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Die Sorge des Jahrhunderts

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Die Familie. Ein Handbuch. Von Jacques L e-c 1 e r c und Jakob David. Verlag Herder, Freiburg. 422 Seiten. Preis 21.80 DM.

In diesem Werke wird dem Deutsch sprechenden Leser der gesamte, so aktuelle Fragenkomplex der „Familie“ nahegebracht. In Naturrecht und christlicher Offenbarung wird die Familie als Einheit erfaßt. Daseinsgrund und Ziel sind, natürlich gesehen, Fortpflanzung und Dauer der Art. Uebernatürliches Fundament sowie Wegweisung bedeutet für die christliche Familie das Sakrament der Ehe. Diese Gesamtschau wird erhellend vorausbesprochen, sodann die Familie wirklich von allen Seiten betrachtet, die überhaupt nur beim Stand des Wissens von heute in Frage kommen. Sie wird als Objekt der Forschung gesehen (von der Völkerkunde, Theologie, Ethik, Soziologie und Rechtskunde her) und anderseits werden die Träger des Familienganzen in ihrer Zuordnung betrachtet. Hier hätte der Vater als Bild des ewigen Vaters' und vor allem seine Bedeutung

als aktiver Erzieher etwas mehr gewürdigt werden sollen.

Den Autoren schwebt offenbar vor, Forschung und konkreter Lebensgestaltung mit diesem enzyklopädisch gehaltenen Werke gleichermaßen zu dienen. Wie in einem Koordinatensystem mit der eingangs erwähnten Gesamtschau als Schnittpunkt, gliedern sich die Fragen einmal in geschichtlichem Zusammenhange, dann als entfaltete Einzelphänomene. So wird etwa aus der grundsätzlichen Erörterung über die Unauflöslichkeit der Ehe zwanglos einsichtig, daß diese den Grundprinzipien der Familienordnung entspricht und nicht „am grünen Tisch“ erfunden worden ist. Dankenswert ist die zusammengefaßte Geschichte der Ehescheidung (S. 88 usw.). Ebenso aufschlußreich die Erörterung des Geburtenproblems,

darin wichtig dci Nachweis, daß niemals eine Zivilisation durch Uebervölkerung zugrunde ging (S. 232/23 3), und die dort angeführten Grundsätze für gesunde Familienpolitik (S. 247 bis 249) Aus dem Schlußkapitel, dem Kinde in Familie und Gesellschaft gewidmet, greifen wir den Satz heraus: „Das Fundament der Erziehung muß die Familie sein“ (S. 352).

Besondere Empfehlung dieses einzigartigen Werkes macht sich überflüssig. Einige kritische Bemerkungen möchten wir anschließen, die sich im wesentlichen auf die Erweiterungen beziehen, die die deutsche Ausgabe erfahren hat. Für unmittelbare Volksbildung sind die zahlreichen Literaturangaben sowie der reichlich verwendete Kleindruck hinderlich. Sie beeinträchtigen durchgehende Lesung, ebenso die nicht sehr gefällige Sprache. Ein solch bedeutendes Werk soll ja gelesen und nicht nur fallweise „nachgeschlagen“ werden. Der Nichtfachmann kann die angeführte Literatur kaum kritisch bewerten, noch wird ihm die vom Verfasser vielleicht schon dargebrachte Kritik bewußt. Die Streukraft der Ansichten eines solch gewichtigen Werkes ist in katholischen Kreisen sehr groß. Fraglos geht jede Zusammenfassung eines Problemes in Bildungskurse ein. Das ist die prinzipielle Gefahr jedes Werkes, das einen großen Fragenkreis allseitig und doch weltanschaulich gebunden zu behandeln unternimmt. Für den deutschen Leserkreis wäre womöglich der Hinweis auf die bereits anthropologisch integrierte Psychologie mit sehr markanten Vertretern, wie Weizsäcker, v. Gebsattel, Caruso, v. Gagern, wichtig, damit der von den Verfassern selbst als überwunden bezeichnete „Freudalismus“ (S. 116/117 und 128/129) seine Schrecken verliert.

Dr. med. Eva F i r k e 1

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Die Kinderlosigkeit in der Ehe. Von Franz Wittenbeck. In: Geschlechtsleben und Gesellschaft, Beiträge zur Sexualpädagogik. F.-Enke-Verlag, Stuttgart. 96 Seiten. 10 Abbildungen..Preis 6 DM.

Die Schriftenreihe „Geschlechtsleben und Gesellschaft“ wird von H. G i e s e (Frankfurt) im Auftrage der deutschen Gesellschaft für Sexualforschung herausgegeben. Ihre Zielsetzung ist eine volkspädagogische; sie dient diesem Ziele in ernster, verantwortungsbewußter Weise.

Die vorliegende Monographie hat zum Verfasser einen namhaften deutschen Gynäkologen, Chefarzt der geburtshilflich-gynäkologischen Abteilung des Städtischen Krankenhauses Mannheim. Nach einer kurzen Einführung in die biologischen Grundlagen der menschlichen Fortpflanzung behandelt der Verfasser zunächst die Ursachen der männlichen Unfruchtbarkeit (Impotenz, Zeugungsunfähifkeit), ihre Erkennung und Behandlung, betont die Wichtigkeit einwandfreier Spermauntersuchungen; nächstdem die Ursachen der weiblichen Unfruchtbarkeit, ihre Erkennung und Behandlung. Hier wird auf die häufige sekundäre Sterilität als Folge entzündlicher Erkrankungen nach Gonorrhoe, Abortus und Sexualmißbrauch (Verhütungsmittel) hingewiesen.

