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Die Richtung der Erneuerung

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Es war aber klar, daß einmal in Erweiterung dieser Bemühungen versucht werden mußte, all den Schwierigkeiten an den Leib zu rücken. So hat sich auf Veranlassung des Bundesministeriums für Unter die Landesschulinspektorenkonferenz gründlich mit diesen Fragen auseinandergesetzt und bemüht. Wege zur Abhilfe zu finden. Diese können natürlich nicht nur nach der Richtung einer_ unbedingt notwendigen Lehrstoffsichtung gehen, man wird sich auch darüber Gedanken machen müssen, ob' nicht durch Konzentra-tiondesLehr stoffeseinzelner bestehender Fächer Raum geschaffen werden könnte, ob ferner d i e Zahl von obligaten Gegenständen wirklich aufrecht erhaltenwerdenkannundmuß. Es mag darauf hingewiesen werden, mit welch großer Freude und auch Gewissenhaftigkeit wir selbst einmal entsprechend unseren Veranlagungen und auf Empfehlung unserer Lehrer Freigegenstände besuchten, die uns für das Leben dauernde Kenntnisse und Erziehungswerte mitgegeben haben, während solche Gegenstände, heute als obligat geführt, vielfach eine gegen Veranlagung der Schüler unangebrachte Betonung erfahren und das erwartete Ergebnis nicht voll zeitigen.

Ein Grundübel in der heutigen Unterrichtsgestaltung liegt jedoch vielfach darin, daß die erziehliche Aufgabe der Schule stark übersehen wird. Weit davon entfernt, KlassifikationoderPrü-fungen'abschaffen zu wollen oder die Noten in ihrem inneren Wert für jeden Schüler zu unterschätzen, muß doch darauf gedrungen werden, daß Unterricht und Feststellung der Kenntnisse des Schülers ein ineinanderfließender Vorgang bleiben, daß jeder Augenblick, in dem der Lehrer dem Schüler gegenübersteht, eine Erziehungsfunktion beinhaltet, daß der Lehrer sich über jede Leistung des Schülers ein weiteres Urteil zu machen verpflichtet ist, daß jedoch sogenannte „Prüfungen“ nur zu wirklichen Ausnahms-fällen gehören sollen, wenn durch besondere Vorbedingungen eine Entscheidung erschwert worden ist. So wie jede Stunde, ohne daß uns dies direkt bewußt wird, zum Prüfstein für den Persönlichkeitswert eines jeden Menschen wird, so muß sich der Lehrer in jeder Stunde sein Bild vom Wissen und Charakter des Schülers erweitern und vertiefen und infolge dieser besonderen Hinwendung zum Schüler da eigentliche „Prüfen“ weitgehend entbehrlich machen. Gerade diese ständige Beob-• achtung des Schülers wird diesen einerseits zu einer aufmerksamen Mitarbeit veranlassen, andererseits aber den Unterricht vor zeitweiligen zeitraubenden Unterbrechungen bewahren, die neben der Unruhe und einem, oft unpädagogischen Vorgehen nicht die gewünschte Entscheidung bringen. Es wird , unter Wahrung wohlwollender Strenge und hoher Auffassung des Studiums an der Mittelschule die Überbewertung der Note einer gehörigen'Revision unterzogen und bei der Erstellung der Note der Persönlichkeitswertung des Schülers Raum gegeben werden müssen.

Der Gedanke, durch eine zweck-mäßigereEinteilung desSchuljahres den Lehrer von der Notwendigkeit einer zu häufigen Beurteilung des Schülers in den Zensurabschnitten zu befreien, wird ernst geprüft und dadurch eine Vertiefung der Arbeit und eine bessere Aufteilung des Lehrstoffes ermöglicht werden.

All dies läßt sich aber nur erreichen, wenn unter Bedachtnahme auf die spätere Wahl des Lehrberufes der Heranbildung zum künftigen Lehrerb e-reits an der Hochschule besonderes Augenmerk zuge-wendetwird und die Junglehrer möglichst bald mit der Schule in Verbindung gebracht werden, um frühzeitig in ihren Aufgabenkreis hineinzuwachsen. Es wird jedem jungen Lehrer vom Anfang an klar sein müssen, daß er an der Mittelschule nicht Wissenschaft zu betreiben, sondern gediegenes Wissen zu vermitteln hat und daß es ihm nur durch gründliche Vorbereitung für jede einzelne Stunde gelingen wird, den Unterricht in seinem Gegenstande für den Schüler erfolgreich und für den Lehrer selbst befriedigend zu gestalten. Hier wird dem jungen Lehrer unter Ausnützung der“ großen Erfahrung der älteren Lehrer an die Hand gegangen werden müssen, wie überhaupt nur durch die Zusammenarbeit aller Lehrer einer Klasse im Sinne eines wohlverstandenen Konzentrationsunterrichtes ein wirklicher unterrichtlicher und erzieherischer Gesamterfolg gesichert werden kann.

Durch Schaffung von Instruktionen zu den Lehrplänen und durch

Erstellung von Leitfaden fur Methodik in den einzelnen Gegenständen — man denke an das einerzeitige ganz hervorragende Unterrichtswerk von Schindler — sollen den Lehrern brauchbare und nützliche Behelfe zur Verfügung gestellt werden, die Hand in Hand mit der Umgestaltung derzeit nicht ganz befriedigender Lehrbücher den Unterricht auf eine klarere pädagogische Linie stellen werden. Im Wege einer wohldurchdachten Lehrerfortbildung wird auch den älteren Lehrern Gelegenheit zur Bereicherung auf fachlichem und methodischem Gebiete zur Verwirklichung der beabsichtigten Maßnahmen gegebenwerden.

„Die Unterrichtsverwaltung wird es sich angelegen sein lassen, die von der Lan-desschulinspektorenkonferenz vorgelegten Ergebnisse und Empfehlungen einer eingehenden Prüfung zu unterziehen und im Hinblick auf das empfindliche Instrument, das gerade die Schule darstellt, in engster Fühlungnahme mit den Landes-schulinspektoren durch geeignete Maßnahmen, insbesondere aber auch durch Erprobungen in Versuchsschulen, der Verwirklichung des gesteckten Zieles näherzukommen.“

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