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Die Laien ernst nehmen

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Ob sich Priester und Laien als Menschen verstehen und Zusammenarbeiten, hängt weithin ab von Sympathie, Temperament, Charakter, Alter usw. Von diesen menschlichen Gegebenheiten wollen wir hier vollkommen absehen. Sie bestehen auch zwischen Laien. Einige Voraussetzungen für ein gutes Verhältnis zwischen Priester und Laien müssen aber geschaffen werden.

• Einen Beitrag muß die Kirche schaffen: Es ist auf die Dauer nicht zumutbar, permanent zur Mitverantwortung und Mitarbeit aufgerufen zu werden, ohne die Chance zu haben, auch mitentscheiden und mitbestimmen zu können. Zur Zeit fehlen noch echte Strukturen. Es fehlen die entsprechenden Gremien, und es fehlen die entsprechenden rechtlichen Verankerungen im Kirchenrecht. Diese Strukturen und Gremien müssen m der Kirche offiziell sein. Sonst besteht die Gefahr, daß nur Scheinstrukturen bestehen. Ist diese Frage gelöst, dann ist der Frage „Priester — Laie“ die eigentliche Spitze genommen.

• Um einen weiteren Beitrag möchten wir die Priester bitten: Der Laie will vom Priester so genommen werden, wie er ist, und nicht so, wie ihn der Priester haben möchte. Der

Laienchrist hat seine Sonderheiten, die aus seiner Stellung in der Welt, im Beruf, in der Familie usw. resultieren. Er hat eigene Verpflichtungen und einen eigenen Lebensrhythmus, der sehr oft vom Priester — so scheint es — nicht verstanden und anerkannt wird. In diesem Zusammenhang soll es auch gesagt werden: Dem Laienchristen müssen auch besondere Charismen zugetraut werden. Der Geist Gottes ist im Volk Gottes auf alle in gleicher Weise verteilt.

Anerkennung der Eigenständigkeit

Voraussetzung für ein echtes Gespräch ist, daß die Priester dem Laien das Bewußtsein der Partnerschaft geben. Gesprächsatmosphäre wird nicht, wenn der Priester immer als „Lehrer“, als der, der sofort Rezepte und Antworten weiß, auf- tritt; sondern dadurch, daß der Laie zu spüren bekommt, daß er seinen Teil zum Gespräch beitragen muß; daß er gleichwertiger Teil eines Ganzen ist.

Der Priester soll bereit sein, positive und konstruktive Kritik hinzunehmen und zu ertragen. Kritik — im rechten Sinn verstanden, ist für die Sache notwendig. Auch der Priester kann nicht alles wissen, auch er kann einer BetriebsbLindihieit anheimfallen.

Sehr oft wird an Priestern das entsprechende Studium der Situation des Menschen vermißt. Wie oft werden über Menschen zu leicht Urteile gefällt und Forderungen gestellt, ohne die konkrete Situation und die Schwierigkeiten, in der sich diese Menschen befinden, zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang muß ich der Ehrlichkeit wegen darauf hinweisen, daß die Priester das Studium der neuen Erkenntnisse der Theologie und der Naturwissenschaften nicht ernst genug nehmen können. Es kann sehr leicht sein, daß Laien das Vertrauen zum Priester verlieren.

Für die Mitarbeit in er Kirche erwartet sich der Laienchrist, daß ihm der entsprechende Raum für die Mitarbeit gegeben wird. Erwachsene Menschen wollen nicht wie unmündige Kinder behandelt werden. Dieser Raum kann jetzt schon geschaffen werden. Dazu bedarf es noch keines „Laienrechtes“.

Gebt uns Laien Raum zur Entfaltung in der Kirche! Der Laie kann sich entfalten, wenn ihm volles Vertrauen für die Erfüllung seiner Aufgäben geschenkt wird.

Kontakt mit den Christen in der Welt

Schließlich darf noch auf eine Gefahr aufmerksam gemacht werden: Auf Grund der Stellung des Priesters, seines Berufes und seiner Verpflichtungen ergibt sich, daß er ständig in Gefahr ist, sich einseitig nur mit einer Gruppe von Menschen zu beschäftigen. Bei dieser Gruppe handelt es sich zum Großteil um unverheiratete Personen und solche, die in der Welt nicht besonders engagiert sind. Diese Tatsache ist verständlich, muß aber auch als eine Gefahr gesehen werden. Diese liegt darin, daß der Priester zu einseitig informiert ist und seine Vorstellungen über die Situation des Laienchristen zu einseitig werden. Der Priester muß bewußt mit den Familien und mit jenen Gruppen, die in der Welt sehr engagiert sind, den Kontakt suchen und pflegen.

• Auch wir Laien haben unseren Beitrag zu leisten: Wir Laien müssen die spezifische Situation und die Schwierigkeiten der Situation des Priesters intensiver zu verstehen suchen. Auch der Priester ist geformt von einigen Umständen, die ihm seine Stellung und sein Beruf auflegen. Es muß ihm das Recht zugestanden werden, so zu sein, wie er ist.

Wir Laien müssen dem Priester die Chance geben, unser Partner sein zu können. Bei vielen Laienchristen, gleich welchem Bildungsstand sie angehören, ist diesbezüglich noch ein falsches Obrigkeitsdenken vorhanden. Vielfach existiert bei diesen ein Priiesterbild, das der Priester nicht verwirklichen kann.

Viele Laien haben kein rechtes Kirchenverständnis und sind nicht in der Lage, von ihren Rechten und Pflichten Gebrauch zu machen. Wir Laien müssen für die Erfüllung der Aufgaben in der Kirche absolut verläßlich werden. Dazu scheint mir die Bereitschaft zur Ausbildung für die Erfüllung der verschiedenen Aufgaben in der Kirche sehr entscheidend. Es ist auch sehr wichtig, daß die Priester in das Vertrauen der Laien einbezogen werden. Sie sollen bewußt in Familien und andere Kreise eingeladen werden. Sie sollen in der Gesellschaft nicht nur der Klasse der „Honoratioren“ gehöre®, sondern als Freund und jederzeit gerne gesehener Gast.

Trotz allem aber darf abschließend festgestellt werden, daß es zunächst nicht primär entscheidend ist, welchen institutioneilen Ausdruck die neue Zusammenarbeit zwischen den Funktionsträgem im ganzen Volk Gottes findet, sondern daß auf der Ebene der Gemeinden im täglichen Kontakt zwischen Klerus und Laien eine größere Spontanität gegenseitiger Beziehungen entsteht:

Intensivierung der Gespräche zwischen Priester und Laien über die gegenseitigen Beziehungen; gemeinsames Studium der brennenden Fragen in Theologie und Naturwissenschaft; gemeinsame Durchführung von möglichst vielen Experimenten der Zusammenarbeit und schließlich sofortige Durchführung von Bildungsveranstaltungen, die Laien für konkrete Dienste in der Kirche ausbilden.

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