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Die Schule von morgen

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Wie muß ich mich verhalten, damit die anderen mich akzeptieren? Wie gehe ich mit ausländischen Klassenkollegen um? Wie organisiere ich meinen Schulalltag? Das sind nur drei der vielen Fragen, vor denen frischgebackene Gymnasiasten und Hauptschüler stehen. Bisher haben Schulen nur allzu wenig zur Lösung dieser Probleme beigetragen. Doch das könnte sich ändern.

In der ersten und zweiten Klasse des Salzburger Bundesrealgymnasiums (BBG) in der Akademiestraße werden diese Fragen beantwortet. Einmal pro Woche werden im Fach „Soziales Lernen" neben vielem anderen - Umgangsformen des Alltags geübt und gruppendynamische Prozesse bewußt gemacht. Die Schüler sollen zu Mündigkeit und zu Verantwortungsbewußtsein sich selbst und der Umwelt gegenüber hingeführt werden. Sie sollen lernen, Verständnis für die Bedürfnisse und Gefühle anderer zu entwickeln und Konflikte zu erkennen und nach Lösungen zu suchen. Auch daß zuhören und ausreden lassen Bestandteile eines zivilisierten Gesprächs sind, wird den Schülern vermittelt.

„Das Fach wird von den Eltern und den Schülern sehr geliebt", freut sich Willibald Wegenkittl, Direktor des BRG Salzburg. Weil in einer zweiten Klasse das Fach „Soziales Lernen" nicht weitergeführt werde, sei es zu heftigen Protesten der Eltern gekom-

men, berichtet der Schulleiter.

Das BRG Salzburg ist eine von 240 österreichischen Schulen, die sich an der Initiative „Neue Lernkultur" beteiligen, die im vergangenen Herbst vom Unterrichtsministerium und den Pädagogischen Instituten gestartet worden ist. Neben Lehrplanreformen und Schulautonomie sei diese Ini-titiative ein „Neubeginn für die Schule als Ganzes", betonte damals Unterrichtsministerin Elisabeth Gehrer.

In dem Projekt sollen der heutigen Gesellschaft angepaßte Formen des Lernens und Lehrens gefunden wer-

den. Die Initiatoren sind davon überzeugt, daß dies am besten in der praktischen Arbeit direkt an den Schulen geschieht - wobei man durchaus bereit ist, mit pädagogischen Traditionen zu brechen.

„Alle sind Lernende, alle sind Lehrende" lautet einer der Grundsätze der „Neuen Lernkultur". Das Schlagwort vom „Lebenslangen Lernen" zeigt, daß Lernen weder ein abgeschlossener Prozeß, noch eine Einbahnstraße ist. „Die Konfrontation mit neuen Lernformen soll dazu beitragen, daß das Lernen auch den

künftigen Erwachsenen Spaß macht", hofft Ministerin Gehrer.

In diesem Sinne ist auch die Demokratisierung in allen Bereichen des schulischen Lebens eines der Fundamente des Programms. Der respektvolle und verantwortungsvolle Umgang miteinander und die Beteiligung aller Betroffenen an Entschei-dungsprozessen ist ein Ziel der Initiative.

Persönliches Engagement ist notwendig

Die Palette des Angebots innerhalb der „Neuen Lernkultur" umfaßt zum Beispiel offene Lernformen, fachübergreifendes Lernen und projektorientiertes Lernen. So wird etwa in der Landhauptschule Reith im Alpbachtal (Tirol) Teamteaching praktiziert und und in der Wiener Oskar Spiel Volksschule versuchen sich die Schüler in Gruppenarbeit. In der Hauptschule der burgenländischen Gemeinde Kohfidisch planen die Schüler selbständig ganze Lehrbereiche und die Hauptschule im steiri-schen Semriach versucht Methoden des Neurolinguistischen Programmierens in den Deutschunterricht einzubringen.

Daß das alles nicht so einfach ist, davon kann Willibald Wegenkittl ein Lied singen: „Persönliches Engagement ist absolut notwendig", weiß der Schuldirektor.

Im BRG Salzburg, unterrichten deshalb nur jene Professoren „Soziales Lernen", die sich freiwillig dazu bereiterklärt haben. Wegenkittl: „Es ist für die Lehrer sehr schwierig und sie müssen sich sehr viel Mühe mit der Arbeit geben."

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