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Die Bildung ist weiblich

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Mädchen sind auf dem Vormarsch an den Schulen und Universitäten. Nicht nur, daß sie die Mehrheit der Schüler und Studenten stellen, sie haben auch die besseren Noten und fallen in der Schule seltener durch als die Buben.

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Mädchen sind auf dem Vormarsch an den Schulen und Universitäten. Nicht nur, daß sie die Mehrheit der Schüler und Studenten stellen, sie haben auch die besseren Noten und fallen in der Schule seltener durch als die Buben.

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Mädchen schneiden in der Schule deutlich besser ab als ihre männlichen Kollegen. Nicht nur in den Pflichtschulen, sondern auch in der Oberstufe der Allgemeinbildenden Höheren Schulen (AHS) haben Schülerinnen die besseren Noten, fallen seltener durch o'der brechen weniger häufig die Ausbildung ab. Dies zeigt die jüngste Analyse des Institutes für Demographie der Akademie der Wissenschaften. Während nur fünf Prozent der Schülerinnen die neunte bis elfte Schulstufe wiederholen müssen, liegt die Repetentenquote der Rüben bei zehn-Prozent. Rei der Dropout-Rate lassen sich ähnliche Unterscheide feststellen. „Die Mädchen sied einfach fleißiger, engagierter und motivierter”, meint der Schulpsychologe Karl Grohmann. „Bisher war man immer der Meinung, wenn sich Filtern schon entschließen, ein Mädchen an eine weiterführende Schule zu geben, dann stehen sie mehr dahinter, und diese Mädchen sind besser motiviert als die Burschen. Nun sind die Mädchen schon in der Überzahl an den Schulen, und sie sind immer noch fleißiger, engagierter und motivierter.”

Insgesamt hat die Bildungsbeteiligung im beobachteten Zeitraum (von 1960 bis 1992) deutlich zugenommen, wobei wiederum die Frauen, die in die Schulen und Universitäten strömen, den Löwenanteil bilden. So hat sich die Zahl der Mädchen, die die erste Klasse der Berufsbildenden Höheren Schulen (BHS) besuchten, zwischen 1966 und 1992 fast verfünffacht und die Zahl jener Mädchen, die die letzte Klasse der BHS besuchten, seit 1970 sogar versechsfacht. In denselben Zeiträumen hat sich die Zahl der Schüler in der ersten Klasse der BHS „nur” verdoppelt und in der letzten Klasse etwa verdreifacht, wobei seit 1990 sogar leicht rückläufige Tendenzen festzustellen sind. Doch die alte Rollenaufteilung Technik für die Burschen und pädagogische Ausbildung für die Mädchen - besteht nach wie vor. Alte Vorurteile lassen sich eben schwer ausräumen, meint Schulpsychologe Karl Grohmann: „Es gibt noch immer die Meinung, daß Burschen technisch und naturwissenschaftlich begabt sind und Mädchen mehr in sozialen und humanistischen Berufen reüssieren.” Bis diese Vorurteile ausgeräumt seien, würde es Generationen dauern. „Wir dürfen nicht vergessen, daß Mädchen im 19. Jah-hundert noch nicht einmal an die Universitäten durften.” Die alte Bollenteilung „Mädchen-Mutter-Hausfrau” und „Bub-Geld verdienen-ler-nen-Familie ernähren” lebe noch in vielen Köpfen fort, meint Grohmann.

In Zukunft wird die Bildungsbeteiligung weiter zunehmen, prognostiziert der Studienautor Frank Landler. Im Jahr 2010 werden in Österreich voraussichtlich 43 Prozent der 18 bis 20jährigen die Reifeprüfung machen, von den Mädchen sogar jedes zweite. Der andauernde verstärkte Bildungswille wird zudem zu steigenden Studienanfängerzahlen führen: 2010 wird fast jeder dritte der 18- bis 21jährigen an einer Universität eingeschrieben sein. Die Freude über so viel Bildungshunger wird aber rasch getrübt, betrachtet man die Vergleichszahlen in anderen Industriestaaten. Dabei liegt Österreich nämlich noch weit unter dem internationalen Schnitt, und daran wird sich - sollte es keine massiven Änderungen im Bildungssystem geben - voraussichtlich nichts ändern. Der positive Aspekt dabei ist, daß es in Österreich dafür auch weniger arbeitslose Akademiker gibt, meint Landler. „Fun höheres Angebot an qualifizierten Arbeitskräften bringt oft Anpassungsschwierigkeiten der Industrie mit sich.” Solche Überlegungen sollten allerdings die Bildungsoffensive nicht bremsen, fordert Sigurd Höllinger, Sektionschef im Wissenschaftsressort. „Der offene Zugang zu den Universitäten muß bleiben, denn dabei geht es um •gesellschaftlichen neichtum oder Armut.” Für die Osterreichische Wirtschaft wäre es fatal, den Bil-dungswillen durch „Zugangsbarrieren oder bildungspolitische Planwirtschaft” zu bremsen.

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