wird überlegt, neue Beruf sf eider zu schaffen. steinringer: In Österreich wird über neue Möglichkeiten der Ausbildung in den Bereichen der Kommunikation und Medien, des Gesundheitswesens und des Umweltschutzes in nächster Zeit und nach den Lehrlingsgipfeln heftig nachgedacht werden. Es wird aber jedem Jugendlichen, der heute in eine traditionelle Lehre einsteigt, möglich sein, unter bestimmten Anrechnungen in einen verwandten neuen Lehrberuf umzusteigen oder entsprechende Ausübungsrechte nach der Lehrabschlußprüfung in seinem erlernten Beruf zu erhalten.

Ich bin allgemein sehr optimistisch, was die Zukunft der Lehre betrifft. Gut ausgebildete Fachleute werden

■ nahezu egal in welcher Profession immer wieder gesuchte Menschen sein und bei entsprechender Flexibilität einen (zumindest über-)lebenssi-chernden Arbeitsplatz haben;

■ bei ständiger Weiterbildung, die sich nicht nur auf den Besuch von Kursen beschränkt, sondern das ständige „Aug' und Ohr offen halten” zum Zentrum der Erfahrungsgewinnung macht, ihren eigenen Marktwert aufrechterhalten können;

■ die in Österreich in der Vergangenheit schändlich gepflegte Selbständigkeit öfter und früher erreichen;

■ internationale Arbeitschancen finden, weil andere nicht so reiche Länder keine so gute Ausbildung haben und daher Bat, Hilfe und Anleitung benötigen, oder um gutes Geld bei uns die Waren und Dienstleistungen einkaufen werden müssen/können.

DIEFURCHE: Gibt's auch Chancen im vielzitierten „Dienstleistungssektor”? stein ringer: Die Warenwirtschaft wird sich in Zukunft sehr viel mehr als bisher mit den Kundenwünschen befassen müssen. Produzenten werden ihre Produkte sehr genau auf die Bedürfnisse von Käuferschichten abstellen und rasch reagieren müssen. Daher wird Dienstleistung nichts zu tun haben mit unterwürfigem Dienen, sondern mit professionellem Erfassen und Befriedigen von Bedürfnissen. Dank der gesundheitsbezogenen Infrastruktur Österreichs und der Lebensweise der Menschen, ist die ältere Generation zahlenmäßig gewachsen und anspruchsvoller geworden. Hier werden sicherlich noch viele Betriebe und Arbeitsplätze entstehen.

DIEFURCHE: W%s empfehlen Sie jemandem, der Lehrling werden will? steinringer: Er braucht eigentlich nur die herzliche und wahre Bestätigung, daß berufliche und allgemeine Bildung gleich wichtig und der Beginn der Berufslaufbahn in der Lehre keine Verliererstraße ist.

Diese Form des praxisbezogenen Lernens in Betrieb und Berufsschule braucht aber auch ihre eigene Lerntechnik: das Fragen nach den Funktionen von Arbeitstechniken, das Kostendenken und den Erfindergeist zur Lösung von Problemen. Aber auch die Geduld, die man mit sich selber haben muß, um bestimmte Hand- oder Fingerfertigkeiten oder Handlungsabläufe zu erlernen. Weiters die Fähigkeit, mit der eigenen Körperkraft umzugehen und die Eigenschaft, auf sich gut aufzupassen, um die eigene Arbeitsfähigkeit möglichst lange und gut zu erhalten.

Wer sich in seinen Fähigkeiten nicht auf künftige Anforderungen einstellt, entwertet sich selber. Für das Glück im Beruf gibt es einen Selbstbehalt und der heißt: ständig weiterlernen!

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