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Die italienische Volksgruppe in Slowenien

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Ein vom slowenischen Parlament in Ljubljana beschlossenes Minderheitenschulgesetz vom 10. Februar 1965 regelt auch das Schulwesen für die italienische Volksgruppe in der Volksrepublik Slowenien. Während des Schuljahres 1967/68 gab es im slowenischen Küstenland vier italienische Kindergärten und neun Einheitspflichtschulen. An diesen. Pflichtschulen waren 449 Schüler und Schülerinnen eingeschrieben. Italienische Mittelschulen — also allgemeinbildende höhere Schulen — aber gibt es im slowenischen Küstenland vier, ein Gymnasium in Köper sowie in Piran und eine Wirtschaftsmittelschule sowie Berufsschule mit Mittelschul-charakter in Izoia. An den Mittelschulen mit italienischer Unterrichtssprache waren 144 Schüler eingeschrieben. Auf dem Gebiete des slowenischen Küstenlandes ist auch an allen Schulen mit slowenischer Unterrichtssprache Italienisch Pflichtgegenstand.

Die Frage der zweisprachigen Aufschriften, die in den gemischtsprachigen Gemeinden Istriens angebracht wurden, sowie die Frage der

italienschen Amtssprache sind im Gemeindestatut verankert. Für die italienische Volksgruppe strahlt Radio Köper ein Programm von siebeneinhalb Stunden täglich aus, das italienische Fernsehen ist im Aufbau begriffen. Die italienische Minderheit ist mit einem Abgeordneten auch im slowenischen Parlament vertreten. Die Interessen der Völksgruppe werden von der Unione degli Italiani dell'Istria e di Fiiume, der Italienischen Union für Istrien und Rijeka, wahrgenommen.

Die Kärntner Slowenen

Das Gebiet der heutigen Republik Österreich war das Kernstück der einstigen Donaumonarchie. Möge auch jedem Bundesland seine historische Aufgabe zugedacht sein, so kann doch kein Zweifel darüber bestehen, daß den Bundesländern Kärnten und Burgenland, in denen Minderheiten von Völkern ost- und südosteuropäischer Staaten beheimatet sind, auf Grund der gegenwärtigen weltpolitischen Lage und europäischen Gegebenheiten eine besondere außenpolitische und zwischen-

staatliche Funktion zukommt. Sind es im Burgenland die Volksgruppen der Kroaten und Madjaren, die der Landesregierung die Kontakte mit seinen Nachbarn erleichtern, so schafft die Existenz der Slowenen in Kärnten für dieses Bundesland eine günstige Ausgangsposition für seine Beziehungen zu Jugoslawien und prädestiniert es als Land, gelegen am Schnittpunkt des germanlsch-romanisch-islawischen Kulturkreises, zu speziellen Aufgaben im Dienste der europäischen Einigungsbestre-bungen im Räume Alpen—Adria. Bezüglich der Volksgruppen hat sich Österreich mit der Unterzeichnung des Staatsvertrages im Artikel 7 zur Erfüllung der Rechte der slowenischen und kroatischen Minderheiten verpflichtet.

Auf Grund des Minderheitenschulgesetzes vom 19. März 1959 besuchten während des Schuljahres 1967/68 in Kärnten 1767 Schüler und Schülerinnen an 76 Volksschulen und elf Hauptschulen den slowenischen bzw. zweisprachigen Unterricht. Das Bundesgymnasium für Slowenen in Klagenfurt zählt 16 Klassen und wird gegenwärtig von 424 Schülern und Schülerinnen besucht. Außerdem ist Slowenisch an mehreren allgemeinbildenden höheren Schulen des Landes auch als Freigegenstand vorgesehen. Der Lehrernachwuchs für zweisprachige Schulen wird an der Pädagogischen Akademie des Bundes tn Klagenfurt herangebildet. Für die Angelegenheiten des Minderheiten-Schulwesens wurde im Rahmen das Landesschulrates für Kärnten eine eigene Minderheitenschulabtellung eingerichtet. Bei Radio Klagenfurt besteht eine eigene Abteilung für slowenische Sendungen mit einer durchschnittlichen Sendezeit von 50 Minuten täglich. In Kärnten gibt es 8ff bis 90 Slowenische Priester. Mehr als ein Drittel der Kandidaten des Priesterseminars sind Angehörige der slowenischen Volksgruppe.

Die Stärke der slowenischen Minderheit wird von Dr. Theodor Veiter mit 50.000 angegeben.

Die politischen Interessen der Minderheit werden vom christlich orientierten Rat der Kärntner Slowenen und dem sozialistisch orientierten Zentralverband slowenischer Organisationen wahrgenommen.

Positive Perspektiven

Die zwischen den Regionen Kärnten, Friaul-Julisch-Venetien und Slowenien angestrebte Kooperation im •wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Bereich hat unter voller Wahrung der nationalen Traditionen und politischen Gegebenheiten in diesem Raum zu einem besseren Verständnis zwischen den Völkern beigetragen

Innenpolitisch gesehen trägt diese Entwicklung zu einer toleranten Denkungsart bei, die den Lebensraum der Minderheit weitet und diese — im Sinne einer modernen, den Problemen Europas aufgeschlossenen Minderheitenpolitik — vor neue Aufgaben im Dienste der europäischen Völkergemeinschaft stellt. Wenn wir in diesem Zusammenhang noch darauf verweisen, daß sich der Bogen, den die Minderheiten Im Räume Alpen—Adria im zwischenmenschlichen Bereich zu spannen imstande sind, auch auf die Tschechen in Wien, die Kroaten im Burgenland, die deutsche Volksgruppe in Südtirol, die italienische Minderheit in Kroatien, die ungarische Minderheit im Ubermurgebiet Sloweniens sowie die des Burgenlandes in Österreich erstreckt, dann ist daraus zu ersehen, welche Fülle von Möglichkeiten sich für diese Minderheiten im Hinblick auf die gegenseitigen Beziehungen, die europäischen Einigungsbestrebungen und die Festigung des Friedens in der Welt ergeben

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