Die Probleme im Bildungssystem sind bekannt

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Solange sich die regierenden Parteien nicht auf ein gemeinsames Bildungskonzept einigen, werden wir weder bei Pisa besser abschneiden, noch erfolgreichere Schüler haben.

Nun kam sie doch: die nächste Pisa-Katastrophe. Und selbst die Aufregung vor der Präsentation der Ergebnisse am vergangenen Dienstag konnte nicht vorwegnehmen, was nun folgt: Die nächste wochenlange Aufarbeitung einer bildungspolitischen Blamage: Österreichs Schülerinnen und Schüler sind in ihren Lese-Kompetenzen massiv abgestürzt. Die Leistungen der getesteten 15- und 16-jährigen Schüler rangieren unter den 34 teilnehmenden OECD-Staaten auf Platz 31. Dahinter liegen nur mehr die Türkei, Chile und Mexiko. Im Vergleich zum Jahr 2000 sind die Leistungen weiter gesunken. Der Vergleich ist aber laut OECD, die Pisa durchführt, nur bedingt zulässig, da die Daten-Erhebung hierzulande im Frühjahr 2009 in einer Zeit stattfand, als eine negative Atmosphäre gegenüber Pisa vorherrschte.

Schmied: "Sofort an Umsetzung arbeiten"

Lesen bildete den Schwerpunkt von Pisa 2009. Es wurden aber auch mathematische und naturwissenschaftliche Leistungen der Schüler getestet. Auch hier fällt Österreich zurück und belegt in den Naturwissenschaften den 24. und in Mathematik den 18. Platz.

Es kam also noch schlimmer als befürchtet - Bildungsministerin Claudia Schmied (SPÖ) sagte in einer ersten Reaktion, dass die Ergebnisse "schlecht, sogar sehr schlecht" seien. Es müsse nun das übliche Ritual von Schuldzuweisungen und darauffolgenden Arbeitsgruppen und Expertenpapieren durchbrochen und sofort mit der Umsetzung notwendiger Reformen begonnen werden. Dazu müsse nichts mehr neu erfunden werden. Sie meint damit vor allem, die Neuen Mittelschule als Regelschule, eine neue Ausbildung sowie ein reformiertes Dienstrecht für Lehrerinnen und Lehrer.

Der jüngste Pisa-Absturz macht tatsächlich nur einmal mehr sichtbar, was längst allgemein bekannt ist. Zu viele Studien haben dies bestätigt: Österreichs Bildungssystem versagt - es versagt, soziale und sprachliche Ungleichheiten auszugleichen. Hierzulande liegen Leistungen von Schülern, deren Eltern maximal einen Pflichtschulabschluss haben, zwischen 90 und 102 Punkten bei Kompetenzbereichen wie Lesen, Mathematik oder Naturwissenschaften hinter jenen Kinder, die aus Akademikerhaushalten stammen. Dies geht schon aus früheren Pisa-Ergebnissen hervor. Das System ist auf elterliche Mithilfe und Nachhilfe angewiesen. Zugleich schaffen es Österreichs Schulen nicht, Kinder von Migranten ausreichend zu fördern. So zeigten auch frühere Pisa-Tests, dass die Leseleistung von Migrantenkindern, die hier geboren wurden, noch schlechter waren als jene von Kindern, die noch im Herkunftsland auf die Welt kamen. Hier sticht Österreich besonders negativ hervor.

Dahinter verbirgt sich ein Ständedenken als Grundübel des Systems: Ein Ständedenken zwischen Pädagogen, die an den AHS und an den Hauptschulen unterrichten. Dazwischen gelingt keine moderne Didaktik, die jedes Kind bestmöglich fördern möchte. Dazu kommt ein Ständedenken zwischen deren Schülern und Eltern und dazu die massive Angst, Abwertung und Problematisierung von Kindern, deren Muttersprache nicht Deutsch, sondern eine andere Sprache ist. Auch hier gibt es ein Ständedenken zwischen dem edlen Französisch und dem problematischen Türkisch oder Serbisch.

Diskriminierendes Bildungssystem

Der Gipfel dieser Spaltungen ist die bisher unüberwindbare ideologische Differenz der beiden Großparteien SPÖ und ÖVP in ihren Bildungskonzepten. Solange die regierenden Parteien hier keinen Konsens haben, wird keine grundlegende bildungspolitische Reform gelingen. Die Streitpunkte kreisen vor allem um die Frage, ob eine Gesamtschule die Probleme lösen könnte. Wird sie nicht allein, schon gar nicht sofort. Dennoch kann gesagt werden: Die Integration und bestmögliche Förderung aller Kinder wird nur durch ein vereinigendes Bildungssystem mit neuer didaktischer Ausrichtung und modernen Lehrplänen gelingen. Wie der grüne Bildungssprecher Harald Walser in einer ersten Analyse der Pisa-Ergebnisse gegenüber dem ORF betont: Es gebe gute und schlechte Beispiele für gemeinsame Schulen. Man müsste von den Guten lernen.

* Eine Analyse von Regine Bogensberger

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