Die Helden des 21. Jahrhunderts

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Social Entrepreneurs wie Johannes Lindner oder Gerald Koller entwickeln höchst innovative Modelle zur Lösung globaler Probleme und sind gefragter denn je.

Es ist keine leichte Aufgabe: "Wir sind wie Trüffelschweine und folgen jeder Spur. Das Aufspüren von Ashoka Fellows ist ein langwieriger Prozess“, sagt Marie Ringler, Länderdirektorin von Ashoka Österreich. Diese Organisation sucht, findet und unterstützt Social Entrepreneurs.

"Unter zehn Millionen Menschen finden wir eine Person pro Jahr, die unseren Kriterien entspricht“, erklärt Ringler. Auf Initiative der einstigen Wiener Landtagsabgeordneten der Grünen startete die internationale Organisation Anfang 2011 in Österreich: Social Entrepreneurs - Menschen mit nachhaltigen Konzepten zur Lösung der großen gesellschaftlichen Probleme sollen hier gefunden werden. Sie müssen systemisch denken, um Probleme an ihrer Wurzel anzupacken und das System selbst zu revolutionieren.

Schüler denken unternehmerisch

Johannes Lindner ist so ein "Changemaker“. Als Lehrer an einer Wiener Handelsakademie hat er die Lernmethode "Entrepreneurship Education“ etabliert: Er möchte Jugendliche mit Unternehmergeist und mit Visionen für die Teilnahme an Wirtschaft und Gesellschaft ausstatten. Am besten, indem sie selbst Ideen entwickeln. "Wenn wir den künftigen Unternehmern ein anderes Bild von Ökonomie vermitteln, werden sie später nachhaltiger wirtschaften“, so Lindners Leitgedanke.

Im Unterricht bietet er seinen Schülern die Möglichkeit, ein eigenes Geschäftsmodell zu entwickeln: "Junge Menschen sollen lernen, eigenverantwortlich zu denken und zu handeln. Ich ver-stehe mich als Verbündeter bei der Umsetzung ihrer Ideen.“

Erziehung solle schließlich ein Instrument der Befreiung, nicht der Anpassung sein. Auch über die Schulzeit hinaus tragen Lindners Bemühungen bereits Früchte. "Einer meiner Maturanten hat in den USA ein Unternehmen aufgebaut.“

Bisher werden 20.000 Jugendliche in Österreich mit "Entrepreneurship Education“ unterrichtet, bald soll sich die Zahl auf 40.000 verdoppeln. Obwohl der Ashoka Fellow Lindner äußerst engagiert ist, nimmt er sich die Zeit, auch zu unterrichten. "Das ist mir wichtig, damit ich an der Thematik dranbleibe.“ "Entrepreneurship Education“ startete an den berufsbildenden Schulen, wird bald an den Neuen Mittelschulen unterrichtet und soll über Österreichs Grenzen hinaus als Ausbildungsphilosophie implementiert werden.

Gerald Koller ist der zweite bisherige Ashoka Fellow aus Österreich. Er entwickelte mit "risflecting“ - einer Zusammensetzung der Wörter "risk“ und "reflecting“ - einen pädagogischen Ansatz zum gesunden Umgang mit Rausch- und Risikosituationen.

Der 53-Jährige kommt aus der Suchtprävention und bringt von dort eine prägende Erfahrung mit: Sachliche Aufklärung und Abschreckung wirken eher kontraproduktiv. "Berauschung ist an sich nichts Schlechtes. 90 Prozent haben dieses Bedürfnis, weil es zur Intensität des Lebens dazugehört“, meint Koller. Demnach müsse man das Ziel anders definieren: nicht das Vermeiden riskanter Situationen, sondern der reflektierter Umgang damit sei das Wesentliche. "Anstatt des Satzes ‚Und führe uns nicht in Versuchung‘ sollte es vielmehr ‚Und führe uns in der Versuchung‘ heißen“, ist Koller überzeugt. "Denn erst durch Verbote und verdrängte Wünsche werden destruktive Kräfte wirksam“, erläutert der einstige Psychologie- und Religionslehrer. Seine Methode hat Erfolg.

"Risflecting“ wird inzwischen im deutschsprachigen Raum zur Risiko-, Sucht- und Gewaltprävention angewendet. Koller initiierte Projekte wie "risk ’n’ fun“ mit dem Alpenverein oder "AHA“ (Alternative Happy Hours) mit der Gastronomie. Sein Ansatz hat eine politische Dimension: Jugendliche sollen erkennen, wie das Rauschhafte - etwa Musik oder emotionalisierende Inhalte - im Wahlkampf oder in der Werbung instrumentalisiert wird. "Mehr Risikobereitschaft bräuchten wir nämlich bei der Zivilcourage“, so Koller.

Ashoka möchte künftig ein bis zwei Fellows jährlich in Öster-reich finden. "Außerdem wollen wir Social Entrepreneurs in der Slowakei, Tschechien, Ungarn und Polen suchen“, plant Ringler. Eine schöne, aber herausfordernde Aufgabe - wie Trüffel suchen.

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