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Ein Kind studiert Anthropologie

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Im Alter von acht Monaten beginnt Michael Kearny auf einer Autofahrt spontan Firmennamen zu lesen. „McDonald's ... Shell...” tönt es aus dem Kindersitz. Der Stolz und die Freude der Eltern weichen bald der Ratlosigkeit.

Kurt Langbein und Rike Fochler geben in „Einfach genial. Die 7 Arten der Intelligenz” einen interessanten, gut lesbaren Überblick über den aktuellen Stand der Hirnforschung und die Themen Intelligenz und Wunderkinder. Michael Kearney absolvierte mit vier Jahren einen Intelligenztest für Sechsjährige mit einem Ergebnis jenseits der Meßskalen. Die Psychologen schätzten den Intelligenzquotienten des Kindes auf 325. Bereits ein IQ von 150 gilt als genial. Mit neun Jahren schloß Michael seine Schullaufbahn mit Auszeichnung ab, mit zehneinhalb das Studium der Anthropologie.

Für die Eltern bringen hochbegabte Sprößlinge wie Michael eine Vielzahl von Problemen mit sich. Wie sollen die jungen Genies sozial integriert werden? Gleichaltrige sind geistig unterlegen, Ältere reagieren auf kleine Besserwisser mit Geringschätzung oder körperlicher Gewalt. Die Schule ist für die Hochbegabten sterbenslangweilig, die Eltern werden durch den Wissensdurst und die geistige Hyperaktivität ihrer Kleinen auf eine harte Probe gestellt.

Für die AVissenschaft sind die Leistungen von AVunderkindern unerklärlich. Aber die Hirnforschung ist es ohnehin gewöhnt, daß ihr Fach weit mehr Fragen aufwirft, als beantwortet werden können.

Derzeit unterscheiden die AVissen-schaftler mindestens sieben Arten der Intelligenz: räumliche, sprachliche, logisch-mathematische, körperliche, selbstdarstellerische, musische und soziale. Es kommt vor, daß diese Intelligenzen bei einem Menschen völlig unterschiedlich ausgeprägt sind, wie etwa bei geistig behinderten Mathematik-Genies. Entscheidend für eine erfolgreiche Lebensgestaltung ist das Zusammenspiel aller Ausprägungen der Intelligenz.

Die Autoren berichten von alternativen Schulmodellen, die hochbegabten ebenso wie „normalen” Kindern eine möglichst ungezwungene und kreative Entwicklung aller Intelligenzen ermöglichen sollen. Sie hinterfragen Intelligenztests, die einseitig die sprachlichen und logisch-mathematischen Fähigkeiten berücksichtigen und schildern die Anstrengungen, die künstliche Intelligenz der menschlichen anzunähern.

Aufgelockert wird die Darstellung durch kurze Anekdoten von weniger bekannten Genies, wie etwa Michael Kearny, aber auch von berühmten Persönlichkeiten, die aufgrund besonderer Begabungen Außergewöhnliches leisteten. Llazu zählen Charlie Chaplin, Pablo Picasso oder der Franzose Jean Francois Champollion, der 1822 die ägyptischen Hieroglyphen entzifferte. „Einfach genial” bietet einen abwechslungreichen Streifzug durch das faszinierende Gebiet der Gehirn- und Intelligenzforschung.

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