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Ein Sparefroh mit vielen Gesichtern

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Ganz so durchschnittlich ist Herbert Sausgruber freilich nicht. Der drahtige 50jährige zeigt bei näherem Hinsehen Ecken und Kanten. Sein wahrscheinlich größtes Plus ist seine Geradlinigkeit, gepaart mit enormem Fleiß und gesundem Ehrgeiz. Dementsprechend zeichnete sich seine Bilderbuchkarriere schon früh ab. Der langjährige Kronprinz hätte die Bolle des Ersten schon 1992 übernehmen sollen, wie Landeshauptmann Martin Purtscher nach seiner Bücktritts-Ankündigung verraten hat. Doch dazu habe sich Sausgruber noch nicht reif genug gefühlt.

Bescheidenheit? Das ist zweifellos ein Attribut des ehemaligen „ÖVP-Fundis”, der in den ersten Jahren seiner Tätigkeit im Vorarlberger Landtag, später als Klubobmann, durch ungewohnte Härte in der Wortwahl gegenüber der Opposition aufgefallen war. Inzwischen ist aus dem „Sozi-Fresser” Sausgruber ein abgeklärter und wesentlich moderaterer Politpro-fi geworden. Seine Scharfzüngigkeit versteht er nun dosiert und gezielt einzusetzen. Er ist sich auch der Schwäche bewußt, über so entblößende Medien wie Badio und Fernsehen weniger gut anzukommen. Sie liegt in der behäbigen Sprechweise und ausgeprägten Nüchternheit begründet. Wenn es darum geht, Inhalte zu transportieren, dann bedient sich das Sausgruber-Team lieber des herkömmlichen Wegs über Pressekonferenzen und Printmedien.

Wer Sausgruber am Verhandlungstisch oder bei einem öffentlichen Auftritt beobachtet, erlebt jedoch einen gänzlich anderen Politiker. Sausgruber kann ungeheuer pointiert, witzig und unterhaltsam sein. Seine Strategie ist, sich in den verbleibenden zweieinhalb Jahren bis zur nächsten Wahl nicht auf die Medienshow zu konzentrieren, sondern im direkten Kontakt mit den Leuten Punkte zu sammeln. Um sich Luft zu

verschaffen, wird er das Wohnbauressort und die Gesetzgebung abgeben. Vor allem die Legislative binde ihn zu sehr an den Schreibtisch.

Daß der designierte Landeshauptmann (die Wahl erfolgt am 2. April) mit einer Aufgabe wachsen kann, hat er schon öfter bewiesen. Etwa als Parteiobmann, der am liebsten im Hintergrund arbeitet, und in dieser Funktion gänzlich unbestritten ist. Oder bei der Ausarbeitung des Sparpakets auf Bundesebene. Als Finanzreferent des Landes, der im besten Sinne des Wortes hauszuhalten versteht, nominierte ihn die Bundes-ÖVP ins vierköpfige Verhandlungsteam in Wien, welches er unbeschadet wieder verlassen konnte. Nach diesen „höheren Wei-

hen” tut er sich auf Landesebene noch leichter, als beinharter Verhandler vom Bund die notwendige Kostendisziplin einzufordern. Sein Credo brachte er bei seiner Budgetrede 1996 auf die Formel: „Die politische Führung hat nicht das zu tun, was ankommt, sondern das, worauf es ankommt.”

Herbert Sausgruber ist von zwei Dingen geleitet: einem gesunden Hausverstand und absoluter Wertverbundenheit. Ersterer macht aus ihm einen Politiker, der schon oft unglaublich schnell Bahmenbedingun-gen und Gesetze änderte und den Erfordernissen anpaßte. Zögerlichkeit ohne triftigen Grund ist ihm fremd. Das Wort Pragmatismus könnte unter seiner Ägide als Landeshauptmann durchaus etwas von seinem negativen Beigeschmack verlieren. Pragmatisch ist auch sein Verhältnis zur FPÖ. Schon aus Mangel an Alternativen wird auch nach der Landtagswahl 1999 der Koalitionspartner auf Landesebene FPÖ heißen. Nicht mehr freiwillig geduldet wie bisher, weil auch Sausgruber die absolute Mandatsmehrheit für die ÖVP im Landtag kaum.halten wird können. Ein Landesobmann Herbert Sausgruber würde sich auch kaum gegen eine Koalition zwischen ÖVP und FPÖ auf Bundesebene querlegen, wenn es ihm als zielführend erschiene. Bürgerliche und konservative Werte werden von dem einstigen Theologie-Studenten hochgehalten. Geschickt hält er sich dennoch aus ideologischen Diskussionen eher heraus und pflegt den Nimbus des Sachpolitikers. Freilich: gewiefte parteipolitische Haxl-Stellerei ist ihm keineswegs unbekannt. Dieses Spiel spielt er jedoch im Vier-Augen-Gespräch als über die Medien.

Dem neuen Konservativismus entspricht auch die Wahl des unvermeidlichen Charity-Programms der zukünftigen „First Lady”: Während sich Gretl Purtscher für Krebshilfe engagierte, wird dies Ilga Sausgruber in einem „Netzwerk für Kinder” tun und damit die Bedeutung einer intakten Familie für die Gesellschaft unterstreichen.

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