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Wohlverstandene Interessenvertretung der Arbeitnehmer kann nicht allein darauf gerichtet sein, einen möglichst großen Anteil der Arbeitnehmer an einem als gegeben anzusehenden Sozialprodukt sicherzustellen, wenn dies auch nach wie vor zu einer ihrer wichtigsten Aufgaben an und für sich zählt. Es kommt jedoch unter anderem sehr wohl darauf an. wie groß dieses Sozialprodukt ist und wie es sich entwickelt. Dies ist nicht nur eine von Arbeitnehmerseite durchaus anerkannte Tatsache, sondern es scheint das Verlangen nach einem möglichst hohen Wirtschaftswachstum als wichtiger Programmpunkt immer wieder in ihren Forderungen auf. Gerade in dieser Hinsicht haben wir Österreicher trotz des kleinen Wirtschaftswunders der fünfziger Jahre kaum Anlaß, uns mit dem Erreichten zufriedenzugeben. In der Weltrangliste des Pro-Kopf-Einkommens nehmen wir bloß einen bescheidenen 18. Platz ein, und die gegenwärtige Verringerung des österreichischen Wirtschaftswachstums macht bis auf weiteres jede Hoffnung auf ein Vorrük-keti in dieser Leißtungsskala zunichte. Selbstverständlich beeinträchtigt diese ungünstige Entwicklung auch die Interessen der österreichischen Arbeitnehmer, für welche die Erreichung von Europa-Löhnen in weite Ferne; gerückt erscheint.

Es sei durchaus zugegeben, daß wir auf dem

Gebiet der Sozialpolitik, insbesondere hinsichtlich der sozialen Sicherheit, beachtliche Erfolge erzielen konnten, jedoch liegt eine den wirtschaftlichen Gegebenheiten angepaßte Reallohnsteigerung nicht nur im Interesse der Arbeitnehmer, sondern wegen der Kaufkraftsteigerung auch in jenem der Volkswirtschaft.

Um Europalöhne zu erreichen, muß zunächst die österreichische Wirtschaft Europa-reife erlangen. Die dazu notwendigen Veränderungen werden sich nicht von selbst einsteilen. Es wird vielmehr einer koordinierten, zielgerichteten, weit vorausblickenden planmäßigen Wirtschaftspolitik bedürfen, wie sie vom österreichischen Arbedterkammertag seit Jahren gefordert wird. Nur so besteht Gewähr dafür, daß die mit den Anpassungen verbundenen Opfer nicht sinnlos sind. Es wird auf eine soziale Absicherung bei den Um-stellungssohwierigkeiten zu achten sein.

Die wohlüberlegte, richtige wirtschaftspoM-tisehe Entscheidung im Zusammenhang mit den strukturell bedingten Umstellungsnotwen-digkeifen im Verein mit sozialen Sicherungsmaßnahmen sind gleichbedeutend mit einer Weichenstellung für eine Fahrt in eine bessere Zukunft.

Schon heute wissen wir um die Notwendigkeit einer bewußten Industrialisierung der österreichischen Wirtschaft und der dabei zu erwartenden Effektivität auf die Wirtschafts-entwicklung. Wir wissen darum, daß es nicht so sehr darauf ankommt, mehr, als vielmehr besser zu investieren. Untersuchungen der Arbeiterkammer haben auf den Forschungsnotstand in Österreich hingewiesen, den zu überwinden ein nationales Anliegen geworden ist. Mobilität des Geistes und Kapitals allein werden allerdings nicht ausreichen, wenn es nicht gelingt, mit Hilfe einer aktiven Arbeits-marktpoliitik für eine Mobilisierung von Arbeitskraftreserven und deren wirtschaftlich sinnvollen Eineatz zu sorgen.

Insgesamt steht die österreichische Wirtschaftspolitik vor einer fast ebenso großen Aufgabe als jene des Wiederaufbaues es war. Man wird diese Aufgabe sicherlich nicht van heute auf morgen lösen können.

Was die Arbeitnehmer von der Wirtschaftspolitik Österreichs erwarten, ist ein langfristiges Konzept zur Modernisierung und Lei-

stungssteigerung der österreichischen Wirtschaft, an dessen Ende die Erlangung der Europareife stehen müßte. Diese Aufgabe wird und kann uns Österreichern niemand abnehmen. Wer afliles Heil auf eine EWG-Vereinbarung setzt, kann nur allzu leicht enttäuscht werden.

Man sollte neben den -derzeitigen politischen Schwierigkeiten und den staatspolitischen Notwendigkeiten auch nicht die Erschwernisse übersehen, die sich für einzelne Branchen bei einem Arrangement mit der EWG ergeben werden. Je früher wir dies erkennen, um so eher können wir darangehen, uns selbst zu helfen. -Das Schicksal der österreichischen Wirtschaft liegt damit eindeutig in den Händen der österreichischen Wirtschaftspolitik. Wir müssen unser künftiges Schicksal selbst formen, und nicht darauf warten, daß andere uns helfen.

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