Im Schlußwort werden Hinweise auf die praktische Nutzanwendung gegeben. In jedem Falle von kinderloser Ehe müssen beide Partner sich der ärztlichen Untersuchung unterziehen. Eine zuverlässige ärztliche Eheberatung wird. stets diesen Forderungen Rechnung tragen.

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Jung gefreit hat nicht gereut. Von Gabriele I 1 m i n g. Fährmann-Verlag, Wien. 123 Seiten. Preis 16 S.

Es handelt sich um ein außerordentlich sympathisches Büchlein einer wackeren Frau zur Einführung der Jugend in die Aufgaben und Pflichten des Ehe- und Familienlebens, zur Erziehung zur Verantwortlichkeit. Ein Geleitwort von Kardinal Doktor I n n i t z e r und ein Vorwort von P. Aloys S c h e i d 1 empfehlen das Buch zur Verbreitung in allen Kreisen, denen an einer gediegenen Ehevorbereitung gelegen ist. P S c h e i d 1 nennt es mit Recht die Arbeit einer tapferen Frau. Nicht ganz mit gleichem Recht nennt er sie auch eine fachkundige Frau. Jene Kapitel, in denen die Verfasserin Fragen medizinischer und biologischer Art behandelt, sind die schwächsten und anfechtbarsten des Buches. Das Literaturverzeichnis hierzu ist äußerst mangelhaft und enthält fast nur Quellen aus zweiter Hand. Das Kapitel über Konstitution und Charakter ist sehr schwach und gewinnt nicht an Verständlichkeit durch „Verdeutschungen“ wie etwa: „spaltsinnig“ für schizothym und „kreismütig“ für zyklothym. Das Kapitel über Vererbungsfragen ist eine simplifizierende Popularisierung der selektio-nistischen Genetik. Auch hier führt die Neigung zur Verdeutschung der Fachausdrücke zu Fehlern und Mißverständnissen. So sind die „Gene“ keineswegs identisch mit den ..Scheibchen“ (Chromomeren)

in die die „Kernschleifen“ (Chromosomen) zerfallen. Bei der Erörterung der Blutgruppen und des Rhesusfaktors verwechselt die Verfasserin die Begriffe „Antigen“ und „Antikörper“ ständig.

Lobenswert und vernünftig ist wieder das Kapitel „Eine Notlösung“, in welchem die Verfasserin zur periodischen Enthaltung nach Knaus und Ogino Stellung nimmt. Um mehr als eine „Notlösung“ handelt es sich wirklich nicht.

Die Mängel, die beanstandet werden mußten, betreffen nicht das Wesen und lassen sich bei einer

Neubearbeitung mit fachkundiger Hilfe leicht beheben. Im Ganzen verdient das Büchlein Anerkennung; der Titel sollte geändert werden, denn die Erfahrungen mit den Frühehen der Nachkriegszeit

sprechen eine andere Sprache.

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Die moderne Familie. Von Renate Mayntr. In: Geschlechtsleben und Gesellschaft. Beiträge, zur Sexualpädagogik. F-Enke-Verlag, Stuttgart. 111 Seiten. Preis 6.20 DM.

Im Vorwort weist Prof. G. Wurzbacher darauf hin, daß die meisten schwer erziehbaren Kinder, jugendliche Kriminelle und Psychopathen aus Halbfamilien oder zerrütteten Familien stammen. Das Milieu der Familie, in der Kinder aufwachsen, bestimmt weitgehend ihr Schicksal. Die Funktion der Familie ist bedroht durch übermäßigen Geltungsanspruch außerfamilialer Bereiche: durch die Ablösung des Sexuallebens von seiner Sozialfunktion. Die physische sexuelle Reifung der Jugend ist weit vorverlegt — bei Verzögerung der moralischen Reifung. Hieraus resultieren weitere Gefahren im Sinne der Auflösung der Familie. — Ueber den zeitbedingten Veränderungen in der soziologischen Struktur der Familie darf man ihre bleibenden Werte und unersetzlichen Funktionen nicht übersehen. Der Wandel zur modernen Gesellschaft hat auf die Familie tiefgreifende, größtenteils destruktive Wirkungen gezeitigt. Die Stellung von Mann und Frau in der Familie ist zum Nachteil der Familie geändert, speziell durch das Ueberhandnehmen außerhäuslicher Berufsarbeit der Frauen. Hieraus resultieren — besonders in Verbindung mit der Tendenz zur Kleinhaltung der Familie — Schwierigkeiten für die Stellung des Kindes in der modernen Familie. Dieser Stellung wird kein guter Dienst erwiesen, indem man dem Kinde alles hingehen läßt. — Die Funktionen der Familie werden weitgehend durch die Gesellschaft abgenommen, wobei jede Verletzung des Subsidiaritätsprinzips sich weiter zum Schaden der Familie auswirkt. Ohne Werturteil wird hier, speziell hinsichtlich der Innen- und Außenbeziehungen der Familie, von einer Wandlung der Familie gesprochen, wobei jedoch auch die Bildung neuer Stabilitätsfaktoren nicht übersehen wird. Diese können einen hoffnungsvollen Ausblick in die Zukunft bedeuten.

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