„Die Länder vergießen Krokodilstränen“

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Familienstaatssekretärin Christine Marek verteidigt sich gegen Angriffe, der Bund würde beim Ausbau der Kinderbetreuung den Geldhahn zudrehen. Es gebe 70 Millionen Euro für das verpflichtende Kindergartenjahr, das die meisten Länder für den Ausbau verwenden könnten.

Da war die Aufregung groß – als VP-Familienstaatssekretärin Marek vergangene Woche ankündigte, vorerst keine neuen Bundesmittel für die 2010 auslaufende Anstoßfinanzierung zum Ausbau der Kinderbetreuung für die Länder locker zu machen. Marek meint, zu Unrecht.

Die Furche: Frau Staatssekretärin, Ihre Regierungskollegin Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek warnt: „Es wäre ein völlig falsches Signal, jetzt den Geldhahn zuzudrehen.“

Christine Marek: Wir drehen nicht den Geldhahn zu. Dieser Vorwurf ist völlig absurd. Ich halte fest: Der Bund zahlt den Ländern in dieser Legislaturperiode 370 Millionen Euro an Zuschüssen im Bereich Kinderbetreuung. Und das in einem Bereich, in dem die Länder eigentlich zu 100 Prozent zuständig sind. Die Anstoßfinanzierung für den Ausbau der Kinderbetreuung bei den unter Dreijährigen war immer bis 2010 befristet. Wir kriegen erst bis Mitte nächsten Jahres die Abrechnung der Länder für 2010, ob sie alle Mittel widmungsgemäß eingesetzt haben. Ich bin daher nicht bereit, jetzt schon den Ländern einen Blankoschek auszustellen und neue Gelder anzukündigen. Ich halte es für fahrlässig und extrem unseriös, auch von der Frauenministerin, zu sagen, wir würden den Geldhahn zudrehen. Das stimmt nicht. Es ist mir ein extrem großes Anliegen, dass im Bereich Kinderbetreuung weiter massiv ausgebaut wird.

Die Furche: Ist es möglich, dass nach erfolgter Abrechnung das Programm fortgesetzt wird?

Marek: Ich kann das zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Wir müssen generell schauen, wie die finanzielle Lage ist. Im nächsten Jahr müssen im Familienressort 235 Millionen Euro eingespart werden.

Die Furche: Sie sagten aber, der Ausbau der Kinderbetreuung sei Ihnen ein großes Anliegen …

Marek: Ich möchte festhalten: Die Länder bekommen bis 2013 jährlich 70 Millionen Euro für das verpflichtende letzte Gratis-Kindergartenjahr und daran wird auch nicht gerüttelt. Die Länder sind verpflichtet, diese Mittel, wenn sie diese nicht für die Fünfjährigen brauchen, für weitere Kinderbetreuungsplätze einzusetzen. Da das verpflichtende letzte Jahr in diesem Herbst in allen Bundesländern beginnt, haben die Länder in den Folgejahren kaum mehr Kosten beim Ausbau von Plätzen für die Fünfjährigen. Jährlich 70 Millionen bis 2013 ist viel Geld. Die Länder vergießen daher Krokodilstränen.

Die Furche: Die aktuellen Zahlen bei den Kinderbetreuungsgeldvarianten zeigen, dass besonders die kurzen Formen immer beliebter werden. Da werden auch viele Plätze für unter zweijährige Kinder gebraucht. Gibt es diese im ausreichenden Maße?

Marek: Wir sind sehr erfolgreich mit den zwei neuen kurzen Varianten. Es ist klar, dass wir zusätzliche Plätze brauchen. Die bereits erwähnten 70 Millionen Euro pro Jahr an die Länder können auch für den Ausbau von Plätzen für unter Dreijährige eingesetzt werden. Es gibt zusätzlich einen Fördertopf von jährlich 700.000 Euro für innovative Kinderbetreuungsprojekte. Die Verwendung der Fördermittel des Bundes im Sinne der dafür festgelegten Kriterien wird von uns überprüft.

Die Furche: Sie haben sich bei den Ländern beklagt, weil diese sich gegen bundesweit einheitliche Richtlinien für Kindergärten sträuben.

Marek: Ja, die Bereitschaft der Länder ist hier endenwollend. Ich habe gelernt, dass es bei manchen Dingen viele einzelne Schritte braucht. Einer dieser Schritte ist der bundesweit einheitliche Bildungsplan für die Fünfjährigen. Das ist ein echter Meilenstein. Bis Herbst wird es eine Studie zur Kinderbetreuung in Österreich geben, in der wir erstmals den Status quo in Österreich aufzeigen, etwa Gruppengrößen, Ausbildungsstand der Pädagoginnen und Öffnungszeiten. Wobei ich davor warne, alles zu vereinheitlichen. Nicht überall in Österreich besteht der Bedarf für Öffnungszeiten von 6 bis 18 Uhr.

* Das Gespräch führte Regine Bogensberger

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