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Digital In Arbeit

Die Qual der Wahl

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Simples, aber wichtigstes Kriterium beim Kauf einer HiFi-Anlage: Alles in Ruhe vorführen und sich nicht von aufregenden Designs beeindrucken lassen, sondern nur seinem Gehör vertrauen

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Simples, aber wichtigstes Kriterium beim Kauf einer HiFi-Anlage: Alles in Ruhe vorführen und sich nicht von aufregenden Designs beeindrucken lassen, sondern nur seinem Gehör vertrauen

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Schon nach kurzer Zeit stellt sich beim nicht vorinformierten Kaufwilligen, der eine HiFi-Anlage sein eigen nennen möchte die schiere Verzweiflung ein: Worauf soll man denn eigentlich achten?

Die schwarzen „Trümmer” unterschiedlichster Hersteller sehen bisweilen wie eine Raumpatrouille aus den Tiefen des Weltalls aus. Die Preisspannen reichen von 500 Schilling bis in die unendlichen Abgründe ihres für den Ankauf vorgesehenen Kontos.

Die Gerätezusammenstellungen umfassen einen Bereich von „Billigmusikmühlen” aus Fernost bis hin zu den in den Wochenendbeilagen diverser Tageszeitungen empfohlenen Exzentrikerzusammenstellungen. Die vielen Abkürzungen für die vielen nützlichen Kinkerlitzchen im Dienste rund um das Ohr machen die Sache auch nicht unbedingt leichter. Die meisten Verkäufer zeigen sich versiert und verwirren auf der Jagd nach Umsatzzahlen den Kaufwilligen oft mehr, als daß sie Klarheit in den komplexen Audiodschungel brächten.

Da steht der Kunde also, mit seinem Sparbuch in der Hand, der Kaufabsicht im Kopf und der Verwirrung im Herzen. Lassen Sie sich nicht verwirren, die Sache ist leichter als sie sich das vorstellen.

Bevor Sie sich etwas anderes einreden lassen - wie „die Super HX-QJ-2.000 Anlage in der XY-Kombi-nation mit zig-1000 Watt Sinus ist ja überhaupt die beste im Land...” -beachten Sie: Gut ist, was gefällt. Also alles, was Ihren Ohren Spaß macht.

Der Grundgedanke beim Kauf sollte sicher sein: Was will ich überhaupt? Was soll das Wunderding eigentlich können? Orientieren Sie sich an ihren Hörgewohnheiten! Hören Sie mehr Badio, lauschen Sie eher ihren Tapes oder den CDs, oder sind Sie ein Schallplattenfan? Der

Spaß geht zunächst einmal mit den „Kernstücken” los: Verstärker, Lautsprecherboxen, Reciever, Plattenspieler, CD-Player, Tapedeck. Der Richtsatz hier kann lauten: Gutes ist teuer, aber nicht alles, was teuer ist, ist auch gut.

Einzeln oder Kompakt

Der Verstärker ist die Zentrale ihrer Anlage (er verstärkt die Signale aus den einzelnen Geräten), das gilt für Einzelkomponenten ebenso wie für die sogenannten Kompaktanlagen, die meist aus einem oder zwei Geräteblöcken bestehen und eine vom Hersteller zusammengestellte Konfiguration darstellen. Ein Wort zu den Kompaktanlagen: Man kann nicht generell vom Ankauf einer solchen Anlage abraten, entscheidend ist der Verwendungszweck der Sache t will ich wirklich aktiv Musik hören, oder soll da einfach ein netter Klangteppich „für nebenbei” gewoben werden? Die Konfigurationen der Hersteller sind sicherlich nicht schlecht, aber es ist sehr unwahrscheinlich, daß alle Geräte einer solchen Zusammenstellung einen audiophilen Menschen zufriedenstellen können.

Der Verstärker wird nach Bauart und Leistung beurteilt, man unterscheidet zwischen Röhrenverstär-kem und Transistorverstärkern. Letztere sind heute meist verbreitet, weil sie eine geringere Arbeitstemperatur aufweisen und zudem sehr viel kleiner sind. Die Leistung des Verstärkers sollten sie mit den entsprechenden Lautsprecherboxen abstimmen. Wenn Sie zu den Spezialisten gehören wollen, fragen Sie sicherheitshalber den Verkäufer noch nach Vor- und Endstufenverstärkern. Diese Geräte trennen, wie es sich technisch eigentlich gehört, die Signale nach ihrer Ein- beziehungsweise Ausgangsstärke. Der Effekt: Satter Klang - sprich höhere Höhen, tiefere Bässe und ein kräftigerer Mittelfrequenzbereich.

