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Die folgerichtige Steuerprogression

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Die progressive Steigerung soll für die Familie so lange gelten, als die Kinder in der Versorgungspflicht der Eltern stehen. In dieser Hinsicht sind die gegenwärtigen gesetzlichen Bestimmungen richtig und beizubehalten. Denn gerade in den letzten Jahren der Berufsausbildung verursacht jedes Kind die größten Ausgaben für Schule und Ausbildung, natürlich auch für Ernährung, Kleidung und Wohnung, so daß man es unmöglich verantworten könnte, die Bezugsberechtigung etwa nach Vollendung des 14. oder 16. Lebensjahres einzustellen oder zu verkürzen, wenn das Kind noch nicht in einem voll entlohnten Arbeitsverhältnis steht. Dadurch würde man nämlich die Eltern zwingen,

von je 1000 S monatlich Beihilfe beziehen konnte, die Zwei-Kind-Familie bis zu 833 S, die, Sechs-Kind-Familie bis zu je 500 S usw. sinkend, beispielsweise bei zehn Kindern nur mehr bis zu einem Pro-Person-Einkommen von je 333 j S (also unter dem Existenzminimum).

Aus Erwägungen sozialer Natur ist eine Obergrenze der Bezugsberechtigung von Beihilfen notwendig. Aber sie darf nicht mehr die Fehler der vergangenen Obergrenzen aufweisen, sondern soll nach Anzahl der Familienmitglieder oder nach Anzahl der Kinder gestaffelt sein. Dabei muß — sehr zum Unterschied von bisher — jedes Kind gezählt werden. Auch darf die Grenze

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die Berufsausbildung des Kindes vorzeitig abzubrechen und es in ein Arbeitsverhältnis zu geben. Damit würde manches Talent um die weitere notwendige Ausbildung förderungswürdiger Anlagen kommen. Wenn aber die Höhe der Beihilfe bis zum Abschluß der Berufsausbildung bleibt (wie jetzt), dann ist dies ein Anreiz für die Eltern, den Kindern eine gründlichere und sorgfältigere Ausbildung zuteil werden zu lassen, was einerseits die Jugendarbeitslosigkeit vermindern, die berufliche Verwendbarkeit der Jugend erhöhen und damit die industrielle, gewerbliche und wissenschaftliche Wettbewerbsfähigkeit Oesterreichs auf dem internationalen Markt vergrößern würde.

Die progressive Steigerung müßte auch konsequent durchgeführt werden und nicht etwa bei der bekannten und ungerechten Formel „bei vier und mehr Kindern“ enden. Diese Formel hat schon bisher viele Härten und Ungerechtigkeiten geschaffen, so beispielsweise bei den erst kürzlich aufgehobenen Einkommenhöchstgrenzen der Kinderbeihilfen. Diese Höchstgrenzen waren so formuliert, daß die Familie mit einem Kind noch bis zu einem Pro-Person-Einkommen

nicht starr sein, so daß auch bei nur geringfügiger Uebcrschreitung der Grenze die ganze Beihilfe wegfällt, sondern es soll — wie sonst in den Steuergesetzen auch üblich — beim Ueberschreiten von Stufen oder Grenzen ein Ausgleich eingeführt werden, etwa nach der Formel „soweit durch Einbeziehung der Kinderbeihilfe das Netto-Familien-Einkommen die Grenze von monatlich 500 S pro Person übersteigt, kommt die Kinderbeihilfe nicht mehr zum Zuge“. Damit wäre vorgesorgt, daß jener Teil der Beihilfe doch noch zum Zuge käme, der unter dieser Grenze liegt, und es könnte der Fall nicht mehr eintreten, daß ein Beamter bei Vorrückung seiner Bezüge schließlich weniger herausbekommt als vorher.

Ob eine Einkommensgrenze von monatlich je 500 S pro Familienmitglied ausreichend ist, mag eine Erwägung budgetärer Natur sein. Man kann, wenn die Mittel dazu aufbringbar sind, auch großzügiger sein, denn bei der Grenze von je 500 S kämen die meisten Familien mit nur einem Kinde nicht mehr zum Zuge (Gesamtgrenze des Familieneinkommens 1500 S). Aber jedenfalls müßte die Grenze für alle gleich sein und nicht, wie

bisher bei zunehmender Kinderzahl sinken. Eine wirkliche Gerechtigkeit kann aber nur erreicht werden, wenn die Grenze nach dem auf die Anzahl der Familienmitglieder aufgeteilten Gesamteinkommen, dem „Pro-Person-Einkommen“, festgesetzt wird.

Eine oberste Grenze für den Bezug von Kinderbeihilfe überhaupt aufzulassen, mag ein ideales Ziel für spätere Jahre sein, wenn einmal genügend Mittel zur Verfügung stehen. Aber angesichts der Lage unserer Staatsfinanzen und der Höhe der auf den Einkommensempfängern ohnedies schon lastenden Steuern können wir in Oesterreich heute leider noch nicht aus dem Vollen schöpfen. Man kann auch nicht schon das Dadi auf ein Haus setzen, bevor die Mauern stehen. Zuerst müssen die Forderungen der Gerechtigkeit erfüllt werden, dann erst — wenn hierfür noch Mittel zur Verfügung sind — Wünsche der Großzügigkeit. Es wäre offensichtlich ungerecht, eine kinderreiche Familie durch ungenügende Kinderbeihilfen bei einem weit unter dem Existenzminimum lie-

genden Pro-Person-Einkommen zu belassen, während man einem reichen Mann, mit wenig Kindern, unnötigerweise (und vielleicht auch seinerseits unerwünschterweise) eine Kinderbeihilfe gibt.

*

(Ein weiterer Artikel über eine gerechte und tragbare Aufbringung der Mittel für den Familienlastenausgleich folgt.) Bei dem Artikel des Verfassers „Familienfeind Nr. 1“ am 8. August ergab sich leider ein sinnstörender Fehler in der Gliederung der letzten Tabelle, indem die Ueber-schrift „Existenzminimum“ auch über die Lohnsteuerspalte gezogen wurde, während die Uebcr-schrift „Lohnsteuer“ sich nur auf die Spalte der Prozentsätze beschränkte.

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