Die Daten zu den Geräten können Sie bestenfalls bei der Vorauswahl unterstützen. Trauen Sie gerade hier nur ihren Ohren und weniger ihren Augen! Weder viele blinkende Anzeigen noch ein allzu spartanisches Design sind Garanten für Qualität.

Die gravierendsten Fehler beim Kauf passieren hier: Sie kaufen ein Gerät, das sie nie „ausfahren”, also optimal nutzen können. In einer kleinen Wohnung werden sie mit einer xmal 1.000 Watt-Einheit wenig Freude haben. Die Buhestörungskla-gen werden Ihnen die Haare vom Kopf fressen und die Nachbarn werden Sie nicht mehr grüßen. Orientieren Sie sich auch hier am tatsächlichen Bedarf.

Die Boxen sollten der Leistung des Verstärkers angepaßt sein. Achten Sie nicht auf schnittiges Design, die Anzahl der Lautsprecher oder irgendwelche Spezialfeatures, die nach kurzer Zeit schon nerven. Der Klang soll lebendig wirken. Hüten Sie sich vor Einkäufen in Supermärkten, hier können Sie in den meisten Fällen nicht wirklich probehören.

Die sogenannten „Probewände”, an denen bis zu 40 Boxenpaare montiert sind, sind sowieso unterhalb jeder Kritik - dort schwingen dann zu den Membranen der bespielten Box noch etliche andere mit; das Ergebnis: Die Boxen, die der Konsument hören will, hört er nicht.

Neuere, umfangreichere Systeme trennen die Hoch- und Mittelfrequenzlautsprecher von den Baßlautsprechern. Baßfrequenzen lassen sich im Raum nicht orten, der sogenannte „Subwoofer” - Lautsprecher kann also irgendwo stehen (oder optisch „verschwinden”). Die anderen Lautsprecher werden durch das Wegfallen des für konventionelle Systeme notwendigen Baßvolumens sehr viel kleiner. Eine ideale Sache für Leute mit größerer Brieftasche und kleiner Wohnung, denen ein satter Baß Spaß macht.

Lassen Sie sich beraten und alles in Ruhe vorführen, testen Sie Verstärker und Boxen in der Kombination, wie Sie sie haben wollen und nehmen Sie nicht gleich die erste Zusammenstellung, die ihnen der Händler offeriert.

Satellitenradio

Für die eingefleischten Badiofans sei bemerkt: die programmierbaren Sender und andere nette Features, die einem den Umgang mit dem Be-ciever erleichtern, sind längst nicht mehr das Non-Plus-Ultra. Die Losung des Tages lautet Satellitenradio-Tauglichkeit. Die Senderzahl befindet sich in rasantem Anstieg, und der Klang kann sich hören lassen.

Die zusätzlichen Ausstattungsteile wie Boxenständer, Spezialstecker, spezielle Kabel zur Verbindung von Boxen und Verstärker und all die anderen „Kinkerlitzchen” orientieren sich natürlich an der Grundausstattung Ihrer Anlage.

Bedenken Sie, daß man durch solches Kleinzeug den Standard einer Anlage oft erstaunlich verbessern kann!

Die Gesamtanlage wird im Rahmen diverser Fachsimpeleien meist nach ihrer „Abbildungstreue” beurteilt, das heißt, wie sehr entspricht das, was sie hören, dem, was ursprünglich aufgenommen wurde? Tatsache ist, dieses Argument, das man immer wieder in den unterschiedlichsten Geschäften präsentiert bekommt, ist eine „relative” Sache:

Die Humoreske beginnt und endet gleichermaßen mit der Tatsache, daß Sie zur perfekten Abbildungstreue ihr Wohnzimmer genauso einrichten müßten, wie das Studio, in dem das Musikstück aufgenommen wurde. Dann könnten Sie, eventuell, etwas hören, was dem Original nahekommt (so der informierte Klangpurist).

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